bildeten die Erdschichten und das Wasser. Da aber die feinen Theile des dritten Elements, welche über dem Wasser lagen, nicht ganz von den gröbern befreyt werden konnten, so wuchs von ihnen ein Bette über dem Wasser zusammen, das endlich einstürzte, und Plänen, Anhöhen und Berge hervorbrachte. Auf eine eben so mechanische Art fährt dieser Weltweise fort, die Entstehung der Vulkane, Salze, brennbaren Materien, Metalle, Quellen u. s. f. zu erklären, so daß sich die Aufgabe: Datis materia et motu facere mundum, durch bloße Speculation schwerlich sinnreicher auflösen läßt. Und wenn gleich dies ganze System ein bloßer Traum und nicht im Mindesten durch Erfahrungen unterstützt ist, so wird man doch das große und dreiste Genie, das aus demselben hervorleuchtet, nicht ohne Bewunderung bemerken.
Thomas Burnet (Telluris theoria sacra, orbis nostri originem et mutationes generales, quas aut jam subiit, aut olim subiturus est, complectens. Lond. 1681. 4.) zieht in diesem mit warmer Einbildungskraft geschriebenen Werke die mosaische Schöpfungsgeschichte blos auf unsern Erdball, welcher anfänglich ein flüßiges Chaos von allerley Materien gewesen seyn soll. Die schwerern Materien, sagt er, sanken und bildeten den Kern, um diesen sammelte sich das Wasser, und darüber die Luft, aus welcher die erdichten und ölichten Theile herabfielen, der Luft ihre Durchsichtigkeit (das Licht) wiedergaben, und die alte Erdrinde, ohne Berge und Meere, den glückseligen Aufenthalt der ersten Menschen, bildeten. Nach 1600 Jahren zerriß diese Rinde, von der Sonnenhitze vertrocknet, stürzte in das Wasser hinab, und nahm eine Menge Luft mit sich, die das Gewässer noch mehr erhob. Dies war die Sündfluth. Allmählig eröfnete sich das Wasser Wege in unterirdische Höhlen, verließ einen Theil der eingestürzten Erdrinde, und brachte so unsre festen Länder und Inseln, welche aus Trümmern jener Rinde bestehen, aufs Trockne. Man wird bald bemerken, daß dies System blos zu Erklärung der Sündfluth erfunden ist, und wenig Kenntniß der Erdfläche verräth, welche keine Spuren eines
bildeten die Erdſchichten und das Waſſer. Da aber die feinen Theile des dritten Elements, welche uͤber dem Waſſer lagen, nicht ganz von den groͤbern befreyt werden konnten, ſo wuchs von ihnen ein Bette uͤber dem Waſſer zuſammen, das endlich einſtuͤrzte, und Plaͤnen, Anhoͤhen und Berge hervorbrachte. Auf eine eben ſo mechaniſche Art faͤhrt dieſer Weltweiſe fort, die Entſtehung der Vulkane, Salze, brennbaren Materien, Metalle, Quellen u. ſ. f. zu erklaͤren, ſo daß ſich die Aufgabe: Datis materia et motu facere mundum, durch bloße Speculation ſchwerlich ſinnreicher aufloͤſen laͤßt. Und wenn gleich dies ganze Syſtem ein bloßer Traum und nicht im Mindeſten durch Erfahrungen unterſtuͤtzt iſt, ſo wird man doch das große und dreiſte Genie, das aus demſelben hervorleuchtet, nicht ohne Bewunderung bemerken.
