Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts machte Johann Jordan, ein Bürger zu Stuttgard, zuerst die Bemerkung, daß ein Heber mit gleich langen Schenkeln aus jeder Oefnung Wasser gebe, wenn man die andere in ein Gefäß mit Wasser bringt. Der damalige herzoglich würtembergische Leibarzt, Salomon Reisel, machte im Jahre 1684 die erste sehr geheimnißvolle Nachricht davon bekannt, und gab die Sache für etwas Besonderes aus. Aber bald nachher beschrieb Papinus (Philos. Trans. 1685. n. 167.) einen solchen Heber, und Reisel selbst (Sipho Wirtembergicus per majora experimenta firmatus, Stutgard. 1690. 4.) machte nun die wahren Umstände bekannt. Dieser Heber hat den Namen des würtembergischen behalten. Ob er gleich für diejenigen, welche die Theorie genau kennen, nichts Besonderes hat, so machte er doch damals viel Aufsehen, weil man vorher geglaubt hatte, der eingetauchte Schenkel müsse kürzer seyn, als der ausgießende. Man machte viele Versuche, das Wasser damit über 32 Fuß zu heben, welche freylich vergeblich waren. Wenn man diesen Heber, wie Taf. XI. Fig. 65. zeigt, an ein Gefäß anbringt, in welchem die Wasserfläche DE höher, als B, steht, so füllt er sich von selbst, leert das Gefäß bis an A aus, und bleibt gefüllt, wenn er zu fließen aufhöret. Der Diabetes des Heron, Taf. XI. Fig. 66. ist ein versteckter Heber. Durch den Boden BC des Gefäßes
Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts machte Johann Jordan, ein Buͤrger zu Stuttgard, zuerſt die Bemerkung, daß ein Heber mit gleich langen Schenkeln aus jeder Oefnung Waſſer gebe, wenn man die andere in ein Gefaͤß mit Waſſer bringt. Der damalige herzoglich wuͤrtembergiſche Leibarzt, Salomon Reiſel, machte im Jahre 1684 die erſte ſehr geheimnißvolle Nachricht davon bekannt, und gab die Sache fuͤr etwas Beſonderes aus. Aber bald nachher beſchrieb Papinus (Philoſ. Trans. 1685. n. 167.) einen ſolchen Heber, und Reiſel ſelbſt (Sipho Wirtembergicus per majora experimenta firmatus, Stutgard. 1690. 4.) machte nun die wahren Umſtaͤnde bekannt. Dieſer Heber hat den Namen des wuͤrtembergiſchen behalten. Ob er gleich fuͤr diejenigen, welche die Theorie genau kennen, nichts Beſonderes hat, ſo machte er doch damals viel Aufſehen, weil man vorher geglaubt hatte, der eingetauchte Schenkel muͤſſe kuͤrzer ſeyn, als der ausgießende. Man machte viele Verſuche, das Waſſer damit uͤber 32 Fuß zu heben, welche freylich vergeblich waren. Wenn man dieſen Heber, wie Taf. XI. Fig. 65. zeigt, an ein Gefaͤß anbringt, in welchem die Waſſerflaͤche DE hoͤher, als B, ſteht, ſo fuͤllt er ſich von ſelbſt, leert das Gefaͤß bis an A aus, und bleibt gefuͤllt, wenn er zu fließen aufhoͤret. Der Diabetes des Heron, Taf. XI. Fig. 66. iſt ein verſteckter Heber. Durch den Boden BC des Gefaͤßes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0587" xml:id="P.2.581" n="581"/><lb/> ſie dennoch das Waſſer noch um (32/100) Fuß oder beynahe 4 Zoll, wozu noch das Aufſteigen des Waſſers in engen Roͤhren, und der Umſtand koͤmmt, daß man ſich keines von Luft gereinigten Waſſers bediente, daher unter der Glocke immer neue Luft aufſtieg <hi rendition="#aq">(ſ. <hi rendition="#i">Tetens</hi> de cauſſa fluxus ſiphonis bicruralis in vacuo continuati. Butzov. 1763. 4.).</hi> Wenn man ſich vollkommnerer Luftpumpen, hoͤherer und weiterer Heber und eines wohl von Luft gereinigten Waſſers oder noch beſſer des Queckſilbers bedient, ſo hoͤrt jeder Heber unter der Glocke auf zu fließen. <hi rendition="#b">Hauſen</hi> fragte ſeine Zuhoͤrer, ob der Heber fließen ſolle, oder nicht, und machte den Verſuch, wie ſie ihn verlangten.