Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Es ist eine sehr bekannte Sache, daß es äußerst selten im Winter hagelt, und daß die heftigsten Hagelwetter, welche insgemein mit Sturm, Donner und Blitz begleitet sind, in den Monaten May, Iunius, Iulius und August auch meistens bey Tage, einfallen. Der Wind ist dabey sehr veränderlich, und mehrentheils geht unmittelbar vor dem Hagelwetter eine Hauptveränderung seiner Richtung vorher. Das Aneinanderstoßen der Hagelkörner verursacht ein Getöse in der Luft. Oft fällt der Hagel mit Regen vermischt, bisweilen aber geht auch der Regen voran, und verwandelt sich in der Folge in Hagel. Vor den heftigen Gewittern, welche die Hagelwetter begleiten, ist es gemeiniglich sehr schwül; beym Herabfallen des Hagels aber und noch mehr nach demselben, findet man die Luft abgekühlet. Dennoch giebt es einzelne Beyspiele von Hagelwettern, die im Winter oder in der Nacht gekommen sind, wie z. B. in Montpellier am 30 Iänner 1741. (Mem. de Paris 1741. p. 218.). Sie sind alsdann desto heftiger und allezeit mit schrecklichen Donnerwettern begleitet. Diese Fälle sind jedoch nur Ausnahmen, und die Regel bleibt allemal diese, daß es blos im Winter schneyt und blos im Sommer hagelt, so wie in den Zwischenzeiten, zumal im Frühling, der zarte Graupenhagel (gresil) fällt, der vom Schnee die Weichheit und vom Hagel die Figur hat. Diese Regel hat man sonst dadurch zu erklären gesucht, daß im Winter der ganze Luftkreis zu kalt sey, als daß das Wasser darinn in Tropfen sollte zusammenfließen können. Aber der Umstand, daß die schweren Hagelwetter allemal Donnerwetter sind, scheint wohl deutlich zu beweisen, daß zur Entstehung des Hagels ein Ausbruch der Elektricität erforderlich sey. Mongez (Lettre sur la formation de la grele, in Rozier Journal de phys. Sept. 1778.) führt ein Beyspiel
Es iſt eine ſehr bekannte Sache, daß es aͤußerſt ſelten im Winter hagelt, und daß die heftigſten Hagelwetter, welche insgemein mit Sturm, Donner und Blitz begleitet ſind, in den Monaten May, Iunius, Iulius und Auguſt auch meiſtens bey Tage, einfallen. Der Wind iſt dabey ſehr veraͤnderlich, und mehrentheils geht unmittelbar vor dem Hagelwetter eine Hauptveraͤnderung ſeiner Richtung vorher. Das Aneinanderſtoßen der Hagelkoͤrner verurſacht ein Getoͤſe in der Luft. Oft faͤllt der Hagel mit Regen vermiſcht, bisweilen aber geht auch der Regen voran, und verwandelt ſich in der Folge in Hagel. Vor den heftigen Gewittern, welche die Hagelwetter begleiten, iſt es gemeiniglich ſehr ſchwuͤl; beym Herabfallen des Hagels aber und noch mehr nach demſelben, findet man die Luft abgekuͤhlet. Dennoch giebt es einzelne Beyſpiele von Hagelwettern, die im Winter oder in der Nacht gekommen ſind, wie z. B. in Montpellier am 30 Iaͤnner 1741. (Mém. de Paris 1741. p. 218.). Sie ſind alsdann deſto heftiger und allezeit mit ſchrecklichen Donnerwettern begleitet. Dieſe Faͤlle ſind jedoch nur Ausnahmen, und die Regel bleibt allemal dieſe, daß es blos im Winter ſchneyt und blos im Sommer hagelt, ſo wie in den Zwiſchenzeiten, zumal im Fruͤhling, der zarte Graupenhagel (greſil) faͤllt, der vom Schnee die Weichheit und vom Hagel die Figur hat. Dieſe Regel hat man ſonſt dadurch zu erklaͤren geſucht, daß im Winter der ganze Luftkreis zu kalt ſey, als daß das Waſſer darinn in Tropfen ſollte zuſammenfließen koͤnnen. Aber der Umſtand, daß die ſchweren Hagelwetter allemal Donnerwetter ſind, ſcheint wohl deutlich zu beweiſen, daß zur Entſtehung des Hagels ein Ausbruch der Elektricitaͤt erforderlich ſey. Mongez (Lettre ſur la formation de la grèle, in Rozier Journal de phyſ. Sept. 1778.) fuͤhrt ein Beyſpiel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0560" xml:id="P.2.554" n="554"/><lb/> Lett. 15.)</hi> kleiner, als die in den Plaͤnen. Selten iſt ihre Geſtalt vollkommen rund; ſie ſind vielmehr unregelmaͤßig abgeplattet, und oft, wenn ſie mit ſtarken Stuͤrmen niederfallen, durch das Aneinanderſchlagen zerbrochen. Ihr innerer Kern iſt undurchſichtig und einem compacten Schnee aͤhnlich; die aͤußere Schale iſt hell und durchſichtig.