Thomas Burnet (Telluris theoria ſacra, orbis noſtri originem et mutationes generales, quas aut jam ſubiit, aut olim ſubiturus eſt, complectens. Lond. 1681. 4.) zieht in dieſem mit warmer Einbildungskraft geſchriebenen Werke die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte blos auf unſern Erdball, welcher anfaͤnglich ein fluͤßiges Chaos von allerley Materien geweſen ſeyn ſoll. Die ſchwerern Materien, ſagt er, ſanken und bildeten den Kern, um dieſen ſammelte ſich das Waſſer, und daruͤber die Luft, aus welcher die erdichten und oͤlichten Theile herabfielen, der Luft ihre Durchſichtigkeit (das Licht) wiedergaben, und die alte Erdrinde, ohne Berge und Meere, den gluͤckſeligen Aufenthalt der erſten Menſchen, bildeten. Nach 1600 Jahren zerriß dieſe Rinde, von der Sonnenhitze vertrocknet, ſtuͤrzte in das Waſſer hinab, und nahm eine Menge Luft mit ſich, die das Gewaͤſſer noch mehr erhob. Dies war die Suͤndfluth. Allmaͤhlig eroͤfnete ſich das Waſſer Wege in unterirdiſche Hoͤhlen, verließ einen Theil der eingeſtuͤrzten Erdrinde, und brachte ſo unſre feſten Laͤnder und Inſeln, welche aus Truͤmmern jener Rinde beſtehen, aufs Trockne. Man wird bald bemerken, daß dies Syſtem blos zu Erklaͤrung der Suͤndfluth erfunden iſt, und wenig Kenntniß der Erdflaͤche verraͤth, welche keine Spuren eines
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bildeten die Erdſchichten und das Waſſer. Da aber die feinen Theile des dritten Elements, welche uͤber dem Waſſer lagen, nicht ganz von den groͤbern befreyt werden konnten, ſo wuchs von ihnen ein Bette uͤber dem Waſſer zuſammen, das endlich einſtuͤrzte, und Plaͤnen, Anhoͤhen und Berge hervorbrachte. Auf eine eben ſo mechaniſche Art faͤhrt dieſer Weltweiſe fort, die Entſtehung der Vulkane, Salze, brennbaren Materien, Metalle, Quellen u. ſ. f. zu erklaͤren, ſo daß ſich die Aufgabe: Datis materia et motu facere mundum, durch bloße Speculation ſchwerlich ſinnreicher aufloͤſen laͤßt. Und wenn gleich dies ganze Syſtem ein bloßer Traum und nicht im Mindeſten durch Erfahrungen unterſtuͤtzt iſt, ſo wird man doch das große und dreiſte Genie, das aus demſelben hervorleuchtet, nicht ohne Bewunderung bemerken.
Thomas Burnet (Telluris theoria ſacra, orbis noſtri originem et mutationes generales, quas aut jam ſubiit, aut olim ſubiturus eſt, complectens. Lond. 1681. 4.) zieht in dieſem mit warmer Einbildungskraft geſchriebenen Werke die moſaiſche Schoͤpfungsgeſchichte blos auf unſern Erdball, welcher anfaͤnglich ein fluͤßiges Chaos von allerley Materien geweſen ſeyn ſoll. Die ſchwerern Materien, ſagt er, ſanken und bildeten den Kern, um dieſen ſammelte ſich das Waſſer, und daruͤber die Luft, aus welcher die erdichten und oͤlichten Theile herabfielen, der Luft ihre Durchſichtigkeit (das Licht) wiedergaben, und die alte Erdrinde, ohne Berge und Meere, den gluͤckſeligen Aufenthalt der erſten Menſchen, bildeten. Nach 1600 Jahren zerriß dieſe Rinde, von der Sonnenhitze vertrocknet, ſtuͤrzte in das Waſſer hinab, und nahm eine Menge Luft mit ſich, die das Gewaͤſſer noch mehr erhob. Dies war die Suͤndfluth. Allmaͤhlig eroͤfnete ſich das Waſſer Wege in unterirdiſche Hoͤhlen, verließ einen Theil der eingeſtuͤrzten Erdrinde, und brachte ſo unſre feſten Laͤnder und Inſeln, welche aus Truͤmmern jener Rinde beſtehen, aufs Trockne. Man wird bald bemerken, daß dies Syſtem blos zu Erklaͤrung der Suͤndfluth erfunden iſt, und wenig Kenntniß der Erdflaͤche verraͤth, welche keine Spuren eines
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/61>, abgerufen am 21.11.2024.
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