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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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setzte aber die Breite desselben größer, als die Länge, welchen Fehler Olearius in seiner moskowitischen und persischen Reisebeschreibung zuerst angemerkt hat. Herodot beschreibt das kaspische Meer als einen See, Strabo aber läßt es mit dem nördlichen Weltmeere zusammenhängen. Man hat durch das ganze vorige Jahrhundert über die Gestalt und Beschaffenheit dieses Meeres gestritten. Peter der Große ließ es 1718 zuerst genau untersuchen, woraus die erste richtige Karte desselben (Mem. de l'Acad. de Paris 1721. p. 320.) entstand, welche von allen vorigen weit abweicht. Es fallen in dasselbe sehr ansehnliche Flüsse, von welchen die Wolga allein, nach einem ohngefähren Ueberschlage, in jeder Minute 15 Millionen, oder täglich 21600 Millionen Cubikfuß Wasser hineinbringt. Rechnet man den Zufluß durch den Jaik, die Yemba u. s. w. Regen und Schnee mit eingeschlossen, nur doppelt so groß, so müssen täglich wenigstens 648000 Millionen Cubikfuß Wasser in diesen See fallen, an dem man jedoch weder einen Abfluß, noch ein Zunehmen seiner Höhe bemerkt.

Um nun zu erklären, wo diese große Menge Wasser bleibe, haben Einige eine unterirdische Verbindung der kaspischen See mit dem schwarzen Meere oder mit dem persischen Meerbusen angenommen. Kircher (Mundus subterran. To. I. p. 83. sqq.) führt aus einem persianischen Schriftsteller an, daß das schwarze Meer unruhig werde, wenn der Ostwind auf der kaspischen See stürme, dagegen diese letztere Wellen werfe, wenn das schwarze Meer durch den Westwind bewegt werde; ingleichen, daß man an den Ufern des schwarzen Meeres Auswürfe von Seegräsern, Bäumen und Schlangen finde, die man sonst nur im kaspischen Meere antreffe. Dagegen erzählt der Jesuit Philipp April (Voyage en divers etats d'Europe et d'Asie, a Paris 1693. 12. s. Acta Erud. Lips. Febr. 1694. p. 63.), daß man zur Herbstzeit im persischen Meerbusen sehr häufig Weidenlaub finde, obgleich die Weide im mittäglichen Persien ganz unbekannt sey, und nur um die Ufer des kaspischen Sees wachse; auch daß es bey Kilan (dem Hyrcanien der Alten) zween ungeheure Schlünde oder Strudel gebe, durch


ſetzte aber die Breite deſſelben groͤßer, als die Laͤnge, welchen Fehler Olearius in ſeiner moſkowitiſchen und perſiſchen Reiſebeſchreibung zuerſt angemerkt hat. Herodot beſchreibt das kaſpiſche Meer als einen See, Strabo aber laͤßt es mit dem noͤrdlichen Weltmeere zuſammenhaͤngen. Man hat durch das ganze vorige Jahrhundert uͤber die Geſtalt und Beſchaffenheit dieſes Meeres geſtritten. Peter der Große ließ es 1718 zuerſt genau unterſuchen, woraus die erſte richtige Karte deſſelben (Mém. de l'Acad. de Paris 1721. p. 320.) entſtand, welche von allen vorigen weit abweicht. Es fallen in daſſelbe ſehr anſehnliche Fluͤſſe, von welchen die Wolga allein, nach einem ohngefaͤhren Ueberſchlage, in jeder Minute 15 Millionen, oder taͤglich 21600 Millionen Cubikfuß Waſſer hineinbringt. Rechnet man den Zufluß durch den Jaik, die Yemba u. ſ. w. Regen und Schnee mit eingeſchloſſen, nur doppelt ſo groß, ſo muͤſſen taͤglich wenigſtens 648000 Millionen Cubikfuß Waſſer in dieſen See fallen, an dem man jedoch weder einen Abfluß, noch ein Zunehmen ſeiner Hoͤhe bemerkt.

