Wunderwerk nannte, da durch Zusammengleßen zweener Liquoren eine gallertartige Gerinnung und endlich ein fester Körper entsteht, und aller Liquor verschwindet. Wenn nemlich Kalksalz und ein mildes Laugensalz in so wenig Wasser, als möglich, aufgelöset und im gehörigen Verhältnisse vermischt werden, so verbindet sich die Luftsäure des milden Alkali mit der Kalterde zu einem rohen Kalke, s. Kalk; und das Laugensalz selbst bildet mit der Salzsäure ein Kochsalz oder Digestivsalz, je nachdem es das mineralische oder vegetabilische ist. Diese neuen Verbindungen sind weit weniger auflöslich, als die vermischten Stoffe; sie saugen also das Wasser ein, ohne daß es ihre Consistenz hindert, und so erscheint ein festes Gemisch aus salziger Kalkerde.
Die Metalle löset die Salzsäure weit schwerer, als die andern mineralischen Säuren, auf. Aber die Ursache hievon ist blos ihre Sättigung mit dem Brennbaren. Denn man kan sie mit dem Silber und Quecksilber durch Cementation, oder durch Niederschlagung dieser Metalle aus ihrer Auflösung in Salpetersäure sehr leicht verbinden, weil bey diesen Operationen den Metallen ihr Phlogiston entzogen wird oder bereits entzogen ist. Dies zeigt doch, daß sie mit den metallischen Erden des Silbers und Quecksilbers sogat mehr Verwandrschaft, als die Salpetersäure, hat. Mit dem Silber bildet sie auf diese Art ein weißes Salz, das im Feuer zu einer braunen hornartigen Masse, dem Hornsilber(luna cornua) schmelzt.
Gold und Platina löset sie allein gar nicht, in Verbindung mit der Salpetersäure aber sehr gut auf, s. Königswasser. Zinn, Bley, Kupfer, Eisen, Zink und Wißmuth löset sie ziemlich leicht, den Spießglaskönig aber schwerer auf, und bildet mit dem Bley das Hornbley, mit dem Spießglaskönig (welchen man hiezu mit Quecksilbersublimat destilliren muß) die Spießglasbutter. Die Auflösungen der Metalle in ihr erfolgen mit weit weniger Hitze und Aufbrausen, wobey sich brennbare Luft entwickelt, und geben meistentheils krystallisirungsfähige Salze. Mit denjenigen Metallen aber, welche sie am schwersten auflöset, verbindet sie sich nachher am innigsten, verflüchtiget dieselben mit sich
Wunderwerk nannte, da durch Zuſammengleßen zweener Liquoren eine gallertartige Gerinnung und endlich ein feſter Koͤrper entſteht, und aller Liquor verſchwindet. Wenn nemlich Kalkſalz und ein mildes Laugenſalz in ſo wenig Waſſer, als moͤglich, aufgeloͤſet und im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe vermiſcht werden, ſo verbindet ſich die Luftſaͤure des milden Alkali mit der Kalterde zu einem rohen Kalke, ſ. Kalk; und das Laugenſalz ſelbſt bildet mit der Salzſaͤure ein Kochſalz oder Digeſtivſalz, je nachdem es das mineraliſche oder vegetabiliſche iſt. Dieſe neuen Verbindungen ſind weit weniger aufloͤslich, als die vermiſchten Stoffe; ſie ſaugen alſo das Waſſer ein, ohne daß es ihre Conſiſtenz hindert, und ſo erſcheint ein feſtes Gemiſch aus ſalziger Kalkerde.
Die Metalle loͤſet die Salzſaͤure weit ſchwerer, als die andern mineraliſchen Saͤuren, auf. Aber die Urſache hievon iſt blos ihre Saͤttigung mit dem Brennbaren. Denn man kan ſie mit dem Silber und Queckſilber durch Cementation, oder durch Niederſchlagung dieſer Metalle aus ihrer Aufloͤſung in Salpeterſaͤure ſehr leicht verbinden, weil bey dieſen Operationen den Metallen ihr Phlogiſton entzogen wird oder bereits entzogen iſt. Dies zeigt doch, daß ſie mit den metalliſchen Erden des Silbers und Queckſilbers ſogat mehr Verwandrſchaft, als die Salpeterſaͤure, hat. Mit dem Silber bildet ſie auf dieſe Art ein weißes Salz, das im Feuer zu einer braunen hornartigen Maſſe, dem Hornſilber(luna cornua) ſchmelzt.
