schlafenden Vorstellkräfte sind die Substanzen der scheinbaren Materie, erwa in dem Zustande der Seele im Schlafe, nur der dunkelsten Perceptionen ohne Bewußtseyn fähig; die wachenden sind die Geister, von der niedrigsten bis zur höchsten Geisterart in stetiger Reihe. Die vollkommenste aller wirklichen und möglichen Vorstellkräfte ist die Gottheit, welche sich alle mögliche Substanzen mit ihren Accidenzen und Verhältnissen auf das deutlichste, in sich selbst, und ohne vorbildende Außendinge vorstellt. Ausführlicher findet man diese leibnitzische Monadologie von Hansch(Principia philos. Frf. et Lips. 1728. 4.) und Alerander Gottlieb Baumgarten (Halle, 1738. 8. §. 153. u. f.) vorgetragen.
Dieser Begrif vom Wesen der Materie läßt den sinnlichen Schein, mithin die ganze Physik, ungeändert, hebt den Materialismus gänzlich auf, und setzt dem Idealismus wenigstens etwas eben so mögliches und eben so unwiderlegliches an die Seite. In Rücksicht auf den Dualism hebt die Monadologie zwar die Schwierigkeit der Vereinigung zwischen Geist und Körper, läßt aber doch noch die Schwierigkeit einer physischen Gemeinschaft zwischen den Substanzen überhaupt zurück, welche Leibnitz durch die Hypothese einer vorherbestimmten Harmonie zu heben suchte. Dem Physiker muß nach Hrn. Klügel (zu Priestley Gesch. der Optik, S. 285. Anm. k.) dieses System, welches die ganze. Körperwelt zu Erscheinungen macht, die von unkörperlichen Dingen herrühren, schon darum lieb seyn, weil damit eine Menge unnützer Grübeleyen auf die Seite geschaft wird. Man muß alsdann bey den Factis bleiben, ohne die ersten Ursachen erklären zu wollen.
Etwas ähnliches hiemit hat das System des P. Boscovich(Theoria philos. naturalis, Venet. 1763. 8.), welcher der Materie die Undurchdringlichkeit abspricht, und sie blos aus physikalischen Punkten bestehen läßt, welche mit anziehenden und zurückstoßenden Kräften in bestimmten Wirkungskreisen versehen sind. Hat also ein bewegter Körper genug Moment, die zurückstoßenden
ſchlafenden Vorſtellkraͤfte ſind die Subſtanzen der ſcheinbaren Materie, erwa in dem Zuſtande der Seele im Schlafe, nur der dunkelſten Perceptionen ohne Bewußtſeyn faͤhig; die wachenden ſind die Geiſter, von der niedrigſten bis zur hoͤchſten Geiſterart in ſtetiger Reihe. Die vollkommenſte aller wirklichen und moͤglichen Vorſtellkraͤfte iſt die Gottheit, welche ſich alle moͤgliche Subſtanzen mit ihren Accidenzen und Verhaͤltniſſen auf das deutlichſte, in ſich ſelbſt, und ohne vorbildende Außendinge vorſtellt. Ausfuͤhrlicher findet man dieſe leibnitziſche Monadologie von Hanſch(Principia philoſ. Frf. et Lipſ. 1728. 4.) und Alerander Gottlieb Baumgarten (Halle, 1738. 8. §. 153. u. f.) vorgetragen.
Dieſer Begrif vom Weſen der Materie laͤßt den ſinnlichen Schein, mithin die ganze Phyſik, ungeaͤndert, hebt den Materialismus gaͤnzlich auf, und ſetzt dem Idealismus wenigſtens etwas eben ſo moͤgliches und eben ſo unwiderlegliches an die Seite. In Ruͤckſicht auf den Dualism hebt die Monadologie zwar die Schwierigkeit der Vereinigung zwiſchen Geiſt und Koͤrper, laͤßt aber doch noch die Schwierigkeit einer phyſiſchen Gemeinſchaft zwiſchen den Subſtanzen uͤberhaupt zuruͤck, welche Leibnitz durch die Hypotheſe einer vorherbeſtimmten Harmonie zu heben ſuchte. Dem Phyſiker muß nach Hrn. Kluͤgel (zu Prieſtley Geſch. der Optik, S. 285. Anm. k.) dieſes Syſtem, welches die ganze. Koͤrperwelt zu Erſcheinungen macht, die von unkoͤrperlichen Dingen herruͤhren, ſchon darum lieb ſeyn, weil damit eine Menge unnuͤtzer Gruͤbeleyen auf die Seite geſchaft wird. Man muß alsdann bey den Factis bleiben, ohne die erſten Urſachen erklaͤren zu wollen.
