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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Das hielt man sonst für etwas Wunderbares. Die Alten rühmten auch den Wohlgeruch der Gesträuche, auf denen des Regenbogens Schenkel gestanden hätten (Plin. H. N. XII. 24.).

Ist der Regen so nahe und das Auge so gestellt, daß es 42° tief unter dem Mittelpunkte des Bogens noch Tropfen sieht, so erscheint ihm der Regenbogen als ein völliger Kreis. Dies ist der Fall bey den Staubregen, die von Wasserfällen, Cascaden, Fontänen u. dgl. entstehen, in welchen der nahestehende Zuschauer, der die Sonne im Rücken hat, ganze farbige Kreise sieht. Hieraus könnte man auch die bunten Glorien erklären, womit Bouguer und seine Gefährten in Peru die Schatten ihrer Köpfe auf nahen Wolken umringt sahen, s. Höfe (Th. II. S. 610.). Aber da diese Wolken nicht regneten, und die angegebnen Größen der Durchmesser dieser Glorien nicht zur Theorie des Regenbogens passen, so habe ich diese Erscheinung lieber zu den Höfen rechnen wollen. Inzwischen können solche Glorien in manchen Fällen auch wirkliche Regenbogen seyn.

Wenn der Horizont die Tropfenwand begrenzt, und die Höhe der Sonne = 42° ist, so fällt der Mittelpunkt oder Pol des Hauptregenbogens 42° tief unter den Horizont, und der höchste Punkt des Bogens erreicht nur gerade die untere Grenze der Wand. Man kan also in diesem Falle keinen Regenbogen sehen; noch weniger, wenn die Sonne höher als 42° steht. Hieraus erhellet, warum bey uns in den längsten Tagen um Mittag in den gewöhnlichen Stellungen des Auges kein Hauptregenbogen erscheinen kan. Eben dies gilt vom Nebenregenbogen, wenn man 51 Grad für 42 setzt.

Steht die Sonne im Horizonte, so ist der Pol des Bogens auch in demselben; alsdann sieht man völlig eine Helfte des Kreises, und die Schenkel stehen senkrecht. Sonst sieht man von dem Bogen desto mehr, je niedriger die Sonne steht. Ist diese gar unter dem Horizonte, so sollte man mehr als die Helfte des Kreises sehen; aber alsdann kömmt die Tropfenwand in den Erdschatten, und kan nicht mehr von der Sonne beschienen werden.


Das hielt man ſonſt fuͤr etwas Wunderbares. Die Alten ruͤhmten auch den Wohlgeruch der Geſtraͤuche, auf denen des Regenbogens Schenkel geſtanden haͤtten (Plin. H. N. XII. 24.).

Iſt der Regen ſo nahe und das Auge ſo geſtellt, daß es 42° tief unter dem Mittelpunkte des Bogens noch Tropfen ſieht, ſo erſcheint ihm der Regenbogen als ein voͤlliger Kreis. Dies iſt der Fall bey den Staubregen, die von Waſſerfaͤllen, Caſcaden, Fontaͤnen u. dgl. entſtehen, in welchen der naheſtehende Zuſchauer, der die Sonne im Ruͤcken hat, ganze farbige Kreiſe ſieht. Hieraus koͤnnte man auch die bunten Glorien erklaͤren, womit Bouguer und ſeine Gefaͤhrten in Peru die Schatten ihrer Koͤpfe auf nahen Wolken umringt ſahen, ſ. Hoͤfe (Th. II. S. 610.). Aber da dieſe Wolken nicht regneten, und die angegebnen Groͤßen der Durchmeſſer dieſer Glorien nicht zur Theorie des Regenbogens paſſen, ſo habe ich dieſe Erſcheinung lieber zu den Hoͤfen rechnen wollen. Inzwiſchen koͤnnen ſolche Glorien in manchen Faͤllen auch wirkliche Regenbogen ſeyn.

