Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


mit Wasser AGHB, Taf. X. Fig. 37. und stürze die umgekehrte gläserne Glocke FGEH darüber, in der das Wasser inwendig bey IK eben so hoch, als auswendig in der Schüssel, stehen wird. Binnen wenig Minuten wird die Lichtflamme allmählig immer schwächer werden, und endlich verlöschen; das Wasser im Cylinder aber wird dabey immer höher hinaufsteigen, und endlich bey CD stehen bleiben. Dies beweiset, daß die Luft über dem Wasser verdorben, und zu fernerer Unterhaltung des Feuers untauglich geworden sey, und daß sich zugleich ihr anfängliches Volumen FEKI bis auf die Größe FEDC zusammengezogen oder vermindert habe.

Um die Größe dieser Verminderung genau zu messen, muß man sich eines Cylinders bedienen, welcher oben bey FE mit einem Glasstöpsel verschlossen werden kan. Auf ein in der Schüssel stehendes Fußgestell legt man dann etwas Kunkelschen Phosphorus, stürzt den Cylinder offen darüber, verstopft ihn alsdann erst genau, und bemerkt sich durch ein Zeichen, die Stelle des Cylinders, an welcher die Wasserfläche steht. Hierauf zündet man den Phosphorus durch ein Brennglas an; er bricht in eine starke Flamme aus, und verbrennt mit vielem weißen Dampfe. Anfangs wird zwar das Wasser von der erhitzten Luft heruntergedrückt, bald aber steigt es wieder, und steht nach dem Verlöschen des Phosphorus weit höher, als das bemerkte Zeichen. So hat man gefunden, daß durch jeden Gran des verbrannten Phosphorus 3 Cubikzoll atmosphärische Luft verlohren gehen, und daß überhaupt die gemeine Luft höchstens um ihren vierten Theil vermindert werden kan. Ueber diese Verminderung hat man schon Versuche von Mayow und Hales; die neuern aber sind von Priestley (Exp. and Obs. Vol. I.) und Lavoisier (Opusc. physiques et chym. a Paris 1774. 8. p. 374.) angestellt worden.

Die verminderte Luft selbst ist specifisch leichter, als die gemeine, vermischt sich mit dieser leicht, mit dem Wasser aber gar nicht. Sie färbt die Lakmustinctur nicht, trübt auch das Kalkwasser nicht. Thiere sterben und Lichter verlöschen schnell in ihr; die Pflanzen aber gedeihen in derselben,


mit Waſſer AGHB, Taf. X. Fig. 37. und ſtuͤrze die umgekehrte glaͤſerne Glocke FGEH daruͤber, in der das Waſſer inwendig bey IK eben ſo hoch, als auswendig in der Schuͤſſel, ſtehen wird. Binnen wenig Minuten wird die Lichtflamme allmaͤhlig immer ſchwaͤcher werden, und endlich verloͤſchen; das Waſſer im Cylinder aber wird dabey immer hoͤher hinaufſteigen, und endlich bey CD ſtehen bleiben. Dies beweiſet, daß die Luft uͤber dem Waſſer verdorben, und zu fernerer Unterhaltung des Feuers untauglich geworden ſey, und daß ſich zugleich ihr anfaͤngliches Volumen FEKI bis auf die Groͤße FEDC zuſammengezogen oder vermindert habe.

Um die Groͤße dieſer Verminderung genau zu meſſen, muß man ſich eines Cylinders bedienen, welcher oben bey FE mit einem Glasſtoͤpſel verſchloſſen werden kan. Auf ein in der Schuͤſſel ſtehendes Fußgeſtell legt man dann etwas Kunkelſchen Phoſphorus, ſtuͤrzt den Cylinder offen daruͤber, verſtopft ihn alsdann erſt genau, und bemerkt ſich durch ein Zeichen, die Stelle des Cylinders, an welcher die Waſſerflaͤche ſteht. Hierauf zuͤndet man den Phoſphorus durch ein Brennglas an; er bricht in eine ſtarke Flamme aus, und verbrennt mit vielem weißen Dampfe. Anfangs wird zwar das Waſſer von der erhitzten Luft heruntergedruͤckt, bald aber ſteigt es wieder, und ſteht nach dem Verloͤſchen des Phoſphorus weit hoͤher, als das bemerkte Zeichen. So hat man gefunden, daß durch jeden Gran des verbrannten Phoſphorus 3 Cubikzoll atmoſphaͤriſche Luft verlohren gehen, und daß uͤberhaupt die gemeine Luft hoͤchſtens um ihren vierten Theil vermindert werden kan. Ueber dieſe Verminderung hat man ſchon Verſuche von Mayow und Hales; die neuern aber ſind von Prieſtley (Exp. and Obſ. Vol. I.) und Lavoiſier (Opuſc. phyſiques et chym. à Paris 1774. 8. p. 374.) angeſtellt worden.

