d'Allemagne. Mietau et Leipsic, 1770. 8. To. I. Lettr. 17--31.), wo er aber oft gegen Newton höchst ungerecht ist; ingleichen im Hamburgischen Magazin (B. VI. S. 156. u. f.). Er empfiehlt seine Hypothese auch deswegen, weil sie dem allgemeinen Plane der Natur gemäßer sey. Die Natur, sagt er, hat die Ausflüsse nur beym Geschmack und Geruch gebraucht, wo es auf geringe Distanzen ankömmt; beym Gehör aber hat sie, wegen der Fortpflanzung des Schalles in größere Entfernungen, schon Schwingungen eines gröbern Mittels anwenden müssen; daher ist es glaublich, daß sie zum Behuf des Sehens, das sich in die unermeßlichsten Weiten erstreckt, nicht Ausflüsse, sondern Schwingungen eines feinern Mittels werde gewählt haben.
Man thut sehr unrecht, wenn man dem eulerischen System dasjenige entgegen stellt, was Newton gegen den vollen Raum des Descartes im zweyten Buche seiner Principien erwiesen hat, s. Leere. Diese Sätze gelten gegen völlig harte, mit der genausten Berührung an einander schließende, Kugeln, zwischen denen noch die subtile Materie alle Zwischenräume mit vollkommner Dichte ausfüllen soll; aber gegen einen Aether, wie ihn Euler annimmt, der fast 400 Millionenmal dünner als die Luft ist, sind sie gar nicht gerichtet. Es ist wahr, daß man im Emanationssystem die Dichte des Lichts noch weit geringer annehmen, und also den Widerstand, den die Himmelskörper leiden müßten, noch mehr vermindern kan; aber dies allein macht noch keinen Grund wider das Daseyn eines Aethers aus. Mithin beruht alles, was Euler hierüber vorbringt, auf einem bloßen Mißverständnisse, worüber ich mich schon bey dem Worte Aether erklärt habe. Uebrigens geben die Erfahrungen auch keinen Grund füt das Daseyn eines Aethers an.
Desto stärker aber ist der Einwurf, den man gegen alle Systeme, die das Licht dem Schalle ähnlich machen, aus einem andern Satze Newtons(Princip. L. II. prop. 42.) herleiten kan. Daselbst beweißt dieser vortrefliche Geometer, daß Schläge oder Wellen eines elastischen Mittels,
d'Allemagne. Mietau et Leipſic, 1770. 8. To. I. Lettr. 17—31.), wo er aber oft gegen Newton hoͤchſt ungerecht iſt; ingleichen im Hamburgiſchen Magazin (B. VI. S. 156. u. f.). Er empfiehlt ſeine Hypotheſe auch deswegen, weil ſie dem allgemeinen Plane der Natur gemaͤßer ſey. Die Natur, ſagt er, hat die Ausfluͤſſe nur beym Geſchmack und Geruch gebraucht, wo es auf geringe Diſtanzen ankoͤmmt; beym Gehoͤr aber hat ſie, wegen der Fortpflanzung des Schalles in groͤßere Entfernungen, ſchon Schwingungen eines groͤbern Mittels anwenden muͤſſen; daher iſt es glaublich, daß ſie zum Behuf des Sehens, das ſich in die unermeßlichſten Weiten erſtreckt, nicht Ausfluͤſſe, ſondern Schwingungen eines feinern Mittels werde gewaͤhlt haben.
