Luft, die an die Stelle der Flamme treten wollen, ausgelöscht werden, wenn sie blos aus subtiler Materie bestünde, und wenn nicht die ölichten und erdichten Theile aus dem Dachte jene Hindernisse zurücktrieben. Durch diesen, Widerstand aber wird die Flamme in der Höhe mehr geschwächt, daher kömmt ihre spitzige Gestalt. Weil aber nirgends in der Welt ein leerer Raum ist, so muß die Luft, welche von Flamme und Rauch aus der Stelle getrieben wird, durch eine kreisförmige Bewegung an die Oberfläche der Kerze und an den untern Theil des Dachtes herabgehen, wo ste wieder die geschmolzenen Wachstheilchen in die Höhe treibt, und so die Flamme unterhalten hilft. Man wird an diesem Beyspiele sehen, wie künstlich Descartes die Phänomene aus seinen drey Elementen und dem vollen Raume zu erklären weiß.
Die gewöhnlichste Meynung unter den Naturforschern und Chymikern bis auf die neuesten Zeiten ist diese gewesen, daß die Flamme ein entzündeter oder glühender Dampf, oder eine Sammlung der aus den brennenden Körpern aussteigenden Dämpfe sey, welche durch die Hitze entzündet werden. Ueber diese Meynung sind die Meisten einig gewesen, wenn sie sich auch sonst vom Feuer und der Verbrennung noch so verschiedene Begriffe gemacht haben; sie ist so einfach und natürlich, daß sie sich von selbst Beyfall erwirbt, wie denn auch die neuesten Entdeckungen sie nicht umstoßen, sondern nur berichtigen. Newton trägt sie in seiner Optik als eine Frage vor (Optice, latine redd. Samuel Clarke, Lond. 1706. 4. p. 294. Quaest. 8. 9. 10.), wobey er das Feuer blos für Zustand oder Bewegung der Körper zu halten geneigt scheint. Ich will seine eignen Worte anführen. Annon corpora omnia fixa, quum sint ultra certum gradum calefacta, emittunt' lumen et splendent, eaque luminis emissio per motus vibrantes partium suarum efficitur? Annon ignis corpus est eo usque calefactum, ut copiosius lumen emittat? Quid enim aliud est ferrum candens, nisi ignis? Quidue aliud est carbo candens, nisi lignum eo usque calefactum, ut id lumen emittat? Annon flamma vapor est, fumus sive exhalatio candefacta,
Luft, die an die Stelle der Flamme treten wollen, ausgeloͤſcht werden, wenn ſie blos aus ſubtiler Materie beſtuͤnde, und wenn nicht die oͤlichten und erdichten Theile aus dem Dachte jene Hinderniſſe zuruͤcktrieben. Durch dieſen, Widerſtand aber wird die Flamme in der Hoͤhe mehr geſchwaͤcht, daher koͤmmt ihre ſpitzige Geſtalt. Weil aber nirgends in der Welt ein leerer Raum iſt, ſo muß die Luft, welche von Flamme und Rauch aus der Stelle getrieben wird, durch eine kreisfoͤrmige Bewegung an die Oberflaͤche der Kerze und an den untern Theil des Dachtes herabgehen, wo ſte wieder die geſchmolzenen Wachstheilchen in die Hoͤhe treibt, und ſo die Flamme unterhalten hilft. Man wird an dieſem Beyſpiele ſehen, wie kuͤnſtlich Descartes die Phaͤnomene aus ſeinen drey Elementen und dem vollen Raume zu erklaͤren weiß.
