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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Ersinder beylegt, für erwiesen oder unbezweifelt halten kan; so ist doch nicht zu läugnen, daß man ihn in einem etwas eingeschränktern Sinne in sehr vielen Fällen richtig findet. Drückt man ihn nemlich so aus:

Wenn ein System mehrerer Massen in Bewegung ist, und diese Massen während der Bewegung in einander wirken, so ist die Summe der Produkte aller einzelnen Massen in die Quadrate ihrer erlangten Geschwindigkeiten, in jedem Augenblicke eben so groß, als sie seyn würde, wenn diese Massen nicht in einander gewirkr hätten

so läßt sich die Wahrheit desselben fast in allen Fällen aus andern mechanischen Gründen erweisen. So ist es z. B. wahr, daß die Summe der Produkte aus den Massen in die Quadrate der Geschwindigkeiten eben dieselbe bleibt, es mögen die Massen A, B, C u. s. w. als mehrere einfache Pendel neben einander schwingen, oder sie mögen als Theile eines einzigen aus ihnen zusammengesetzten Pendels während der Schwungbewegung in einander wirken. Dies hat Bernoulli selbst aus andern mechanischen Gründen sehr überzeugend dargethan. Auch d'Alembert erweiset das Gesetz der Erhaltung der Kräfte, in der angezeigten Einschränkung genommen, aus andern Sätzen der Mechanik.

Man hat dieses Gesetz mit großem Nutzen auf viele schwere mechanische Aufgaben angewendet, die sich dadurch oft leichter, als durch andere Methoden, haben auflösen lassen. So hat z. B. Daniel Bernoulli in seiner Hydrodynamik die ganze Lehre von der Bewegung flüßiger Körper auf dieses Gesetz gegründet, und so viele seinen Vorgängern zu schwer gebliebene Aufgaben zuerst aufgelöset. Bey dem jetzigen Zustande der Mechanik aber ist es ziemlich entbehrlich, da man alles, was durch dasselbe erfunden worden ist, nun viel sicherer aus andern Gründen herleiten kan, welche Johann Bernoulli großentheils selbst entdeckt hat.

Mittlere Kraft, s. zusammengesetzte Kraft.


Erſinder beylegt, fuͤr erwieſen oder unbezweifelt halten kan; ſo iſt doch nicht zu laͤugnen, daß man ihn in einem etwas eingeſchraͤnktern Sinne in ſehr vielen Faͤllen richtig findet. Druͤckt man ihn nemlich ſo aus:

Wenn ein Syſtem mehrerer Maſſen in Bewegung iſt, und dieſe Maſſen waͤhrend der Bewegung in einander wirken, ſo iſt die Summe der Produkte aller einzelnen Maſſen in die Quadrate ihrer erlangten Geſchwindigkeiten, in jedem Augenblicke eben ſo groß, als ſie ſeyn wuͤrde, wenn dieſe Maſſen nicht in einander gewirkr haͤtten

ſo laͤßt ſich die Wahrheit deſſelben faſt in allen Faͤllen aus andern mechaniſchen Gruͤnden erweiſen. So iſt es z. B. wahr, daß die Summe der Produkte aus den Maſſen in die Quadrate der Geſchwindigkeiten eben dieſelbe bleibt, es moͤgen die Maſſen A, B, C u. ſ. w. als mehrere einfache Pendel neben einander ſchwingen, oder ſie moͤgen als Theile eines einzigen aus ihnen zuſammengeſetzten Pendels waͤhrend der Schwungbewegung in einander wirken. Dies hat Bernoulli ſelbſt aus andern mechaniſchen Gruͤnden ſehr uͤberzeugend dargethan. Auch d'Alembert erweiſet das Geſetz der Erhaltung der Kraͤfte, in der angezeigten Einſchraͤnkung genommen, aus andern Saͤtzen der Mechanik.

Man hat dieſes Geſetz mit großem Nutzen auf viele ſchwere mechaniſche Aufgaben angewendet, die ſich dadurch oft leichter, als durch andere Methoden, haben aufloͤſen laſſen. So hat z. B. Daniel Bernoulli in ſeiner Hydrodynamik die ganze Lehre von der Bewegung fluͤßiger Koͤrper auf dieſes Geſetz gegruͤndet, und ſo viele ſeinen Vorgaͤngern zu ſchwer gebliebene Aufgaben zuerſt aufgeloͤſet. Bey dem jetzigen Zuſtande der Mechanik aber iſt es ziemlich entbehrlich, da man alles, was durch daſſelbe erfunden worden iſt, nun viel ſicherer aus andern Gruͤnden herleiten kan, welche Johann Bernoulli großentheils ſelbſt entdeckt hat.

Mittlere Kraft, ſ. zuſammengeſetzte Kraft.

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[815/0821] Erſinder beylegt, fuͤr erwieſen oder unbezweifelt halten kan; ſo iſt doch nicht zu laͤugnen, daß man ihn in einem etwas eingeſchraͤnktern Sinne in ſehr vielen Faͤllen richtig findet. Druͤckt man ihn nemlich ſo aus: Wenn ein Syſtem mehrerer Maſſen in Bewegung iſt, und dieſe Maſſen waͤhrend der Bewegung in einander wirken, ſo iſt die Summe der Produkte aller einzelnen Maſſen in die Quadrate ihrer erlangten Geſchwindigkeiten, in jedem Augenblicke eben ſo groß, als ſie ſeyn wuͤrde, wenn dieſe Maſſen nicht in einander gewirkr haͤtten ſo laͤßt ſich die Wahrheit deſſelben faſt in allen Faͤllen aus andern mechaniſchen Gruͤnden erweiſen. So iſt es z. B. wahr, daß die Summe der Produkte aus den Maſſen in die Quadrate der Geſchwindigkeiten eben dieſelbe bleibt, es moͤgen die Maſſen A, B, C u. ſ. w. als mehrere einfache Pendel neben einander ſchwingen, oder ſie moͤgen als Theile eines einzigen aus ihnen zuſammengeſetzten Pendels waͤhrend der Schwungbewegung in einander wirken. Dies hat Bernoulli ſelbſt aus andern mechaniſchen Gruͤnden ſehr uͤberzeugend dargethan. Auch d'Alembert erweiſet das Geſetz der Erhaltung der Kraͤfte, in der angezeigten Einſchraͤnkung genommen, aus andern Saͤtzen der Mechanik. Man hat dieſes Geſetz mit großem Nutzen auf viele ſchwere mechaniſche Aufgaben angewendet, die ſich dadurch oft leichter, als durch andere Methoden, haben aufloͤſen laſſen. So hat z. B. Daniel Bernoulli in ſeiner Hydrodynamik die ganze Lehre von der Bewegung fluͤßiger Koͤrper auf dieſes Geſetz gegruͤndet, und ſo viele ſeinen Vorgaͤngern zu ſchwer gebliebene Aufgaben zuerſt aufgeloͤſet. Bey dem jetzigen Zuſtande der Mechanik aber iſt es ziemlich entbehrlich, da man alles, was durch daſſelbe erfunden worden iſt, nun viel ſicherer aus andern Gruͤnden herleiten kan, welche Johann Bernoulli großentheils ſelbſt entdeckt hat. Mittlere Kraft, ſ. zuſammengeſetzte Kraft.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/821>, abgerufen am 22.11.2024.