Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Der im Iunius 1770 gieng anfänglich sehr langsam, und zeigte keinen Schweif, darauf durchlief er in vier Tagen auf einmal einen großen Raum, und legte am 1. Jul. allein 44° zurück. Er ist derjenige, dessen Beobachtungen sich am schwersten mit der parabolischen Theorie vereinigen lassen, daher Lexell (Philos. Trans. for 1779. num. 8.) seine Bahn für eine ganz kurze Ellipse angenommen, und die Umlaufszeit nur auf 5 1/2 Jahr gesetzt hat.

Wie man aus drey Beobachtungen eines Kometen die Elemente des parabolischen Theils seiner Bahn finde, zeigt Newton (Princ. L. III. prop. 41.), und nach ihm vornemlich Euler (Theoria motus pianetarum et cometarum. Berol. 1744.4.). Lambert hat einen noch leichtern Weg durch Zeichnung angegeben, und über die Frage von Verbesserung und bequemer Einrichtung der Berechnung der Kometenbahnen hat bey der Berliner Akademie Herr Tempelhof im Jahre 1778 den Preiß erhalten. Das schönste und vollständigste Werk über die Lehre von den Kometen ist des Herrn Pingre Kometographie (Cometographie, a Paris, 1785. II. Vol. 4.).

Die bis 1774 bekannt gewordenen Elemente der Kometenbahnen hat auch Herr Bode (Erläut. der Sternkunde, Th. II. S. 479.) mitgetheilt, und nach Prosperins Berechnung (De inveniendis punctis proximis parabolae et circuli circa eund. foc. descr. Upsal. 1773.) beygefügt, wie nahe jeder der Erde höchstens kommen könne. Unter 63 bekannten Kometen gehen nur 8 jenseits der Erd- und 2 jenseits der Marsbahn um die Sonne. Dieses ist wohl ein Zeichen, daß es weit mehr Kometen giebt, wir aber nur die bemerken, welche in die Nachbarschaft der Erde kommen. Lambert (Kosmologische Briefe, Augsp. 1761. 8.) trägt sehr erhabne Gedanken hierüber vor, und überschlägt die Anzahl der zu unserm System gehörigen Kometen bis an 4000. Sie durchkreuzen die Flächen der Planetenbahnen nach allen möglichen Seiten und Richtungen, zerstören die festen Sphären des alten Weltsystems und die Wirbel des Descartes gänzlich, geben hingegen dem copernikanischen und newtonischen System einen neuen


Der im Iunius 1770 gieng anfaͤnglich ſehr langſam, und zeigte keinen Schweif, darauf durchlief er in vier Tagen auf einmal einen großen Raum, und legte am 1. Jul. allein 44° zuruͤck. Er iſt derjenige, deſſen Beobachtungen ſich am ſchwerſten mit der paraboliſchen Theorie vereinigen laſſen, daher Lexell (Philoſ. Trans. for 1779. num. 8.) ſeine Bahn fuͤr eine ganz kurze Ellipſe angenommen, und die Umlaufszeit nur auf 5 1/2 Jahr geſetzt hat.

Wie man aus drey Beobachtungen eines Kometen die Elemente des paraboliſchen Theils ſeiner Bahn finde, zeigt Newton (Princ. L. III. prop. 41.), und nach ihm vornemlich Euler (Theoria motus pianetarum et cometarum. Berol. 1744.4.). Lambert hat einen noch leichtern Weg durch Zeichnung angegeben, und uͤber die Frage von Verbeſſerung und bequemer Einrichtung der Berechnung der Kometenbahnen hat bey der Berliner Akademie Herr Tempelhof im Jahre 1778 den Preiß erhalten. Das ſchoͤnſte und vollſtaͤndigſte Werk uͤber die Lehre von den Kometen iſt des Herrn Pingré Kometographie (Cometographie, à Paris, 1785. II. Vol. 4.).

