Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


aus der Röhre und Retorte über; sobald aber der Braunstein glühet, entwickelt sich dephlogistisirte Luft. So kan man aus 16 Unzen Braunstein 760--780 Cubikzolle dephlogistisirte Luft erhalten. Eben so kan man mit dem Salpeter verfahren. Scheele (Von Luft und Feuer, §. 35.) nimmt eine gläserne Retorte, und bindet statt alles Apparats eine mit Wasser angefeuchtete Blase vor, welches allerdings die wohlfeilste Art ist. Der Salpeter verliert durch diese Operation seine Säure gänzlich, und es bleibt in der Retorte blos der laugenartige Rückstand, der die Basis dieses Salzes ausgemacht hatte. Scheele (a. a. O.) hat sogar aus der bloßen Salpetersäure, nemlich aus dem rauchenden Salpetergeiste, seine Empyrealluft erhalten. Es schien also hiebey die Salpetersäure selbst in dephlogistisirte Luft verwandelt zu werden; so wie man auch dephlogistisirte Luft erhält, wenn man Salpeterdämpfe durch ein glühendes Pfeifenrohr gehen läßt.

Aus sehr vielen Substanzen läßt sich auch dephlogistisirte Luft durch die Hitze entwickeln, wenn man sie vorher mit Salpetersäure angefeuchtet oder darinn aufgelöset hat. Dahin gehören nach Priestley Mennige, Zinkblumen, Thon, Sedativsalz, Kieselsteine, Eisen und alle andere Metalle, wobey aber doch immer einige andere Gasarten mit zum Vorschein kommen, besonders wenn die gebrauchten Substanzen vom Phlogiston nicht, so viel möglich, befreyt worden sind. Enthalten sie viel Phlogiston, so geben sie salpeterartige, haben sie weniger davon, fixe, und sind sie in hohem Grade davon befreyt, dephlogistisirte Luft; die beyden letztern Gattungen gehen insgemein mit einander über.

Die reinste dephlogistisirte Luft geben die Quecksilberniederschläge, der ohne Zusatz bereitete Quecksilberkalk (Mercurius praecipitatus per se), und der rothe Quecksilberniederschlag (Praecipitatum rubrum) wovon zwar der letztere durch Salpetersäure bereitet, der erste aber gänzlich davon frey ist. Beyde haben die Eigenschaft, daß sie sich in verschloßnen Gefäßen durch die Hitze von selbst, und ohne Zusatz von Phlogiston, reduciren oder wiederum


aus der Roͤhre und Retorte uͤber; ſobald aber der Braunſtein gluͤhet, entwickelt ſich dephlogiſtiſirte Luft. So kan man aus 16 Unzen Braunſtein 760—780 Cubikzolle dephlogiſtiſirte Luft erhalten. Eben ſo kan man mit dem Salpeter verfahren. Scheele (Von Luft und Feuer, §. 35.) nimmt eine glaͤſerne Retorte, und bindet ſtatt alles Apparats eine mit Waſſer angefeuchtete Blaſe vor, welches allerdings die wohlfeilſte Art iſt. Der Salpeter verliert durch dieſe Operation ſeine Saͤure gaͤnzlich, und es bleibt in der Retorte blos der laugenartige Ruͤckſtand, der die Baſis dieſes Salzes ausgemacht hatte. Scheele (a. a. O.) hat ſogar aus der bloßen Salpeterſaͤure, nemlich aus dem rauchenden Salpetergeiſte, ſeine Empyrealluft erhalten. Es ſchien alſo hiebey die Salpeterſaͤure ſelbſt in dephlogiſtiſirte Luft verwandelt zu werden; ſo wie man auch dephlogiſtiſirte Luft erhaͤlt, wenn man Salpeterdaͤmpfe durch ein gluͤhendes Pfeifenrohr gehen laͤßt.

