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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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und nur bey Berührung der Luft sichtbaren Dämpfe, welche, im Quecksilberapparat aufgefangen, eine eigne Gasart geben, die nichts anders, als eine Salzsäure in Luftgestalt, ist, s. Gas, salzsaures (Th. II. S. 421. u. f.). Wegen der nothwendigen Beymischung des Wassers kan man den Salzgeist nie so concentrirt, als den Salpetergeist oder das Vitriolöl, erhalten, und sein eigenthümliches Gewicht kömmt kaum auf 1,150 des Wassers.

Statt des Vitriolöls gebraucht man auch zu Ausscheidung der Säure aus dem Kochsalze andere Substanzen. Der gebrannte Vitriol giebt wegen seiner Eisentheile einen sehr unreinen Salzgeist. Man gebraucht daher lieber getrockneten und fein gepülverten Thon, womit man den vierten Theil getrocknetes Kochsalz vermengt. Diese Destillationen geschehen eben so, wie die des Scheidewassers, im Großen, und geben eine weit schwächere Säure, den gemeinen Salzgeist (Spiritus salis communis).

Die Salzsäure entbindet sich eigentlich in Luftgestalt, die sie aber bey Berührung der atmosphärischen Luft augenblicklich verliert, und sich in weißgrauen Dampf verwandelt. Die Mittel, sie in Luftgestalt aufzufangen, sind bey dem Worte Gas, salzsaures angeführt zu finden. Das Wasser verschluckt dieses Gas augenblicklich, und die Sättigung desselben mit vorherbereitetem salzsauren Gas ist die leichteste Methode, einen sehr concentrirten Salzgeist zu erhalten.

In der bisher beschriebenen Gestalt des Salzgeists wirkt die Salzsäure auf andere Körper weit schwächer, als die Vitriol - und Salpetersäure, und zeigt besonders eine entschiedene Schwierigkeit, sich mit dem Brennbaren zu verbinden, welche der Natur der Säuren ganz entgegen zu seyn scheint, und noch vor kurzem eine sehr räthselhafte Erscheinung war. Aus dem folgenden Artikel aber wird erhellen, daß diese gewöhnliche Salzsäure selbst eine große Menge Brennbares bey sich führt, oder eine phlogistisirte Salzsäure ist, daß sie dies sogar nothwendig seyn muß, wenn sie in tropfbarer Gestalt erscheinen soll. Da also in dieser Gestalt ihre Auflösungskraft gegen das Phlogiston schon größtentheils


und nur bey Beruͤhrung der Luft ſichtbaren Daͤmpfe, welche, im Queckſilberapparat aufgefangen, eine eigne Gasart geben, die nichts anders, als eine Salzſaͤure in Luftgeſtalt, iſt, ſ. Gas, ſalzſaures (Th. II. S. 421. u. f.). Wegen der nothwendigen Beymiſchung des Waſſers kan man den Salzgeiſt nie ſo concentrirt, als den Salpetergeiſt oder das Vitrioloͤl, erhalten, und ſein eigenthuͤmliches Gewicht koͤmmt kaum auf 1,150 des Waſſers.

Statt des Vitrioloͤls gebraucht man auch zu Ausſcheidung der Saͤure aus dem Kochſalze andere Subſtanzen. Der gebrannte Vitriol giebt wegen ſeiner Eiſentheile einen ſehr unreinen Salzgeiſt. Man gebraucht daher lieber getrockneten und fein gepuͤlverten Thon, womit man den vierten Theil getrocknetes Kochſalz vermengt. Dieſe Deſtillationen geſchehen eben ſo, wie die des Scheidewaſſers, im Großen, und geben eine weit ſchwaͤchere Saͤure, den gemeinen Salzgeiſt (Spiritus ſalis communis).

Die Salzſaͤure entbindet ſich eigentlich in Luftgeſtalt, die ſie aber bey Beruͤhrung der atmoſphaͤriſchen Luft augenblicklich verliert, und ſich in weißgrauen Dampf verwandelt. Die Mittel, ſie in Luftgeſtalt aufzufangen, ſind bey dem Worte Gas, ſalzſaures angefuͤhrt zu finden. Das Waſſer verſchluckt dieſes Gas augenblicklich, und die Saͤttigung deſſelben mit vorherbereitetem ſalzſauren Gas iſt die leichteſte Methode, einen ſehr concentrirten Salzgeiſt zu erhalten.

