Erde von der Luft aufgelöset: die dadurch vergrößerte und von der Sonne erwärmte Luftsäule breitet sich abendwärts aus; auch erhebt sich die Luft, und steigt durch einen verticalen Wind mit den Dünsten in die Höhe. Dieser Abgang wird von der Nordseite her durch kältere und dichtere Luft ersetzt. Dies dauert fort, bis endlich die Luft mit Feuchtigkeit gesättiget ist. In einer völlig gesättigten Luft müssen bey Sonnenaufgang Bläschen entstehen; die von der Sonne erwärmte Luft muß diese wieder auflösen, und die Feuchtigkeit durch den verticalen Wind mit sich in die höhern Regionen führen, wo sie sich wieder erkältet und einen Theil der aufgelösten Feuchtigkeit fallen läßt, welcher Wolken oder Regen bildet, und endlich der Erde alle aufgestiegne Feuchtigkeit wiedergiebt. Also bleibt doch auch in diesem System Erkältung die Ursache des Zurückkehrens der Feuchtigkeit, wenn gleich letztere durch Elektricität, oder irgend einen andern Umstand, bisweilen noch eine Zeitlang in Gestalt der Bläschen zurück gehalten wird.
Herr de Lüc (Neue Ideen über die Meteorol. Th. II. §. 597 u. f.) setzt dieser Erklärung des Regens entgegen, daß das Erkalten der Luft eine unzureichende Ursache, der Unterschied der Wärme viel zu gering, und die Menge der aufgelösten Dünste, welche die Luft, selbst bey ihrem Sättigungspunkte enthalten kan, nach Hrn. de S. eignen Beobachtungen, zu klein sey, um die so oft entstehenden plötzlichen Regengüsse mitten in der Nacht zu erklären. Der angebliche verticale Wind sey durch keine Erfahrung bestätigt; vielmehr dehne sich die ganze erwärmte Luftmasse gleichförmig aus, und die mit Dünsten erfüllte untere Luft komme mit der obern kältern nicht in Berührung, sondern hebe nur die letztere höher über sich, daher die Ursache der Verdichtung der Dünste wegfalle. Ueberdies werde hiebey eine feuchte Erde angenommen, also nur Regen nach Regen erklärt, und endlich gestehe Herr de S. selbst, daß die Luft im Augenblicke des Regens sehr selten mit Feuchtigkeit gesättiget sey.
Ebendaselbst (§. 578 u. f.) prüft Herr de Lüc eine andere Theorie des Regens, welche D. James Hutton in
Erde von der Luft aufgeloͤſet: die dadurch vergroͤßerte und von der Sonne erwaͤrmte Luftſaͤule breitet ſich abendwaͤrts aus; auch erhebt ſich die Luft, und ſteigt durch einen verticalen Wind mit den Duͤnſten in die Hoͤhe. Dieſer Abgang wird von der Nordſeite her durch kaͤltere und dichtere Luft erſetzt. Dies dauert fort, bis endlich die Luft mit Feuchtigkeit geſaͤttiget iſt. In einer voͤllig geſaͤttigten Luft muͤſſen bey Sonnenaufgang Blaͤschen entſtehen; die von der Sonne erwaͤrmte Luft muß dieſe wieder aufloͤſen, und die Feuchtigkeit durch den verticalen Wind mit ſich in die hoͤhern Regionen fuͤhren, wo ſie ſich wieder erkaͤltet und einen Theil der aufgeloͤſten Feuchtigkeit fallen laͤßt, welcher Wolken oder Regen bildet, und endlich der Erde alle aufgeſtiegne Feuchtigkeit wiedergiebt. Alſo bleibt doch auch in dieſem Syſtem Erkaͤltung die Urſache des Zuruͤckkehrens der Feuchtigkeit, wenn gleich letztere durch Elektricitaͤt, oder irgend einen andern Umſtand, bisweilen noch eine Zeitlang in Geſtalt der Blaͤschen zuruͤck gehalten wird.