</p> <p>Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts machte <hi rendition="#b">Johann Jordan,</hi> ein Buͤrger zu Stuttgard, zuerſt die Bemerkung, daß ein Heber mit gleich langen Schenkeln aus jeder Oefnung Waſſer gebe, wenn man die andere in ein Gefaͤß mit Waſſer bringt. Der damalige herzoglich wuͤrtembergiſche Leibarzt, <hi rendition="#b">Salomon Reiſel,</hi> machte im Jahre 1684 die erſte ſehr geheimnißvolle Nachricht davon bekannt, und gab die Sache fuͤr etwas Beſonderes aus. Aber bald nachher beſchrieb <hi rendition="#b">Papinus</hi> <hi rendition="#aq">(Philoſ. Trans. 1685. n. 167.)</hi> einen ſolchen Heber, und <hi rendition="#b">Reiſel</hi> ſelbſt <hi rendition="#aq">(Sipho Wirtembergicus per majora experimenta firmatus, Stutgard. 1690. 4.)</hi> machte nun die wahren Umſtaͤnde bekannt. Dieſer Heber hat den Namen des <hi rendition="#b">wuͤrtembergiſchen</hi> behalten. Ob er gleich fuͤr diejenigen, welche die Theorie genau kennen, nichts Beſonderes hat, ſo machte er doch damals viel Aufſehen, weil man vorher geglaubt hatte, der eingetauchte Schenkel muͤſſe kuͤrzer ſeyn, als der ausgießende. Man machte viele Verſuche, das Waſſer damit uͤber 32 Fuß zu heben, welche freylich vergeblich waren. Wenn man dieſen Heber, wie Taf. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Fig. 65. zeigt, an ein Gefaͤß anbringt, in welchem die Waſſerflaͤche <hi rendition="#aq">DE</hi> hoͤher, als <hi rendition="#aq">B,</hi> ſteht, ſo fuͤllt er ſich von ſelbſt, leert das Gefaͤß bis an <hi rendition="#aq">A</hi> aus, und bleibt gefuͤllt, wenn er zu fließen aufhoͤret.</p> <p>Der <hi rendition="#b">Diabetes des Heron,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Fig. 66. iſt ein verſteckter Heber. Durch den Boden <hi rendition="#aq">BC</hi> des Gefaͤßes<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [581/0587]
ſie dennoch das Waſſer noch um (32/100) Fuß oder beynahe 4 Zoll, wozu noch das Aufſteigen des Waſſers in engen Roͤhren, und der Umſtand koͤmmt, daß man ſich keines von Luft gereinigten Waſſers bediente, daher unter der Glocke immer neue Luft aufſtieg (ſ. Tetens de cauſſa fluxus ſiphonis bicruralis in vacuo continuati. Butzov. 1763. 4.). Wenn man ſich vollkommnerer Luftpumpen, hoͤherer und weiterer Heber und eines wohl von Luft gereinigten Waſſers oder noch beſſer des Queckſilbers bedient, ſo hoͤrt jeder Heber unter der Glocke auf zu fließen. Hauſen fragte ſeine Zuhoͤrer, ob der Heber fließen ſolle, oder nicht, und machte den Verſuch, wie ſie ihn verlangten.
Gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts machte Johann Jordan, ein Buͤrger zu Stuttgard, zuerſt die Bemerkung, daß ein Heber mit gleich langen Schenkeln aus jeder Oefnung Waſſer gebe, wenn man die andere in ein Gefaͤß mit Waſſer bringt. Der damalige herzoglich wuͤrtembergiſche Leibarzt, Salomon Reiſel, machte im Jahre 1684 die erſte ſehr geheimnißvolle Nachricht davon bekannt, und gab die Sache fuͤr etwas Beſonderes aus. Aber bald nachher beſchrieb Papinus (Philoſ. Trans. 1685. n. 167.) einen ſolchen Heber, und Reiſel ſelbſt (Sipho Wirtembergicus per majora experimenta firmatus, Stutgard. 1690. 4.) machte nun die wahren Umſtaͤnde bekannt. Dieſer Heber hat den Namen des wuͤrtembergiſchen behalten. Ob er gleich fuͤr diejenigen, welche die Theorie genau kennen, nichts Beſonderes hat, ſo machte er doch damals viel Aufſehen, weil man vorher geglaubt hatte, der eingetauchte Schenkel muͤſſe kuͤrzer ſeyn, als der ausgießende. Man machte viele Verſuche, das Waſſer damit uͤber 32 Fuß zu heben, welche freylich vergeblich waren. Wenn man dieſen Heber, wie Taf. XI. Fig. 65. zeigt, an ein Gefaͤß anbringt, in welchem die Waſſerflaͤche DE hoͤher, als B, ſteht, ſo fuͤllt er ſich von ſelbſt, leert das Gefaͤß bis an A aus, und bleibt gefuͤllt, wenn er zu fließen aufhoͤret.
Der Diabetes des Heron, Taf. XI. Fig. 66. iſt ein verſteckter Heber. Durch den Boden BC des Gefaͤßes
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |