Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Man kennt unter den Namen des Mehlthaues und Honigthaues (ros melleus) gewisse klebrige Feuchtigkeiten, welche sich bisweilen auf einmal auf den Blättern, Zweigen der Bäume und Pflanzen zeigen, die Vegetation hindern, den Früchten schaden, und deswegen vom Landmanne sehr gefürchtet werden. Der Name verräth schon, daß man sie gewissen schleimigen oder ölichten Bestandtheilen einiger Arten des Thaues zugeschrieben habe. Aber die Begriffe von diesen Erscheinungen sind überhaupt noch viel zu unbestimmt, als daß man eine allgemeine Ursache davon anzugeben im Stande wäre. Manche Arten dieses vermeinten Thaues können wohl aus Säften bestehen, die aus den Bäumen oder Pflanzen selbst ausschwitzen, und von Krankheit oder Verderbniß derselben herrühren: andere sind ganz zuverläßig Säfte, die gewisse Insecten ausspritzen. So fand Leche (Geschichte des Honigthaues, in den schwed. Abhandl. 1762. S. 89.), daß die Blattläuse durch zwey auf dem Hinterleibe stehende Hörner ein süßes Wasser von sich geben, das auf den Blättern und Zweigen eintrocknet, und sonst von den Bienen, Ameisen u. dergl. verzehrt wird. Dies sammelt sich bisweilen in solcher Menge an, daß es von einem starken Thau aufgelöset herabfließt, und ganze Theile des Baumes mit einer klebrigen süßen Feuchtigkeit überzieht. Aus den Blättern mancher Bäume, z. B. der Manna-esche in Calabrien dringt auch da, wo sie von Insecten gestochen sind, ein süßer Saft hervor, der zu Körnern verhärtet. So etwas ist das bekannte Manna der Apotheken, von dem die Alten auch glaubten, daß es aus der Luft falle, bis man fand, daß bedeckte
Man kennt unter den Namen des Mehlthaues und Honigthaues (ros melleus) gewiſſe klebrige Feuchtigkeiten, welche ſich bisweilen auf einmal auf den Blaͤttern, Zweigen der Baͤume und Pflanzen zeigen, die Vegetation hindern, den Fruͤchten ſchaden, und deswegen vom Landmanne ſehr gefuͤrchtet werden. Der Name verraͤth ſchon, daß man ſie gewiſſen ſchleimigen oder oͤlichten Beſtandtheilen einiger Arten des Thaues zugeſchrieben habe. Aber die Begriffe von dieſen Erſcheinungen ſind uͤberhaupt noch viel zu unbeſtimmt, als daß man eine allgemeine Urſache davon anzugeben im Stande waͤre. Manche Arten dieſes vermeinten Thaues koͤnnen wohl aus Saͤften beſtehen, die aus den Baͤumen oder Pflanzen ſelbſt ausſchwitzen, und von Krankheit oder Verderbniß derſelben herruͤhren: andere ſind ganz zuverlaͤßig Saͤfte, die gewiſſe Inſecten ausſpritzen. So fand Leche (Geſchichte des Honigthaues, in den ſchwed. Abhandl. 1762. S. 89.), daß die Blattlaͤuſe durch zwey auf dem Hinterleibe ſtehende Hoͤrner ein ſuͤßes Waſſer von ſich geben, das auf den Blaͤttern und Zweigen eintrocknet, und ſonſt von den Bienen, Ameiſen u. dergl. verzehrt wird. Dies ſammelt ſich bisweilen in ſolcher Menge an, daß es von einem ſtarken Thau aufgeloͤſet herabfließt, und ganze Theile des Baumes mit einer klebrigen ſuͤßen Feuchtigkeit uͤberzieht. Aus den Blaͤttern mancher Baͤume, z. B. der Manna-eſche in Calabrien dringt auch da, wo ſie von Inſecten geſtochen ſind, ein ſuͤßer Saft hervor, der zu Koͤrnern verhaͤrtet. So etwas iſt das bekannte Manna der Apotheken, von dem die Alten auch glaubten, daß es aus der Luft falle, bis man fand, daß bedeckte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0306" xml:id="P.4.296" n="296"/><lb/> jetzt ernſtlich beſtritten wird, und aufs neue an Herrn <hi rendition="#b">Pictet</hi> einen uͤberaus ſtarken Gegner gefunden hat, ſo kan doch der groͤßte Theil der Hubiſchen Erklaͤrungen mit geringer Abaͤnderung auch in jedem andern Syſteme uͤber die Ausduͤnſtung ſtatt finden, und was die Wirkungen der Luftelektricitaͤt betrift, die ich noch bey keinem Schriftſteller ſo buͤndig und uͤbereinſtimmend mit den Erſcheinungen erklaͤrt gefunden habe; ſo iſt das, was Herr <hi rendition="#b">Hube hieruͤber</hi> ſagt, vollends ganz von allen Syſtemen unabhaͤngig.