Die bis 1774 bekannt gewordenen Elemente der Kometenbahnen hat auch Herr Bode (Erlaͤut. der Sternkunde, Th. II. S. 479.) mitgetheilt, und nach Proſperins Berechnung (De inveniendis punctis proximis parabolae et circuli circa eund. foc. deſcr. Upſal. 1773.) beygefuͤgt, wie nahe jeder der Erde hoͤchſtens kommen koͤnne. Unter 63 bekannten Kometen gehen nur 8 jenſeits der Erd- und 2 jenſeits der Marsbahn um die Sonne. Dieſes iſt wohl ein Zeichen, daß es weit mehr Kometen giebt, wir aber nur die bemerken, welche in die Nachbarſchaft der Erde kommen. Lambert (Kosmologiſche Briefe, Augſp. 1761. 8.) traͤgt ſehr erhabne Gedanken hieruͤber vor, und uͤberſchlaͤgt die Anzahl der zu unſerm Syſtem gehoͤrigen Kometen bis an 4000. Sie durchkreuzen die Flaͤchen der Planetenbahnen nach allen moͤglichen Seiten und Richtungen, zerſtoͤren die feſten Sphaͤren des alten Weltſyſtems und die Wirbel des Descartes gaͤnzlich, geben hingegen dem copernikaniſchen und newtoniſchen Syſtem einen neuen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p>
              <pb facs="#f0797" xml:id="P.2.791" n="791"/><lb/>
            </p>
            <p>Der im Iunius 1770 gieng anfa&#x0364;nglich &#x017F;ehr lang&#x017F;am, und zeigte keinen Schweif, darauf durchlief er in vier Tagen auf einmal einen großen Raum, und legte am 1. Jul. allein 44° zuru&#x0364;ck. Er i&#x017F;t derjenige, de&#x017F;&#x017F;en Beobachtungen &#x017F;ich am &#x017F;chwer&#x017F;ten mit der paraboli&#x017F;chen Theorie vereinigen la&#x017F;&#x017F;en, daher <hi rendition="#b">Lexell</hi> <hi rendition="#aq">(Philo&#x017F;. Trans. for 1779. num. 8.)</hi> &#x017F;eine Bahn fu&#x0364;r eine ganz kurze Ellip&#x017F;e angenommen, und die Umlaufszeit nur auf 5 1/2 Jahr ge&#x017F;etzt hat.</p>
            <p>Wie man aus drey Beobachtungen eines Kometen die Elemente des paraboli&#x017F;chen Theils &#x017F;einer Bahn finde, zeigt <hi rendition="#b">Newton</hi> <hi rendition="#aq">(Princ. L. III. prop. 41.),</hi> und nach ihm vornemlich <hi rendition="#b">Euler</hi> <hi rendition="#aq">(Theoria motus pianetarum et cometarum. Berol. 1744.4.).</hi> <hi rendition="#b">Lambert</hi> hat einen noch leichtern Weg durch Zeichnung angegeben, und u&#x0364;ber die Frage von Verbe&#x017F;&#x017F;erung und bequemer Einrichtung der Berechnung der Kometenbahnen hat bey der Berliner Akademie Herr <hi rendition="#b">Tempelhof</hi> im Jahre 1778 den Preiß erhalten. Das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te und voll&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;te Werk u&#x0364;ber die Lehre von den Kometen i&#x017F;t des Herrn <hi rendition="#b">Pingr</hi><hi rendition="#aq">é</hi> Kometographie <hi rendition="#aq">(Cometographie, à Paris, 1785. II. Vol. 4.).</hi></p>
