Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
In Italien sind verschiedene unterirdische Höhlen. Der Monte Eolo nordwärts von Terni, bey der kleinen Stadt Cesi giebt aus seinen Spalten, besonders zur Sommerzeit, einige Stunden vor und nach dem Mittage, einen kühlen Wind. Die Hundsgrotte (Grotta del cane) bey Neapel, deren schon Plinius (Hist. nat. Lib. II.) gedenkt, ist wegen des erstickenden Schwadens auf ihrem Fußboden bekannt, in welchem die Thiere sterben und die Fackeln verlöschen. Dieser Schwaden erstreckt sich nur bis 10 Zoll über dem Boden, und in einer größern Höhe kan man sich ohne Schaden aufhalten und frey athmen. Dieser tödtliche Schwaden besteht aus fixer Luft, welche aus dem kalkartigen Boden durch die in den dasigen Schwefelkiesen enthaltene Vitriolsäure entwickelt wird, s. Gas, mephitisches. Ueberhaupt sind in den vulkanischen, schweflichten und den Erdbeben ausgesetzten Gegenden die Höhlen sehr häufig, wie z. B. in den Inseln des Archipelagus, in den Azoren, Moluken, den Cordelieren, in Peru u. s. w. Eine der berühmtesten Höhlen ist die Grotte von Antiparos, welche Tournefort (Voyage au Levant, ed. de Lion, 1717. 4. p. 188. sq.) beschreibt. Der Eingang ist gewölbt und über 20 Schritte weit; er führt zu einer dunkeln Oefnung, durch die man mit großer Schwierigkeit vermittelst enger Gänge, schmaler Treppen und Leitern, über jähe Abstürze bis zu einer Tiefe von mehr als 300 Klaftern gelangen kan, wo man eine sehr große und auf dem Boden mit allerley Steinfiguren bedeckte Höhle findet. Der bey den Alten bekannte Labyrinth in Creta oder Candia bey Gortyna, hat seinen Eingang an der Südseite des Berges Ida. Er führt durch einen Gang mit vielen Beugungen und Seitensteigen, wovon der größte 1200 Schritt lang ist, zu zween großen Sälen. Der Weg ist zuweilen so niedrig, daß man kriechen muß. Die Wände sind lothrecht und scheinen von großen ordentlich über einander liegenden Steinen aufgesührt; die eingehauenen Namen haben ein
In Italien ſind verſchiedene unterirdiſche Hoͤhlen. Der Monte Eolo nordwaͤrts von Terni, bey der kleinen Stadt Ceſi giebt aus ſeinen Spalten, beſonders zur Sommerzeit, einige Stunden vor und nach dem Mittage, einen kuͤhlen Wind. Die Hundsgrotte (Grotta del cane) bey Neapel, deren ſchon Plinius (Hiſt. nat. Lib. II.) gedenkt, iſt wegen des erſtickenden Schwadens auf ihrem Fußboden bekannt, in welchem die Thiere ſterben und die Fackeln verloͤſchen. Dieſer Schwaden erſtreckt ſich nur bis 10 Zoll uͤber dem Boden, und in einer groͤßern Hoͤhe kan man ſich ohne Schaden aufhalten und frey athmen. Dieſer toͤdtliche Schwaden beſteht aus fixer Luft, welche aus dem kalkartigen Boden durch die in den daſigen Schwefelkieſen enthaltene Vitriolſaͤure entwickelt wird, ſ. Gas, mephitiſches. Ueberhaupt ſind in den vulkaniſchen, ſchweflichten und den Erdbeben ausgeſetzten Gegenden die Hoͤhlen ſehr haͤufig, wie z. B. in den Inſeln des Archipelagus, in den Azoren, Moluken, den Cordelieren, in Peru u. ſ. w. Eine der beruͤhmteſten Hoͤhlen iſt die Grotte von Antiparos, welche Tournefort (Voyage au Levant, ed. de Lion, 1717. 4. p. 188. ſq.) beſchreibt. Der Eingang iſt gewoͤlbt und uͤber 20 Schritte weit; er fuͤhrt zu einer dunkeln Oefnung, durch die man mit großer Schwierigkeit vermittelſt enger Gaͤnge, ſchmaler Treppen und Leitern, uͤber jaͤhe Abſtuͤrze bis zu einer Tiefe von mehr als 300 Klaftern gelangen kan, wo man eine ſehr große und auf dem Boden mit allerley Steinfiguren bedeckte Hoͤhle findet. Der bey den Alten bekannte Labyrinth in Creta oder Candia bey Gortyna, hat ſeinen Eingang an der Suͤdſeite des Berges Ida. Er fuͤhrt durch einen Gang mit vielen Beugungen und Seitenſteigen, wovon der groͤßte 1200 Schritt lang iſt, zu zween großen Saͤlen. Der Weg iſt zuweilen ſo niedrig, daß man kriechen muß. Die Waͤnde ſind lothrecht und ſcheinen von großen ordentlich uͤber einander liegenden Steinen aufgeſuͤhrt; die eingehauenen Namen haben ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0645" xml:id="P.2.639" n="639"/><lb/> <*>e <hi rendition="#b">Coyer,</hi> aus <hi rendition="#b">Malignon</hi> in Provence rc. bricht durch Spalten und Oefnungen ein kalter Wind hervor.