Um nun zu erklaͤren, wo dieſe große Menge Waſſer bleibe, haben Einige eine unterirdiſche Verbindung der kaſpiſchen See mit dem ſchwarzen Meere oder mit dem perſiſchen Meerbuſen angenommen. Kircher (Mundus ſubterran. To. I. p. 83. ſqq.) fuͤhrt aus einem perſianiſchen Schriftſteller an, daß das ſchwarze Meer unruhig werde, wenn der Oſtwind auf der kaſpiſchen See ſtuͤrme, dagegen dieſe letztere Wellen werfe, wenn das ſchwarze Meer durch den Weſtwind bewegt werde; ingleichen, daß man an den Ufern des ſchwarzen Meeres Auswuͤrfe von Seegraͤſern, Baͤumen und Schlangen finde, die man ſonſt nur im kaſpiſchen Meere antreffe. Dagegen erzaͤhlt der Jeſuit Philipp April (Voyage en divers etats d'Europe et d'Aſie, à Paris 1693. 12. ſ. Acta Erud. Lipſ. Febr. 1694. p. 63.), daß man zur Herbſtzeit im perſiſchen Meerbuſen ſehr haͤufig Weidenlaub finde, obgleich die Weide im mittaͤglichen Perſien ganz unbekannt ſey, und nur um die Ufer des kaſpiſchen Sees wachſe; auch daß es bey Kilan (dem Hyrcanien der Alten) zween ungeheure Schluͤnde oder Strudel gebe, durch

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[6/0016] ſetzte aber die Breite deſſelben groͤßer, als die Laͤnge, welchen Fehler Olearius in ſeiner moſkowitiſchen und perſiſchen Reiſebeſchreibung zuerſt angemerkt hat. Herodot beſchreibt das kaſpiſche Meer als einen See, Strabo aber laͤßt es mit dem noͤrdlichen Weltmeere zuſammenhaͤngen. Man hat durch das ganze vorige Jahrhundert uͤber die Geſtalt und Beſchaffenheit dieſes Meeres geſtritten. Peter der Große ließ es 1718 zuerſt genau unterſuchen, woraus die erſte richtige Karte deſſelben (Mém. de l'Acad. de Paris 1721. p. 320.) entſtand, welche von allen vorigen weit abweicht. Es fallen in daſſelbe ſehr anſehnliche Fluͤſſe, von welchen die Wolga allein, nach einem ohngefaͤhren Ueberſchlage, in jeder Minute 15 Millionen, oder taͤglich 21600 Millionen Cubikfuß Waſſer hineinbringt. Rechnet man den Zufluß durch den Jaik, die Yemba u. ſ. w. Regen und Schnee mit eingeſchloſſen, nur doppelt ſo groß, ſo muͤſſen taͤglich wenigſtens 648000 Millionen Cubikfuß Waſſer in dieſen See fallen, an dem man jedoch weder einen Abfluß, noch ein Zunehmen ſeiner Hoͤhe bemerkt. Um nun zu erklaͤren, wo dieſe große Menge Waſſer bleibe, haben Einige eine unterirdiſche Verbindung der kaſpiſchen See mit dem ſchwarzen Meere oder mit dem perſiſchen Meerbuſen angenommen. Kircher (Mundus ſubterran. To. I. p. 83. ſqq.) fuͤhrt aus einem perſianiſchen Schriftſteller an, daß das ſchwarze Meer unruhig werde, wenn der Oſtwind auf der kaſpiſchen See ſtuͤrme, dagegen dieſe letztere Wellen werfe, wenn das ſchwarze Meer durch den Weſtwind bewegt werde; ingleichen, daß man an den Ufern des ſchwarzen Meeres Auswuͤrfe von Seegraͤſern, Baͤumen und Schlangen finde, die man ſonſt nur im kaſpiſchen Meere antreffe. Dagegen erzaͤhlt der Jeſuit Philipp April (Voyage en divers etats d'Europe et d'Aſie, à Paris 1693. 12. ſ. Acta Erud. Lipſ. Febr. 1694. p. 63.), daß man zur Herbſtzeit im perſiſchen Meerbuſen ſehr haͤufig Weidenlaub finde, obgleich die Weide im mittaͤglichen Perſien ganz unbekannt ſey, und nur um die Ufer des kaſpiſchen Sees wachſe; auch daß es bey Kilan (dem Hyrcanien der Alten) zween ungeheure Schluͤnde oder Strudel gebe, durch

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/16>, abgerufen am 21.11.2024.