Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


man den Grad des Aequators zum Grunde, welcher nach den neusten Bestimmungen (s. Erdkugel) 57247 Toisen beträgt, so macht die deutsche Meile 3816 1/2 Toisen aus: bedient man sich des Grads auf dem mittlern Umfange der Erde von 57173 1/2 Toisen, so kommen auf diese Meile 3811 3/5 Toisen: ist man endlich mit Picards Bestimmung des Grads von 57060 Toisen zufrieden, so hat die deutsche Meile nur 3804 Toisen. Will man solche in geographischen Meilen berechnete Angaben auf bestimmtes Maaß bringen, so wird man am wenigsten irren, wenn man die Meile zu 3811 3/5 Toisen, oder 23661 rheinl. Fuß=26274 leipz. Fuß annimmt.

Die in Deutschland in der That üblichen Meilen sind von verschiedener Größe, meistens zwischen 22500 und 25000 rheinl. Fuß, oder zwischen 4500 und 5000 geom. Schritt. Man scheint so viel auf eine Meile gerechnet zu haben, als ein guter Fußgänger in zwo Stunben gieng (s. Kepler Tab. Rudolph. Cap. 16.). Das ist freylich sehr unbestimmt, und hat große Verschiedenheit in den Meilenmaaßen der deutschen Provinzen veranlaßt. Nachdem Snellius im I. 1615 den Grad in Holland 28500 rheinl. Ruthen gefunden hatte (s. Erdkugel Th. II. S. 37.), nahmen die niederdeutschen Geographen dem gemäß die Meile zu -- (28500/15) = 1900 rheinl. Ruthen oder 2280 rheinl. Fuß an. Aber der Grad des Snellius ist zu klein: daher gehen solcher Meilen auf den eigentlichen Grad 15 1/2.

Was Sachsen insbesondere betrift, so haben zwar die Schöppen zu Leipzig (s. Sächsisches Weichbild im Anhang der Urtel, ingl. Zobel in der lateinischen Glosse des Landrechts, L. III. art. 66.) ehedem darauf gesprochen, "daß eine "Meile 60 Gewende, ein jeglich Gewende 60 Ruthen und "eine Ruthe 7 1/2 Elle haben solle," nach welcher Angabe die sächsische Meile 27000 Ellen oder 54000 Fuß halten würde. Allein eine so große Meile ist, wenigstens in neuern Zeiten, nie angenommen worden. Vielmehr setzen die Wittenbergischen Rechtsgelehrten (Wernher Obs. I. 201.) die Meile nur aus 1500 achthalbellichte Ruthen oder auf 22500 Fuß mit dem Zusatze: "wie es die deutschen Feldmesser jederzeit


man den Grad des Aequators zum Grunde, welcher nach den neuſten Beſtimmungen (ſ. Erdkugel) 57247 Toiſen betraͤgt, ſo macht die deutſche Meile 3816 1/2 Toiſen aus: bedient man ſich des Grads auf dem mittlern Umfange der Erde von 57173 1/2 Toiſen, ſo kommen auf dieſe Meile 3811 3/5 Toiſen: iſt man endlich mit Picards Beſtimmung des Grads von 57060 Toiſen zufrieden, ſo hat die deutſche Meile nur 3804 Toiſen. Will man ſolche in geographiſchen Meilen berechnete Angaben auf beſtimmtes Maaß bringen, ſo wird man am wenigſten irren, wenn man die Meile zu 3811 3/5 Toiſen, oder 23661 rheinl. Fuß=26274 leipz. Fuß annimmt.

Die in Deutſchland in der That uͤblichen Meilen ſind von verſchiedener Groͤße, meiſtens zwiſchen 22500 und 25000 rheinl. Fuß, oder zwiſchen 4500 und 5000 geom. Schritt. Man ſcheint ſo viel auf eine Meile gerechnet zu haben, als ein guter Fußgaͤnger in zwo Stunben gieng (ſ. Kepler Tab. Rudolph. Cap. 16.). Das iſt freylich ſehr unbeſtimmt, und hat große Verſchiedenheit in den Meilenmaaßen der deutſchen Provinzen veranlaßt. Nachdem Snellius im I. 1615 den Grad in Holland 28500 rheinl. Ruthen gefunden hatte (ſ. Erdkugel Th. II. S. 37.), nahmen die niederdeutſchen Geographen dem gemaͤß die Meile zu — (28500/15) = 1900 rheinl. Ruthen oder 2280 rheinl. Fuß an. Aber der Grad des Snellius iſt zu klein: daher gehen ſolcher Meilen auf den eigentlichen Grad 15 1/2.