Die gewoͤhnlichſte Meynung unter den Naturforſchern und Chymikern bis auf die neueſten Zeiten iſt dieſe geweſen, daß die Flamme ein entzuͤndeter oder gluͤhender Dampf, oder eine Sammlung der aus den brennenden Koͤrpern auſſteigenden Daͤmpfe ſey, welche durch die Hitze entzuͤndet werden. Ueber dieſe Meynung ſind die Meiſten einig geweſen, wenn ſie ſich auch ſonſt vom Feuer und der Verbrennung noch ſo verſchiedene Begriffe gemacht haben; ſie iſt ſo einfach und natuͤrlich, daß ſie ſich von ſelbſt Beyfall erwirbt, wie denn auch die neueſten Entdeckungen ſie nicht umſtoßen, ſondern nur berichtigen. Newton traͤgt ſie in ſeiner Optik als eine Frage vor (Optice, latine redd. Samuel Clarke, Lond. 1706. 4. p. 294. Quaeſt. 8. 9. 10.), wobey er das Feuer blos fuͤr Zuſtand oder Bewegung der Koͤrper zu halten geneigt ſcheint. Ich will ſeine eignen Worte anfuͤhren. Annon corpora omnia fixa, quum ſint ultra certum gradum calefacta, emittunt' lumen et ſplendent, eaque luminis emiſſio per motus vibrantes partium ſuarum efficitur? Annon ignis corpus eſt eo usque calefactum, ut copioſius lumen emittat? Quid enim aliud eſt ferrum candens, niſi ignis? Quidue aliud eſt carbo candens, niſi lignum eo usque calefactum, ut id lumen emittat? Annon flamma vapor eſt, fumus ſive exhalatio candefacta,
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Luft, die an die Stelle der Flamme treten wollen, ausgeloͤſcht werden, wenn ſie blos aus ſubtiler Materie beſtuͤnde, und wenn nicht die oͤlichten und erdichten Theile aus dem Dachte jene Hinderniſſe zuruͤcktrieben. Durch dieſen, Widerſtand aber wird die Flamme in der Hoͤhe mehr geſchwaͤcht, daher koͤmmt ihre ſpitzige Geſtalt. Weil aber nirgends in der Welt ein leerer Raum iſt, ſo muß die Luft, welche von Flamme und Rauch aus der Stelle getrieben wird, durch eine kreisfoͤrmige Bewegung an die Oberflaͤche der Kerze und an den untern Theil des Dachtes herabgehen, wo ſte wieder die geſchmolzenen Wachstheilchen in die Hoͤhe treibt, und ſo die Flamme unterhalten hilft. Man wird an dieſem Beyſpiele ſehen, wie kuͤnſtlich Descartes die Phaͤnomene aus ſeinen drey Elementen und dem vollen Raume zu erklaͤren weiß.
Die gewoͤhnlichſte Meynung unter den Naturforſchern und Chymikern bis auf die neueſten Zeiten iſt dieſe geweſen, daß die Flamme ein entzuͤndeter oder gluͤhender Dampf, oder eine Sammlung der aus den brennenden Koͤrpern auſſteigenden Daͤmpfe ſey, welche durch die Hitze entzuͤndet werden. Ueber dieſe Meynung ſind die Meiſten einig geweſen, wenn ſie ſich auch ſonſt vom Feuer und der Verbrennung noch ſo verſchiedene Begriffe gemacht haben; ſie iſt ſo einfach und natuͤrlich, daß ſie ſich von ſelbſt Beyfall erwirbt, wie denn auch die neueſten Entdeckungen ſie nicht umſtoßen, ſondern nur berichtigen. Newton traͤgt ſie in ſeiner Optik als eine Frage vor (Optice, latine redd. Samuel Clarke, Lond. 1706. 4. p. 294. Quaeſt. 8. 9. 10.), wobey er das Feuer blos fuͤr Zuſtand oder Bewegung der Koͤrper zu halten geneigt ſcheint. Ich will ſeine eignen Worte anfuͤhren. Annon corpora omnia fixa, quum ſint ultra certum gradum calefacta, emittunt' lumen et ſplendent, eaque luminis emiſſio per motus vibrantes partium ſuarum efficitur? Annon ignis corpus eſt eo usque calefactum, ut copioſius lumen emittat? Quid enim aliud eſt ferrum candens, niſi ignis? Quidue aliud eſt carbo candens, niſi lignum eo usque calefactum, ut id lumen emittat? Annon flamma vapor eſt, fumus ſive exhalatio candefacta,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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