gegrabnes Elfenbein findet. Endlich vollendeten partielle Ueberschwemmungen, langsame Wirkungen des Regens, und die immer fortgehende Bewegung des Meeres von Osten nach Westen das Werk, und gaben der Erdfläche die gegenwärtige Gestalt. Die Erkältung aber nimmt immer mehr zu, und nach 93000 Jahren wird die lebende Natur wegen der Kälte nicht mehr bestehen können. Dies sind die Hauptzüge eines Systems, das sein Urheber mit der ihm eignen hinreißenden Beredsamkeit vorgetragen hat, das man aber bey genauerer Prüfung für nichts weiter, als für einen schönen Traum, erklären kan. In den Beobachtungen findet sich keine Spur einer abnehmenden Wärme oder Erkaltung, und wenn es eine der Erde eigne, von der Sonne unabhängige, Wärme girbt (s. Centralfeuer), so kan doch allen physikalischen Grundsätzen gemäß, kein Erkalten des Ganzen in dem hier angenommenen Sinne statt finden, weil außer der Erde und ihrer Atmosphäre nichts da ist, was diesen Wärme entziehen kan. Die freye oder fühlbare Wärme geht zwar aus einem glühenden Eisen in die Luft über, weil die Luft kälter ist; aber dies ist nicht der Fall der Erdkugel, welche zwar ihrer Atmosphäee Wärme mittheilt, aber auch wieder Wärme von dieser annimmt, wenn sie kälter ist. Außer der Atmosphäre aber ist nichts weiter vorhanden, was der Erde Wärme entziehen könnte. So kan sich kein Beweis dieses Erkaltens in der Physik finden, und die Geschichte lehrt vielmehr, daß das Klima so vieler Länder durch die Cultur immer milder und wärmer werde. Dazu kömmt, daß die Planeten, wenn sie aus der Sonne abgerissen wären, ihre Perihelien weit näher bey der Sonne haben müßten, daß die ursprünglichen Materien zwar glasartig, aber keinesweges verglaset sind, daß die kalkartigen Stoffe sich selbst in den ursprünglichen Gebirgen, und oft ohne alle Spuren von Seethieren finden, daß die neusten Anhäufungen des Meeres, welche die meisten Conchylien enthalten, großentheils aus glasartigen Materien bestehen, daß die Bewegung des Meeres von Osten gegen Westen die beygelegten großen Wirkungen nicht hervorbringen kan, daß der Regen und die Bäche die Berge durch Abrundung und Böschung
gegrabnes Elfenbein findet. Endlich vollendeten partielle Ueberſchwemmungen, langſame Wirkungen des Regens, und die immer fortgehende Bewegung des Meeres von Oſten nach Weſten das Werk, und gaben der Erdflaͤche die gegenwaͤrtige Geſtalt. Die Erkaͤltung aber nimmt immer mehr zu, und nach 93000 Jahren wird die lebende Natur wegen der Kaͤlte nicht mehr beſtehen koͤnnen. Dies ſind die Hauptzuͤge eines Syſtems, das ſein Urheber mit der ihm eignen hinreißenden Beredſamkeit vorgetragen hat, das man aber bey genauerer Pruͤfung fuͤr nichts weiter, als fuͤr einen ſchoͤnen Traum, erklaͤren kan. In den Beobachtungen findet ſich keine Spur einer abnehmenden Waͤrme oder Erkaltung, und wenn es eine der Erde eigne, von der Sonne unabhaͤngige, Waͤrme girbt (ſ. Centralfeuer), ſo kan doch allen phyſikaliſchen Grundſaͤtzen gemaͤß, kein Erkalten des Ganzen in dem hier angenommenen Sinne ſtatt finden, weil außer der Erde und ihrer Atmoſphaͤre nichts da iſt, was dieſen Waͤrme entziehen kan. Die freye oder fuͤhlbare Waͤrme geht zwar aus einem gluͤhenden Eiſen in die Luft uͤber, weil die Luft kaͤlter iſt; aber dies iſt nicht der Fall der Erdkugel, welche zwar ihrer Atmoſphaͤee Waͤrme mittheilt, aber auch wieder Waͤrme von dieſer annimmt, wenn ſie kaͤlter iſt. Außer der Atmoſphaͤre aber iſt nichts weiter vorhanden, was der Erde Waͤrme entziehen koͤnnte. So kan ſich kein Beweis dieſes Erkaltens in der Phyſik finden, und die Geſchichte lehrt vielmehr, daß das Klima ſo vieler Laͤnder durch die Cultur immer milder und waͤrmer werde. Dazu koͤmmt, daß die Planeten, wenn ſie aus der Sonne abgeriſſen waͤren, ihre Perihelien weit naͤher bey der Sonne haben muͤßten, daß die urſpruͤnglichen Materien zwar glasartig, aber keinesweges verglaſet ſind, daß die kalkartigen Stoffe ſich ſelbſt in den urſpruͤnglichen Gebirgen, und oft ohne alle Spuren von Seethieren finden, daß die neuſten Anhaͤufungen des Meeres, welche die meiſten Conchylien enthalten, großentheils aus glasartigen Materien beſtehen, daß die Bewegung des Meeres von Oſten gegen Weſten die beygelegten großen Wirkungen nicht hervorbringen kan, daß der Regen und die Baͤche die Berge durch Abrundung und Boͤſchung