Gold und Platina loͤſet ſie allein gar nicht, in Verbindung mit der Salpeterſaͤure aber ſehr gut auf, ſ. Koͤnigswaſſer. Zinn, Bley, Kupfer, Eiſen, Zink und Wißmuth loͤſet ſie ziemlich leicht, den Spießglaskoͤnig aber ſchwerer auf, und bildet mit dem Bley das Hornbley, mit dem Spießglaskoͤnig (welchen man hiezu mit Queckſilberſublimat deſtilliren muß) die Spießglasbutter. Die Aufloͤſungen der Metalle in ihr erfolgen mit weit weniger Hitze und Aufbrauſen, wobey ſich brennbare Luft entwickelt, und geben meiſtentheils kryſtalliſirungsfaͤhige Salze. Mit denjenigen Metallen aber, welche ſie am ſchwerſten aufloͤſet, verbindet ſie ſich nachher am innigſten, verfluͤchtiget dieſelben mit ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0780"xml:id="P.3.774"n="774"/><lb/>
Wunderwerk nannte, da durch Zuſammengleßen zweener Liquoren eine gallertartige Gerinnung und endlich ein feſter Koͤrper entſteht, und aller Liquor verſchwindet. Wenn nemlich Kalkſalz und ein mildes Laugenſalz in ſo wenig Waſſer, als moͤglich, aufgeloͤſet und im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe vermiſcht werden, ſo verbindet ſich die Luftſaͤure des milden Alkali mit der Kalterde zu einem rohen Kalke, ſ. <hirendition="#b">Kalk;</hi> und das Laugenſalz ſelbſt bildet mit der Salzſaͤure ein Kochſalz oder Digeſtivſalz, je nachdem es das mineraliſche oder vegetabiliſche iſt. Dieſe neuen Verbindungen ſind weit weniger aufloͤslich, als die vermiſchten Stoffe; ſie ſaugen alſo das Waſſer ein, ohne daß es ihre Conſiſtenz hindert, und ſo erſcheint ein feſtes Gemiſch aus ſalziger Kalkerde.</p><p>Die Metalle loͤſet die Salzſaͤure weit ſchwerer, als die andern mineraliſchen Saͤuren, auf. Aber die Urſache hievon iſt blos ihre Saͤttigung mit dem Brennbaren. Denn man kan ſie mit dem Silber und Queckſilber durch Cementation, oder durch Niederſchlagung dieſer Metalle aus ihrer Aufloͤſung in Salpeterſaͤure ſehr leicht verbinden, weil bey dieſen Operationen den Metallen ihr Phlogiſton entzogen wird oder bereits entzogen iſt. Dies zeigt doch, daß ſie mit den metalliſchen Erden des Silbers und Queckſilbers ſogat mehr Verwandrſchaft, als die Salpeterſaͤure, hat. Mit dem Silber bildet ſie auf dieſe Art ein weißes Salz, das im Feuer zu einer braunen hornartigen Maſſe, dem <hirendition="#b">Hornſilber</hi><hirendition="#aq">(luna cornua)</hi>ſchmelzt.</p><p>Gold und Platina loͤſet ſie allein gar nicht, in Verbindung mit der Salpeterſaͤure aber ſehr gut auf, ſ. <hirendition="#b">Koͤnigswaſſer.</hi> Zinn, Bley, Kupfer, Eiſen, Zink und Wißmuth loͤſet ſie ziemlich leicht, den Spießglaskoͤnig aber ſchwerer auf, und bildet mit dem Bley das <hirendition="#b">Hornbley,</hi> mit dem Spießglaskoͤnig (welchen man hiezu mit Queckſilberſublimat deſtilliren muß) die <hirendition="#b">Spießglasbutter.</hi> Die Aufloͤſungen der Metalle in ihr erfolgen mit weit weniger Hitze und Aufbrauſen, wobey ſich brennbare Luft entwickelt, und geben meiſtentheils kryſtalliſirungsfaͤhige Salze. Mit denjenigen Metallen aber, welche ſie am ſchwerſten aufloͤſet, verbindet ſie ſich nachher am innigſten, verfluͤchtiget dieſelben mit ſich<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[774/0780]
Wunderwerk nannte, da durch Zuſammengleßen zweener Liquoren eine gallertartige Gerinnung und endlich ein feſter Koͤrper entſteht, und aller Liquor verſchwindet. Wenn nemlich Kalkſalz und ein mildes Laugenſalz in ſo wenig Waſſer, als moͤglich, aufgeloͤſet und im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe vermiſcht werden, ſo verbindet ſich die Luftſaͤure des milden Alkali mit der Kalterde zu einem rohen Kalke, ſ. Kalk; und das Laugenſalz ſelbſt bildet mit der Salzſaͤure ein Kochſalz oder Digeſtivſalz, je nachdem es das mineraliſche oder vegetabiliſche iſt. Dieſe neuen Verbindungen ſind weit weniger aufloͤslich, als die vermiſchten Stoffe; ſie ſaugen alſo das Waſſer ein, ohne daß es ihre Conſiſtenz hindert, und ſo erſcheint ein feſtes Gemiſch aus ſalziger Kalkerde.
Die Metalle loͤſet die Salzſaͤure weit ſchwerer, als die andern mineraliſchen Saͤuren, auf. Aber die Urſache hievon iſt blos ihre Saͤttigung mit dem Brennbaren. Denn man kan ſie mit dem Silber und Queckſilber durch Cementation, oder durch Niederſchlagung dieſer Metalle aus ihrer Aufloͤſung in Salpeterſaͤure ſehr leicht verbinden, weil bey dieſen Operationen den Metallen ihr Phlogiſton entzogen wird oder bereits entzogen iſt. Dies zeigt doch, daß ſie mit den metalliſchen Erden des Silbers und Queckſilbers ſogat mehr Verwandrſchaft, als die Salpeterſaͤure, hat. Mit dem Silber bildet ſie auf dieſe Art ein weißes Salz, das im Feuer zu einer braunen hornartigen Maſſe, dem Hornſilber (luna cornua) ſchmelzt.
Gold und Platina loͤſet ſie allein gar nicht, in Verbindung mit der Salpeterſaͤure aber ſehr gut auf, ſ. Koͤnigswaſſer. Zinn, Bley, Kupfer, Eiſen, Zink und Wißmuth loͤſet ſie ziemlich leicht, den Spießglaskoͤnig aber ſchwerer auf, und bildet mit dem Bley das Hornbley, mit dem Spießglaskoͤnig (welchen man hiezu mit Queckſilberſublimat deſtilliren muß) die Spießglasbutter. Die Aufloͤſungen der Metalle in ihr erfolgen mit weit weniger Hitze und Aufbrauſen, wobey ſich brennbare Luft entwickelt, und geben meiſtentheils kryſtalliſirungsfaͤhige Salze. Mit denjenigen Metallen aber, welche ſie am ſchwerſten aufloͤſet, verbindet ſie ſich nachher am innigſten, verfluͤchtiget dieſelben mit ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/780>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.