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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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und sich mit dem unverwendeten anblicken zu lassen. Wenn es alsdann das geschloßne Auge öfne, so werde man es durch anhaltende Bemühung so weit bringen können, daß auch dieses sonst schielende Auge wenigstens eine kurze Zeit mit dem andern übereinstimmend gerichtet bleibe. Diesen Versuch müsse man unabläßig wiederholen, und in der Folge auch in andere Entfernungen und seitwärts gegen das Kind treten, wodurch sich die üble Gewohnheit immer mehr vermindern werde. Erwachsene könnten dieses alles mit Hülfe eines Spiegels für sich allein thun; nur werde desto mehr Geduld erfordert, je älter die Gewohnheit sey.

Herr von Büffon (Mem. de Paris, 1743. p.329 sqq.) hat durch sorgfältige Untersuchungen erwiesen, daß die Hauptursache des Schielens in der ungleichen Güte beyder Augen liege. Wenn ein Auge viel stärker, als das andere, ist, so ist das Bild in dem schärfern Auge deutlicher, als in dem stumpfern, und solche Personen sehen mit einem Auge allein deutlicher, als mit beyden zugleich. Es ist daher kein Wunder, wenn sie stch gewöhnen, das gute allein zu brauchen, und das andere auf die Seite zu kehren. Buffon glaubt, wenn die Ungleichheit allzugroß sey, so sey es unmöglich, das Schielen zu heben, man müßte denn die Augen durch den Gebrauch schicklicher Gläser gleicher machen. Je geringer die Grenzen des deutlichen Sehens sind, desto mehr Einfluß hat die Ungleichheit der Augen auf die Deutlichkeit der Bilder. Da nun diese Grenzen durch mehr Uebung des Auges größer werden, und sich auf beyden Seiten erweitern, so schielen Erwachsene nicht so häufig, als Kinder, und dieser Gesichtsfehler verliert sich oft von selbst mit den Jahren. Als das beste Heilmittel schlägt er vot, das schwächere Auge durch beständige Uebung zu stärken, und zu dem Ende das gute auf eine lange Zeit ganz zu bedecken, welches er auch durch Erfahrungen einiger Oculisten und Aerzte bestätiget. Daß Schielende das schwächere Auge gegen die Nase kehren, erklärt er daraus, weil sich in dieser Lage die Richtung desselben von der Richtung des stärkern am meisten entfernet, auch viele Gegenstände von der Nase verdeckt werden, deren undeutliche Bilder sonst das


und ſich mit dem unverwendeten anblicken zu laſſen. Wenn es alsdann das geſchloßne Auge oͤfne, ſo werde man es durch anhaltende Bemuͤhung ſo weit bringen koͤnnen, daß auch dieſes ſonſt ſchielende Auge wenigſtens eine kurze Zeit mit dem andern uͤbereinſtimmend gerichtet bleibe. Dieſen Verſuch muͤſſe man unablaͤßig wiederholen, und in der Folge auch in andere Entfernungen und ſeitwaͤrts gegen das Kind treten, wodurch ſich die uͤble Gewohnheit immer mehr vermindern werde. Erwachſene koͤnnten dieſes alles mit Huͤlfe eines Spiegels fuͤr ſich allein thun; nur werde deſto mehr Geduld erfordert, je aͤlter die Gewohnheit ſey.

