Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Indem das Seil einmal umgewunden, und also die Last um die Peripherie der Welle fortbewegt wird, muß die Kraft einmal den ganzen Umfang des Rades durchlaufen. Mithin verhalten sich die Räume, die K und L in gleichen Zeiten zurücklegen, d. i. ihre Geschwindigkeiten, wie die Peripherien von Rad und Welle, oder, was eben so viel ist, wie deren Halbmesser R:r, d. i. umgekehrt, wie die im Gleichgewichte stehenden Kräfte selbst. Wenn also 1 Pfund Kraft mit 10 Pfund Last das Gleichgewicht hält, so muß bey wirklicher Bewegung die Kraft durch 10 Schuh fortgehen, wenn die Last um 1 Schuh fortgebracht werden soll. Man verliert daher, wie bey allen Maschinen, an Geschwindigkeit eben so viel, als man an Kraft gewinnt. Da der Schwerpunkt der ganzen Maschine in die Axe der Welle selbst fällt, so ist hiebey der physische Hebel vom mathematischen nicht unterschieden, und die Berechnung für das Gleichgewicht beruht allein auf der Formel r. L = R. K. sin b, wo für ein senkrecht wirkendes K, sin b = 1 ist. Ist z. B. an der Fig. 101. vorgestellten Winde der Halbmesser des Rads oder die Länge der Arme CK, CB = 8 Schuh = R, der Halbmesser der Welle r = 1 Schuh, so wird für das Gleichgewicht L = 8K seyn. Vier Menschen, die an den Enden der Arme, jeder mit 100 Pfund Kraft, senkrecht ziehen oder drücken, werden 4.800 = 3200 Pfund Last im Gleichgewichte halten, und eine etwas geringere Last wirklich aufwinden können. Stehen zween Mann neben einander, so kann einer davon nicht in der völligen Entfernung von 8 Schuh wirken. Gesetzt, er stehe nur 6 Schuh von der Axe ab, so wird sein Moment nur 6 K oder 600 Psund betragen. Stellte man also zu den vorigen noch vier
Indem das Seil einmal umgewunden, und alſo die Laſt um die Peripherie der Welle fortbewegt wird, muß die Kraft einmal den ganzen Umfang des Rades durchlaufen. Mithin verhalten ſich die Raͤume, die K und L in gleichen Zeiten zuruͤcklegen, d. i. ihre Geſchwindigkeiten, wie die Peripherien von Rad und Welle, oder, was eben ſo viel iſt, wie deren Halbmeſſer R:r, d. i. umgekehrt, wie die im Gleichgewichte ſtehenden Kraͤfte ſelbſt. Wenn alſo 1 Pfund Kraft mit 10 Pfund Laſt das Gleichgewicht haͤlt, ſo muß bey wirklicher Bewegung die Kraft durch 10 Schuh fortgehen, wenn die Laſt um 1 Schuh fortgebracht werden ſoll. Man verliert daher, wie bey allen Maſchinen, an Geſchwindigkeit eben ſo viel, als man an Kraft gewinnt. Da der Schwerpunkt der ganzen Maſchine in die Axe der Welle ſelbſt faͤllt, ſo iſt hiebey der phyſiſche Hebel vom mathematiſchen nicht unterſchieden, und die Berechnung fuͤr das Gleichgewicht beruht allein auf der Formel r. L = R. K. ſin b, wo fuͤr ein ſenkrecht wirkendes K, ſin b = 1 iſt. Iſt z. B. an der Fig. 101. vorgeſtellten Winde der Halbmeſſer des Rads oder die Laͤnge der Arme CK, CB = 8 Schuh = R, der Halbmeſſer der Welle r = 1 Schuh, ſo wird fuͤr das Gleichgewicht L = 8K ſeyn. Vier Menſchen, die an den Enden der Arme, jeder mit 100 Pfund Kraft, ſenkrecht ziehen oder druͤcken, werden 4.800 = 3200 Pfund Laſt im Gleichgewichte halten, und eine etwas geringere Laſt wirklich aufwinden koͤnnen. Stehen zween Mann neben einander, ſo kann einer davon nicht in der voͤlligen Entfernung von 8 Schuh wirken. Geſetzt, er ſtehe nur 6 Schuh von der Axe ab, ſo wird ſein Moment nur 6 K oder 600 Pſund betragen. Stellte man alſo zu den vorigen noch vier <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0626" xml:id="P.3.620" n="620"/><lb/> (ober - und unterſchlaͤchtige Waſſerraͤder). Iſt kein Rad vorhanden, ſo wird der Haſpel von Menſchen bewegt, die die Kurbeln oder Kreuzſtangen umtreiben; die Arme der Winde werden von Menſchen fortgetrieben oder von Thieren fortgezogen. In allen dieſen Faͤllen vermag die Kraft am meiſten, oder iſt am vortheilhafteſten angebracht, wenn ſie ſtets ſenkrecht, oder nach der Richtung der Tangente des Rads wirket.