Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Die Neigung der Mondbahn gegen die Fläche der Ekliptik ändert sich von 5° 1' bis 5° 17'. Die Punkte, in welchen sich beyde Ebenen durchschneiden, oder die Knoten des Monds, s. Knoten, rücken jährlich um 19° von Morgen gegen Abend, oder der Ordnung der Zeichen entgegen. Die Neigung der Bahn ist am größten, wenn die Sonne in der Gegend der Mondsknoten selbst steht, am kleinsten, wenn sie 90° von den Knoten entfernt ist. Aus diesen Veränderungen der Apsidenlinie und der Knotenlinie des Monds folgt, daß die Stellen seines geschwindesten und langsamsten Fortrückens, ingleichen seiner Durchgänge durch die Ekliptik, von Zeit zu Zeit in ganz andere Gegenden des Thierkreises fallen müssen. Ueberhaupt wird aus dem bisherigen schon erhellen, daß der Mondlauf äußerst beträchtlichen Ungleichheiten unterworfen ist, welche größtentheils von der starken Einwirkung der Sonne auf diesen Körper herrühren, deren Folgen bey seinem so sehr geringen Abstande von uns ungemein stark in die Augen fallen. Diese Ungleichheiten haben die genaue Bestimmung des Mondlaufs von je her ungemein erschweret. Schon Plinius (H.N.L.II. c. 9.) beklagt sich, daß man den Lauf des nächsten Gestirns am wenigsten kenne, und die alten Astronomen waren genöthigt, zu Erklärung und Bestimmung dieser Ungleichheiten zween Epicykel über einander zu setzen, s. Epicykel. Tycho fand aber noch mehrere Ungleichheiten im Mondlaufe, als selbst die Alten gekannt hatten, und die Anzahl derselben stieg immer höher, je mehr die Werkzeuge verbessert und die Beobachtungen vervielfältiget wurden. Daher waren auch die astronomischen Tafeln für keinen Himmelskörver so sehr, und auf so mannigfaltige Art unrichtig, als für. den Mond. Newton gab endlich durch das System der allgemeinen Schwere den Leitfaden an, der aus diesem Labyrinthe führen konnte. Er erklärte (Princip. L. III. prop. 34. 35. sq.) einige der vornehmsten Störungen, welche der Umlauf des Monds um die Erde
Die Neigung der Mondbahn gegen die Flaͤche der Ekliptik aͤndert ſich von 5° 1′ bis 5° 17′. Die Punkte, in welchen ſich beyde Ebenen durchſchneiden, oder die Knoten des Monds, ſ. Knoten, ruͤcken jaͤhrlich um 19° von Morgen gegen Abend, oder der Ordnung der Zeichen entgegen. Die Neigung der Bahn iſt am groͤßten, wenn die Sonne in der Gegend der Mondsknoten ſelbſt ſteht, am kleinſten, wenn ſie 90° von den Knoten entfernt iſt. Aus dieſen Veraͤnderungen der Apſidenlinie und der Knotenlinie des Monds folgt, daß die Stellen ſeines geſchwindeſten und langſamſten Fortruͤckens, ingleichen ſeiner Durchgaͤnge durch die Ekliptik, von Zeit zu Zeit in ganz andere Gegenden des Thierkreiſes fallen muͤſſen. Ueberhaupt wird aus dem bisherigen ſchon erhellen, daß der Mondlauf aͤußerſt betraͤchtlichen Ungleichheiten unterworfen iſt, welche groͤßtentheils von der ſtarken Einwirkung der Sonne auf dieſen Koͤrper herruͤhren, deren Folgen bey ſeinem ſo ſehr geringen Abſtande von uns ungemein ſtark in die Augen fallen. Dieſe Ungleichheiten haben die genaue Beſtimmung des Mondlaufs von je her ungemein erſchweret. Schon Plinius (H.N.L.II. c. 9.) beklagt ſich, daß man den Lauf des naͤchſten Geſtirns am wenigſten kenne, und die alten Aſtronomen waren genoͤthigt, zu Erklaͤrung und Beſtimmung dieſer Ungleichheiten zween Epicykel uͤber einander zu ſetzen, ſ. Epicykel. Tycho fand aber noch mehrere Ungleichheiten im Mondlaufe, als ſelbſt die Alten gekannt hatten, und die Anzahl derſelben ſtieg immer hoͤher, je mehr die Werkzeuge verbeſſert und die Beobachtungen vervielfaͤltiget wurden. Daher waren auch die aſtronomiſchen Tafeln fuͤr keinen Himmelskoͤrver ſo ſehr, und auf ſo mannigfaltige Art unrichtig, als fuͤr. den Mond. Newton gab endlich durch das Syſtem der allgemeinen Schwere den Leitfaden an, der aus dieſem Labyrinthe fuͤhren konnte. Er erklaͤrte (Princip. L. III. prop. 34. 35. ſq.) einige der vornehmſten Stoͤrungen, welche der Umlauf des Monds um die Erde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0280" xml:id="P.3.274" n="274"/><lb/> großen Ungleichheiten des Mondlaufs aber iſt die Eccentricitaͤt ſelbft veraͤnderlich, und daher das Verhaͤltniß des groͤßten und kleinſten moͤglichen Abſtandes faſt, wie 9 zu 8.