Was Sachſen insbeſondere betrift, ſo haben zwar die Schoͤppen zu Leipzig (ſ. Saͤchſiſches Weichbild im Anhang der Urtel, ingl. Zobel in der lateiniſchen Gloſſe des Landrechts, L. III. art. 66.) ehedem darauf geſprochen, ”daß eine ”Meile 60 Gewende, ein jeglich Gewende 60 Ruthen und ”eine Ruthe 7 1/2 Elle haben ſolle,“ nach welcher Angabe die ſaͤchſiſche Meile 27000 Ellen oder 54000 Fuß halten wuͤrde. Allein eine ſo große Meile iſt, wenigſtens in neuern Zeiten, nie angenommen worden. Vielmehr ſetzen die Wittenbergiſchen Rechtsgelehrten (Wernher Obſ. I. 201.) die Meile nur auſ 1500 achthalbellichte Ruthen oder auf 22500 Fuß mit dem Zuſatze: ”wie es die deutſchen Feldmeſſer jederzeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0194" xml:id="P.3.188" n="188"/><lb/>
man den Grad des Aequators zum Grunde, welcher nach den neu&#x017F;ten Be&#x017F;timmungen (&#x017F;. <hi rendition="#b">Erdkugel</hi>) 57247 Toi&#x017F;en betra&#x0364;gt, &#x017F;o macht die deut&#x017F;che Meile 3816 1/2 Toi&#x017F;en aus: bedient man &#x017F;ich des Grads auf dem mittlern Umfange der Erde von 57173 1/2 Toi&#x017F;en, &#x017F;o kommen auf die&#x017F;e Meile 3811 3/5 Toi&#x017F;en: i&#x017F;t man endlich mit <hi rendition="#b">Picards</hi> Be&#x017F;timmung des Grads von 57060 Toi&#x017F;en zufrieden, &#x017F;o hat die deut&#x017F;che Meile nur 3804 Toi&#x017F;en. Will man &#x017F;olche in geographi&#x017F;chen Meilen berechnete Angaben auf be&#x017F;timmtes Maaß bringen, &#x017F;o wird man am wenig&#x017F;ten irren, wenn man die Meile zu 3811 3/5 Toi&#x017F;en, oder 23661 rheinl. Fuß=26274 leipz. Fuß annimmt.</p>
            <p>Die in Deut&#x017F;chland in der That u&#x0364;blichen Meilen &#x017F;ind von ver&#x017F;chiedener Gro&#x0364;ße, mei&#x017F;tens zwi&#x017F;chen 22500 und 25000 rheinl. Fuß, oder zwi&#x017F;chen 4500 und 5000 geom. Schritt. Man &#x017F;cheint &#x017F;o viel auf eine Meile gerechnet zu haben, als ein guter Fußga&#x0364;nger in zwo Stunben gieng (&#x017F;. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Kepler</hi> Tab. Rudolph. Cap. 16.</hi>). Das i&#x017F;t freylich &#x017F;ehr unbe&#x017F;timmt, und hat große Ver&#x017F;chiedenheit in den Meilenmaaßen der deut&#x017F;chen Provinzen veranlaßt. Nachdem <hi rendition="#b">Snellius</hi> im I. 1615 den Grad in Holland 28500 rheinl. Ruthen gefunden hatte (&#x017F;. <hi rendition="#b">Erdkugel</hi> Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 37.), nahmen die niederdeut&#x017F;chen Geographen dem gema&#x0364;ß die Meile zu &#x2014; (28500/15) = 1900 rheinl. Ruthen oder 2280 rheinl. Fuß an. Aber der Grad des Snellius i&#x017F;t zu klein: daher gehen &#x017F;olcher Meilen auf den eigentlichen Grad 15 1/2.</p>