In der bisher beſchriebenen Geſtalt des Salzgeiſts wirkt die Salzſaͤure auf andere Koͤrper weit ſchwaͤcher, als die Vitriol - und Salpeterſaͤure, und zeigt beſonders eine entſchiedene Schwierigkeit, ſich mit dem Brennbaren zu verbinden, welche der Natur der Saͤuren ganz entgegen zu ſeyn ſcheint, und noch vor kurzem eine ſehr raͤthſelhafte Erſcheinung war. Aus dem folgenden Artikel aber wird erhellen, daß dieſe gewoͤhnliche Salzſaͤure ſelbſt eine große Menge Brennbares bey ſich fuͤhrt, oder eine phlogiſtiſirte Salzſaͤure iſt, daß ſie dies ſogar nothwendig ſeyn muß, wenn ſie in tropfbarer Geſtalt erſcheinen ſoll. Da alſo in dieſer Geſtalt ihre Aufloͤſungskraft gegen das Phlogiſton ſchon groͤßtentheils

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[772/0778] und nur bey Beruͤhrung der Luft ſichtbaren Daͤmpfe, welche, im Queckſilberapparat aufgefangen, eine eigne Gasart geben, die nichts anders, als eine Salzſaͤure in Luftgeſtalt, iſt, ſ. Gas, ſalzſaures (Th. II. S. 421. u. f.). Wegen der nothwendigen Beymiſchung des Waſſers kan man den Salzgeiſt nie ſo concentrirt, als den Salpetergeiſt oder das Vitrioloͤl, erhalten, und ſein eigenthuͤmliches Gewicht koͤmmt kaum auf 1,150 des Waſſers. Statt des Vitrioloͤls gebraucht man auch zu Ausſcheidung der Saͤure aus dem Kochſalze andere Subſtanzen. Der gebrannte Vitriol giebt wegen ſeiner Eiſentheile einen ſehr unreinen Salzgeiſt. Man gebraucht daher lieber getrockneten und fein gepuͤlverten Thon, womit man den vierten Theil getrocknetes Kochſalz vermengt. Dieſe Deſtillationen geſchehen eben ſo, wie die des Scheidewaſſers, im Großen, und geben eine weit ſchwaͤchere Saͤure, den gemeinen Salzgeiſt (Spiritus ſalis communis). Die Salzſaͤure entbindet ſich eigentlich in Luftgeſtalt, die ſie aber bey Beruͤhrung der atmoſphaͤriſchen Luft augenblicklich verliert, und ſich in weißgrauen Dampf verwandelt. Die Mittel, ſie in Luftgeſtalt aufzufangen, ſind bey dem Worte Gas, ſalzſaures angefuͤhrt zu finden. Das Waſſer verſchluckt dieſes Gas augenblicklich, und die Saͤttigung deſſelben mit vorherbereitetem ſalzſauren Gas iſt die leichteſte Methode, einen ſehr concentrirten Salzgeiſt zu erhalten. In der bisher beſchriebenen Geſtalt des Salzgeiſts wirkt die Salzſaͤure auf andere Koͤrper weit ſchwaͤcher, als die Vitriol - und Salpeterſaͤure, und zeigt beſonders eine entſchiedene Schwierigkeit, ſich mit dem Brennbaren zu verbinden, welche der Natur der Saͤuren ganz entgegen zu ſeyn ſcheint, und noch vor kurzem eine ſehr raͤthſelhafte Erſcheinung war. Aus dem folgenden Artikel aber wird erhellen, daß dieſe gewoͤhnliche Salzſaͤure ſelbſt eine große Menge Brennbares bey ſich fuͤhrt, oder eine phlogiſtiſirte Salzſaͤure iſt, daß ſie dies ſogar nothwendig ſeyn muß, wenn ſie in tropfbarer Geſtalt erſcheinen ſoll. Da alſo in dieſer Geſtalt ihre Aufloͤſungskraft gegen das Phlogiſton ſchon groͤßtentheils

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/778>, abgerufen am 22.11.2024.