            <p>Die bis 1774 bekannt gewordenen Elemente der Kometenbahnen hat auch Herr <hi rendition="#b">Bode</hi> (Erla&#x0364;ut. der Sternkunde, Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 479.) mitgetheilt, und nach <hi rendition="#b">Pro&#x017F;perins</hi> Berechnung <hi rendition="#aq">(De inveniendis punctis proximis parabolae et circuli circa eund. foc. de&#x017F;cr. Up&#x017F;al. 1773.)</hi> beygefu&#x0364;gt, wie nahe jeder der Erde ho&#x0364;ch&#x017F;tens kommen ko&#x0364;nne. Unter 63 bekannten Kometen gehen nur 8 jen&#x017F;eits der Erd- und 2 jen&#x017F;eits der Marsbahn um die Sonne. Die&#x017F;es i&#x017F;t wohl ein Zeichen, daß es weit mehr Kometen giebt, wir aber nur die bemerken, welche in die Nachbar&#x017F;chaft der Erde kommen. <hi rendition="#b">Lambert</hi> (Kosmologi&#x017F;che Briefe, Aug&#x017F;p. 1761. 8.) tra&#x0364;gt &#x017F;ehr erhabne Gedanken hieru&#x0364;ber vor, und u&#x0364;ber&#x017F;chla&#x0364;gt die Anzahl der zu un&#x017F;erm Sy&#x017F;tem geho&#x0364;rigen Kometen bis an 4000. Sie durchkreuzen die Fla&#x0364;chen der Planetenbahnen nach allen mo&#x0364;glichen Seiten und Richtungen, zer&#x017F;to&#x0364;ren die fe&#x017F;ten Spha&#x0364;ren des alten Welt&#x017F;y&#x017F;tems und die Wirbel des <hi rendition="#b">Descartes</hi> ga&#x0364;nzlich, geben hingegen dem copernikani&#x017F;chen und newtoni&#x017F;chen Sy&#x017F;tem einen neuen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[791/0797] Der im Iunius 1770 gieng anfaͤnglich ſehr langſam, und zeigte keinen Schweif, darauf durchlief er in vier Tagen auf einmal einen großen Raum, und legte am 1. Jul. allein 44° zuruͤck. Er iſt derjenige, deſſen Beobachtungen ſich am ſchwerſten mit der paraboliſchen Theorie vereinigen laſſen, daher Lexell (Philoſ. Trans. for 1779. num. 8.) ſeine Bahn fuͤr eine ganz kurze Ellipſe angenommen, und die Umlaufszeit nur auf 5 1/2 Jahr geſetzt hat. Wie man aus drey Beobachtungen eines Kometen die Elemente des paraboliſchen Theils ſeiner Bahn finde, zeigt Newton (Princ. L. III. prop. 41.), und nach ihm vornemlich Euler (Theoria motus pianetarum et cometarum. Berol. 1744.4.). Lambert hat einen noch leichtern Weg durch Zeichnung angegeben, und uͤber die Frage von Verbeſſerung und bequemer Einrichtung der Berechnung der Kometenbahnen hat bey der Berliner Akademie Herr Tempelhof im Jahre 1778 den Preiß erhalten. Das ſchoͤnſte und vollſtaͤndigſte Werk uͤber die Lehre von den Kometen iſt des Herrn Pingré Kometographie (Cometographie, à Paris, 1785. II. Vol. 4.). Die bis 1774 bekannt gewordenen Elemente der Kometenbahnen hat auch Herr Bode (Erlaͤut. der Sternkunde, Th. II. S. 479.) mitgetheilt, und nach Proſperins Berechnung (De inveniendis punctis proximis parabolae et circuli circa eund. foc. deſcr. Upſal. 1773.) beygefuͤgt, wie nahe jeder der Erde hoͤchſtens kommen koͤnne. Unter 63 bekannten Kometen gehen nur 8 jenſeits der Erd- und 2 jenſeits der Marsbahn um die Sonne. Dieſes iſt wohl ein Zeichen, daß es weit mehr Kometen giebt, wir aber nur die bemerken, welche in die Nachbarſchaft der Erde kommen. Lambert (Kosmologiſche Briefe, Augſp. 1761. 8.) traͤgt ſehr erhabne Gedanken hieruͤber vor, und uͤberſchlaͤgt die Anzahl der zu unſerm Syſtem gehoͤrigen Kometen bis an 4000. Sie durchkreuzen die Flaͤchen der Planetenbahnen nach allen moͤglichen Seiten und Richtungen, zerſtoͤren die feſten Sphaͤren des alten Weltſyſtems und die Wirbel des Descartes gaͤnzlich, geben hingegen dem copernikaniſchen und newtoniſchen Syſtem einen neuen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/797
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/797>, abgerufen am 22.11.2024.