</p> <p>Man kennt unter den Namen des <hi rendition="#b">Mehlthaues</hi> und <hi rendition="#b">Honigthaues</hi> (<hi rendition="#aq">ros melleus</hi>) gewiſſe klebrige Feuchtigkeiten, welche ſich bisweilen auf einmal auf den Blaͤttern, Zweigen der Baͤume und Pflanzen zeigen, die Vegetation hindern, den Fruͤchten ſchaden, und deswegen vom Landmanne ſehr gefuͤrchtet werden. Der Name verraͤth ſchon, daß man ſie gewiſſen ſchleimigen oder oͤlichten Beſtandtheilen einiger Arten des Thaues zugeſchrieben habe. Aber die Begriffe von dieſen Erſcheinungen ſind uͤberhaupt noch viel zu unbeſtimmt, als daß man eine allgemeine Urſache davon anzugeben im Stande waͤre. Manche Arten dieſes vermeinten Thaues koͤnnen wohl aus Saͤften beſtehen, die aus den Baͤumen oder Pflanzen ſelbſt ausſchwitzen, und von Krankheit oder Verderbniß derſelben herruͤhren: andere ſind ganz zuverlaͤßig Saͤfte, die gewiſſe Inſecten ausſpritzen. So fand <hi rendition="#b">Leche</hi> (Geſchichte des Honigthaues, in den ſchwed. Abhandl. 1762. S. 89.), daß die Blattlaͤuſe durch zwey auf dem Hinterleibe ſtehende Hoͤrner ein ſuͤßes Waſſer von ſich geben, das auf den Blaͤttern und Zweigen eintrocknet, und ſonſt von den Bienen, Ameiſen u. dergl. verzehrt wird. Dies ſammelt ſich bisweilen in ſolcher Menge an, daß es von einem ſtarken Thau aufgeloͤſet herabfließt, und ganze Theile des Baumes mit einer klebrigen ſuͤßen Feuchtigkeit uͤberzieht. Aus den Blaͤttern mancher Baͤume, z. B. der Manna-eſche in Calabrien dringt auch da, wo ſie von Inſecten geſtochen ſind, ein ſuͤßer Saft hervor, der zu Koͤrnern verhaͤrtet. So etwas iſt das bekannte Manna der Apotheken, von dem die Alten auch glaubten, daß es aus der Luft falle, bis man fand, daß bedeckte<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [296/0306]
jetzt ernſtlich beſtritten wird, und aufs neue an Herrn Pictet einen uͤberaus ſtarken Gegner gefunden hat, ſo kan doch der groͤßte Theil der Hubiſchen Erklaͤrungen mit geringer Abaͤnderung auch in jedem andern Syſteme uͤber die Ausduͤnſtung ſtatt finden, und was die Wirkungen der Luftelektricitaͤt betrift, die ich noch bey keinem Schriftſteller ſo buͤndig und uͤbereinſtimmend mit den Erſcheinungen erklaͤrt gefunden habe; ſo iſt das, was Herr Hube hieruͤber ſagt, vollends ganz von allen Syſtemen unabhaͤngig.
Man kennt unter den Namen des Mehlthaues und Honigthaues (ros melleus) gewiſſe klebrige Feuchtigkeiten, welche ſich bisweilen auf einmal auf den Blaͤttern, Zweigen der Baͤume und Pflanzen zeigen, die Vegetation hindern, den Fruͤchten ſchaden, und deswegen vom Landmanne ſehr gefuͤrchtet werden. Der Name verraͤth ſchon, daß man ſie gewiſſen ſchleimigen oder oͤlichten Beſtandtheilen einiger Arten des Thaues zugeſchrieben habe. Aber die Begriffe von dieſen Erſcheinungen ſind uͤberhaupt noch viel zu unbeſtimmt, als daß man eine allgemeine Urſache davon anzugeben im Stande waͤre. Manche Arten dieſes vermeinten Thaues koͤnnen wohl aus Saͤften beſtehen, die aus den Baͤumen oder Pflanzen ſelbſt ausſchwitzen, und von Krankheit oder Verderbniß derſelben herruͤhren: andere ſind ganz zuverlaͤßig Saͤfte, die gewiſſe Inſecten ausſpritzen. So fand Leche (Geſchichte des Honigthaues, in den ſchwed. Abhandl. 1762. S. 89.), daß die Blattlaͤuſe durch zwey auf dem Hinterleibe ſtehende Hoͤrner ein ſuͤßes Waſſer von ſich geben, das auf den Blaͤttern und Zweigen eintrocknet, und ſonſt von den Bienen, Ameiſen u. dergl. verzehrt wird. Dies ſammelt ſich bisweilen in ſolcher Menge an, daß es von einem ſtarken Thau aufgeloͤſet herabfließt, und ganze Theile des Baumes mit einer klebrigen ſuͤßen Feuchtigkeit uͤberzieht. Aus den Blaͤttern mancher Baͤume, z. B. der Manna-eſche in Calabrien dringt auch da, wo ſie von Inſecten geſtochen ſind, ein ſuͤßer Saft hervor, der zu Koͤrnern verhaͤrtet. So etwas iſt das bekannte Manna der Apotheken, von dem die Alten auch glaubten, daß es aus der Luft falle, bis man fand, daß bedeckte
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