Die verminderte Luft ſelbſt iſt ſpecifiſch leichter, als die gemeine, vermiſcht ſich mit dieſer leicht, mit dem Waſſer aber gar nicht. Sie faͤrbt die Lakmustinctur nicht, truͤbt auch das Kalkwaſſer nicht. Thiere ſterben und Lichter verloͤſchen ſchnell in ihr; die Pflanzen aber gedeihen in derſelben,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0411" xml:id="P.2.405" n="405"/><lb/>
mit Wa&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">AGHB,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">X.</hi> Fig. 37. und &#x017F;tu&#x0364;rze die umgekehrte gla&#x0364;&#x017F;erne Glocke <hi rendition="#aq">FGEH</hi> daru&#x0364;ber, in der das Wa&#x017F;&#x017F;er inwendig bey <hi rendition="#aq">IK</hi> eben &#x017F;o hoch, als auswendig in der Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, &#x017F;tehen wird. Binnen wenig Minuten wird die Lichtflamme allma&#x0364;hlig immer &#x017F;chwa&#x0364;cher werden, und endlich verlo&#x0364;&#x017F;chen; das Wa&#x017F;&#x017F;er im Cylinder aber wird dabey immer ho&#x0364;her hinauf&#x017F;teigen, und endlich bey <hi rendition="#aq">CD</hi> &#x017F;tehen bleiben. Dies bewei&#x017F;et, daß die Luft u&#x0364;ber dem Wa&#x017F;&#x017F;er verdorben, und zu fernerer Unterhaltung des Feuers untauglich geworden &#x017F;ey, und daß &#x017F;ich zugleich ihr anfa&#x0364;ngliches Volumen <hi rendition="#aq">FEKI</hi> bis auf die Gro&#x0364;ße <hi rendition="#aq">FEDC</hi> zu&#x017F;ammengezogen oder vermindert habe.</p>
            <p>Um die Gro&#x0364;ße die&#x017F;er Verminderung genau zu me&#x017F;&#x017F;en, muß man &#x017F;ich eines Cylinders bedienen, welcher oben bey <hi rendition="#aq">FE</hi> mit einem Glas&#x017F;to&#x0364;p&#x017F;el ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden kan. Auf ein in der Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el &#x017F;tehendes Fußge&#x017F;tell legt man dann etwas Kunkel&#x017F;chen Pho&#x017F;phorus, &#x017F;tu&#x0364;rzt den Cylinder offen daru&#x0364;ber, ver&#x017F;topft ihn alsdann er&#x017F;t genau, und bemerkt &#x017F;ich durch ein Zeichen, die Stelle des Cylinders, an welcher die Wa&#x017F;&#x017F;erfla&#x0364;che &#x017F;teht. Hierauf zu&#x0364;ndet man den Pho&#x017F;phorus durch ein Brennglas an; er bricht in eine &#x017F;tarke Flamme aus, und verbrennt mit vielem weißen Dampfe. Anfangs wird zwar das Wa&#x017F;&#x017F;er von der erhitzten Luft heruntergedru&#x0364;ckt, bald aber &#x017F;teigt es wieder, und &#x017F;teht nach dem Verlo&#x0364;&#x017F;chen des Pho&#x017F;phorus weit ho&#x0364;her, als das bemerkte Zeichen. So hat man gefunden, daß durch jeden Gran des verbrannten Pho&#x017F;phorus 3 Cubikzoll atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;che Luft verlohren gehen, und daß u&#x0364;berhaupt die gemeine Luft ho&#x0364;ch&#x017F;tens um ihren vierten Theil vermindert werden kan. Ueber die&#x017F;e Verminderung hat man &#x017F;chon Ver&#x017F;uche von <hi rendition="#b">Mayow</hi> und <hi rendition="#b">Hales;</hi> die neuern aber &#x017F;ind von <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> <hi rendition="#aq">(Exp. and Ob&#x017F;. Vol. I.)</hi> und <hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> <hi rendition="#aq">(Opu&#x017F;c. phy&#x017F;iques et chym. à Paris 1774. 8. p. 374.)</hi> ange&#x017F;tellt worden.</p>
