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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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ist, so wie bey den Wasserdünsten, das Feuer mit dem Wasser. Jenes nennt er hiebey elektrisches fortleitendes Fluidum, diese, die schwere Substanz, elektrische Materie. So, wie z. B. das Feuer aus den Dünsten mit Zurücklassung des Wassers entweicht, wenn sie kalte Körper berühren, so entweicht das elektrische <*>ortleitende Fluidum mit Zurücklassung der elektrischen Materie, wenn es einen Körper antrifft, der weniger davon hat, und vertheilt sich gleichförmig durch alle Körper.

Die elektrische Materie strebt nach den leitenden Substanzen auf eine große Entfernung, wenn sie aber an sie gekommen ist, so hängt sie sich nicht an, sondern wird durch ihr fortleitendes Fluidum in einem Kreislaufe um die Leiter herum fortgerissen. Zu den nicht leitenden Substanzen hingegen strebt sie auf eine sehr kleine Entfernung; wenn sie sie aber erreicht hat, hängt sie sich an, und kan durch das fortleitende Fluidum nicht fortgerissen werden.

Das fortleitende Fluidum strebt nach allen Substanzen in einer weit größern Entfernung, von dem Körper, der mehr hat, zu dem, der weniger besitzt; es hat Verwandschaft mit der elektrischen Materie, aber seine Verbindung damit ist sehr schwach; eine größere Menge fortleitendes Fluidum giebt eben derselben Menge elektrischer Materie mehr ausdehnende Kraft. Dies ungefähr sind die allgemeinen Hauptsätze dieser allerdings sehr zufammengesetzten Theorie.

Hieraus wird nun die Ladung der leidner Flasche so erklärt. Man denke sich eine Glasplatte, von beyden Seiten mit Wasser umfaßt, gegen deren Seite A sich heiße Wasserdünste bewegen. So wie diese an die kältere Platte kommen, erkalten sie, ihr befreytes Feuer verbreitet sich über die ganze Platte, und das von ihm verlassene Wasser vermehrt dasjenige Wasser, womit die Seite A schon vorher bekleidet war. Das neue Feuer aber dringt durch die Glasplatte auf die Seite B, verstärkt daselbst die Ausdünstung, und vermindert also das Wasser, das B bekleidet. Diese Veränderungen gehen so lange fort, bis Glasplatte und Wasser die Temperatur der heißen Dünste angenommen


iſt, ſo wie bey den Waſſerduͤnſten, das Feuer mit dem Waſſer. Jenes nennt er hiebey elektriſches fortleitendes Fluidum, dieſe, die ſchwere Subſtanz, elektriſche Materie. So, wie z. B. das Feuer aus den Duͤnſten mit Zuruͤcklaſſung des Waſſers entweicht, wenn ſie kalte Koͤrper beruͤhren, ſo entweicht das elektriſche <*>ortleitende Fluidum mit Zuruͤcklaſſung der elektriſchen Materie, wenn es einen Koͤrper antrifft, der weniger davon hat, und vertheilt ſich gleichfoͤrmig durch alle Koͤrper.

Die elektriſche Materie ſtrebt nach den leitenden Subſtanzen auf eine große Entfernung, wenn ſie aber an ſie gekommen iſt, ſo haͤngt ſie ſich nicht an, ſondern wird durch ihr fortleitendes Fluidum in einem Kreislaufe um die Leiter herum fortgeriſſen. Zu den nicht leitenden Subſtanzen hingegen ſtrebt ſie auf eine ſehr kleine Entfernung; wenn ſie ſie aber erreicht hat, haͤngt ſie ſich an, und kan durch das fortleitende Fluidum nicht fortgeriſſen werden.

Das fortleitende Fluidum ſtrebt nach allen Subſtanzen in einer weit groͤßern Entfernung, von dem Koͤrper, der mehr hat, zu dem, der weniger beſitzt; es hat Verwandſchaft mit der elektriſchen Materie, aber ſeine Verbindung damit iſt ſehr ſchwach; eine groͤßere Menge fortleitendes Fluidum giebt eben derſelben Menge elektriſcher Materie mehr ausdehnende Kraft. Dies ungefaͤhr ſind die allgemeinen Hauptſaͤtze dieſer allerdings ſehr zufammengeſetzten Theorie.