Wenn der Horizont die Tropfenwand begrenzt, und die Hoͤhe der Sonne = 42° iſt, ſo faͤllt der Mittelpunkt oder Pol des Hauptregenbogens 42° tief unter den Horizont, und der hoͤchſte Punkt des Bogens erreicht nur gerade die untere Grenze der Wand. Man kan alſo in dieſem Falle keinen Regenbogen ſehen; noch weniger, wenn die Sonne hoͤher als 42° ſteht. Hieraus erhellet, warum bey uns in den laͤngſten Tagen um Mittag in den gewoͤhnlichen Stellungen des Auges kein Hauptregenbogen erſcheinen kan. Eben dies gilt vom Nebenregenbogen, wenn man 51 Grad fuͤr 42 ſetzt.

Steht die Sonne im Horizonte, ſo iſt der Pol des Bogens auch in demſelben; alsdann ſieht man voͤllig eine Helfte des Kreiſes, und die Schenkel ſtehen ſenkrecht. Sonſt ſieht man von dem Bogen deſto mehr, je niedriger die Sonne ſteht. Iſt dieſe gar unter dem Horizonte, ſo ſollte man mehr als die Helfte des Kreiſes ſehen; aber alsdann koͤmmt die Tropfenwand in den Erdſchatten, und kan nicht mehr von der Sonne beſchienen werden.

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[673/0679] Das hielt man ſonſt fuͤr etwas Wunderbares. Die Alten ruͤhmten auch den Wohlgeruch der Geſtraͤuche, auf denen des Regenbogens Schenkel geſtanden haͤtten (Plin. H. N. XII. 24.). Iſt der Regen ſo nahe und das Auge ſo geſtellt, daß es 42° tief unter dem Mittelpunkte des Bogens noch Tropfen ſieht, ſo erſcheint ihm der Regenbogen als ein voͤlliger Kreis. Dies iſt der Fall bey den Staubregen, die von Waſſerfaͤllen, Caſcaden, Fontaͤnen u. dgl. entſtehen, in welchen der naheſtehende Zuſchauer, der die Sonne im Ruͤcken hat, ganze farbige Kreiſe ſieht. Hieraus koͤnnte man auch die bunten Glorien erklaͤren, womit Bouguer und ſeine Gefaͤhrten in Peru die Schatten ihrer Koͤpfe auf nahen Wolken umringt ſahen, ſ. Hoͤfe (Th. II. S. 610.). Aber da dieſe Wolken nicht regneten, und die angegebnen Groͤßen der Durchmeſſer dieſer Glorien nicht zur Theorie des Regenbogens paſſen, ſo habe ich dieſe Erſcheinung lieber zu den Hoͤfen rechnen wollen. Inzwiſchen koͤnnen ſolche Glorien in manchen Faͤllen auch wirkliche Regenbogen ſeyn. Wenn der Horizont die Tropfenwand begrenzt, und die Hoͤhe der Sonne = 42° iſt, ſo faͤllt der Mittelpunkt oder Pol des Hauptregenbogens 42° tief unter den Horizont, und der hoͤchſte Punkt des Bogens erreicht nur gerade die untere Grenze der Wand. Man kan alſo in dieſem Falle keinen Regenbogen ſehen; noch weniger, wenn die Sonne hoͤher als 42° ſteht. Hieraus erhellet, warum bey uns in den laͤngſten Tagen um Mittag in den gewoͤhnlichen Stellungen des Auges kein Hauptregenbogen erſcheinen kan. Eben dies gilt vom Nebenregenbogen, wenn man 51 Grad fuͤr 42 ſetzt. Steht die Sonne im Horizonte, ſo iſt der Pol des Bogens auch in demſelben; alsdann ſieht man voͤllig eine Helfte des Kreiſes, und die Schenkel ſtehen ſenkrecht. Sonſt ſieht man von dem Bogen deſto mehr, je niedriger die Sonne ſteht. Iſt dieſe gar unter dem Horizonte, ſo ſollte man mehr als die Helfte des Kreiſes ſehen; aber alsdann koͤmmt die Tropfenwand in den Erdſchatten, und kan nicht mehr von der Sonne beſchienen werden.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/679>, abgerufen am 22.11.2024.