Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


des dritten Orts finden. Die Weltgegenden liegen hiebey so, daß oben Mitternacht, unten Mittag, zur Linken Abend, zur Rechten Morgen fällt. Man kan also die Stelle von H auch bestimmen, wenn man weiß, nach welcher Weltgegend, und wie weit es von L liege, oder nach welchen Weltgegenden es von L und W liege, u. s. w.

Diese Art der Verzeichnung ist bey größern Stücken der Erdfläche, wo die Kugelgestalt merklicher wird, nicht mehr awvendbar. Hiebey muß man die krumme Fläche nach den Gesetzen der Perspectiv auf die Ebne entwerfen. Da hiebey vielerley Stellungen des Auges und Lagen der Projectionstafel möglich sind, so geben die geographischen Schriftsteller, z. B. Varenius in der Geogr. Generali, eine große Anzahl verschiedener Projectionen an. Die beste unter allen wird diejenige seyn, welche die Gestalt der Länder, die Entfernungen der Orte, und die Verhältnisse der Flächenräume am wenigsten ändert, auch das, was auf der Kugel in einem größten Kreise liegt, auf der Karte, soviel möglich, in gerade Linien oder doch in Kreisbogen bringt. Diese Bedingungen werden am besten durch die stereographische Horizontalprojection erfüllt, welche zwar schon beym Prolemäus unter dem Namen Astrolabium, ingleichen beym Varenius (no. 8.) vorkömmt, vornehmlich aber von dem großen Verbesserer der Landkarten, Joh. Matthias Hase, Prof. zu Wittenberg, (Sciagraphia tractatus de projectionibus, Lips. 1717. 4.) empfohlen, und bey einigen größern Karten der homannischen Officin, auch von der kosmographischen Gesellschaft bey den Karten des sogenannten Gesellschaftsatlas gebraucht worden ist.

Man stellt sich dabey das Mittel des Landes, das man verzeichnen will, als den untersten Punkt der Erdkugel C, Taf. XIII. Fig. 100. vor, zieht dadurch einen Durchmesser CO, und setzt auf selbigen durch der Erde Mittelpunkt c einen größten Kreis AB senkrecht. Dieser ist die Tafel; das Auge steht in O, sieht in die Höhlung der Kugel, und der Punkt G kömmt also auf der Karte in g zu stehen, wo die Gesichtslinie GO sich mit der Ebne der Tafel


des dritten Orts finden. Die Weltgegenden liegen hiebey ſo, daß oben Mitternacht, unten Mittag, zur Linken Abend, zur Rechten Morgen faͤllt. Man kan alſo die Stelle von H auch beſtimmen, wenn man weiß, nach welcher Weltgegend, und wie weit es von L liege, oder nach welchen Weltgegenden es von L und W liege, u. ſ. w.

Dieſe Art der Verzeichnung iſt bey groͤßern Stuͤcken der Erdflaͤche, wo die Kugelgeſtalt merklicher wird, nicht mehr awvendbar. Hiebey muß man die krumme Flaͤche nach den Geſetzen der Perſpectiv auf die Ebne entwerfen. Da hiebey vielerley Stellungen des Auges und Lagen der Projectionstafel moͤglich ſind, ſo geben die geographiſchen Schriftſteller, z. B. Varenius in der Geogr. Generali, eine große Anzahl verſchiedener Projectionen an. Die beſte unter allen wird diejenige ſeyn, welche die Geſtalt der Laͤnder, die Entfernungen der Orte, und die Verhaͤltniſſe der Flaͤchenraͤume am wenigſten aͤndert, auch das, was auf der Kugel in einem groͤßten Kreiſe liegt, auf der Karte, ſoviel moͤglich, in gerade Linien oder doch in Kreisbogen bringt. Dieſe Bedingungen werden am beſten durch die ſtereographiſche Horizontalprojection erfuͤllt, welche zwar ſchon beym Prolemaͤus unter dem Namen Aſtrolabium, ingleichen beym Varenius (no. 8.) vorkoͤmmt, vornehmlich aber von dem großen Verbeſſerer der Landkarten, Joh. Matthias Haſe, Prof. zu Wittenberg, (Sciagraphia tractatus de projectionibus, Lipſ. 1717. 4.) empfohlen, und bey einigen groͤßern Karten der homanniſchen Officin, auch von der kosmographiſchen Geſellſchaft bey den Karten des ſogenannten Geſellſchaftsatlas gebraucht worden iſt.