</p> <p>In Italien ſind verſchiedene unterirdiſche Hoͤhlen. Der <hi rendition="#b">Monte Eolo</hi> nordwaͤrts von <hi rendition="#b">Terni,</hi> bey der kleinen Stadt Ceſi giebt aus ſeinen Spalten, beſonders zur Sommerzeit, einige Stunden vor und nach dem Mittage, einen kuͤhlen Wind. Die <hi rendition="#b">Hundsgrotte</hi> <hi rendition="#aq">(Grotta del cane)</hi> bey Neapel, deren ſchon <hi rendition="#b">Plinius</hi> <hi rendition="#aq">(Hiſt. nat. Lib. II.)</hi> gedenkt, iſt wegen des erſtickenden Schwadens auf ihrem Fußboden bekannt, in welchem die Thiere ſterben und die Fackeln verloͤſchen. Dieſer Schwaden erſtreckt ſich nur bis 10 Zoll uͤber dem Boden, und in einer groͤßern Hoͤhe kan man ſich ohne Schaden aufhalten und frey athmen. Dieſer toͤdtliche Schwaden beſteht aus fixer Luft, welche aus dem kalkartigen Boden durch die in den daſigen Schwefelkieſen enthaltene Vitriolſaͤure entwickelt wird, <hi rendition="#b">ſ. Gas, mephitiſches.</hi></p> <p>Ueberhaupt ſind in den vulkaniſchen, ſchweflichten und den Erdbeben ausgeſetzten Gegenden die Hoͤhlen ſehr haͤufig, wie z. B. in den Inſeln des Archipelagus, in den Azoren, Moluken, den Cordelieren, in Peru u. ſ. w.</p> <p>Eine der beruͤhmteſten Hoͤhlen iſt die <hi rendition="#b">Grotte von Antiparos,</hi> welche <hi rendition="#b">Tournefort</hi> <hi rendition="#aq">(Voyage au Levant, ed. de Lion, 1717. 4. p. 188. ſq.)</hi> beſchreibt. Der Eingang iſt gewoͤlbt und uͤber 20 Schritte weit; er fuͤhrt zu einer dunkeln Oefnung, durch die man mit großer Schwierigkeit vermittelſt enger Gaͤnge, ſchmaler Treppen und Leitern, uͤber jaͤhe Abſtuͤrze bis zu einer Tiefe von mehr als 300 Klaftern gelangen kan, wo man eine ſehr große und auf dem Boden mit allerley Steinfiguren bedeckte Hoͤhle findet. Der bey den Alten bekannte <hi rendition="#b">Labyrinth in Creta</hi> oder Candia bey Gortyna, hat ſeinen Eingang an der Suͤdſeite des Berges Ida. Er fuͤhrt durch einen Gang mit vielen Beugungen und Seitenſteigen, wovon der groͤßte 1200 Schritt lang iſt, zu zween großen Saͤlen. Der Weg iſt zuweilen ſo niedrig, daß man kriechen muß. Die Waͤnde ſind lothrecht und ſcheinen von großen ordentlich uͤber einander liegenden Steinen aufgeſuͤhrt; die eingehauenen Namen haben ein<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [639/0645]
<*>e Coyer, aus Malignon in Provence rc. bricht durch Spalten und Oefnungen ein kalter Wind hervor.
In Italien ſind verſchiedene unterirdiſche Hoͤhlen. Der Monte Eolo nordwaͤrts von Terni, bey der kleinen Stadt Ceſi giebt aus ſeinen Spalten, beſonders zur Sommerzeit, einige Stunden vor und nach dem Mittage, einen kuͤhlen Wind. Die Hundsgrotte (Grotta del cane) bey Neapel, deren ſchon Plinius (Hiſt. nat. Lib. II.) gedenkt, iſt wegen des erſtickenden Schwadens auf ihrem Fußboden bekannt, in welchem die Thiere ſterben und die Fackeln verloͤſchen. Dieſer Schwaden erſtreckt ſich nur bis 10 Zoll uͤber dem Boden, und in einer groͤßern Hoͤhe kan man ſich ohne Schaden aufhalten und frey athmen. Dieſer toͤdtliche Schwaden beſteht aus fixer Luft, welche aus dem kalkartigen Boden durch die in den daſigen Schwefelkieſen enthaltene Vitriolſaͤure entwickelt wird, ſ. Gas, mephitiſches.
Ueberhaupt ſind in den vulkaniſchen, ſchweflichten und den Erdbeben ausgeſetzten Gegenden die Hoͤhlen ſehr haͤufig, wie z. B. in den Inſeln des Archipelagus, in den Azoren, Moluken, den Cordelieren, in Peru u. ſ. w.
Eine der beruͤhmteſten Hoͤhlen iſt die Grotte von Antiparos, welche Tournefort (Voyage au Levant, ed. de Lion, 1717. 4. p. 188. ſq.) beſchreibt. Der Eingang iſt gewoͤlbt und uͤber 20 Schritte weit; er fuͤhrt zu einer dunkeln Oefnung, durch die man mit großer Schwierigkeit vermittelſt enger Gaͤnge, ſchmaler Treppen und Leitern, uͤber jaͤhe Abſtuͤrze bis zu einer Tiefe von mehr als 300 Klaftern gelangen kan, wo man eine ſehr große und auf dem Boden mit allerley Steinfiguren bedeckte Hoͤhle findet. Der bey den Alten bekannte Labyrinth in Creta oder Candia bey Gortyna, hat ſeinen Eingang an der Suͤdſeite des Berges Ida. Er fuͤhrt durch einen Gang mit vielen Beugungen und Seitenſteigen, wovon der groͤßte 1200 Schritt lang iſt, zu zween großen Saͤlen. Der Weg iſt zuweilen ſo niedrig, daß man kriechen muß. Die Waͤnde ſind lothrecht und ſcheinen von großen ordentlich uͤber einander liegenden Steinen aufgeſuͤhrt; die eingehauenen Namen haben ein
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