Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Kugeln und Cylinder, die auf schiefen Flächen liegen, hindert das Reiben wenigstens herabzuglitschen. Wenn man also ihr Rollen verhütet, oder gar ein Rollen nach der entgegengesetzten Seite veranlasset, so bleiben sie stehen, oder laufen gar aufwärts. Ein Cylinder z. B. dessen nach A (Fig. 130.) gekehrte Helfte von Bley, die nach B gekehrte von Holz ist, hat seinen Schwerpunkt nicht in P, sondern weiter nach A zu. Er rollt daher so, daß die schwerere Helfte herabwärts geht, und steigt auf der Fläche in die Höhe, bis sein Schwerpunkt in die Linie PQ kömmt. Dieses scheinbare Steigen ist doch im Grunde ein Sinken, weil der Schwerpunkt am Ende tiefer steht, als zuerst. Von diesem Cylinder mit ungleichschweren Seiten handelt Desaguliers (Course of exper. philos. Vol. I. Lect. 1. annot. 12.) und analytisch Kästner (Deutsche Schriften der königl. Ges. der Wiss. Göttingen, 1771. S. 113.). Wenn man dem Schwerpunkte nur ein kleines Uebergewicht verstattet, so erhält man eine Kraft, die ein inwendig angebrachtes Räderwerk umtreiben, und durch ein Hemmwerk so regulirt werden kan, daß das Aufsteigen oder Herabgehen des Cylinders ein darinn eingeschloßnes Uhrwerk treibt. Eine solche Uhr, die sich selbst eine schiefe Fläche hinabtreibt, und durch das Aufwälzen wieder aufgezogen wird, beschreibt Robert Wheeler (Philos. Transact. n. 161. p. 647.). Dahin gehört auch der doppelte Kegel, der über zwoen schiefen Flächen aufwärts zu rollen scheint, indem sein Schwerpunkt, welcher in der That sinkt, Stellen, die seinen Spitzen
Kugeln und Cylinder, die auf ſchiefen Flaͤchen liegen, hindert das Reiben wenigſtens herabzuglitſchen. Wenn man alſo ihr Rollen verhuͤtet, oder gar ein Rollen nach der entgegengeſetzten Seite veranlaſſet, ſo bleiben ſie ſtehen, oder laufen gar aufwaͤrts. Ein Cylinder z. B. deſſen nach A (Fig. 130.) gekehrte Helfte von Bley, die nach B gekehrte von Holz iſt, hat ſeinen Schwerpunkt nicht in P, ſondern weiter nach A zu. Er rollt daher ſo, daß die ſchwerere Helfte herabwaͤrts geht, und ſteigt auf der Flaͤche in die Hoͤhe, bis ſein Schwerpunkt in die Linie PQ koͤmmt. Dieſes ſcheinbare Steigen iſt doch im Grunde ein Sinken, weil der Schwerpunkt am Ende tiefer ſteht, als zuerſt. Von dieſem Cylinder mit ungleichſchweren Seiten handelt Deſaguliers (Courſe of exper. philoſ. Vol. I. Lect. 1. annot. 12.) und analytiſch Kaͤſtner (Deutſche Schriften der koͤnigl. Geſ. der Wiſſ. Goͤttingen, 1771. S. 113.). Wenn man dem Schwerpunkte nur ein kleines Uebergewicht verſtattet, ſo erhaͤlt man eine Kraft, die ein inwendig angebrachtes Raͤderwerk umtreiben, und durch ein Hemmwerk ſo regulirt werden kan, daß das Aufſteigen oder Herabgehen des Cylinders ein darinn eingeſchloßnes Uhrwerk treibt. Eine ſolche Uhr, die ſich ſelbſt eine ſchiefe Flaͤche hinabtreibt, und durch das Aufwaͤlzen wieder aufgezogen wird, beſchreibt Robert Wheeler (Philoſ. Transact. n. 161. p. 647.). Dahin gehoͤrt auch der doppelte Kegel, der uͤber zwoen ſchiefen Flaͤchen aufwaͤrts zu rollen ſcheint, indem ſein Schwerpunkt, welcher in der That ſinkt, Stellen, die ſeinen Spitzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0845" xml:id="P.3.839" n="839"/><lb/> Groͤße ſeines Drucks gegen die Flaͤche, welcher = <hi rendition="#aq">L coſ 0</hi> iſt. Dieſes Reiben verhindert ihn zu fallen, wenn gleich die Flaͤche ein wenig ſchief iſt, bis endlich der Winkel 0 ſo groß wird, daß das reſpective Gewicht <hi rendition="#aq">L. ſin 0</hi> dem Reiben gerade gleich iſt. Alsdann darf man den Winkel 0 nicht weiter vergroͤßern, wenn der Koͤrper nicht fallen ſoll. Der Winkel <hi rendition="#aq">o</hi> heißt der <hi rendition="#b">Kuhewinkel.</hi> Er zeigt, wie ſich das Reiben zum Drucke verhalte, nemlich wie <hi rendition="#aq">L. ſin o: L. coſ. 0,</hi> d. i. wie <hi rendition="#aq">tang 0:1,</hi> oder wie die Tangente des Ruhewinkels zum Sinustotus. Verſuche hieruͤber ſind beym Worte <hi rendition="#b">Reiben</hi> angefuͤhrt.