Man ſtellt ſich dabey das Mittel des Landes, das man verzeichnen will, als den unterſten Punkt der Erdkugel C, Taf. XIII. Fig. 100. vor, zieht dadurch einen Durchmeſſer CO, und ſetzt auf ſelbigen durch der Erde Mittelpunkt c einen groͤßten Kreis AB ſenkrecht. Dieſer iſt die Tafel; das Auge ſteht in O, ſieht in die Hoͤhlung der Kugel, und der Punkt G koͤmmt alſo auf der Karte in g zu ſtehen, wo die Geſichtslinie GO ſich mit der Ebne der Tafel

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0861" xml:id="P.2.855" n="855"/><lb/>
des dritten Orts finden. Die Weltgegenden liegen hiebey &#x017F;o, daß oben Mitternacht, unten Mittag, zur Linken Abend, zur Rechten Morgen fa&#x0364;llt. Man kan al&#x017F;o die Stelle von <hi rendition="#aq">H</hi> auch be&#x017F;timmen, wenn man weiß, nach welcher Weltgegend, und wie weit es von <hi rendition="#aq">L</hi> liege, oder nach welchen Weltgegenden es von <hi rendition="#aq">L</hi> und <hi rendition="#aq">W</hi> liege, u. &#x017F;. w.</p>
            <p>Die&#x017F;e Art der Verzeichnung i&#x017F;t bey gro&#x0364;ßern Stu&#x0364;cken der Erdfla&#x0364;che, wo die Kugelge&#x017F;talt merklicher wird, nicht mehr awvendbar. Hiebey muß man die krumme Fla&#x0364;che nach den Ge&#x017F;etzen der Per&#x017F;pectiv auf die Ebne entwerfen. Da hiebey vielerley Stellungen des Auges und Lagen der Projectionstafel mo&#x0364;glich &#x017F;ind, &#x017F;o geben die geographi&#x017F;chen Schrift&#x017F;teller, z. B. <hi rendition="#b">Varenius</hi> in der <hi rendition="#aq">Geogr. Generali,</hi> eine große Anzahl ver&#x017F;chiedener Projectionen an. Die be&#x017F;te unter allen wird diejenige &#x017F;eyn, welche die Ge&#x017F;talt der La&#x0364;nder, die Entfernungen der Orte, und die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Fla&#x0364;chenra&#x0364;ume am wenig&#x017F;ten a&#x0364;ndert, auch das, was auf der Kugel in einem gro&#x0364;ßten Krei&#x017F;e liegt, auf der Karte, &#x017F;oviel mo&#x0364;glich, in gerade Linien oder doch in Kreisbogen bringt. Die&#x017F;e Bedingungen werden am be&#x017F;ten durch die <hi rendition="#b">&#x017F;tereographi&#x017F;che Horizontalprojection</hi> erfu&#x0364;llt, welche zwar &#x017F;chon beym <hi rendition="#b">Prolema&#x0364;us</hi> unter dem Namen A&#x017F;trolabium, ingleichen beym <hi rendition="#b">Varenius</hi> <hi rendition="#aq">(no. 8.)</hi> vorko&#x0364;mmt, vornehmlich aber von dem großen Verbe&#x017F;&#x017F;erer der Landkarten, <hi rendition="#b">Joh. Matthias Ha&#x017F;e,</hi> Prof. zu Wittenberg, <hi rendition="#aq">(Sciagraphia tractatus de projectionibus, Lip&#x017F;. 1717. 4.)</hi> empfohlen, und bey einigen gro&#x0364;ßern Karten der homanni&#x017F;chen Officin, auch von der kosmographi&#x017F;chen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft bey den Karten des &#x017F;ogenannten Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsatlas gebraucht worden i&#x017F;t.</p>