Man thut ſehr unrecht, wenn man dem euleriſchen Syſtem dasjenige entgegen ſtellt, was Newton gegen den vollen Raum des Descartes im zweyten Buche ſeiner Principien erwieſen hat, ſ. Leere. Dieſe Saͤtze gelten gegen voͤllig harte, mit der genauſten Beruͤhrung an einander ſchließende, Kugeln, zwiſchen denen noch die ſubtile Materie alle Zwiſchenraͤume mit vollkommner Dichte ausfuͤllen ſoll; aber gegen einen Aether, wie ihn Euler annimmt, der faſt 400 Millionenmal duͤnner als die Luft iſt, ſind ſie gar nicht gerichtet. Es iſt wahr, daß man im Emanationsſyſtem die Dichte des Lichts noch weit geringer annehmen, und alſo den Widerſtand, den die Himmelskoͤrper leiden muͤßten, noch mehr vermindern kan; aber dies allein macht noch keinen Grund wider das Daſeyn eines Aethers aus. Mithin beruht alles, was Euler hieruͤber vorbringt, auf einem bloßen Mißverſtaͤndniſſe, woruͤber ich mich ſchon bey dem Worte Aether erklaͤrt habe. Uebrigens geben die Erfahrungen auch keinen Grund fuͤt das Daſeyn eines Aethers an.
Deſto ſtaͤrker aber iſt der Einwurf, den man gegen alle Syſteme, die das Licht dem Schalle aͤhnlich machen, aus einem andern Satze Newtons(Princip. L. II. prop. 42.) herleiten kan. Daſelbſt beweißt dieſer vortrefliche Geometer, daß Schlaͤge oder Wellen eines elaſtiſchen Mittels,
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d'Allemagne. Mietau et Leipſic, 1770. 8. To. I. Lettr. 17—31.), wo er aber oft gegen Newton hoͤchſt ungerecht iſt; ingleichen im Hamburgiſchen Magazin (B. VI. S. 156. u. f.). Er empfiehlt ſeine Hypotheſe auch deswegen, weil ſie dem allgemeinen Plane der Natur gemaͤßer ſey. Die Natur, ſagt er, hat die Ausfluͤſſe nur beym Geſchmack und Geruch gebraucht, wo es auf geringe Diſtanzen ankoͤmmt; beym Gehoͤr aber hat ſie, wegen der Fortpflanzung des Schalles in groͤßere Entfernungen, ſchon Schwingungen eines groͤbern Mittels anwenden muͤſſen; daher iſt es glaublich, daß ſie zum Behuf des Sehens, das ſich in die unermeßlichſten Weiten erſtreckt, nicht Ausfluͤſſe, ſondern Schwingungen eines feinern Mittels werde gewaͤhlt haben.
Man thut ſehr unrecht, wenn man dem euleriſchen Syſtem dasjenige entgegen ſtellt, was Newton gegen den vollen Raum des Descartes im zweyten Buche ſeiner Principien erwieſen hat, ſ. Leere. Dieſe Saͤtze gelten gegen voͤllig harte, mit der genauſten Beruͤhrung an einander ſchließende, Kugeln, zwiſchen denen noch die ſubtile Materie alle Zwiſchenraͤume mit vollkommner Dichte ausfuͤllen ſoll; aber gegen einen Aether, wie ihn Euler annimmt, der faſt 400 Millionenmal duͤnner als die Luft iſt, ſind ſie gar nicht gerichtet. Es iſt wahr, daß man im Emanationsſyſtem die Dichte des Lichts noch weit geringer annehmen, und alſo den Widerſtand, den die Himmelskoͤrper leiden muͤßten, noch mehr vermindern kan; aber dies allein macht noch keinen Grund wider das Daſeyn eines Aethers aus. Mithin beruht alles, was Euler hieruͤber vorbringt, auf einem bloßen Mißverſtaͤndniſſe, woruͤber ich mich ſchon bey dem Worte Aether erklaͤrt habe. Uebrigens geben die Erfahrungen auch keinen Grund fuͤt das Daſeyn eines Aethers an.
Deſto ſtaͤrker aber iſt der Einwurf, den man gegen alle Syſteme, die das Licht dem Schalle aͤhnlich machen, aus einem andern Satze Newtons (Princip. L. II. prop. 42.) herleiten kan. Daſelbſt beweißt dieſer vortrefliche Geometer, daß Schlaͤge oder Wellen eines elaſtiſchen Mittels,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/906>, abgerufen am 21.11.2024.
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