Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wohl die größern Sterne zu umgeben scheinen, und bald weiß, bald wie Regenbogen gefärbt sind. Im letztern Falle ist die rothe Farbe gewöhnlich die innerste. Bisweilen sieht man mehrere concentrische Ringe auf einmal. Ihr Durchmesser beträgt mehrentheils 45 Grade, doch kan er auch andere Größen haben, und von 2°--90° gehen. Sie werden vom Winde zerstreut, und an Orten, die einige Meilen aus einander liegen, nicht zugleich gesehen. Daher kan die Ursache ihrer Entstehung nicht hoch im Luftkreise liegen.

Man sieht einen solchen Hof um jedes Licht, das man im kalten durch aufsteigenden Dunst vom warmen Wasser, durch angehauchte oder leicht überfrorne Fensterscheiben u. dgl. betrachtet. Wenn man Lust unter eine vorher luftleete Glocke läßt, und jenseits derselben ein Licht setzt, so erscheint um dasselbe ein Hof, so bald sich die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit niederschlägt. Dies hat schon Otto von Guerike (Experimenta de vacuo spatio, L. III. cap. 11. p. 89.) beobachtet. Musschenbroeck (Introd. ad philos. nat. To. II. §. 2450.) sahe durch sein überfrornes Stubenfenster einen Ring um den Mond, welcher verschwand, wenn er das Fenster öfnete. Man sieht hieraus, daß die Höfe durch die Brechung der Lichtstralen in den wässerichten Theilen des Luftkreises entstehen. Die umständliche Erklärung der Höfe aber mit allen besondern Erscheinungen hat viele Schwierigkeiten, und es scheint dabey nicht allein auf die allgemeinen Gesetze der Stralenbrechung, sondern auch auf die Eigenschaften der dünnen Scheibchen anzukommen, welche bey dem Worte: Farben erwähnt worden sind.

Descartes schreibt in seiner Dioptrik die Entstehung der Höfe den in der Luft schwebenden Eistheilen zu, welche nach ihrer verschiedenen Erhabenheit denselben bald größere bald kleinere Durchmesser geben sollen. Gassendi (De meteoris, in Opp. Vol. II. p. 103.) und Dechales (Cursus mathemat. Vol. III. p. 758.) suchen die Höfe, wie den Regenbogen, zu erklären. Aber keiner von beyden bestimmt deutlich, wie hiebey die gehörigen Farbenstralen


wohl die groͤßern Sterne zu umgeben ſcheinen, und bald weiß, bald wie Regenbogen gefaͤrbt ſind. Im letztern Falle iſt die rothe Farbe gewoͤhnlich die innerſte. Bisweilen ſieht man mehrere concentriſche Ringe auf einmal. Ihr Durchmeſſer betraͤgt mehrentheils 45 Grade, doch kan er auch andere Groͤßen haben, und von 2°—90° gehen. Sie werden vom Winde zerſtreut, und an Orten, die einige Meilen aus einander liegen, nicht zugleich geſehen. Daher kan die Urſache ihrer Entſtehung nicht hoch im Luftkreiſe liegen.

Man ſieht einen ſolchen Hof um jedes Licht, das man im kalten durch aufſteigenden Dunſt vom warmen Waſſer, durch angehauchte oder leicht uͤberfrorne Fenſterſcheiben u. dgl. betrachtet. Wenn man Luſt unter eine vorher luftleete Glocke laͤßt, und jenſeits derſelben ein Licht ſetzt, ſo erſcheint um daſſelbe ein Hof, ſo bald ſich die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit niederſchlaͤgt. Dies hat ſchon Otto von Guerike (Experimenta de vacuo ſpatio, L. III. cap. 11. p. 89.) beobachtet. Muſſchenbroeck (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2450.) ſahe durch ſein uͤberfrornes Stubenfenſter einen Ring um den Mond, welcher verſchwand, wenn er das Fenſter oͤfnete. Man ſieht hieraus, daß die Hoͤfe durch die Brechung der Lichtſtralen in den waͤſſerichten Theilen des Luftkreiſes entſtehen. Die umſtaͤndliche Erklaͤrung der Hoͤfe aber mit allen beſondern Erſcheinungen hat viele Schwierigkeiten, und es ſcheint dabey nicht allein auf die allgemeinen Geſetze der Stralenbrechung, ſondern auch auf die Eigenſchaften der duͤnnen Scheibchen anzukommen, welche bey dem Worte: Farben erwaͤhnt worden ſind.