</p> <p>Die Neigung der Mondbahn gegen die Flaͤche der Ekliptik aͤndert ſich von 5° 1′ bis 5° 17′. Die Punkte, in welchen ſich beyde Ebenen durchſchneiden, oder die <hi rendition="#b">Knoten</hi> des Monds, ſ. <hi rendition="#b">Knoten,</hi> ruͤcken jaͤhrlich um 19° von Morgen gegen Abend, oder der Ordnung der Zeichen entgegen. Die Neigung der Bahn iſt am groͤßten, wenn die Sonne in der Gegend der Mondsknoten ſelbſt ſteht, am kleinſten, wenn ſie 90° von den Knoten entfernt iſt. Aus dieſen Veraͤnderungen der Apſidenlinie und der Knotenlinie des Monds folgt, daß die Stellen ſeines geſchwindeſten und langſamſten Fortruͤckens, ingleichen ſeiner Durchgaͤnge durch die Ekliptik, von Zeit zu Zeit in ganz andere Gegenden des Thierkreiſes fallen muͤſſen. Ueberhaupt wird aus dem bisherigen ſchon erhellen, daß der Mondlauf aͤußerſt betraͤchtlichen <hi rendition="#b">Ungleichheiten</hi> unterworfen iſt, welche groͤßtentheils von der ſtarken Einwirkung der Sonne auf dieſen Koͤrper herruͤhren, deren Folgen bey ſeinem ſo ſehr geringen Abſtande von uns ungemein ſtark in die Augen fallen.</p> <p>Dieſe Ungleichheiten haben die genaue Beſtimmung des Mondlaufs von je her ungemein erſchweret. Schon <hi rendition="#b">Plinius</hi> <hi rendition="#aq">(H.N.L.II. c. 9.)</hi> beklagt ſich, daß man den Lauf des naͤchſten Geſtirns am wenigſten kenne, und die alten Aſtronomen waren genoͤthigt, zu Erklaͤrung und Beſtimmung dieſer Ungleichheiten zween Epicykel uͤber einander zu ſetzen, ſ. <hi rendition="#b">Epicykel. Tycho</hi> fand aber noch mehrere Ungleichheiten im Mondlaufe, als ſelbſt die Alten gekannt hatten, und die Anzahl derſelben ſtieg immer hoͤher, je mehr die Werkzeuge verbeſſert und die Beobachtungen vervielfaͤltiget wurden. Daher waren auch die aſtronomiſchen Tafeln fuͤr keinen Himmelskoͤrver ſo ſehr, und auf ſo mannigfaltige Art unrichtig, als fuͤr. den Mond. <hi rendition="#b">Newton</hi> gab endlich durch das Syſtem der allgemeinen Schwere den Leitfaden an, der aus dieſem Labyrinthe fuͤhren konnte. Er erklaͤrte <hi rendition="#aq">(Princip. L. III. prop. 34. 35. ſq.)</hi> einige der vornehmſten Stoͤrungen, welche der Umlauf des Monds um die Erde<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [274/0280]
großen Ungleichheiten des Mondlaufs aber iſt die Eccentricitaͤt ſelbft veraͤnderlich, und daher das Verhaͤltniß des groͤßten und kleinſten moͤglichen Abſtandes faſt, wie 9 zu 8.
Die Neigung der Mondbahn gegen die Flaͤche der Ekliptik aͤndert ſich von 5° 1′ bis 5° 17′. Die Punkte, in welchen ſich beyde Ebenen durchſchneiden, oder die Knoten des Monds, ſ. Knoten, ruͤcken jaͤhrlich um 19° von Morgen gegen Abend, oder der Ordnung der Zeichen entgegen. Die Neigung der Bahn iſt am groͤßten, wenn die Sonne in der Gegend der Mondsknoten ſelbſt ſteht, am kleinſten, wenn ſie 90° von den Knoten entfernt iſt. Aus dieſen Veraͤnderungen der Apſidenlinie und der Knotenlinie des Monds folgt, daß die Stellen ſeines geſchwindeſten und langſamſten Fortruͤckens, ingleichen ſeiner Durchgaͤnge durch die Ekliptik, von Zeit zu Zeit in ganz andere Gegenden des Thierkreiſes fallen muͤſſen. Ueberhaupt wird aus dem bisherigen ſchon erhellen, daß der Mondlauf aͤußerſt betraͤchtlichen Ungleichheiten unterworfen iſt, welche groͤßtentheils von der ſtarken Einwirkung der Sonne auf dieſen Koͤrper herruͤhren, deren Folgen bey ſeinem ſo ſehr geringen Abſtande von uns ungemein ſtark in die Augen fallen.
Dieſe Ungleichheiten haben die genaue Beſtimmung des Mondlaufs von je her ungemein erſchweret. Schon Plinius (H.N.L.II. c. 9.) beklagt ſich, daß man den Lauf des naͤchſten Geſtirns am wenigſten kenne, und die alten Aſtronomen waren genoͤthigt, zu Erklaͤrung und Beſtimmung dieſer Ungleichheiten zween Epicykel uͤber einander zu ſetzen, ſ. Epicykel. Tycho fand aber noch mehrere Ungleichheiten im Mondlaufe, als ſelbſt die Alten gekannt hatten, und die Anzahl derſelben ſtieg immer hoͤher, je mehr die Werkzeuge verbeſſert und die Beobachtungen vervielfaͤltiget wurden. Daher waren auch die aſtronomiſchen Tafeln fuͤr keinen Himmelskoͤrver ſo ſehr, und auf ſo mannigfaltige Art unrichtig, als fuͤr. den Mond. Newton gab endlich durch das Syſtem der allgemeinen Schwere den Leitfaden an, der aus dieſem Labyrinthe fuͤhren konnte. Er erklaͤrte (Princip. L. III. prop. 34. 35. ſq.) einige der vornehmſten Stoͤrungen, welche der Umlauf des Monds um die Erde
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