Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Wenn den Seiten des geladnen Körpers mehrere Verbindungskreise zugleich dargeboten werden, so geht der Schlag durch denjenigen, in welchen er den wenigsten Widerstand findet. Die Stärke des Widerstands aber kömmt nicht blos auf die Länge des Weges an, sondern hängt auch zugleich von der Güte der Leiter und der Vollkommenheit der Verbindung ab. Daher nimmt der Schlag nicht allemal den kürzesten Weg, wenn ein längerer durch bessere oder besser verbundene Leiter führt. Nimmt man eine Kette in beyde Hände, und faßt die geladne Flasche so, daß die äußere Belegung und der Knopf von den Händen und der Kette zugleich berührt werden, so geht der Schlag durch die Person, wenn die Kette schlaff hängt: hingegen fühlt die Person nichts, oder nur wenig, wenn die Kette straf angezogen wird, weil alsdann die genauere Berührung aller ihrer Glieder eine vollkommnere Verbindung ausmacht. Nimmt man außer der Kette noch einen Drath in die Hände, so geht der Schlag durch diesen, die Person fühlt nichts, und die Kette leuchtet nicht im Dunkeln. Nach ähnlichen Gesetzen richtet sich auch der Blitz, s. Blitz (Th. I. S. 379 u. f.). Der elektrische Schlag scheint die weitsten Verbindungskreise in einem Augenblicke zu durchlaufen. Le Monnier ließ ihn durch einen Drath von 950 Toisen Länge gehen, ohne eine merkliche Zwischenzeit wahrzunehmen, und Watsons Versuche hierüber, die ganz ins Große gehen, sind beym Worte Flasche, geladne (Th. II. S. 297.) angeführt. Dort ist aber auch schon bemerkt, daß vielleicht jede Seite des geladnen Körpers einen eignen Strom veranlasset, wobey es sehr begreiflich wird, daß beyde Ströme in ebendemselben Augenblicke ausbrechen. Dies scheint
Wenn den Seiten des geladnen Koͤrpers mehrere Verbindungskreiſe zugleich dargeboten werden, ſo geht der Schlag durch denjenigen, in welchen er den wenigſten Widerſtand findet. Die Staͤrke des Widerſtands aber koͤmmt nicht blos auf die Laͤnge des Weges an, ſondern haͤngt auch zugleich von der Guͤte der Leiter und der Vollkommenheit der Verbindung ab. Daher nimmt der Schlag nicht allemal den kuͤrzeſten Weg, wenn ein laͤngerer durch beſſere oder beſſer verbundene Leiter fuͤhrt. Nimmt man eine Kette in beyde Haͤnde, und faßt die geladne Flaſche ſo, daß die aͤußere Belegung und der Knopf von den Haͤnden und der Kette zugleich beruͤhrt werden, ſo geht der Schlag durch die Perſon, wenn die Kette ſchlaff haͤngt: hingegen fuͤhlt die Perſon nichts, oder nur wenig, wenn die Kette ſtraf angezogen wird, weil alsdann die genauere Beruͤhrung aller ihrer Glieder eine vollkommnere Verbindung ausmacht. Nimmt man außer der Kette noch einen Drath in die Haͤnde, ſo geht der Schlag durch dieſen, die Perſon fuͤhlt nichts, und die Kette leuchtet nicht im Dunkeln. Nach aͤhnlichen Geſetzen richtet ſich auch der Blitz, ſ. Blitz (Th. I. S. 379 u. f.). Der elektriſche Schlag ſcheint die weitſten Verbindungskreiſe in einem Augenblicke zu durchlaufen. Le Monnier ließ ihn durch einen Drath von 950 Toiſen Laͤnge gehen, ohne eine merkliche Zwiſchenzeit wahrzunehmen, und Watſons Verſuche hieruͤber, die ganz ins Große gehen, ſind beym Worte Flaſche, geladne (Th. II. S. 297.) angefuͤhrt. Dort iſt aber auch ſchon bemerkt, daß vielleicht jede Seite des geladnen Koͤrpers einen eignen Strom veranlaſſet, wobey es ſehr begreiflich wird, daß beyde Stroͤme in ebendemſelben Augenblicke ausbrechen. Dies ſcheint <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0858" xml:id="P.3.852" n="852"/><lb/> erſtrecken. Daher iſt die Schlagweite bey geladnen Koͤrpern immer gering, und die Funken ſind weit kuͤtzer, dafuͤr aber auch ungemein viel <hi rendition="#b">dichter</hi> und <hi rendition="#b">heftiger,</hi> weil geladne Koͤrper weit mehr Elektricitaͤt halten, als die blos iſolirten Leiter. Dies verurſacht den ſo merklichen Unterſchied zwiſchen den Funken der einfachen und der verſtaͤrkten Elektricitaͤt.