Bläschen, die dadurch überladen und herabgedrückt werden. Dadurch entstehen die Franzen, die man so oft von den Regenwolken nach der Erde herabhängen sieht. Eine solche Wolke mit Franzen gießt weit mehr Regen aus, als sie an sich enthalten könnte, und wird immer dunkler, je mehr sie ausgießt. Sie hat die Quelle ihres Wassers in der Luftschicht, in der sie schwebt; aus dieser ersetzt sich ihr Abgang unaufhörlich, und so wird sie gleichsam alle Augenblicke zerstört und wieder erneuert. Eben so, nur langsamer, geht es mit allen Nebeln und Wolken, auch mit denen, die nicht regnen, s. Wolken.
Mit großer Leichtigkeit erklärt Herr de Lüc aus dieser Voraussetzung eine Menge Erscheinungen der Wolken und des Regens, besonders in den Gebirgen, und zeigt zugleich, daß dieselben nach den gewöhnlichen Systemen der Auflösung und des Niederschlags durch Erkältung, Winde, die gesättigte Luft zuführen u. dgl. unerklärlich bleiben würden. Die Grenzen dieses Wörterbuchs hindern mich, ihm hierinn zu folgen; aber schon das bisherige wird zeigen, daß seine Muthmaßung der Meteorologie ein unerwartetes Licht giebt, das jedoch, wie er selbst sagt, die noch übrigbleibende Dunkelheit nur desto sichtbarer bemerken läßt. Er wagt zur Zeit noch nicht die mindeste Muthmaßung weder über die Gasart, die ans Wasser entsteht und wieder Wasser wird, noch über die Ursachen und den Mechanismus dieser doppelten Metamorphose. Es bleibt also den Chymisten und Meteorologen noch ein weites Feld übrig. Sie haben nicht nur die Wahrscheinlichkeit dieser Hypothese, die der Prüfung so werth ist, zu untersuchen, sondern auch den noch unbekannten wirkenden Ursachen nachzuforschen. Vielleicht erhalten wir auf diesem Wege nähere Aufschlüsse über den Gang der Witterung und ihren Zusammenhang mit den Veränderungen der meteorologischen Werkzeuge -- welches Fach der Naturlehre für das menschliche Leben so wichtig und doch leider bis jetzt eines der dunkelsten geblieben ist.
v. Musschenbroek Introd. ad philos. natur. To. II. §. 2358. sqq.
Blaͤschen, die dadurch uͤberladen und herabgedruͤckt werden. Dadurch entſtehen die Franzen, die man ſo oft von den Regenwolken nach der Erde herabhaͤngen ſieht. Eine ſolche Wolke mit Franzen gießt weit mehr Regen aus, als ſie an ſich enthalten koͤnnte, und wird immer dunkler, je mehr ſie ausgießt. Sie hat die Quelle ihres Waſſers in der Luftſchicht, in der ſie ſchwebt; aus dieſer erſetzt ſich ihr Abgang unaufhoͤrlich, und ſo wird ſie gleichſam alle Augenblicke zerſtoͤrt und wieder erneuert. Eben ſo, nur langſamer, geht es mit allen Nebeln und Wolken, auch mit denen, die nicht regnen, ſ. Wolken.