Aus ſehr vielen Subſtanzen laͤßt ſich auch dephlogiſtiſirte Luft durch die Hitze entwickeln, wenn man ſie vorher mit Salpeterſaͤure angefeuchtet oder darinn aufgeloͤſet hat. Dahin gehoͤren nach Prieſtley Mennige, Zinkblumen, Thon, Sedativſalz, Kieſelſteine, Eiſen und alle andere Metalle, wobey aber doch immer einige andere Gasarten mit zum Vorſchein kommen, beſonders wenn die gebrauchten Subſtanzen vom Phlogiſton nicht, ſo viel moͤglich, befreyt worden ſind. Enthalten ſie viel Phlogiſton, ſo geben ſie ſalpeterartige, haben ſie weniger davon, fixe, und ſind ſie in hohem Grade davon befreyt, dephlogiſtiſirte Luft; die beyden letztern Gattungen gehen insgemein mit einander uͤber.

Die reinſte dephlogiſtiſirte Luft geben die Queckſilberniederſchlaͤge, der ohne Zuſatz bereitete Queckſilberkalk (Mercurius praecipitatus per ſe), und der rothe Queckſilberniederſchlag (Praecipitatum rubrum) wovon zwar der letztere durch Salpeterſaͤure bereitet, der erſte aber gaͤnzlich davon frey iſt. Beyde haben die Eigenſchaft, daß ſie ſich in verſchloßnen Gefaͤßen durch die Hitze von ſelbſt, und ohne Zuſatz von Phlogiſton, reduciren oder wiederum

