Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Die beyden Erklärungen des Mariotte und Halley sind immer die wahrscheinlichsten, und man kan, wenn man noch das Zerschmelzen des Schnees hinzunimmt, aus diesen drey Ursachen ziemlich von der Entstehung der Quellen und Bäche in allerley Gegenden Rechenschaft geben. Ich will nun noch einige weniger wahrscheinliche Hypothesen beyfügen. Descartes, dessen Name nie fehlt, wenn von hypothetischen Erklärungen die Rede ist, setzt (Princip. Philos. P. IV. §. 64. sq.) unter die Erde eine Menge Höhlen, welche durch unterirdische Canäle mit der See Gemeinschaft haben, und mit Meerwasser angefüllt werden. Dieses Wasser wird durch die unterirdische Wärme in Dünsten erhoben, und steigt durch die Oefnungen der Gewölbe, womit die Höhlen bedeckt sind, sehr hoch auf, bis es die Wärme verliert und sich zu Tropfen verdichtet. Diese Tropfen können durch die kleinen Oefnungen nicht wieder zurückkehren, sie sammeln sich also in Adern, deren mehrere sich vereinigen, und als Quellen ausbrechen, einzeln aber in der Tiefe beym Brunnengraben angetroffen werden. Diese Hypothese ist von Kohault (Phys. P. III. c. 10.) umständlich vorgetragen, und von Kühn (Gedanken vom Ursprunge der Quellen und des Grundwassers. Berlin, 1746. 8.) wieder erneuert worden. Kircher (Mund. subterran. To. I. L. V. c. 1.) giebt den unterirdischen Höhlen Decken, welche den Helmen der Destillirkolben ähnlich sind, an denen sich die Dünste zu Tropfen verdichten, und an den Seiten bis in die daselbst befindlichen Behältnisse und Canäle ablaufen. So soll das Seewasser durch eine wirkliche Destillation von seinem Salze befreyt, und die Ursache der Quellen werden. Nun trift man zwar unter der Erdfläche wirklich große Höhlen an, auf deren Boden sich Wasser befinder, s. Höhlen: sie haben
Die beyden Erklaͤrungen des Mariotte und Halley ſind immer die wahrſcheinlichſten, und man kan, wenn man noch das Zerſchmelzen des Schnees hinzunimmt, aus dieſen drey Urſachen ziemlich von der Entſtehung der Quellen und Baͤche in allerley Gegenden Rechenſchaft geben. Ich will nun noch einige weniger wahrſcheinliche Hypotheſen beyfuͤgen. Descartes, deſſen Name nie fehlt, wenn von hypothetiſchen Erklaͤrungen die Rede iſt, ſetzt (Princip. Philoſ. P. IV. §. 64. ſq.) unter die Erde eine Menge Hoͤhlen, welche durch unterirdiſche Canaͤle mit der See Gemeinſchaft haben, und mit Meerwaſſer angefuͤllt werden. Dieſes Waſſer wird durch die unterirdiſche Waͤrme in Duͤnſten erhoben, und ſteigt durch die Oefnungen der Gewoͤlbe, womit die Hoͤhlen bedeckt ſind, ſehr hoch auf, bis es die Waͤrme verliert und ſich zu Tropfen verdichtet. Dieſe Tropfen koͤnnen durch die kleinen Oefnungen nicht wieder zuruͤckkehren, ſie ſammeln ſich alſo in Adern, deren mehrere ſich vereinigen, und als Quellen ausbrechen, einzeln aber in der Tiefe beym Brunnengraben angetroffen werden. Dieſe Hypotheſe iſt von Kohault (Phyſ. P. III. c. 10.) umſtaͤndlich vorgetragen, und von Kuͤhn (Gedanken vom Urſprunge der Quellen und des Grundwaſſers. Berlin, 1746. 8.) wieder erneuert worden. Kircher (Mund. ſubterran. To. I. L. V. c. 1.) giebt den unterirdiſchen Hoͤhlen Decken, welche den Helmen der Deſtillirkolben aͤhnlich ſind, an denen ſich die Duͤnſte zu Tropfen verdichten, und an den Seiten bis in die daſelbſt befindlichen Behaͤltniſſe und Canaͤle ablaufen. So ſoll das Seewaſſer durch eine wirkliche Deſtillation von ſeinem Salze befreyt, und die Urſache der Quellen werden. Nun trift man zwar unter der Erdflaͤche wirklich große Hoͤhlen an, auf deren Boden ſich Waſſer befinder, ſ. Hoͤhlen: ſie haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0615" xml:id="P.3.609" n="609"/><lb/> Huͤgel zieht. Er ſetzt hinzu, man treffe in der ganzen Grafſchaft Eſſex keine Stelle, die mehr als 400 Fuß Hoͤhe uͤber der Meeresflaͤche habe, und dennoch ſey eine Menge von Quellen und Baͤchen vorhanden. Es erhellet aber ſchon aus dem Vorigen, daß ſich die Duͤnſte auch an ſehr niedrigen Anhoͤhen niederſchlagen koͤnnen.