Herr de Luͤc (Neue Ideen uͤber die Meteorol. Th. II. §. 597 u. f.) ſetzt dieſer Erklaͤrung des Regens entgegen, daß das Erkalten der Luft eine unzureichende Urſache, der Unterſchied der Waͤrme viel zu gering, und die Menge der aufgeloͤſten Duͤnſte, welche die Luft, ſelbſt bey ihrem Saͤttigungspunkte enthalten kan, nach Hrn. de S. eignen Beobachtungen, zu klein ſey, um die ſo oft entſtehenden ploͤtzlichen Regenguͤſſe mitten in der Nacht zu erklaͤren. Der angebliche verticale Wind ſey durch keine Erfahrung beſtaͤtigt; vielmehr dehne ſich die ganze erwaͤrmte Luftmaſſe gleichfoͤrmig aus, und die mit Duͤnſten erfuͤllte untere Luft komme mit der obern kaͤltern nicht in Beruͤhrung, ſondern hebe nur die letztere hoͤher uͤber ſich, daher die Urſache der Verdichtung der Duͤnſte wegfalle. Ueberdies werde hiebey eine feuchte Erde angenommen, alſo nur Regen nach Regen erklaͤrt, und endlich geſtehe Herr de S. ſelbſt, daß die Luft im Augenblicke des Regens ſehr ſelten mit Feuchtigkeit geſaͤttiget ſey.
Ebendaſelbſt (§. 578 u. f.) pruͤft Herr de Luͤc eine andere Theorie des Regens, welche D. James Hutton in
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Erde von der Luft aufgeloͤſet: die dadurch vergroͤßerte und von der Sonne erwaͤrmte Luftſaͤule breitet ſich abendwaͤrts aus; auch erhebt ſich die Luft, und ſteigt durch einen verticalen Wind mit den Duͤnſten in die Hoͤhe. Dieſer Abgang wird von der Nordſeite her durch kaͤltere und dichtere Luft erſetzt. Dies dauert fort, bis endlich die Luft mit Feuchtigkeit geſaͤttiget iſt. In einer voͤllig geſaͤttigten Luft muͤſſen bey Sonnenaufgang Blaͤschen entſtehen; die von der Sonne erwaͤrmte Luft muß dieſe wieder aufloͤſen, und die Feuchtigkeit durch den verticalen Wind mit ſich in die hoͤhern Regionen fuͤhren, wo ſie ſich wieder erkaͤltet und einen Theil der aufgeloͤſten Feuchtigkeit fallen laͤßt, welcher Wolken oder Regen bildet, und endlich der Erde alle aufgeſtiegne Feuchtigkeit wiedergiebt. Alſo bleibt doch auch in dieſem Syſtem Erkaͤltung die Urſache des Zuruͤckkehrens der Feuchtigkeit, wenn gleich letztere durch Elektricitaͤt, oder irgend einen andern Umſtand, bisweilen noch eine Zeitlang in Geſtalt der Blaͤschen zuruͤck gehalten wird.
Herr de Luͤc (Neue Ideen uͤber die Meteorol. Th. II. §. 597 u. f.) ſetzt dieſer Erklaͤrung des Regens entgegen, daß das Erkalten der Luft eine unzureichende Urſache, der Unterſchied der Waͤrme viel zu gering, und die Menge der aufgeloͤſten Duͤnſte, welche die Luft, ſelbſt bey ihrem Saͤttigungspunkte enthalten kan, nach Hrn. de S. eignen Beobachtungen, zu klein ſey, um die ſo oft entſtehenden ploͤtzlichen Regenguͤſſe mitten in der Nacht zu erklaͤren. Der angebliche verticale Wind ſey durch keine Erfahrung beſtaͤtigt; vielmehr dehne ſich die ganze erwaͤrmte Luftmaſſe gleichfoͤrmig aus, und die mit Duͤnſten erfuͤllte untere Luft komme mit der obern kaͤltern nicht in Beruͤhrung, ſondern hebe nur die letztere hoͤher uͤber ſich, daher die Urſache der Verdichtung der Duͤnſte wegfalle. Ueberdies werde hiebey eine feuchte Erde angenommen, alſo nur Regen nach Regen erklaͤrt, und endlich geſtehe Herr de S. ſelbſt, daß die Luft im Augenblicke des Regens ſehr ſelten mit Feuchtigkeit geſaͤttiget ſey.
Ebendaſelbſt (§. 578 u. f.) pruͤft Herr de Luͤc eine andere Theorie des Regens, welche D. James Hutton in
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 658. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/664>, abgerufen am 22.11.2024.
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