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0379" xml:id="P.2.373" n="373"/><lb/>
aus der Ro&#x0364;hre und Retorte u&#x0364;ber; &#x017F;obald aber der Braun&#x017F;tein glu&#x0364;het, entwickelt &#x017F;ich dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft. So kan man aus 16 Unzen Braun&#x017F;tein 760&#x2014;780 Cubikzolle dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft erhalten. Eben &#x017F;o kan man mit dem Salpeter verfahren. <hi rendition="#b">Scheele</hi> (Von Luft und Feuer, §. 35.) nimmt eine gla&#x0364;&#x017F;erne Retorte, und bindet &#x017F;tatt alles Apparats eine mit Wa&#x017F;&#x017F;er angefeuchtete Bla&#x017F;e vor, welches allerdings die wohlfeil&#x017F;te Art i&#x017F;t. Der Salpeter verliert durch die&#x017F;e Operation &#x017F;eine Sa&#x0364;ure ga&#x0364;nzlich, und es bleibt in der Retorte blos der laugenartige Ru&#x0364;ck&#x017F;tand, der die Ba&#x017F;is die&#x017F;es Salzes ausgemacht hatte. <hi rendition="#b">Scheele</hi> (a. a. O.) hat &#x017F;ogar aus der bloßen Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure, nemlich aus dem rauchenden Salpetergei&#x017F;te, &#x017F;eine Empyrealluft erhalten. Es &#x017F;chien al&#x017F;o hiebey die Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure &#x017F;elb&#x017F;t in dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft verwandelt zu werden; &#x017F;o wie man auch dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft erha&#x0364;lt, wenn man Salpeterda&#x0364;mpfe durch ein glu&#x0364;hendes Pfeifenrohr gehen la&#x0364;ßt.</p>
            <p>Aus &#x017F;ehr vielen Sub&#x017F;tanzen la&#x0364;ßt &#x017F;ich auch dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft durch die Hitze entwickeln, wenn man &#x017F;ie vorher mit Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure angefeuchtet oder darinn aufgelo&#x0364;&#x017F;et hat. Dahin geho&#x0364;ren nach <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> Mennige, Zinkblumen, Thon, Sedativ&#x017F;alz, Kie&#x017F;el&#x017F;teine, Ei&#x017F;en und alle andere Metalle, wobey aber doch immer einige andere Gasarten mit zum Vor&#x017F;chein kommen, be&#x017F;onders wenn die gebrauchten Sub&#x017F;tanzen vom Phlogi&#x017F;ton nicht, &#x017F;o viel mo&#x0364;glich, befreyt worden &#x017F;ind. Enthalten &#x017F;ie viel Phlogi&#x017F;ton, &#x017F;o geben &#x017F;ie &#x017F;alpeterartige, haben &#x017F;ie weniger davon, fixe, und &#x017F;ind &#x017F;ie in hohem Grade davon befreyt, dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft; die beyden letztern Gattungen gehen insgemein mit einander u&#x0364;ber.</p>
            <p>Die rein&#x017F;te dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft geben die Queck&#x017F;ilbernieder&#x017F;chla&#x0364;ge, der <hi rendition="#b">ohne Zu&#x017F;atz bereitete Queck&#x017F;ilberkalk</hi> <hi rendition="#aq">(Mercurius praecipitatus per &#x017F;e),</hi> und der <hi rendition="#b">rothe Queck&#x017F;ilbernieder&#x017F;chlag</hi> <hi rendition="#aq">(Praecipitatum rubrum)</hi> wovon zwar der letztere durch Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure bereitet, der er&#x017F;te aber ga&#x0364;nzlich davon frey i&#x017F;t. Beyde haben die Eigen&#x017F;chaft, daß &#x017F;ie &#x017F;ich in ver&#x017F;chloßnen Gefa&#x0364;ßen durch die Hitze von &#x017F;elb&#x017F;t, und ohne Zu&#x017F;atz von Phlogi&#x017F;ton, reduciren oder wiederum<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0379] aus der Roͤhre und Retorte uͤber; ſobald aber der Braunſtein gluͤhet, entwickelt ſich dephlogiſtiſirte Luft. So kan man aus 16 Unzen Braunſtein 760—780 Cubikzolle dephlogiſtiſirte Luft erhalten. Eben ſo kan man mit dem Salpeter verfahren. Scheele (Von Luft und Feuer, §. 35.) nimmt eine glaͤſerne Retorte, und bindet ſtatt alles Apparats eine mit Waſſer angefeuchtete Blaſe vor, welches allerdings die wohlfeilſte Art iſt. Der Salpeter verliert durch dieſe Operation ſeine Saͤure gaͤnzlich, und es bleibt in der Retorte blos der laugenartige Ruͤckſtand, der die Baſis dieſes Salzes ausgemacht hatte. Scheele (a. a. O.) hat ſogar aus der bloßen Salpeterſaͤure, nemlich aus dem rauchenden Salpetergeiſte, ſeine Empyrealluft erhalten. Es ſchien alſo hiebey die Salpeterſaͤure ſelbſt in dephlogiſtiſirte Luft verwandelt zu werden; ſo wie man auch dephlogiſtiſirte Luft erhaͤlt, wenn man Salpeterdaͤmpfe durch ein gluͤhendes Pfeifenrohr gehen laͤßt. Aus ſehr vielen Subſtanzen laͤßt ſich auch dephlogiſtiſirte Luft durch die Hitze entwickeln, wenn man ſie vorher mit Salpeterſaͤure angefeuchtet oder darinn aufgeloͤſet hat. Dahin gehoͤren nach Prieſtley Mennige, Zinkblumen, Thon, Sedativſalz, Kieſelſteine, Eiſen und alle andere Metalle, wobey aber doch immer einige andere Gasarten mit zum Vorſchein kommen, beſonders wenn die gebrauchten Subſtanzen vom Phlogiſton nicht, ſo viel moͤglich, befreyt worden ſind. Enthalten ſie viel Phlogiſton, ſo geben ſie ſalpeterartige, haben ſie weniger davon, fixe, und ſind ſie in hohem Grade davon befreyt, dephlogiſtiſirte Luft; die beyden letztern Gattungen gehen insgemein mit einander uͤber. Die reinſte dephlogiſtiſirte Luft geben die Queckſilberniederſchlaͤge, der ohne Zuſatz bereitete Queckſilberkalk (Mercurius praecipitatus per ſe), und der rothe Queckſilberniederſchlag (Praecipitatum rubrum) wovon zwar der letztere durch Salpeterſaͤure bereitet, der erſte aber gaͤnzlich davon frey iſt. Beyde haben die Eigenſchaft, daß ſie ſich in verſchloßnen Gefaͤßen durch die Hitze von ſelbſt, und ohne Zuſatz von Phlogiſton, reduciren oder wiederum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/379
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/379>, abgerufen am 24.11.2024.