Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


dünnter
Vitriolsäure eine ganz andere Luftgattung, nemlich brennbare Luft, geben. Von Substanzen, welche mit der Vitriolsäure heftig aufbrausen, z. B. Oel und Quecksilber muß man nicht allzuviel nehmen, weil sonst die Gefäße leicht zerspringen. Mit Holzkohlen geht die Entbindung am stillsten von statten; auch mit Zucker, wobey von Herbert dem erhaltenen Gas den besondern Namen der zuckersauren Luft beylegt. Gemeiniglich ist etwas brennbare, fixe und phlogistisirte Luft dabey, besonders viel brennbare, wenn man sich des Aethers bedient hat.

Um die Quellen des Aachner Bades findet man diese Luft natürlich.

Sie ist nach Fontana doppelt so schwer, als die gemeine Luft, hat den sehr stechenden und durchdringenden Geruch des verbrennenden Schwefels, und einen sehr schwach-säuerlichen Geschmack, röthet den Violensaft und entfärbt ihn endlich ganz, wie die phlogistisirte Vitriolsäure. Sie tödtet die Thiere schnell, löscht die Lichter aus, ohne vorher ihre Flamme zu vergrößern, trübt das Kalkwasser nicht, und bildet mit den Laugensalzen und Erden eben die Neutral- und Mittelsalze, wie die phlogistisirte Vitriolsäure.

Sie wird vom Wasser, und zwar auch vom siedenden, schnell eingesogen, so daß 100 Theile Wasser 5 Theile Schwefelluft, dem Gewichte nach. in sich nehmen. Das mit ihr imprägnirte Wasser ist klar und hell, und erlangt alle Eigenschaften der phlogistisirten Vitriolsäure. Es unterscheidet sich vom Vitriolöl durch eine weit schwächere Säure und stärkere Flüchtigkeit; daher auch der Geruch unerträglich auffallend ist, und das Wasser an der freyen Luft fast gänzlich verraucht. Das Eis schmelzt in der Schwefelluft, obgleich die Imprägnation damit das Gefrieren des Wassers nicht verhindert. Auch löset dieses Gas den Kampher, das Eisen und das Kupfer auf; treibt aus keinem Neutral- oder Mittelsalze die Säure aus, wohl aber aus den milden Laugensalzen die Luftsäure; und verhindert die Gährung. Es wird auch vom Vitrioläther,


duͤnnter
Vitriolſaͤure eine ganz andere Luftgattung, nemlich brennbare Luft, geben. Von Subſtanzen, welche mit der Vitriolſaͤure heftig aufbrauſen, z. B. Oel und Queckſilber muß man nicht allzuviel nehmen, weil ſonſt die Gefaͤße leicht zerſpringen. Mit Holzkohlen geht die Entbindung am ſtillſten von ſtatten; auch mit Zucker, wobey von Herbert dem erhaltenen Gas den beſondern Namen der zuckerſauren Luft beylegt. Gemeiniglich iſt etwas brennbare, fixe und phlogiſtiſirte Luft dabey, beſonders viel brennbare, wenn man ſich des Aethers bedient hat.

Um die Quellen des Aachner Bades findet man dieſe Luft natuͤrlich.

Sie iſt nach Fontana doppelt ſo ſchwer, als die gemeine Luft, hat den ſehr ſtechenden und durchdringenden Geruch des verbrennenden Schwefels, und einen ſehr ſchwach-ſaͤuerlichen Geſchmack, roͤthet den Violenſaft und entfaͤrbt ihn endlich ganz, wie die phlogiſtiſirte Vitriolſaͤure. Sie toͤdtet die Thiere ſchnell, loͤſcht die Lichter aus, ohne vorher ihre Flamme zu vergroͤßern, truͤbt das Kalkwaſſer nicht, und bildet mit den Laugenſalzen und Erden eben die Neutral- und Mittelſalze, wie die phlogiſtiſirte Vitriolſaͤure.