Descartes ſchreibt in ſeiner Dioptrik die Entſtehung der Hoͤfe den in der Luft ſchwebenden Eistheilen zu, welche nach ihrer verſchiedenen Erhabenheit denſelben bald groͤßere bald kleinere Durchmeſſer geben ſollen. Gaſſendi (De meteoris, in Opp. Vol. II. p. 103.) und Dechales (Curſus mathemat. Vol. III. p. 758.) ſuchen die Hoͤfe, wie den Regenbogen, zu erklaͤren. Aber keiner von beyden beſtimmt deutlich, wie hiebey die gehoͤrigen Farbenſtralen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0613" xml:id="P.2.607" n="607"/><lb/>
wohl die gro&#x0364;ßern Sterne zu umgeben &#x017F;cheinen, und bald weiß, bald wie Regenbogen gefa&#x0364;rbt &#x017F;ind. Im letztern Falle i&#x017F;t die rothe Farbe gewo&#x0364;hnlich die inner&#x017F;te. Bisweilen &#x017F;ieht man mehrere concentri&#x017F;che Ringe auf einmal. Ihr Durchme&#x017F;&#x017F;er betra&#x0364;gt mehrentheils 45 Grade, doch kan er auch andere Gro&#x0364;ßen haben, und von 2°&#x2014;90° gehen. Sie werden vom Winde zer&#x017F;treut, und an Orten, die einige Meilen aus einander liegen, nicht zugleich ge&#x017F;ehen. Daher kan die Ur&#x017F;ache ihrer Ent&#x017F;tehung nicht hoch im Luftkrei&#x017F;e liegen.</p>
            <p>Man &#x017F;ieht einen &#x017F;olchen Hof um jedes Licht, das man im kalten durch auf&#x017F;teigenden Dun&#x017F;t vom warmen Wa&#x017F;&#x017F;er, durch angehauchte oder leicht u&#x0364;berfrorne Fen&#x017F;ter&#x017F;cheiben u. dgl. betrachtet. Wenn man Lu&#x017F;t unter eine vorher luftleete Glocke la&#x0364;ßt, und jen&#x017F;eits der&#x017F;elben ein Licht &#x017F;etzt, &#x017F;o er&#x017F;cheint um da&#x017F;&#x017F;elbe ein Hof, &#x017F;o bald &#x017F;ich die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit nieder&#x017F;chla&#x0364;gt. Dies hat &#x017F;chon <hi rendition="#b">Otto von Guerike</hi> <hi rendition="#aq">(Experimenta de vacuo &#x017F;patio, L. III. cap. 11. p. 89.)</hi> beobachtet. <hi rendition="#b">Mu&#x017F;&#x017F;chenbroeck</hi> <hi rendition="#aq">(Introd. ad philo&#x017F;. nat. To. II. §. 2450.)</hi> &#x017F;ahe durch &#x017F;ein u&#x0364;berfrornes Stubenfen&#x017F;ter einen Ring um den Mond, welcher ver&#x017F;chwand, wenn er das Fen&#x017F;ter o&#x0364;fnete. Man &#x017F;ieht hieraus, daß die Ho&#x0364;fe durch die Brechung der Licht&#x017F;tralen in den wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erichten Theilen des Luftkrei&#x017F;es ent&#x017F;tehen. Die um&#x017F;ta&#x0364;ndliche Erkla&#x0364;rung der Ho&#x0364;fe aber mit allen be&#x017F;ondern Er&#x017F;cheinungen hat viele Schwierigkeiten, und es &#x017F;cheint dabey nicht allein auf die allgemeinen Ge&#x017F;etze der Stralenbrechung, &#x017F;ondern auch auf die Eigen&#x017F;chaften der du&#x0364;nnen Scheibchen anzukommen, welche bey dem Worte: <hi rendition="#b">Farben</hi> erwa&#x0364;hnt worden &#x017F;ind.</p>