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gegrabnes Elfenbein findet. Endlich vollendeten partielle Ueberſchwemmungen, langſame Wirkungen des Regens, und die immer fortgehende Bewegung des Meeres von Oſten nach Weſten das Werk, und gaben der Erdflaͤche die gegenwaͤrtige Geſtalt. Die Erkaͤltung aber nimmt immer mehr zu, und nach 93000 Jahren wird die lebende Natur wegen der Kaͤlte nicht mehr beſtehen koͤnnen. Dies ſind die Hauptzuͤge eines Syſtems, das ſein Urheber mit der ihm eignen hinreißenden Beredſamkeit vorgetragen hat, das man aber bey genauerer Pruͤfung fuͤr nichts weiter, als fuͤr einen ſchoͤnen Traum, erklaͤren kan. In den Beobachtungen findet ſich keine Spur einer abnehmenden Waͤrme oder Erkaltung, und wenn es eine der Erde <hirendition="#b">eigne,</hi> von der Sonne unabhaͤngige, Waͤrme girbt (ſ. <hirendition="#b">Centralfeuer</hi>), ſo kan doch allen phyſikaliſchen Grundſaͤtzen gemaͤß, kein Erkalten des Ganzen in dem hier angenommenen Sinne ſtatt finden, weil außer der Erde und ihrer Atmoſphaͤre nichts da iſt, was dieſen Waͤrme entziehen kan. Die freye oder fuͤhlbare Waͤrme geht zwar aus einem gluͤhenden Eiſen in die Luft uͤber, weil die Luft kaͤlter iſt; aber dies iſt nicht der Fall der Erdkugel, welche zwar ihrer Atmoſphaͤee Waͤrme mittheilt, aber auch wieder Waͤrme von dieſer annimmt, wenn ſie kaͤlter iſt. Außer der Atmoſphaͤre aber iſt nichts weiter vorhanden, was der Erde Waͤrme entziehen koͤnnte. So kan ſich kein Beweis dieſes Erkaltens in der Phyſik finden, und die Geſchichte lehrt vielmehr, daß das Klima ſo vieler Laͤnder durch die Cultur immer milder und waͤrmer werde. Dazu koͤmmt, daß die Planeten, wenn ſie aus der Sonne abgeriſſen waͤren, ihre Perihelien weit naͤher bey der Sonne haben muͤßten, daß die urſpruͤnglichen Materien zwar glasartig, aber keinesweges <hirendition="#b">verglaſet</hi>ſind, daß die kalkartigen Stoffe ſich ſelbſt in den urſpruͤnglichen Gebirgen, und oft ohne alle Spuren von Seethieren finden, daß die neuſten Anhaͤufungen des Meeres, welche die meiſten Conchylien enthalten, großentheils aus glasartigen Materien beſtehen, daß die Bewegung des Meeres von Oſten gegen Weſten die beygelegten großen Wirkungen nicht hervorbringen kan, daß der Regen und die Baͤche die Berge durch Abrundung und Boͤſchung<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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gegrabnes Elfenbein findet. Endlich vollendeten partielle Ueberſchwemmungen, langſame Wirkungen des Regens, und die immer fortgehende Bewegung des Meeres von Oſten nach Weſten das Werk, und gaben der Erdflaͤche die gegenwaͤrtige Geſtalt. Die Erkaͤltung aber nimmt immer mehr zu, und nach 93000 Jahren wird die lebende Natur wegen der Kaͤlte nicht mehr beſtehen koͤnnen. Dies ſind die Hauptzuͤge eines Syſtems, das ſein Urheber mit der ihm eignen hinreißenden Beredſamkeit vorgetragen hat, das man aber bey genauerer Pruͤfung fuͤr nichts weiter, als fuͤr einen ſchoͤnen Traum, erklaͤren kan. In den Beobachtungen findet ſich keine Spur einer abnehmenden Waͤrme oder Erkaltung, und wenn es eine der Erde eigne, von der Sonne unabhaͤngige, Waͤrme girbt (ſ. Centralfeuer), ſo kan doch allen phyſikaliſchen Grundſaͤtzen gemaͤß, kein Erkalten des Ganzen in dem hier angenommenen Sinne ſtatt finden, weil außer der Erde und ihrer Atmoſphaͤre nichts da iſt, was dieſen Waͤrme entziehen kan. Die freye oder fuͤhlbare Waͤrme geht zwar aus einem gluͤhenden Eiſen in die Luft uͤber, weil die Luft kaͤlter iſt; aber dies iſt nicht der Fall der Erdkugel, welche zwar ihrer Atmoſphaͤee Waͤrme mittheilt, aber auch wieder Waͤrme von dieſer annimmt, wenn ſie kaͤlter iſt. Außer der Atmoſphaͤre aber iſt nichts weiter vorhanden, was der Erde Waͤrme entziehen koͤnnte. So kan ſich kein Beweis dieſes Erkaltens in der Phyſik finden, und die Geſchichte lehrt vielmehr, daß das Klima ſo vieler Laͤnder durch die Cultur immer milder und waͤrmer werde. Dazu koͤmmt, daß die Planeten, wenn ſie aus der Sonne abgeriſſen waͤren, ihre Perihelien weit naͤher bey der Sonne haben muͤßten, daß die urſpruͤnglichen Materien zwar glasartig, aber keinesweges verglaſet ſind, daß die kalkartigen Stoffe ſich ſelbſt in den urſpruͤnglichen Gebirgen, und oft ohne alle Spuren von Seethieren finden, daß die neuſten Anhaͤufungen des Meeres, welche die meiſten Conchylien enthalten, großentheils aus glasartigen Materien beſtehen, daß die Bewegung des Meeres von Oſten gegen Weſten die beygelegten großen Wirkungen nicht hervorbringen kan, daß der Regen und die Baͤche die Berge durch Abrundung und Boͤſchung
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/71>, abgerufen am 24.11.2024.
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