Mit großer Leichtigkeit erklaͤrt Herr de Luͤc aus dieſer Vorausſetzung eine Menge Erſcheinungen der Wolken und des Regens, beſonders in den Gebirgen, und zeigt zugleich, daß dieſelben nach den gewoͤhnlichen Syſtemen der Aufloͤſung und des Niederſchlags durch Erkaͤltung, Winde, die geſaͤttigte Luft zufuͤhren u. dgl. unerklaͤrlich bleiben wuͤrden. Die Grenzen dieſes Woͤrterbuchs hindern mich, ihm hierinn zu folgen; aber ſchon das bisherige wird zeigen, daß ſeine Muthmaßung der Meteorologie ein unerwartetes Licht giebt, das jedoch, wie er ſelbſt ſagt, die noch uͤbrigbleibende Dunkelheit nur deſto ſichtbarer bemerken laͤßt. Er wagt zur Zeit noch nicht die mindeſte Muthmaßung weder uͤber die Gasart, die ans Waſſer entſteht und wieder Waſſer wird, noch uͤber die Urſachen und den Mechanismus dieſer doppelten Metamorphoſe. Es bleibt alſo den Chymiſten und Meteorologen noch ein weites Feld uͤbrig. Sie haben nicht nur die Wahrſcheinlichkeit dieſer Hypotheſe, die der Pruͤfung ſo werth iſt, zu unterſuchen, ſondern auch den noch unbekannten wirkenden Urſachen nachzuforſchen. Vielleicht erhalten wir auf dieſem Wege naͤhere Aufſchluͤſſe uͤber den Gang der Witterung und ihren Zuſammenhang mit den Veraͤnderungen der meteorologiſchen Werkzeuge — welches Fach der Naturlehre fuͤr das menſchliche Leben ſo wichtig und doch leider bis jetzt eines der dunkelſten geblieben iſt.
v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. natur. To. II. §. 2358. ſqq.
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Blaͤschen, die dadurch uͤberladen und herabgedruͤckt werden. Dadurch entſtehen die Franzen, die man ſo oft von den Regenwolken nach der Erde herabhaͤngen ſieht. Eine ſolche Wolke mit Franzen gießt weit mehr Regen aus, als ſie an ſich enthalten koͤnnte, und wird immer dunkler, je mehr ſie ausgießt. Sie hat die Quelle ihres Waſſers in der Luftſchicht, in der ſie ſchwebt; aus dieſer erſetzt ſich ihr Abgang unaufhoͤrlich, und ſo wird ſie gleichſam alle Augenblicke zerſtoͤrt und wieder erneuert. Eben ſo, nur langſamer, geht es mit allen Nebeln und Wolken, auch mit denen, die nicht regnen, ſ. Wolken.
Mit großer Leichtigkeit erklaͤrt Herr de Luͤc aus dieſer Vorausſetzung eine Menge Erſcheinungen der Wolken und des Regens, beſonders in den Gebirgen, und zeigt zugleich, daß dieſelben nach den gewoͤhnlichen Syſtemen der Aufloͤſung und des Niederſchlags durch Erkaͤltung, Winde, die geſaͤttigte Luft zufuͤhren u. dgl. unerklaͤrlich bleiben wuͤrden. Die Grenzen dieſes Woͤrterbuchs hindern mich, ihm hierinn zu folgen; aber ſchon das bisherige wird zeigen, daß ſeine Muthmaßung der Meteorologie ein unerwartetes Licht giebt, das jedoch, wie er ſelbſt ſagt, die noch uͤbrigbleibende Dunkelheit nur deſto ſichtbarer bemerken laͤßt. Er wagt zur Zeit noch nicht die mindeſte Muthmaßung weder uͤber die Gasart, die ans Waſſer entſteht und wieder Waſſer wird, noch uͤber die Urſachen und den Mechanismus dieſer doppelten Metamorphoſe. Es bleibt alſo den Chymiſten und Meteorologen noch ein weites Feld uͤbrig. Sie haben nicht nur die Wahrſcheinlichkeit dieſer Hypotheſe, die der Pruͤfung ſo werth iſt, zu unterſuchen, ſondern auch den noch unbekannten wirkenden Urſachen nachzuforſchen. Vielleicht erhalten wir auf dieſem Wege naͤhere Aufſchluͤſſe uͤber den Gang der Witterung und ihren Zuſammenhang mit den Veraͤnderungen der meteorologiſchen Werkzeuge — welches Fach der Naturlehre fuͤr das menſchliche Leben ſo wichtig und doch leider bis jetzt eines der dunkelſten geblieben iſt.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 663. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/669>, abgerufen am 22.11.2024.
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