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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Saiten, Chordae, Cordes d'instruments.

Elastische Körper von cylindrischer Gestalt, deren Länge aber in Vergleichung mit der Dicke oder dem Durchmesser des senkrechten Durchschnitts durch die Axe sehr groß ist. Insgemein werden sie entweder von Metall, oder aus den Gedärmen der Thiere bereitet, und sind daher theils Drathsaiten (cordes metalliques), theils Darmsaiten (cordes a boyau).

Bey dem Worte Elasticität (Th. I. S. 706. u. f.) ist erklärt worden, aus welcher Ursache und nach welchen Gesetzen gespannte und gebogne Saiten ihre Schwingungen verrichten, welche, wie die Schwünge des Pendels, so lange sie dauern, der Zeit nach gleich lang bleiben. Sind also diese Schwingungen schnell genug, um einen hörbaren Ton hervorzubringen, so bleibt dieser Ton, so lang er dauert, der nemliche, oder die Saite giebt einen bestimmten Klang, s. Ton, Klang. Man gebraucht daher die Saiten zu Hervorbringung der Töne auf musikalischen Instrumenten, wo sie durch die Finger, oder durch anstoßende Tangenten, oder durch Streichen mit haarnen Bogen u. dgl. in Schwingungen versetzt werden.

Die Verhältnisse der Geschwindigkeiten, mit welchen gespannte Saiten schwingen, also die Verhältnisse der Töne, die sie angeben, lassen sich aus den Gesetzen der Federkraft fester Körper leicht bestimmen. Wenn die Länge der Saite =L, das Gewicht=G, die spannende Kraft=P, die Schwingungszeit=T heißt, so verhält sich T, wie (LG/P), s. Elasticität. Mithin werden sich die Zahlen der Schwingungen in einer gegebnen Zeit, welche im umgekehrten Verhälmisse der Schwingungszeiten selbst stehen, wie die Quadratwurzeln aus (P/LG) verhalten. Man sieht hieraus, daß Saiten von eben der Materie mehr Schwingungen machen, oder höher klingen, wenn sie stärker gespannt, kürzer und dünner; dagegen tiefer, wenn sie weniger gespannt, länger und dicker sind.


Saiten, Chordae, Cordes d'inſtruments.

Elaſtiſche Koͤrper von cylindriſcher Geſtalt, deren Laͤnge aber in Vergleichung mit der Dicke oder dem Durchmeſſer des ſenkrechten Durchſchnitts durch die Axe ſehr groß iſt. Insgemein werden ſie entweder von Metall, oder aus den Gedaͤrmen der Thiere bereitet, und ſind daher theils Drathſaiten (cordes metalliques), theils Darmſaiten (cordes à boyau).

Bey dem Worte Elaſticitaͤt (Th. I. S. 706. u. f.) iſt erklaͤrt worden, aus welcher Urſache und nach welchen Geſetzen geſpannte und gebogne Saiten ihre Schwingungen verrichten, welche, wie die Schwuͤnge des Pendels, ſo lange ſie dauern, der Zeit nach gleich lang bleiben. Sind alſo dieſe Schwingungen ſchnell genug, um einen hoͤrbaren Ton hervorzubringen, ſo bleibt dieſer Ton, ſo lang er dauert, der nemliche, oder die Saite giebt einen beſtimmten Klang, ſ. Ton, Klang. Man gebraucht daher die Saiten zu Hervorbringung der Toͤne auf muſikaliſchen Inſtrumenten, wo ſie durch die Finger, oder durch anſtoßende Tangenten, oder durch Streichen mit haarnen Bogen u. dgl. in Schwingungen verſetzt werden.

Die Verhaͤltniſſe der Geſchwindigkeiten, mit welchen geſpannte Saiten ſchwingen, alſo die Verhaͤltniſſe der Toͤne, die ſie angeben, laſſen ſich aus den Geſetzen der Federkraft feſter Koͤrper leicht beſtimmen. Wenn die Laͤnge der Saite =L, das Gewicht=G, die ſpannende Kraft=P, die Schwingungszeit=T heißt, ſo verhaͤlt ſich T, wie (LG/P), ſ. Elaſticitaͤt. Mithin werden ſich die Zahlen der Schwingungen in einer gegebnen Zeit, welche im umgekehrten Verhaͤlmiſſe der Schwingungszeiten ſelbſt ſtehen, wie die Quadratwurzeln aus (P/LG) verhalten. Man ſieht hieraus, daß Saiten von eben der Materie mehr Schwingungen machen, oder hoͤher klingen, wenn ſie ſtaͤrker geſpannt, kuͤrzer und duͤnner; dagegen tiefer, wenn ſie weniger geſpannt, laͤnger und dicker ſind.

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[751/0757] Saiten, Chordae, Cordes d'inſtruments. Elaſtiſche Koͤrper von cylindriſcher Geſtalt, deren Laͤnge aber in Vergleichung mit der Dicke oder dem Durchmeſſer des ſenkrechten Durchſchnitts durch die Axe ſehr groß iſt. Insgemein werden ſie entweder von Metall, oder aus den Gedaͤrmen der Thiere bereitet, und ſind daher theils Drathſaiten (cordes metalliques), theils Darmſaiten (cordes à boyau). Bey dem Worte Elaſticitaͤt (Th. I. S. 706. u. f.) iſt erklaͤrt worden, aus welcher Urſache und nach welchen Geſetzen geſpannte und gebogne Saiten ihre Schwingungen verrichten, welche, wie die Schwuͤnge des Pendels, ſo lange ſie dauern, der Zeit nach gleich lang bleiben. Sind alſo dieſe Schwingungen ſchnell genug, um einen hoͤrbaren Ton hervorzubringen, ſo bleibt dieſer Ton, ſo lang er dauert, der nemliche, oder die Saite giebt einen beſtimmten Klang, ſ. Ton, Klang. Man gebraucht daher die Saiten zu Hervorbringung der Toͤne auf muſikaliſchen Inſtrumenten, wo ſie durch die Finger, oder durch anſtoßende Tangenten, oder durch Streichen mit haarnen Bogen u. dgl. in Schwingungen verſetzt werden. Die Verhaͤltniſſe der Geſchwindigkeiten, mit welchen geſpannte Saiten ſchwingen, alſo die Verhaͤltniſſe der Toͤne, die ſie angeben, laſſen ſich aus den Geſetzen der Federkraft feſter Koͤrper leicht beſtimmen. Wenn die Laͤnge der Saite =L, das Gewicht=G, die ſpannende Kraft=P, die Schwingungszeit=T heißt, ſo verhaͤlt ſich T, wie (LG/P), ſ. Elaſticitaͤt. Mithin werden ſich die Zahlen der Schwingungen in einer gegebnen Zeit, welche im umgekehrten Verhaͤlmiſſe der Schwingungszeiten ſelbſt ſtehen, wie die Quadratwurzeln aus (P/LG) verhalten. Man ſieht hieraus, daß Saiten von eben der Materie mehr Schwingungen machen, oder hoͤher klingen, wenn ſie ſtaͤrker geſpannt, kuͤrzer und duͤnner; dagegen tiefer, wenn ſie weniger geſpannt, laͤnger und dicker ſind.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 751. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/757>, abgerufen am 22.11.2024.