Etwas aͤhnliches hiemit hat das Syſtem des P. Boſcovich(Theoria philoſ. naturalis, Venet. 1763. 8.), welcher der Materie die Undurchdringlichkeit abſpricht, und ſie blos aus phyſikaliſchen Punkten beſtehen laͤßt, welche mit anziehenden und zuruͤckſtoßenden Kraͤften in beſtimmten Wirkungskreiſen verſehen ſind. Hat alſo ein bewegter Koͤrper genug Moment, die zuruͤckſtoßenden
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ſchlafenden Vorſtellkraͤfte ſind die Subſtanzen der ſcheinbaren Materie, erwa in dem Zuſtande der Seele im Schlafe, nur der dunkelſten Perceptionen ohne Bewußtſeyn faͤhig; die wachenden ſind die Geiſter, von der niedrigſten bis zur hoͤchſten Geiſterart in ſtetiger Reihe. Die vollkommenſte aller wirklichen und moͤglichen Vorſtellkraͤfte iſt die Gottheit, welche ſich alle moͤgliche Subſtanzen mit ihren Accidenzen und Verhaͤltniſſen auf das deutlichſte, in ſich ſelbſt, und ohne vorbildende Außendinge vorſtellt. Ausfuͤhrlicher findet man dieſe leibnitziſche Monadologie von Hanſch (Principia philoſ. Frf. et Lipſ. 1728. 4.) und Alerander Gottlieb Baumgarten (Halle, 1738. 8. §. 153. u. f.) vorgetragen.
Dieſer Begrif vom Weſen der Materie laͤßt den ſinnlichen Schein, mithin die ganze Phyſik, ungeaͤndert, hebt den Materialismus gaͤnzlich auf, und ſetzt dem Idealismus wenigſtens etwas eben ſo moͤgliches und eben ſo unwiderlegliches an die Seite. In Ruͤckſicht auf den Dualism hebt die Monadologie zwar die Schwierigkeit der Vereinigung zwiſchen Geiſt und Koͤrper, laͤßt aber doch noch die Schwierigkeit einer phyſiſchen Gemeinſchaft zwiſchen den Subſtanzen uͤberhaupt zuruͤck, welche Leibnitz durch die Hypotheſe einer vorherbeſtimmten Harmonie zu heben ſuchte. Dem Phyſiker muß nach Hrn. Kluͤgel (zu Prieſtley Geſch. der Optik, S. 285. Anm. k.) dieſes Syſtem, welches die ganze. Koͤrperwelt zu Erſcheinungen macht, die von unkoͤrperlichen Dingen herruͤhren, ſchon darum lieb ſeyn, weil damit eine Menge unnuͤtzer Gruͤbeleyen auf die Seite geſchaft wird. Man muß alsdann bey den Factis bleiben, ohne die erſten Urſachen erklaͤren zu wollen.
Etwas aͤhnliches hiemit hat das Syſtem des P. Boſcovich (Theoria philoſ. naturalis, Venet. 1763. 8.), welcher der Materie die Undurchdringlichkeit abſpricht, und ſie blos aus phyſikaliſchen Punkten beſtehen laͤßt, welche mit anziehenden und zuruͤckſtoßenden Kraͤften in beſtimmten Wirkungskreiſen verſehen ſind. Hat alſo ein bewegter Koͤrper genug Moment, die zuruͤckſtoßenden
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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