</p> <p>Die beyden Erklaͤrungen des <hi rendition="#b">Mariotte</hi> und <hi rendition="#b">Halley</hi> ſind immer die wahrſcheinlichſten, und man kan, wenn man noch das Zerſchmelzen des Schnees hinzunimmt, aus dieſen drey Urſachen ziemlich von der Entſtehung der Quellen und Baͤche in allerley Gegenden Rechenſchaft geben. Ich will nun noch einige weniger wahrſcheinliche Hypotheſen beyfuͤgen.</p> <p><hi rendition="#b">Descartes,</hi> deſſen Name nie fehlt, wenn von hypothetiſchen Erklaͤrungen die Rede iſt, ſetzt <hi rendition="#aq">(Princip. Philoſ. P. IV. §. 64. ſq.)</hi> unter die Erde eine Menge Hoͤhlen, welche durch unterirdiſche Canaͤle mit der See Gemeinſchaft haben, und mit Meerwaſſer angefuͤllt werden. Dieſes Waſſer wird durch die unterirdiſche Waͤrme in Duͤnſten erhoben, und ſteigt durch die Oefnungen der Gewoͤlbe, womit die Hoͤhlen bedeckt ſind, ſehr hoch auf, bis es die Waͤrme verliert und ſich zu Tropfen verdichtet. Dieſe Tropfen koͤnnen durch die kleinen Oefnungen nicht wieder zuruͤckkehren, ſie ſammeln ſich alſo in Adern, deren mehrere ſich vereinigen, und als Quellen ausbrechen, einzeln aber in der Tiefe beym Brunnengraben angetroffen werden. Dieſe Hypotheſe iſt von <hi rendition="#b">Kohault</hi> <hi rendition="#aq">(Phyſ. P. III. c. 10.)</hi> umſtaͤndlich vorgetragen, und von <hi rendition="#b">Kuͤhn</hi> (Gedanken vom Urſprunge der Quellen und des Grundwaſſers. Berlin, 1746. 8.) wieder erneuert worden. <hi rendition="#b">Kircher</hi> <hi rendition="#aq">(Mund. ſubterran. To. I. L. V. c. 1.)</hi> giebt den unterirdiſchen Hoͤhlen Decken, welche den Helmen der Deſtillirkolben aͤhnlich ſind, an denen ſich die Duͤnſte zu Tropfen verdichten, und an den Seiten bis in die daſelbſt befindlichen Behaͤltniſſe und Canaͤle ablaufen. So ſoll das Seewaſſer durch eine wirkliche Deſtillation von ſeinem Salze befreyt, und die Urſache der Quellen werden. Nun trift man zwar unter der Erdflaͤche wirklich große Hoͤhlen an, auf deren Boden ſich Waſſer befinder, ſ. <hi rendition="#b">Hoͤhlen:</hi> ſie haben<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [609/0615]
Huͤgel zieht. Er ſetzt hinzu, man treffe in der ganzen Grafſchaft Eſſex keine Stelle, die mehr als 400 Fuß Hoͤhe uͤber der Meeresflaͤche habe, und dennoch ſey eine Menge von Quellen und Baͤchen vorhanden. Es erhellet aber ſchon aus dem Vorigen, daß ſich die Duͤnſte auch an ſehr niedrigen Anhoͤhen niederſchlagen koͤnnen.
Die beyden Erklaͤrungen des Mariotte und Halley ſind immer die wahrſcheinlichſten, und man kan, wenn man noch das Zerſchmelzen des Schnees hinzunimmt, aus dieſen drey Urſachen ziemlich von der Entſtehung der Quellen und Baͤche in allerley Gegenden Rechenſchaft geben. Ich will nun noch einige weniger wahrſcheinliche Hypotheſen beyfuͤgen.
Descartes, deſſen Name nie fehlt, wenn von hypothetiſchen Erklaͤrungen die Rede iſt, ſetzt (Princip. Philoſ. P. IV. §. 64. ſq.) unter die Erde eine Menge Hoͤhlen, welche durch unterirdiſche Canaͤle mit der See Gemeinſchaft haben, und mit Meerwaſſer angefuͤllt werden. Dieſes Waſſer wird durch die unterirdiſche Waͤrme in Duͤnſten erhoben, und ſteigt durch die Oefnungen der Gewoͤlbe, womit die Hoͤhlen bedeckt ſind, ſehr hoch auf, bis es die Waͤrme verliert und ſich zu Tropfen verdichtet. Dieſe Tropfen koͤnnen durch die kleinen Oefnungen nicht wieder zuruͤckkehren, ſie ſammeln ſich alſo in Adern, deren mehrere ſich vereinigen, und als Quellen ausbrechen, einzeln aber in der Tiefe beym Brunnengraben angetroffen werden. Dieſe Hypotheſe iſt von Kohault (Phyſ. P. III. c. 10.) umſtaͤndlich vorgetragen, und von Kuͤhn (Gedanken vom Urſprunge der Quellen und des Grundwaſſers. Berlin, 1746. 8.) wieder erneuert worden. Kircher (Mund. ſubterran. To. I. L. V. c. 1.) giebt den unterirdiſchen Hoͤhlen Decken, welche den Helmen der Deſtillirkolben aͤhnlich ſind, an denen ſich die Duͤnſte zu Tropfen verdichten, und an den Seiten bis in die daſelbſt befindlichen Behaͤltniſſe und Canaͤle ablaufen. So ſoll das Seewaſſer durch eine wirkliche Deſtillation von ſeinem Salze befreyt, und die Urſache der Quellen werden. Nun trift man zwar unter der Erdflaͤche wirklich große Hoͤhlen an, auf deren Boden ſich Waſſer befinder, ſ. Hoͤhlen: ſie haben
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