</p> <p>Kugeln und Cylinder, die auf ſchiefen Flaͤchen liegen, hindert das Reiben wenigſtens herabzuglitſchen. Wenn man alſo ihr Rollen verhuͤtet, oder gar ein Rollen nach der entgegengeſetzten Seite veranlaſſet, ſo bleiben ſie ſtehen, oder laufen gar aufwaͤrts. Ein Cylinder z. B. deſſen nach <hi rendition="#aq">A</hi> (Fig. 130.) gekehrte Helfte von Bley, die nach <hi rendition="#aq">B</hi> gekehrte von Holz iſt, hat ſeinen Schwerpunkt nicht in <hi rendition="#aq">P,</hi> ſondern weiter nach <hi rendition="#aq">A</hi> zu. Er rollt daher ſo, daß die ſchwerere Helfte herabwaͤrts geht, und ſteigt auf der Flaͤche in die Hoͤhe, bis ſein Schwerpunkt in die Linie <hi rendition="#aq">PQ</hi> koͤmmt. Dieſes ſcheinbare Steigen iſt doch im Grunde ein Sinken, weil der Schwerpunkt am Ende tiefer ſteht, als zuerſt. Von dieſem Cylinder mit ungleichſchweren Seiten handelt <hi rendition="#b">Deſaguliers</hi> <hi rendition="#aq">(Courſe of exper. philoſ. Vol. I. Lect. 1. annot. 12.)</hi> und analytiſch <hi rendition="#b">Kaͤſtner</hi> (Deutſche Schriften der koͤnigl. Geſ. der Wiſſ. Goͤttingen, 1771. S. 113.). Wenn man dem Schwerpunkte nur ein kleines Uebergewicht verſtattet, ſo erhaͤlt man eine Kraft, die ein inwendig angebrachtes Raͤderwerk umtreiben, und durch ein Hemmwerk ſo regulirt werden kan, daß das Aufſteigen oder Herabgehen des Cylinders ein darinn eingeſchloßnes Uhrwerk treibt. Eine ſolche Uhr, die ſich ſelbſt eine ſchiefe Flaͤche hinabtreibt, und durch das Aufwaͤlzen wieder aufgezogen wird, beſchreibt <hi rendition="#b">Robert Wheeler</hi> <hi rendition="#aq">(Philoſ. Transact. n. 161. p. 647.).</hi> Dahin gehoͤrt auch der doppelte Kegel, der uͤber zwoen ſchiefen Flaͤchen aufwaͤrts zu rollen ſcheint, indem ſein Schwerpunkt, welcher in der That ſinkt, Stellen, die ſeinen Spitzen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [839/0845]
Groͤße ſeines Drucks gegen die Flaͤche, welcher = L coſ 0 iſt. Dieſes Reiben verhindert ihn zu fallen, wenn gleich die Flaͤche ein wenig ſchief iſt, bis endlich der Winkel 0 ſo groß wird, daß das reſpective Gewicht L. ſin 0 dem Reiben gerade gleich iſt. Alsdann darf man den Winkel 0 nicht weiter vergroͤßern, wenn der Koͤrper nicht fallen ſoll. Der Winkel o heißt der Kuhewinkel. Er zeigt, wie ſich das Reiben zum Drucke verhalte, nemlich wie L. ſin o: L. coſ. 0, d. i. wie tang 0:1, oder wie die Tangente des Ruhewinkels zum Sinustotus. Verſuche hieruͤber ſind beym Worte Reiben angefuͤhrt.
Kugeln und Cylinder, die auf ſchiefen Flaͤchen liegen, hindert das Reiben wenigſtens herabzuglitſchen. Wenn man alſo ihr Rollen verhuͤtet, oder gar ein Rollen nach der entgegengeſetzten Seite veranlaſſet, ſo bleiben ſie ſtehen, oder laufen gar aufwaͤrts. Ein Cylinder z. B. deſſen nach A (Fig. 130.) gekehrte Helfte von Bley, die nach B gekehrte von Holz iſt, hat ſeinen Schwerpunkt nicht in P, ſondern weiter nach A zu. Er rollt daher ſo, daß die ſchwerere Helfte herabwaͤrts geht, und ſteigt auf der Flaͤche in die Hoͤhe, bis ſein Schwerpunkt in die Linie PQ koͤmmt. Dieſes ſcheinbare Steigen iſt doch im Grunde ein Sinken, weil der Schwerpunkt am Ende tiefer ſteht, als zuerſt. Von dieſem Cylinder mit ungleichſchweren Seiten handelt Deſaguliers (Courſe of exper. philoſ. Vol. I. Lect. 1. annot. 12.) und analytiſch Kaͤſtner (Deutſche Schriften der koͤnigl. Geſ. der Wiſſ. Goͤttingen, 1771. S. 113.). Wenn man dem Schwerpunkte nur ein kleines Uebergewicht verſtattet, ſo erhaͤlt man eine Kraft, die ein inwendig angebrachtes Raͤderwerk umtreiben, und durch ein Hemmwerk ſo regulirt werden kan, daß das Aufſteigen oder Herabgehen des Cylinders ein darinn eingeſchloßnes Uhrwerk treibt. Eine ſolche Uhr, die ſich ſelbſt eine ſchiefe Flaͤche hinabtreibt, und durch das Aufwaͤlzen wieder aufgezogen wird, beſchreibt Robert Wheeler (Philoſ. Transact. n. 161. p. 647.). Dahin gehoͤrt auch der doppelte Kegel, der uͤber zwoen ſchiefen Flaͤchen aufwaͤrts zu rollen ſcheint, indem ſein Schwerpunkt, welcher in der That ſinkt, Stellen, die ſeinen Spitzen
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