            <p><hi rendition="#b">Descartes</hi> &#x017F;chreibt in &#x017F;einer Dioptrik die Ent&#x017F;tehung der Ho&#x0364;fe den in der Luft &#x017F;chwebenden Eistheilen zu, welche nach ihrer ver&#x017F;chiedenen Erhabenheit den&#x017F;elben bald gro&#x0364;ßere bald kleinere Durchme&#x017F;&#x017F;er geben &#x017F;ollen. <hi rendition="#b">Ga&#x017F;&#x017F;endi</hi> <hi rendition="#aq">(De meteoris, in Opp. Vol. II. p. 103.)</hi> und <hi rendition="#b">Dechales</hi> <hi rendition="#aq">(Cur&#x017F;us mathemat. Vol. III. p. 758.)</hi> &#x017F;uchen die Ho&#x0364;fe, wie den Regenbogen, zu erkla&#x0364;ren. Aber keiner von beyden be&#x017F;timmt deutlich, wie hiebey die geho&#x0364;rigen Farben&#x017F;tralen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[607/0613] wohl die groͤßern Sterne zu umgeben ſcheinen, und bald weiß, bald wie Regenbogen gefaͤrbt ſind. Im letztern Falle iſt die rothe Farbe gewoͤhnlich die innerſte. Bisweilen ſieht man mehrere concentriſche Ringe auf einmal. Ihr Durchmeſſer betraͤgt mehrentheils 45 Grade, doch kan er auch andere Groͤßen haben, und von 2°—90° gehen. Sie werden vom Winde zerſtreut, und an Orten, die einige Meilen aus einander liegen, nicht zugleich geſehen. Daher kan die Urſache ihrer Entſtehung nicht hoch im Luftkreiſe liegen. Man ſieht einen ſolchen Hof um jedes Licht, das man im kalten durch aufſteigenden Dunſt vom warmen Waſſer, durch angehauchte oder leicht uͤberfrorne Fenſterſcheiben u. dgl. betrachtet. Wenn man Luſt unter eine vorher luftleete Glocke laͤßt, und jenſeits derſelben ein Licht ſetzt, ſo erſcheint um daſſelbe ein Hof, ſo bald ſich die in der Luft enthaltene Feuchtigkeit niederſchlaͤgt. Dies hat ſchon Otto von Guerike (Experimenta de vacuo ſpatio, L. III. cap. 11. p. 89.) beobachtet. Muſſchenbroeck (Introd. ad philoſ. nat. To. II. §. 2450.) ſahe durch ſein uͤberfrornes Stubenfenſter einen Ring um den Mond, welcher verſchwand, wenn er das Fenſter oͤfnete. Man ſieht hieraus, daß die Hoͤfe durch die Brechung der Lichtſtralen in den waͤſſerichten Theilen des Luftkreiſes entſtehen. Die umſtaͤndliche Erklaͤrung der Hoͤfe aber mit allen beſondern Erſcheinungen hat viele Schwierigkeiten, und es ſcheint dabey nicht allein auf die allgemeinen Geſetze der Stralenbrechung, ſondern auch auf die Eigenſchaften der duͤnnen Scheibchen anzukommen, welche bey dem Worte: Farben erwaͤhnt worden ſind. Descartes ſchreibt in ſeiner Dioptrik die Entſtehung der Hoͤfe den in der Luft ſchwebenden Eistheilen zu, welche nach ihrer verſchiedenen Erhabenheit denſelben bald groͤßere bald kleinere Durchmeſſer geben ſollen. Gaſſendi (De meteoris, in Opp. Vol. II. p. 103.) und Dechales (Curſus mathemat. Vol. III. p. 758.) ſuchen die Hoͤfe, wie den Regenbogen, zu erklaͤren. Aber keiner von beyden beſtimmt deutlich, wie hiebey die gehoͤrigen Farbenſtralen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/613
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/613>, abgerufen am 22.11.2024.