Herr von Buͤffon (Mém. de Paris, 1743. p.329 ſqq.) hat durch ſorgfaͤltige Unterſuchungen erwieſen, daß die Haupturſache des Schielens in der ungleichen Guͤte beyder Augen liege. Wenn ein Auge viel ſtaͤrker, als das andere, iſt, ſo iſt das Bild in dem ſchaͤrfern Auge deutlicher, als in dem ſtumpfern, und ſolche Perſonen ſehen mit einem Auge allein deutlicher, als mit beyden zugleich. Es iſt daher kein Wunder, wenn ſie ſtch gewoͤhnen, das gute allein zu brauchen, und das andere auf die Seite zu kehren. Buffon glaubt, wenn die Ungleichheit allzugroß ſey, ſo ſey es unmoͤglich, das Schielen zu heben, man muͤßte denn die Augen durch den Gebrauch ſchicklicher Glaͤſer gleicher machen. Je geringer die Grenzen des deutlichen Sehens ſind, deſto mehr Einfluß hat die Ungleichheit der Augen auf die Deutlichkeit der Bilder. Da nun dieſe Grenzen durch mehr Uebung des Auges groͤßer werden, und ſich auf beyden Seiten erweitern, ſo ſchielen Erwachſene nicht ſo haͤufig, als Kinder, und dieſer Geſichtsfehler verliert ſich oft von ſelbſt mit den Jahren. Als das beſte Heilmittel ſchlaͤgt er vot, das ſchwaͤchere Auge durch beſtaͤndige Uebung zu ſtaͤrken, und zu dem Ende das gute auf eine lange Zeit ganz zu bedecken, welches er auch durch Erfahrungen einiger Oculiſten und Aerzte beſtaͤtiget. Daß Schielende das ſchwaͤchere Auge gegen die Naſe kehren, erklaͤrt er daraus, weil ſich in dieſer Lage die Richtung deſſelben von der Richtung des ſtaͤrkern am meiſten entfernet, auch viele Gegenſtaͤnde von der Naſe verdeckt werden, deren undeutliche Bilder ſonſt das

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[842/0848] und ſich mit dem unverwendeten anblicken zu laſſen. Wenn es alsdann das geſchloßne Auge oͤfne, ſo werde man es durch anhaltende Bemuͤhung ſo weit bringen koͤnnen, daß auch dieſes ſonſt ſchielende Auge wenigſtens eine kurze Zeit mit dem andern uͤbereinſtimmend gerichtet bleibe. Dieſen Verſuch muͤſſe man unablaͤßig wiederholen, und in der Folge auch in andere Entfernungen und ſeitwaͤrts gegen das Kind treten, wodurch ſich die uͤble Gewohnheit immer mehr vermindern werde. Erwachſene koͤnnten dieſes alles mit Huͤlfe eines Spiegels fuͤr ſich allein thun; nur werde deſto mehr Geduld erfordert, je aͤlter die Gewohnheit ſey. Herr von Buͤffon (Mém. de Paris, 1743. p.329 ſqq.) hat durch ſorgfaͤltige Unterſuchungen erwieſen, daß die Haupturſache des Schielens in der ungleichen Guͤte beyder Augen liege. Wenn ein Auge viel ſtaͤrker, als das andere, iſt, ſo iſt das Bild in dem ſchaͤrfern Auge deutlicher, als in dem ſtumpfern, und ſolche Perſonen ſehen mit einem Auge allein deutlicher, als mit beyden zugleich. Es iſt daher kein Wunder, wenn ſie ſtch gewoͤhnen, das gute allein zu brauchen, und das andere auf die Seite zu kehren. Buffon glaubt, wenn die Ungleichheit allzugroß ſey, ſo ſey es unmoͤglich, das Schielen zu heben, man muͤßte denn die Augen durch den Gebrauch ſchicklicher Glaͤſer gleicher machen. Je geringer die Grenzen des deutlichen Sehens ſind, deſto mehr Einfluß hat die Ungleichheit der Augen auf die Deutlichkeit der Bilder. Da nun dieſe Grenzen durch mehr Uebung des Auges groͤßer werden, und ſich auf beyden Seiten erweitern, ſo ſchielen Erwachſene nicht ſo haͤufig, als Kinder, und dieſer Geſichtsfehler verliert ſich oft von ſelbſt mit den Jahren. Als das beſte Heilmittel ſchlaͤgt er vot, das ſchwaͤchere Auge durch beſtaͤndige Uebung zu ſtaͤrken, und zu dem Ende das gute auf eine lange Zeit ganz zu bedecken, welches er auch durch Erfahrungen einiger Oculiſten und Aerzte beſtaͤtiget. Daß Schielende das ſchwaͤchere Auge gegen die Naſe kehren, erklaͤrt er daraus, weil ſich in dieſer Lage die Richtung deſſelben von der Richtung des ſtaͤrkern am meiſten entfernet, auch viele Gegenſtaͤnde von der Naſe verdeckt werden, deren undeutliche Bilder ſonſt das

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 842. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/848>, abgerufen am 22.11.2024.