            <p>Man &#x017F;tellt &#x017F;ich dabey das Mittel des Landes, das man verzeichnen will, als den unter&#x017F;ten Punkt der Erdkugel <hi rendition="#aq">C,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XIII.</hi> Fig. 100. vor, zieht dadurch einen Durchme&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">CO,</hi> und &#x017F;etzt auf &#x017F;elbigen durch der Erde Mittelpunkt <hi rendition="#aq">c</hi> einen gro&#x0364;ßten Kreis <hi rendition="#aq">AB</hi> &#x017F;enkrecht. Die&#x017F;er i&#x017F;t die Tafel; das Auge &#x017F;teht in <hi rendition="#aq">O,</hi> &#x017F;ieht in die Ho&#x0364;hlung der Kugel, und der Punkt <hi rendition="#aq">G</hi> ko&#x0364;mmt al&#x017F;o auf der Karte in <hi rendition="#aq">g</hi> zu &#x017F;tehen, wo die Ge&#x017F;ichtslinie <hi rendition="#aq">GO</hi> &#x017F;ich mit der Ebne der Tafel<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[855/0861] des dritten Orts finden. Die Weltgegenden liegen hiebey ſo, daß oben Mitternacht, unten Mittag, zur Linken Abend, zur Rechten Morgen faͤllt. Man kan alſo die Stelle von H auch beſtimmen, wenn man weiß, nach welcher Weltgegend, und wie weit es von L liege, oder nach welchen Weltgegenden es von L und W liege, u. ſ. w. Dieſe Art der Verzeichnung iſt bey groͤßern Stuͤcken der Erdflaͤche, wo die Kugelgeſtalt merklicher wird, nicht mehr awvendbar. Hiebey muß man die krumme Flaͤche nach den Geſetzen der Perſpectiv auf die Ebne entwerfen. Da hiebey vielerley Stellungen des Auges und Lagen der Projectionstafel moͤglich ſind, ſo geben die geographiſchen Schriftſteller, z. B. Varenius in der Geogr. Generali, eine große Anzahl verſchiedener Projectionen an. Die beſte unter allen wird diejenige ſeyn, welche die Geſtalt der Laͤnder, die Entfernungen der Orte, und die Verhaͤltniſſe der Flaͤchenraͤume am wenigſten aͤndert, auch das, was auf der Kugel in einem groͤßten Kreiſe liegt, auf der Karte, ſoviel moͤglich, in gerade Linien oder doch in Kreisbogen bringt. Dieſe Bedingungen werden am beſten durch die ſtereographiſche Horizontalprojection erfuͤllt, welche zwar ſchon beym Prolemaͤus unter dem Namen Aſtrolabium, ingleichen beym Varenius (no. 8.) vorkoͤmmt, vornehmlich aber von dem großen Verbeſſerer der Landkarten, Joh. Matthias Haſe, Prof. zu Wittenberg, (Sciagraphia tractatus de projectionibus, Lipſ. 1717. 4.) empfohlen, und bey einigen groͤßern Karten der homanniſchen Officin, auch von der kosmographiſchen Geſellſchaft bey den Karten des ſogenannten Geſellſchaftsatlas gebraucht worden iſt. Man ſtellt ſich dabey das Mittel des Landes, das man verzeichnen will, als den unterſten Punkt der Erdkugel C, Taf. XIII. Fig. 100. vor, zieht dadurch einen Durchmeſſer CO, und ſetzt auf ſelbigen durch der Erde Mittelpunkt c einen groͤßten Kreis AB ſenkrecht. Dieſer iſt die Tafel; das Auge ſteht in O, ſieht in die Hoͤhlung der Kugel, und der Punkt G koͤmmt alſo auf der Karte in g zu ſtehen, wo die Geſichtslinie GO ſich mit der Ebne der Tafel

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/861
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 855. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/861>, abgerufen am 22.11.2024.