</p> <p>Es iſt eine ſehr bekannte Sache, daß es aͤußerſt ſelten im Winter hagelt, und daß die heftigſten Hagelwetter, welche insgemein mit Sturm, Donner und Blitz begleitet ſind, in den Monaten May, Iunius, Iulius und Auguſt auch meiſtens bey Tage, einfallen. Der Wind iſt dabey ſehr veraͤnderlich, und mehrentheils geht unmittelbar vor dem Hagelwetter eine Hauptveraͤnderung ſeiner Richtung vorher. Das Aneinanderſtoßen der Hagelkoͤrner verurſacht ein Getoͤſe in der Luft. Oft faͤllt der Hagel mit Regen vermiſcht, bisweilen aber geht auch der Regen voran, und verwandelt ſich in der Folge in Hagel. Vor den heftigen Gewittern, welche die Hagelwetter begleiten, iſt es gemeiniglich ſehr ſchwuͤl; beym Herabfallen des Hagels aber und noch mehr nach demſelben, findet man die Luft abgekuͤhlet.</p> <p>Dennoch giebt es einzelne Beyſpiele von Hagelwettern, die im Winter oder in der Nacht gekommen ſind, wie z. B. in Montpellier am 30 Iaͤnner <hi rendition="#aq">1741. (Mém. de Paris 1741. p. 218.).</hi> Sie ſind alsdann deſto heftiger und allezeit mit ſchrecklichen Donnerwettern begleitet. Dieſe Faͤlle ſind jedoch nur Ausnahmen, und die Regel bleibt allemal dieſe, daß es blos im Winter ſchneyt und blos im Sommer hagelt, ſo wie in den Zwiſchenzeiten, zumal im Fruͤhling, der zarte <hi rendition="#b">Graupenhagel</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">greſil</hi>)</hi> faͤllt, der vom Schnee die Weichheit und vom Hagel die Figur hat.</p> <p>Dieſe Regel hat man ſonſt dadurch zu erklaͤren geſucht, daß im Winter der ganze Luftkreis zu kalt ſey, als daß das Waſſer darinn in Tropfen ſollte zuſammenfließen koͤnnen. Aber der Umſtand, daß die ſchweren Hagelwetter allemal Donnerwetter ſind, ſcheint wohl deutlich zu beweiſen, daß zur Entſtehung des Hagels ein Ausbruch der Elektricitaͤt erforderlich ſey. <hi rendition="#b">Mongez</hi> <hi rendition="#aq">(Lettre ſur la formation de la grèle,</hi> in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rozier</hi> Journal de phyſ. Sept. 1778.)</hi> fuͤhrt ein Beyſpiel<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [554/0560]
Lett. 15.) kleiner, als die in den Plaͤnen. Selten iſt ihre Geſtalt vollkommen rund; ſie ſind vielmehr unregelmaͤßig abgeplattet, und oft, wenn ſie mit ſtarken Stuͤrmen niederfallen, durch das Aneinanderſchlagen zerbrochen. Ihr innerer Kern iſt undurchſichtig und einem compacten Schnee aͤhnlich; die aͤußere Schale iſt hell und durchſichtig.
Es iſt eine ſehr bekannte Sache, daß es aͤußerſt ſelten im Winter hagelt, und daß die heftigſten Hagelwetter, welche insgemein mit Sturm, Donner und Blitz begleitet ſind, in den Monaten May, Iunius, Iulius und Auguſt auch meiſtens bey Tage, einfallen. Der Wind iſt dabey ſehr veraͤnderlich, und mehrentheils geht unmittelbar vor dem Hagelwetter eine Hauptveraͤnderung ſeiner Richtung vorher. Das Aneinanderſtoßen der Hagelkoͤrner verurſacht ein Getoͤſe in der Luft. Oft faͤllt der Hagel mit Regen vermiſcht, bisweilen aber geht auch der Regen voran, und verwandelt ſich in der Folge in Hagel. Vor den heftigen Gewittern, welche die Hagelwetter begleiten, iſt es gemeiniglich ſehr ſchwuͤl; beym Herabfallen des Hagels aber und noch mehr nach demſelben, findet man die Luft abgekuͤhlet.
Dennoch giebt es einzelne Beyſpiele von Hagelwettern, die im Winter oder in der Nacht gekommen ſind, wie z. B. in Montpellier am 30 Iaͤnner 1741. (Mém. de Paris 1741. p. 218.). Sie ſind alsdann deſto heftiger und allezeit mit ſchrecklichen Donnerwettern begleitet. Dieſe Faͤlle ſind jedoch nur Ausnahmen, und die Regel bleibt allemal dieſe, daß es blos im Winter ſchneyt und blos im Sommer hagelt, ſo wie in den Zwiſchenzeiten, zumal im Fruͤhling, der zarte Graupenhagel (greſil) faͤllt, der vom Schnee die Weichheit und vom Hagel die Figur hat.
Dieſe Regel hat man ſonſt dadurch zu erklaͤren geſucht, daß im Winter der ganze Luftkreis zu kalt ſey, als daß das Waſſer darinn in Tropfen ſollte zuſammenfließen koͤnnen. Aber der Umſtand, daß die ſchweren Hagelwetter allemal Donnerwetter ſind, ſcheint wohl deutlich zu beweiſen, daß zur Entſtehung des Hagels ein Ausbruch der Elektricitaͤt erforderlich ſey. Mongez (Lettre ſur la formation de la grèle, in Rozier Journal de phyſ. Sept. 1778.) fuͤhrt ein Beyſpiel
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