            <p>Die verminderte Luft &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t &#x017F;pecifi&#x017F;ch leichter, als die gemeine, vermi&#x017F;cht &#x017F;ich mit die&#x017F;er leicht, mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er aber gar nicht. Sie fa&#x0364;rbt die Lakmustinctur nicht, tru&#x0364;bt auch das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er nicht. Thiere &#x017F;terben und Lichter verlo&#x0364;&#x017F;chen &#x017F;chnell in ihr; die Pflanzen aber gedeihen in der&#x017F;elben,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[405/0411] mit Waſſer AGHB, Taf. X. Fig. 37. und ſtuͤrze die umgekehrte glaͤſerne Glocke FGEH daruͤber, in der das Waſſer inwendig bey IK eben ſo hoch, als auswendig in der Schuͤſſel, ſtehen wird. Binnen wenig Minuten wird die Lichtflamme allmaͤhlig immer ſchwaͤcher werden, und endlich verloͤſchen; das Waſſer im Cylinder aber wird dabey immer hoͤher hinaufſteigen, und endlich bey CD ſtehen bleiben. Dies beweiſet, daß die Luft uͤber dem Waſſer verdorben, und zu fernerer Unterhaltung des Feuers untauglich geworden ſey, und daß ſich zugleich ihr anfaͤngliches Volumen FEKI bis auf die Groͤße FEDC zuſammengezogen oder vermindert habe. Um die Groͤße dieſer Verminderung genau zu meſſen, muß man ſich eines Cylinders bedienen, welcher oben bey FE mit einem Glasſtoͤpſel verſchloſſen werden kan. Auf ein in der Schuͤſſel ſtehendes Fußgeſtell legt man dann etwas Kunkelſchen Phoſphorus, ſtuͤrzt den Cylinder offen daruͤber, verſtopft ihn alsdann erſt genau, und bemerkt ſich durch ein Zeichen, die Stelle des Cylinders, an welcher die Waſſerflaͤche ſteht. Hierauf zuͤndet man den Phoſphorus durch ein Brennglas an; er bricht in eine ſtarke Flamme aus, und verbrennt mit vielem weißen Dampfe. Anfangs wird zwar das Waſſer von der erhitzten Luft heruntergedruͤckt, bald aber ſteigt es wieder, und ſteht nach dem Verloͤſchen des Phoſphorus weit hoͤher, als das bemerkte Zeichen. So hat man gefunden, daß durch jeden Gran des verbrannten Phoſphorus 3 Cubikzoll atmoſphaͤriſche Luft verlohren gehen, und daß uͤberhaupt die gemeine Luft hoͤchſtens um ihren vierten Theil vermindert werden kan. Ueber dieſe Verminderung hat man ſchon Verſuche von Mayow und Hales; die neuern aber ſind von Prieſtley (Exp. and Obſ. Vol. I.) und Lavoiſier (Opuſc. phyſiques et chym. à Paris 1774. 8. p. 374.) angeſtellt worden. Die verminderte Luft ſelbſt iſt ſpecifiſch leichter, als die gemeine, vermiſcht ſich mit dieſer leicht, mit dem Waſſer aber gar nicht. Sie faͤrbt die Lakmustinctur nicht, truͤbt auch das Kalkwaſſer nicht. Thiere ſterben und Lichter verloͤſchen ſchnell in ihr; die Pflanzen aber gedeihen in derſelben,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/411
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/411>, abgerufen am 22.11.2024.