Hieraus wird nun die Ladung der leidner Flaſche ſo erklaͤrt. Man denke ſich eine Glasplatte, von beyden Seiten mit Waſſer umfaßt, gegen deren Seite A ſich heiße Waſſerduͤnſte bewegen. So wie dieſe an die kaͤltere Platte kommen, erkalten ſie, ihr befreytes Feuer verbreitet ſich uͤber die ganze Platte, und das von ihm verlaſſene Waſſer vermehrt dasjenige Waſſer, womit die Seite A ſchon vorher bekleidet war. Das neue Feuer aber dringt durch die Glasplatte auf die Seite B, verſtaͤrkt daſelbſt die Ausduͤnſtung, und vermindert alſo das Waſſer, das B bekleidet. Dieſe Veraͤnderungen gehen ſo lange fort, bis Glasplatte und Waſſer die Temperatur der heißen Duͤnſte angenommen

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[310/0316] iſt, ſo wie bey den Waſſerduͤnſten, das Feuer mit dem Waſſer. Jenes nennt er hiebey elektriſches fortleitendes Fluidum, dieſe, die ſchwere Subſtanz, elektriſche Materie. So, wie z. B. das Feuer aus den Duͤnſten mit Zuruͤcklaſſung des Waſſers entweicht, wenn ſie kalte Koͤrper beruͤhren, ſo entweicht das elektriſche <*>ortleitende Fluidum mit Zuruͤcklaſſung der elektriſchen Materie, wenn es einen Koͤrper antrifft, der weniger davon hat, und vertheilt ſich gleichfoͤrmig durch alle Koͤrper. Die elektriſche Materie ſtrebt nach den leitenden Subſtanzen auf eine große Entfernung, wenn ſie aber an ſie gekommen iſt, ſo haͤngt ſie ſich nicht an, ſondern wird durch ihr fortleitendes Fluidum in einem Kreislaufe um die Leiter herum fortgeriſſen. Zu den nicht leitenden Subſtanzen hingegen ſtrebt ſie auf eine ſehr kleine Entfernung; wenn ſie ſie aber erreicht hat, haͤngt ſie ſich an, und kan durch das fortleitende Fluidum nicht fortgeriſſen werden. Das fortleitende Fluidum ſtrebt nach allen Subſtanzen in einer weit groͤßern Entfernung, von dem Koͤrper, der mehr hat, zu dem, der weniger beſitzt; es hat Verwandſchaft mit der elektriſchen Materie, aber ſeine Verbindung damit iſt ſehr ſchwach; eine groͤßere Menge fortleitendes Fluidum giebt eben derſelben Menge elektriſcher Materie mehr ausdehnende Kraft. Dies ungefaͤhr ſind die allgemeinen Hauptſaͤtze dieſer allerdings ſehr zufammengeſetzten Theorie. Hieraus wird nun die Ladung der leidner Flaſche ſo erklaͤrt. Man denke ſich eine Glasplatte, von beyden Seiten mit Waſſer umfaßt, gegen deren Seite A ſich heiße Waſſerduͤnſte bewegen. So wie dieſe an die kaͤltere Platte kommen, erkalten ſie, ihr befreytes Feuer verbreitet ſich uͤber die ganze Platte, und das von ihm verlaſſene Waſſer vermehrt dasjenige Waſſer, womit die Seite A ſchon vorher bekleidet war. Das neue Feuer aber dringt durch die Glasplatte auf die Seite B, verſtaͤrkt daſelbſt die Ausduͤnſtung, und vermindert alſo das Waſſer, das B bekleidet. Dieſe Veraͤnderungen gehen ſo lange fort, bis Glasplatte und Waſſer die Temperatur der heißen Duͤnſte angenommen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/316>, abgerufen am 22.11.2024.