Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Drittens verträgt das Quecksilber sehr große Grade der Hitze und Kälte; nach de Luc von + 275 bis--261 der Scale von 80 Theilen. Nach den beym Worte Gefrierung erzählten Versuchen möchte doch die Kälte, die es erträgt, nicht viel über--32 Grad dieser Scale gehen, und überhaupt der höchst rectificirte Weinstein für große Grade der Kälte ein schicklicheres Maaß, als das Quecksilber, abgeben. Das Quecksilber hat viertens den Vorzug der größern Empfindlichkeit, vermöge welcher es die Veränderungen der Wärme schneller, als andere Materien, annimmt. De Lüc setzt es sechsmal emfindlicher, als den Weingeist, und erklärt hieraus einen Theil des Unterschieds, der sich zwischen Dücrest's und seiner Tafel über die correspondirenden Grade des Weingeist- und Quecksilberthermometers zeiget. Herr Luz (Vollst. Anweis. die Therm. zu verfertigen, Cap. 8. S. 159. u. f.) glaubt doch, aus seinen dort umständlich erzählten Versuchen schließen zu dürfen, daß Quecksilber und Weingeist in freyer Luft und in einem seine Wärme nach und nach verlierenden Wasser beyde gleich empfindlich sind, dahingegen bey plötzlich abnehmender Wärme das Quecksilber doppelt, und bey plötzlich zunehmender dreymal empsindlicher sey, als der Weingeist. Beym allmähligen Erkalten in freyer Luft that zwar das Quecksilber die ersten Schritte schneller, aber gegen das Ende holte es der Weingeist ein, und gelangte zum Gleichgewichte mit der äußern Luft fast noch eher, als das Quecksilber. Fünftens kan man das Quecksilber bey gehöriger Reinigung als eine Materie von immer gleicher Beschaffenheit ansehen, so daß alle Quecksilberthermometer eben denselben Gang haben, dahingegen der Weingeist stets von anderer Güte und Beschaffenheit gefunden wird; daher der Gang der Weingeistthermometer, wie auch die Versuche lehren, immer verschieden ausfällt. Dücrest tadelt am Quecksilber, es dränge sich bey heftiger Kälte mehr zusammen, als es sich verhältnißmäßig in der Hitze ausdehne. In der That ist es von dem Tadel einer starken Zusammenziehung beym Gefrieren nicht frey, und taugt auch dabey nicht mehr zum Maaße der Wärme. Dü- Drittens vertraͤgt das Queckſilber ſehr große Grade der Hitze und Kaͤlte; nach de Luc von + 275 bis—261 der Scale von 80 Theilen. Nach den beym Worte Gefrierung erzaͤhlten Verſuchen moͤchte doch die Kaͤlte, die es ertraͤgt, nicht viel uͤber—32 Grad dieſer Scale gehen, und uͤberhaupt der hoͤchſt rectificirte Weinſtein fuͤr große Grade der Kaͤlte ein ſchicklicheres Maaß, als das Queckſilber, abgeben. Das Queckſilber hat viertens den Vorzug der groͤßern Empfindlichkeit, vermoͤge welcher es die Veraͤnderungen der Waͤrme ſchneller, als andere Materien, annimmt. De Luͤc ſetzt es ſechsmal emfindlicher, als den Weingeiſt, und erklaͤrt hieraus einen Theil des Unterſchieds, der ſich zwiſchen Duͤcreſt's und ſeiner Tafel uͤber die correſpondirenden Grade des Weingeiſt- und Queckſilberthermometers zeiget. Herr Luz (Vollſt. Anweiſ. die Therm. zu verfertigen, Cap. 8. S. 159. u. f.) glaubt doch, aus ſeinen dort umſtaͤndlich erzaͤhlten Verſuchen ſchließen zu duͤrfen, daß Queckſilber und Weingeiſt in freyer Luft und in einem ſeine Waͤrme nach und nach verlierenden Waſſer beyde gleich empfindlich ſind, dahingegen bey ploͤtzlich abnehmender Waͤrme das Queckſilber doppelt, und bey ploͤtzlich zunehmender dreymal empſindlicher ſey, als der Weingeiſt. Beym allmaͤhligen Erkalten in freyer Luft that zwar das Queckſilber die erſten Schritte ſchneller, aber gegen das Ende holte es der Weingeiſt ein, und gelangte zum Gleichgewichte mit der aͤußern Luft faſt noch eher, als das Queckſilber. Fuͤnftens kan man das Queckſilber bey gehoͤriger Reinigung als eine Materie von immer gleicher Beſchaffenheit anſehen, ſo daß alle Queckſilberthermometer eben denſelben Gang haben, dahingegen der Weingeiſt ſtets von anderer Guͤte und Beſchaffenheit gefunden wird; daher der Gang der Weingeiſtthermometer, wie auch die Verſuche lehren, immer verſchieden ausfaͤllt. Duͤcreſt tadelt am Queckſilber, es draͤnge ſich bey heftiger Kaͤlte mehr zuſammen, als es ſich verhaͤltnißmaͤßig in der Hitze ausdehne. In der That iſt es von dem Tadel einer ſtarken Zuſammenziehung beym Gefrieren nicht frey, und taugt auch dabey nicht mehr zum Maaße der Waͤrme. Duͤ- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0343" xml:id="P.4.333" n="333"/><lb/> </p> <p><hi rendition="#b">Drittens</hi> vertraͤgt das Queckſilber ſehr große Grade der Hitze und Kaͤlte; nach <hi rendition="#b">de Luc</hi> von + 275 bis—261 der Scale von 80 Theilen. 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Drittens vertraͤgt das Queckſilber ſehr große Grade der Hitze und Kaͤlte; nach de Luc von + 275 bis—261 der Scale von 80 Theilen. Nach den beym Worte Gefrierung erzaͤhlten Verſuchen moͤchte doch die Kaