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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Muscheln und Schalthiere nur einigermaßen kennt, so findet man den Gedanken, daß alle Kalkerde von ihnen herkomme, nicht mehr so übertrieben, als er auf den ersten Anblick zu seyn scheinet.

Man findet die Kalkerde auch in der Asche der Pflanzen, und in den Knochen der Thiere, am allerhäufigsten aber im Mineralreiche, wo die kalartigen Berge, Flötze und Lager eine eigne Classe der Gebirge ausmachen, daß also die Kalkerde gewiß unter die Stoffe gehört, welche in der Natur am allgemeinsten verbreitet sind.

Kalksteine, Lapides calcarei, Pierres calcaires.

Diejenige Classe von Steinen, deren einziger und vorzüglichster Bestandtheil die Kalkerde ist. Diese Steine brausen, wenn man Scheidewasser darauf tröpfelt, geben mit dem Stahle nicht Feuer, schneiden nicht in Glas, und zerfallen gebrannt in lebendigen Kalk. Dahin gehört die Kreide, die Bergmilch (Lac lunae), der gemeine Kalkstein, der, wenn er farbicht und fest genug ist, den Namen des Marmors sührt, der Kalkspath, Stalaktit oder Tropfstein u. a. m. Mit Vitriolsäure vermischt findet man die Kalkerde in den Gypssteinen, s. Gyps; mit dem Phlogiston im Stinksteine und Lebersteine, mit Thon in den Mergelarten u. s. w.

Kalt, Frigidum, Froid.

Wir nennen einen Körper kalt, entweder in Vergleichung mit andern, welche mehr freye, fühlbare Wärme bey sich haben; oder in Beziehung auf unser Gefühl, wenn er weniger freye Wärme hat, als der Theil unsers Körpers, den er berüht. Im letztern Falle nemlich entzieht er unserm Körper Wärme, und erregt dadurch die Empfindung, die wir Kälte nennen. Kalt heißt also: Weniger warm, als etwas anderes, oder als unser Körper, s. Kälre.

Kaltmachende Materie

Materia frigorifica, Matiere frigorifique. Nach der Art der Scholastiker, die für jedes Phänomen eine eigne Ursache oder Qualität annahmen,


Muſcheln und Schalthiere nur einigermaßen kennt, ſo findet man den Gedanken, daß alle Kalkerde von ihnen herkomme, nicht mehr ſo uͤbertrieben, als er auf den erſten Anblick zu ſeyn ſcheinet.

Man findet die Kalkerde auch in der Aſche der Pflanzen, und in den Knochen der Thiere, am allerhaͤufigſten aber im Mineralreiche, wo die kalartigen Berge, Floͤtze und Lager eine eigne Claſſe der Gebirge ausmachen, daß alſo die Kalkerde gewiß unter die Stoffe gehoͤrt, welche in der Natur am allgemeinſten verbreitet ſind.

Kalkſteine, Lapides calcarei, Pierres calcaires.

Diejenige Claſſe von Steinen, deren einziger und vorzuͤglichſter Beſtandtheil die Kalkerde iſt. Dieſe Steine brauſen, wenn man Scheidewaſſer darauf troͤpfelt, geben mit dem Stahle nicht Feuer, ſchneiden nicht in Glas, und zerfallen gebrannt in lebendigen Kalk. Dahin gehoͤrt die Kreide, die Bergmilch (Lac lunae), der gemeine Kalkſtein, der, wenn er farbicht und feſt genug iſt, den Namen des Marmors ſuͤhrt, der Kalkſpath, Stalaktit oder Tropfſtein u. a. m. Mit Vitriolſaͤure vermiſcht findet man die Kalkerde in den Gypsſteinen, ſ. Gyps; mit dem Phlogiſton im Stinkſteine und Leberſteine, mit Thon in den Mergelarten u. ſ. w.

Kalt, Frigidum, Froid.

Wir nennen einen Koͤrper kalt, entweder in Vergleichung mit andern, welche mehr freye, fuͤhlbare Waͤrme bey ſich haben; oder in Beziehung auf unſer Gefuͤhl, wenn er weniger freye Waͤrme hat, als der Theil unſers Koͤrpers, den er beruͤht. Im letztern Falle nemlich entzieht er unſerm Koͤrper Waͤrme, und erregt dadurch die Empfindung, die wir Kaͤlte nennen. Kalt heißt alſo: Weniger warm, als etwas anderes, oder als unſer Koͤrper, ſ. Kaͤlre.

Kaltmachende Materie

Materia frigorifica, Matiere frigorifique. Nach der Art der Scholaſtiker, die fuͤr jedes Phaͤnomen eine eigne Urſache oder Qualitaͤt annahmen,

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[739/0745] Muſcheln und Schalthiere nur einigermaßen kennt, ſo findet man den Gedanken, daß alle Kalkerde von ihnen herkomme, nicht mehr ſo uͤbertrieben, als er auf den erſten Anblick zu ſeyn ſcheinet. Man findet die Kalkerde auch in der Aſche der Pflanzen, und in den Knochen der Thiere, am allerhaͤufigſten aber im Mineralreiche, wo die kalartigen Berge, Floͤtze und Lager eine eigne Claſſe der Gebirge ausmachen, daß alſo die Kalkerde gewiß unter die Stoffe gehoͤrt, welche in der Natur am allgemeinſten verbreitet ſind. Kalkſteine, Lapides calcarei, Pierres calcaires. Diejenige Claſſe von Steinen, deren einziger und vorzuͤglichſter Beſtandtheil die Kalkerde iſt. Dieſe Steine brauſen, wenn man Scheidewaſſer darauf troͤpfelt, geben mit dem Stahle nicht Feuer, ſchneiden nicht in Glas, und zerfallen gebrannt in lebendigen Kalk. Dahin gehoͤrt die Kreide, die Bergmilch (Lac lunae), der gemeine Kalkſtein, der, wenn er farbicht und feſt genug iſt, den Namen des Marmors ſuͤhrt, der Kalkſpath, Stalaktit oder Tropfſtein u. a. m. Mit Vitriolſaͤure vermiſcht findet man die Kalkerde in den Gypsſteinen, ſ. Gyps; mit dem Phlogiſton im Stinkſteine und Leberſteine, mit Thon in den Mergelarten u. ſ. w. Kalt, Frigidum, Froid. Wir nennen einen Koͤrper kalt, entweder in Vergleichung mit andern, welche mehr freye, fuͤhlbare Waͤrme bey ſich haben; oder in Beziehung auf unſer Gefuͤhl, wenn er weniger freye Waͤrme hat, als der Theil unſers Koͤrpers, den er beruͤht. Im letztern Falle nemlich entzieht er unſerm Koͤrper Waͤrme, und erregt dadurch die Empfindung, die wir Kaͤlte nennen. Kalt heißt alſo: Weniger warm, als etwas anderes, oder als unſer Koͤrper, ſ. Kaͤlre. Kaltmachende Materie Materia frigorifica, Matiere frigorifique. Nach der Art der Scholaſtiker, die fuͤr jedes Phaͤnomen eine eigne Urſache oder Qualitaͤt annahmen,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 739. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/745>, abgerufen am 22.11.2024.