</p> <p>Wenn den Seiten des geladnen Koͤrpers mehrere Verbindungskreiſe zugleich dargeboten werden, ſo geht der Schlag durch denjenigen, in welchen er den wenigſten Widerſtand findet. <hi rendition="#b">Die Staͤrke</hi> des Widerſtands aber koͤmmt nicht blos auf die Laͤnge des Weges an, ſondern haͤngt auch zugleich von der Guͤte der Leiter und der Vollkommenheit der Verbindung ab.</p> <p>Daher nimmt der Schlag nicht allemal den kuͤrzeſten Weg, wenn ein laͤngerer durch beſſere oder beſſer verbundene Leiter fuͤhrt. Nimmt man eine Kette in beyde Haͤnde, und faßt die geladne Flaſche ſo, daß die aͤußere Belegung und der Knopf von den Haͤnden und der Kette zugleich beruͤhrt werden, ſo geht der Schlag durch die Perſon, wenn die Kette ſchlaff haͤngt: hingegen fuͤhlt die Perſon nichts, oder nur wenig, wenn die Kette ſtraf angezogen wird, weil alsdann die genauere Beruͤhrung aller ihrer Glieder eine vollkommnere Verbindung ausmacht. Nimmt man außer der Kette noch einen Drath in die Haͤnde, ſo geht der Schlag durch dieſen, die Perſon fuͤhlt nichts, und die Kette leuchtet nicht im Dunkeln. Nach aͤhnlichen Geſetzen richtet ſich auch der Blitz, ſ. <hi rendition="#b">Blitz</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 379 u. f.).</p> <p>Der elektriſche Schlag ſcheint die weitſten Verbindungskreiſe <hi rendition="#b">in einem Augenblicke</hi> zu durchlaufen. <hi rendition="#b">Le Monnier</hi> ließ ihn durch einen Drath von 950 Toiſen Laͤnge gehen, ohne eine merkliche Zwiſchenzeit wahrzunehmen, und <hi rendition="#b">Watſons</hi> Verſuche hieruͤber, die ganz ins Große gehen, ſind beym Worte <hi rendition="#b">Flaſche, geladne</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 297.) angefuͤhrt. Dort iſt aber auch ſchon bemerkt, daß vielleicht jede Seite des geladnen Koͤrpers einen eignen Strom veranlaſſet, wobey es ſehr begreiflich wird, daß beyde Stroͤme in ebendemſelben Augenblicke ausbrechen. Dies ſcheint<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [852/0858]
erſtrecken. Daher iſt die Schlagweite bey geladnen Koͤrpern immer gering, und die Funken ſind weit kuͤtzer, dafuͤr aber auch ungemein viel dichter und heftiger, weil geladne Koͤrper weit mehr Elektricitaͤt halten, als die blos iſolirten Leiter. Dies verurſacht den ſo merklichen Unterſchied zwiſchen den Funken der einfachen und der verſtaͤrkten Elektricitaͤt.
Wenn den Seiten des geladnen Koͤrpers mehrere Verbindungskreiſe zugleich dargeboten werden, ſo geht der Schlag durch denjenigen, in welchen er den wenigſten Widerſtand findet. Die Staͤrke des Widerſtands aber koͤmmt nicht blos auf die Laͤnge des Weges an, ſondern haͤngt auch zugleich von der Guͤte der Leiter und der Vollkommenheit der Verbindung ab.
Daher nimmt der Schlag nicht allemal den kuͤrzeſten Weg, wenn ein laͤngerer durch beſſere oder beſſer verbundene Leiter fuͤhrt. Nimmt man eine Kette in beyde Haͤnde, und faßt die geladne Flaſche ſo, daß die aͤußere Belegung und der Knopf von den Haͤnden und der Kette zugleich beruͤhrt werden, ſo geht der Schlag durch die Perſon, wenn die Kette ſchlaff haͤngt: hingegen fuͤhlt die Perſon nichts, oder nur wenig, wenn die Kette ſtraf angezogen wird, weil alsdann die genauere Beruͤhrung aller ihrer Glieder eine vollkommnere Verbindung ausmacht. Nimmt man außer der Kette noch einen Drath in die Haͤnde, ſo geht der Schlag durch dieſen, die Perſon fuͤhlt nichts, und die Kette leuchtet nicht im Dunkeln. Nach aͤhnlichen Geſetzen richtet ſich auch der Blitz, ſ. Blitz (Th. I. S. 379 u. f.).
Der elektriſche Schlag ſcheint die weitſten Verbindungskreiſe in einem Augenblicke zu durchlaufen. Le Monnier ließ ihn durch einen Drath von 950 Toiſen Laͤnge gehen, ohne eine merkliche Zwiſchenzeit wahrzunehmen, und Watſons Verſuche hieruͤber, die ganz ins Große gehen, ſind beym Worte Flaſche, geladne (Th. II. S. 297.) angefuͤhrt. Dort iſt aber auch ſchon bemerkt, daß vielleicht jede Seite des geladnen Koͤrpers einen eignen Strom veranlaſſet, wobey es ſehr begreiflich wird, daß beyde Stroͤme in ebendemſelben Augenblicke ausbrechen. Dies ſcheint
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |