Man sieht aus diesen Versuchen schon deutlich, daß der Schwefel aus Vittiolsäure und Phlogiston bestehe. Da diese Bestandtheile durch die Verbrennung völlig davon getrieben werden, so kan natürlich kein erdichter Rückstand, wie bey andern Verbrennungen, übrig bleiben, auch kein Rauch oder Ruß erzeugt werden.
Wenn man geschmolzenen Schwefel in Wasser gießt, so wird er darinn zu einer weichen biegsamen Masse von rother Farbe, die nach und nach die vorige Consistenz wieder annimmt, und daher zum Abformen der geschnittenen Steine und Münzen bequem gebraucht werden kan. Man leitet dieses Weichwerden von angezognen Wassertheilen her.
Die concentrirte Vitriolsäure und der rauchende Salpetergeist lösen in der Hitze den Schwefel auf. Die übrigen Säuren wirken nicht auf ihn.
Die Laugensalze und Kalkerden aber verbinden sich mit ihm zu einem im Wasser auflöslichen Gemische, dem man den Namen einer Schwefelleber(hepar sulphuris, foie de soufre) giebt. Gleiche Theile ätzendes fixes Laugensalz und gepülverter Schwefel geben zusammengeschmolzen eine sehr vollkommne Schwefelleber von einer leberbraunen Farbe, die an der Luft leicht zerfließt, dabey den unangenehmen Geruch der faulen Eyer annimmt, und sich im Wasser mit einer dunkelgelben Farbe auflöset. Auch auf dem nassen Wege lassen sich solche Schwefellebern durch Zusammenreiben an freyer Luft, oder durch Kochen einer Lauge mit gepülvertem Schwefel bereiten. Die milden Laugensalze geben weit schwächere Lebern, weil ihre Luftsäure die Vereinigung des Alkali mit dem Schwefel hindert.
In diesen Schwefellebern scheint das Alkali auf beide Bestandtheile des Schwefels zugleich zu mirken. Es ist mit keinem stärker verbunden, als mit dem andern; es schwächt aber offenbar den Zusammenhang beyder unter einander, und hängt selbst mit ihnen nur schwach zusammen. Daher kömmt auch der auffallend starke Geruch, und der Umstand, daß die allerschwächsten Säuren zureichen, aus den Auflösungen der Schwefellebern in Wasser den Schwefel wieder niederzuschlagen. Tröpfelt man in eine solche Auflösung
Man ſieht aus dieſen Verſuchen ſchon deutlich, daß der Schwefel aus Vittiolſaͤure und Phlogiſton beſtehe. Da dieſe Beſtandtheile durch die Verbrennung voͤllig davon getrieben werden, ſo kan natuͤrlich kein erdichter Ruͤckſtand, wie bey andern Verbrennungen, uͤbrig bleiben, auch kein Rauch oder Ruß erzeugt werden.
Wenn man geſchmolzenen Schwefel in Waſſer gießt, ſo wird er darinn zu einer weichen biegſamen Maſſe von rother Farbe, die nach und nach die vorige Conſiſtenz wieder annimmt, und daher zum Abformen der geſchnittenen Steine und Muͤnzen bequem gebraucht werden kan. Man leitet dieſes Weichwerden von angezognen Waſſertheilen her.
Die concentrirte Vitriolſaͤure und der rauchende Salpetergeiſt loͤſen in der Hitze den Schwefel auf. Die uͤbrigen Saͤuren wirken nicht auf ihn.
Die Laugenſalze und Kalkerden aber verbinden ſich mit ihm zu einem im Waſſer aufloͤslichen Gemiſche, dem man den Namen einer Schwefelleber(hepar ſulphuris, foie de ſoufre) giebt. Gleiche Theile aͤtzendes fixes Laugenſalz und gepuͤlverter Schwefel geben zuſammengeſchmolzen eine ſehr vollkommne Schwefelleber von einer leberbraunen Farbe, die an der Luft leicht zerfließt, dabey den unangenehmen Geruch der faulen Eyer annimmt, und ſich im Waſſer mit einer dunkelgelben Farbe aufloͤſet. Auch auf dem naſſen Wege laſſen ſich ſolche Schwefellebern durch Zuſammenreiben an freyer Luft, oder durch Kochen einer Lauge mit gepuͤlvertem Schwefel bereiten. Die milden Laugenſalze geben weit ſchwaͤchere Lebern, weil ihre Luftſaͤure die Vereinigung des Alkali mit dem Schwefel hindert.
In dieſen Schwefellebern ſcheint das Alkali auf beide Beſtandtheile des Schwefels zugleich zu mirken. Es iſt mit keinem ſtaͤrker verbunden, als mit dem andern; es ſchwaͤcht aber offenbar den Zuſammenhang beyder unter einander, und haͤngt ſelbſt mit ihnen nur ſchwach zuſammen. Daher koͤmmt auch der auffallend ſtarke Geruch, und der Umſtand, daß die allerſchwaͤchſten Saͤuren zureichen, aus den Aufloͤſungen der Schwefellebern in Waſſer den Schwefel wieder niederzuſchlagen. Troͤpfelt man in eine ſolche Aufloͤſung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0884"xml:id="P.3.878"n="878"/><lb/></p><p>Man ſieht aus dieſen Verſuchen ſchon deutlich, daß der Schwefel aus <hirendition="#b">Vittiolſaͤure</hi> und <hirendition="#b">Phlogiſton</hi> beſtehe. Da dieſe Beſtandtheile durch die Verbrennung voͤllig davon getrieben werden, ſo kan natuͤrlich kein erdichter Ruͤckſtand, wie bey andern Verbrennungen, uͤbrig bleiben, auch kein Rauch oder Ruß erzeugt werden.</p><p>Wenn man geſchmolzenen Schwefel in Waſſer gießt, ſo wird er darinn zu einer weichen biegſamen Maſſe von rother Farbe, die nach und nach die vorige Conſiſtenz wieder annimmt, und daher zum Abformen der geſchnittenen Steine und Muͤnzen bequem gebraucht werden kan. Man leitet dieſes Weichwerden von angezognen Waſſertheilen her.</p><p>Die concentrirte Vitriolſaͤure und der rauchende Salpetergeiſt loͤſen in der Hitze den Schwefel auf. Die uͤbrigen Saͤuren wirken nicht auf ihn.</p><p>Die Laugenſalze und Kalkerden aber verbinden ſich mit ihm zu einem im Waſſer aufloͤslichen Gemiſche, dem man den Namen einer <hirendition="#b">Schwefelleber</hi><hirendition="#aq">(hepar ſulphuris, <hirendition="#i">foie de ſoufre</hi>)</hi> giebt. Gleiche Theile aͤtzendes fixes Laugenſalz und gepuͤlverter Schwefel geben zuſammengeſchmolzen eine ſehr vollkommne Schwefelleber von einer leberbraunen Farbe, die an der Luft leicht zerfließt, dabey den unangenehmen Geruch der faulen Eyer annimmt, und ſich im Waſſer mit einer dunkelgelben Farbe aufloͤſet. Auch auf dem naſſen Wege laſſen ſich ſolche Schwefellebern durch Zuſammenreiben an freyer Luft, oder durch Kochen einer Lauge mit gepuͤlvertem Schwefel bereiten. Die milden Laugenſalze geben weit ſchwaͤchere Lebern, weil ihre Luftſaͤure die Vereinigung des Alkali mit dem Schwefel hindert.</p><p>In dieſen Schwefellebern ſcheint das Alkali auf beide Beſtandtheile des Schwefels zugleich zu mirken. Es iſt mit keinem ſtaͤrker verbunden, als mit dem andern; es ſchwaͤcht aber offenbar den Zuſammenhang beyder unter einander, und haͤngt ſelbſt mit ihnen nur ſchwach zuſammen. Daher koͤmmt auch der auffallend ſtarke Geruch, und der Umſtand, daß die allerſchwaͤchſten Saͤuren zureichen, aus den Aufloͤſungen der Schwefellebern in Waſſer den Schwefel wieder niederzuſchlagen. Troͤpfelt man in eine ſolche Aufloͤſung<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[878/0884]
Man ſieht aus dieſen Verſuchen ſchon deutlich, daß der Schwefel aus Vittiolſaͤure und Phlogiſton beſtehe. Da dieſe Beſtandtheile durch die Verbrennung voͤllig davon getrieben werden, ſo kan natuͤrlich kein erdichter Ruͤckſtand, wie bey andern Verbrennungen, uͤbrig bleiben, auch kein Rauch oder Ruß erzeugt werden.
Wenn man geſchmolzenen Schwefel in Waſſer gießt, ſo wird er darinn zu einer weichen biegſamen Maſſe von rother Farbe, die nach und nach die vorige Conſiſtenz wieder annimmt, und daher zum Abformen der geſchnittenen Steine und Muͤnzen bequem gebraucht werden kan. Man leitet dieſes Weichwerden von angezognen Waſſertheilen her.
Die concentrirte Vitriolſaͤure und der rauchende Salpetergeiſt loͤſen in der Hitze den Schwefel auf. Die uͤbrigen Saͤuren wirken nicht auf ihn.
Die Laugenſalze und Kalkerden aber verbinden ſich mit ihm zu einem im Waſſer aufloͤslichen Gemiſche, dem man den Namen einer Schwefelleber (hepar ſulphuris, foie de ſoufre) giebt. Gleiche Theile aͤtzendes fixes Laugenſalz und gepuͤlverter Schwefel geben zuſammengeſchmolzen eine ſehr vollkommne Schwefelleber von einer leberbraunen Farbe, die an der Luft leicht zerfließt, dabey den unangenehmen Geruch der faulen Eyer annimmt, und ſich im Waſſer mit einer dunkelgelben Farbe aufloͤſet. Auch auf dem naſſen Wege laſſen ſich ſolche Schwefellebern durch Zuſammenreiben an freyer Luft, oder durch Kochen einer Lauge mit gepuͤlvertem Schwefel bereiten. Die milden Laugenſalze geben weit ſchwaͤchere Lebern, weil ihre Luftſaͤure die Vereinigung des Alkali mit dem Schwefel hindert.
In dieſen Schwefellebern ſcheint das Alkali auf beide Beſtandtheile des Schwefels zugleich zu mirken. Es iſt mit keinem ſtaͤrker verbunden, als mit dem andern; es ſchwaͤcht aber offenbar den Zuſammenhang beyder unter einander, und haͤngt ſelbſt mit ihnen nur ſchwach zuſammen. Daher koͤmmt auch der auffallend ſtarke Geruch, und der Umſtand, daß die allerſchwaͤchſten Saͤuren zureichen, aus den Aufloͤſungen der Schwefellebern in Waſſer den Schwefel wieder niederzuſchlagen. Troͤpfelt man in eine ſolche Aufloͤſung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 878. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/884>, abgerufen am 13.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.