</p> <p>Indem das Seil einmal umgewunden, und alſo die Laſt um die Peripherie der Welle fortbewegt wird, muß die Kraft einmal den ganzen Umfang des Rades durchlaufen. Mithin verhalten ſich die Raͤume, die <hi rendition="#aq">K</hi> und <hi rendition="#aq">L</hi> in gleichen Zeiten zuruͤcklegen, d. i. ihre Geſchwindigkeiten, wie die Peripherien von Rad und Welle, oder, was eben ſo viel iſt, wie deren Halbmeſſer <hi rendition="#aq">R:r,</hi> d. i. umgekehrt, wie die im Gleichgewichte ſtehenden Kraͤfte ſelbſt. Wenn alſo 1 Pfund Kraft mit 10 Pfund Laſt das Gleichgewicht haͤlt, ſo muß bey wirklicher Bewegung die Kraft durch 10 Schuh fortgehen, wenn die Laſt um 1 Schuh fortgebracht werden ſoll. Man verliert daher, wie bey allen Maſchinen, an Geſchwindigkeit eben ſo viel, als man an Kraft gewinnt.</p> <p>Da der Schwerpunkt der ganzen Maſchine in die Axe der Welle ſelbſt faͤllt, ſo iſt hiebey der phyſiſche Hebel vom mathematiſchen nicht unterſchieden, und die Berechnung fuͤr das Gleichgewicht beruht allein auf der Formel <hi rendition="#aq">r. L = R. K. ſin b,</hi> wo fuͤr ein ſenkrecht wirkendes <hi rendition="#aq">K, ſin b</hi> = 1 iſt.</p> <p>Iſt z. B. an der Fig. 101. vorgeſtellten Winde der Halbmeſſer des Rads oder die Laͤnge der Arme <hi rendition="#aq">CK, CB</hi> = 8 Schuh = <hi rendition="#aq">R,</hi> der Halbmeſſer der Welle <hi rendition="#aq">r</hi> = 1 Schuh, ſo wird fuͤr das Gleichgewicht <hi rendition="#aq">L = 8K</hi> ſeyn. Vier Menſchen, die an den Enden der Arme, jeder mit 100 Pfund Kraft, ſenkrecht ziehen oder druͤcken, werden 4.800 = 3200 Pfund Laſt im Gleichgewichte halten, und eine etwas geringere Laſt wirklich aufwinden koͤnnen. Stehen zween Mann neben einander, ſo kann einer davon nicht in der voͤlligen Entfernung von 8 Schuh wirken. Geſetzt, er ſtehe nur 6 Schuh von der Axe ab, ſo wird ſein Moment nur <hi rendition="#aq">6 K</hi> oder 600 Pſund betragen. Stellte man alſo zu den vorigen noch vier<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [620/0626]
(ober - und unterſchlaͤchtige Waſſerraͤder). Iſt kein Rad vorhanden, ſo wird der Haſpel von Menſchen bewegt, die die Kurbeln oder Kreuzſtangen umtreiben; die Arme der Winde werden von Menſchen fortgetrieben oder von Thieren fortgezogen. In allen dieſen Faͤllen vermag die Kraft am meiſten, oder iſt am vortheilhafteſten angebracht, wenn ſie ſtets ſenkrecht, oder nach der Richtung der Tangente des Rads wirket.
Indem das Seil einmal umgewunden, und alſo die Laſt um die Peripherie der Welle fortbewegt wird, muß die Kraft einmal den ganzen Umfang des Rades durchlaufen. Mithin verhalten ſich die Raͤume, die K und L in gleichen Zeiten zuruͤcklegen, d. i. ihre Geſchwindigkeiten, wie die Peripherien von Rad und Welle, oder, was eben ſo viel iſt, wie deren Halbmeſſer R:r, d. i. umgekehrt, wie die im Gleichgewichte ſtehenden Kraͤfte ſelbſt. Wenn alſo 1 Pfund Kraft mit 10 Pfund Laſt das Gleichgewicht haͤlt, ſo muß bey wirklicher Bewegung die Kraft durch 10 Schuh fortgehen, wenn die Laſt um 1 Schuh fortgebracht werden ſoll. Man verliert daher, wie bey allen Maſchinen, an Geſchwindigkeit eben ſo viel, als man an Kraft gewinnt.
Da der Schwerpunkt der ganzen Maſchine in die Axe der Welle ſelbſt faͤllt, ſo iſt hiebey der phyſiſche Hebel vom mathematiſchen nicht unterſchieden, und die Berechnung fuͤr das Gleichgewicht beruht allein auf der Formel r. L = R. K. ſin b, wo fuͤr ein ſenkrecht wirkendes K, ſin b = 1 iſt.
Iſt z. B. an der Fig. 101. vorgeſtellten Winde der Halbmeſſer des Rads oder die Laͤnge der Arme CK, CB = 8 Schuh = R, der Halbmeſſer der Welle r = 1 Schuh, ſo wird fuͤr das Gleichgewicht L = 8K ſeyn. Vier Menſchen, die an den Enden der Arme, jeder mit 100 Pfund Kraft, ſenkrecht ziehen oder druͤcken, werden 4.800 = 3200 Pfund Laſt im Gleichgewichte halten, und eine etwas geringere Laſt wirklich aufwinden koͤnnen. Stehen zween Mann neben einander, ſo kann einer davon nicht in der voͤlligen Entfernung von 8 Schuh wirken. Geſetzt, er ſtehe nur 6 Schuh von der Axe ab, ſo wird ſein Moment nur 6 K oder 600 Pſund betragen. Stellte man alſo zu den vorigen noch vier
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