            <p>Was Sach&#x017F;en insbe&#x017F;ondere betrift, &#x017F;o haben zwar die Scho&#x0364;ppen zu Leipzig (&#x017F;. Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;ches Weichbild im Anhang der Urtel, ingl. Zobel in der lateini&#x017F;chen Glo&#x017F;&#x017F;e des Landrechts, <hi rendition="#aq">L. III. art. 66.</hi>) ehedem darauf ge&#x017F;prochen, &#x201D;daß eine &#x201D;Meile 60 Gewende, ein jeglich Gewende 60 Ruthen und &#x201D;eine Ruthe 7 1/2 Elle haben &#x017F;olle,&#x201C; nach welcher Angabe die &#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;che Meile 27000 Ellen oder 54000 Fuß halten wu&#x0364;rde. Allein eine &#x017F;o große Meile i&#x017F;t, wenig&#x017F;tens in neuern Zeiten, nie angenommen worden. Vielmehr &#x017F;etzen die Wittenbergi&#x017F;chen Rechtsgelehrten <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Wernher</hi> Ob&#x017F;. I. 201.)</hi> die Meile nur au&#x017F; 1500 achthalbellichte Ruthen oder auf 22500 Fuß mit dem Zu&#x017F;atze: &#x201D;wie es die deut&#x017F;chen Feldme&#x017F;&#x017F;er jederzeit<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0194] man den Grad des Aequators zum Grunde, welcher nach den neuſten Beſtimmungen (ſ. Erdkugel) 57247 Toiſen betraͤgt, ſo macht die deutſche Meile 3816 1/2 Toiſen aus: bedient man ſich des Grads auf dem mittlern Umfange der Erde von 57173 1/2 Toiſen, ſo kommen auf dieſe Meile 3811 3/5 Toiſen: iſt man endlich mit Picards Beſtimmung des Grads von 57060 Toiſen zufrieden, ſo hat die deutſche Meile nur 3804 Toiſen. Will man ſolche in geographiſchen Meilen berechnete Angaben auf beſtimmtes Maaß bringen, ſo wird man am wenigſten irren, wenn man die Meile zu 3811 3/5 Toiſen, oder 23661 rheinl. Fuß=26274 leipz. Fuß annimmt. Die in Deutſchland in der That uͤblichen Meilen ſind von verſchiedener Groͤße, meiſtens zwiſchen 22500 und 25000 rheinl. Fuß, oder zwiſchen 4500 und 5000 geom. Schritt. Man ſcheint ſo viel auf eine Meile gerechnet zu haben, als ein guter Fußgaͤnger in zwo Stunben gieng (ſ. Kepler Tab. Rudolph. Cap. 16.). Das iſt freylich ſehr unbeſtimmt, und hat große Verſchiedenheit in den Meilenmaaßen der deutſchen Provinzen veranlaßt. Nachdem Snellius im I. 1615 den Grad in Holland 28500 rheinl. Ruthen gefunden hatte (ſ. Erdkugel Th. II. S. 37.), nahmen die niederdeutſchen Geographen dem gemaͤß die Meile zu — (28500/15) = 1900 rheinl. Ruthen oder 2280 rheinl. Fuß an. Aber der Grad des Snellius iſt zu klein: daher gehen ſolcher Meilen auf den eigentlichen Grad 15 1/2. Was Sachſen insbeſondere betrift, ſo haben zwar die Schoͤppen zu Leipzig (ſ. Saͤchſiſches Weichbild im Anhang der Urtel, ingl. Zobel in der lateiniſchen Gloſſe des Landrechts, L. III. art. 66.) ehedem darauf geſprochen, ”daß eine ”Meile 60 Gewende, ein jeglich Gewende 60 Ruthen und ”eine Ruthe 7 1/2 Elle haben ſolle,“ nach welcher Angabe die ſaͤchſiſche Meile 27000 Ellen oder 54000 Fuß halten wuͤrde. Allein eine ſo große Meile iſt, wenigſtens in neuern Zeiten, nie angenommen worden. Vielmehr ſetzen die Wittenbergiſchen Rechtsgelehrten (Wernher Obſ. I. 201.) die Meile nur auſ 1500 achthalbellichte Ruthen oder auf 22500 Fuß mit dem Zuſatze: ”wie es die deutſchen Feldmeſſer jederzeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/194
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/194>, abgerufen am 24.11.2024.