Sie wird vom Waſſer, und zwar auch vom ſiedenden, ſchnell eingeſogen, ſo daß 100 Theile Waſſer 5 Theile Schwefelluft, dem Gewichte nach. in ſich nehmen. Das mit ihr impraͤgnirte Waſſer iſt klar und hell, und erlangt alle Eigenſchaften der phlogiſtiſirten Vitriolſaͤure. Es unterſcheidet ſich vom Vitrioloͤl durch eine weit ſchwaͤchere Saͤure und ſtaͤrkere Fluͤchtigkeit; daher auch der Geruch unertraͤglich auffallend iſt, und das Waſſer an der freyen Luft faſt gaͤnzlich verraucht. Das Eis ſchmelzt in der Schwefelluft, obgleich die Impraͤgnation damit das Gefrieren des Waſſers nicht verhindert. Auch loͤſet dieſes Gas den Kampher, das Eiſen und das Kupfer auf; treibt aus keinem Neutral- oder Mittelſalze die Saͤure aus, wohl aber aus den milden Laugenſalzen die Luftſaͤure; und verhindert die Gaͤhrung. Es wird auch vom Vitriolaͤther,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0432" xml:id="P.2.426" n="426"/><lb/>
du&#x0364;nnter</hi> Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure eine ganz andere Luftgattung, nemlich brennbare Luft, geben. Von Sub&#x017F;tanzen, welche mit der Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure heftig aufbrau&#x017F;en, z. B. Oel und Queck&#x017F;ilber muß man nicht allzuviel nehmen, weil &#x017F;on&#x017F;t die Gefa&#x0364;ße leicht zer&#x017F;pringen. Mit Holzkohlen geht die Entbindung am &#x017F;till&#x017F;ten von &#x017F;tatten; auch mit Zucker, wobey <hi rendition="#b">von Herbert</hi> dem erhaltenen Gas den be&#x017F;ondern Namen der zucker&#x017F;auren Luft beylegt. Gemeiniglich i&#x017F;t etwas brennbare, fixe und phlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft dabey, be&#x017F;onders viel brennbare, wenn man &#x017F;ich des Aethers bedient hat.</p>
            <p>Um die Quellen des Aachner Bades findet man die&#x017F;e Luft natu&#x0364;rlich.</p>
            <p>Sie i&#x017F;t nach <hi rendition="#b">Fontana</hi> doppelt &#x017F;o &#x017F;chwer, als die gemeine Luft, hat den &#x017F;ehr &#x017F;techenden und durchdringenden Geruch des verbrennenden Schwefels, und einen &#x017F;ehr &#x017F;chwach-&#x017F;a&#x0364;uerlichen Ge&#x017F;chmack, ro&#x0364;thet den Violen&#x017F;aft und entfa&#x0364;rbt ihn endlich ganz, wie die phlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure. Sie to&#x0364;dtet die Thiere &#x017F;chnell, lo&#x0364;&#x017F;cht die Lichter aus, ohne vorher ihre Flamme zu vergro&#x0364;ßern, tru&#x0364;bt das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er nicht, und bildet mit den Laugen&#x017F;alzen und Erden eben die Neutral- und Mittel&#x017F;alze, wie die phlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure.</p>
            <p>Sie wird vom Wa&#x017F;&#x017F;er, und zwar auch vom &#x017F;iedenden, &#x017F;chnell einge&#x017F;ogen, &#x017F;o daß 100 Theile Wa&#x017F;&#x017F;er 5 Theile Schwefelluft, dem Gewichte nach. in &#x017F;ich nehmen. Das mit ihr impra&#x0364;gnirte Wa&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t klar und hell, und erlangt alle Eigen&#x017F;chaften der phlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Vitriol&#x017F;a&#x0364;ure. Es unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich vom Vitriolo&#x0364;l durch eine weit &#x017F;chwa&#x0364;chere Sa&#x0364;ure und &#x017F;ta&#x0364;rkere Flu&#x0364;chtigkeit; daher auch der Geruch unertra&#x0364;glich auffallend i&#x017F;t, und das Wa&#x017F;&#x017F;er an der freyen Luft fa&#x017F;t ga&#x0364;nzlich verraucht. Das Eis &#x017F;chmelzt in der Schwefelluft, obgleich die Impra&#x0364;gnation damit das Gefrieren des Wa&#x017F;&#x017F;ers nicht verhindert. Auch lo&#x0364;&#x017F;et die&#x017F;es Gas den Kampher, das Ei&#x017F;en und das Kupfer auf; treibt aus keinem Neutral- oder Mittel&#x017F;alze die Sa&#x0364;ure aus, wohl aber aus den milden Laugen&#x017F;alzen die Luft&#x017F;a&#x0364;ure; und verhindert die Ga&#x0364;hrung. Es wird auch vom Vitriola&#x0364;ther,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[426/0432] duͤnnter Vitriolſaͤure eine ganz andere Luftgattung, nemlich brennbare Luft, geben. Von Subſtanzen, welche mit der Vitriolſaͤure heftig aufbrauſen, z. B. Oel und Queckſilber muß man nicht allzuviel nehmen, weil ſonſt die Gefaͤße leicht zerſpringen. Mit Holzkohlen geht die Entbindung am ſtillſten von ſtatten; auch mit Zucker, wobey von Herbert dem erhaltenen Gas den beſondern Namen der zuckerſauren Luft beylegt. Gemeiniglich iſt etwas brennbare, fixe und phlogiſtiſirte Luft dabey, beſonders viel brennbare, wenn man ſich des Aethers bedient hat. Um die Quellen des Aachner Bades findet man dieſe Luft natuͤrlich. Sie iſt nach Fontana doppelt ſo ſchwer, als die gemeine Luft, hat den ſehr ſtechenden und durchdringenden Geruch des verbrennenden Schwefels, und einen ſehr ſchwach-ſaͤuerlichen Geſchmack, roͤthet den Violenſaft und entfaͤrbt ihn endlich ganz, wie die phlogiſtiſirte Vitriolſaͤure. Sie toͤdtet die Thiere ſchnell, loͤſcht die Lichter aus, ohne vorher ihre Flamme zu vergroͤßern, truͤbt das Kalkwaſſer nicht, und bildet mit den Laugenſalzen und Erden eben die Neutral- und Mittelſalze, wie die phlogiſtiſirte Vitriolſaͤure. Sie wird vom Waſſer, und zwar auch vom ſiedenden, ſchnell eingeſogen, ſo daß 100 Theile Waſſer 5 Theile Schwefelluft, dem Gewichte nach. in ſich nehmen. Das mit ihr impraͤgnirte Waſſer iſt klar und hell, und erlangt alle Eigenſchaften der phlogiſtiſirten Vitriolſaͤure. Es unterſcheidet ſich vom Vitrioloͤl durch eine weit ſchwaͤchere Saͤure und ſtaͤrkere Fluͤchtigkeit; daher auch der Geruch unertraͤglich auffallend iſt, und das Waſſer an der freyen Luft faſt gaͤnzlich verraucht. Das Eis ſchmelzt in der Schwefelluft, obgleich die Impraͤgnation damit das Gefrieren des Waſſers nicht verhindert. Auch loͤſet dieſes Gas den Kampher, das Eiſen und das Kupfer auf; treibt aus keinem Neutral- oder Mittelſalze die Saͤure aus, wohl aber aus den milden Laugenſalzen die Luftſaͤure; und verhindert die Gaͤhrung. Es wird auch vom Vitriolaͤther,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/432
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/432>, abgerufen am 22.11.2024.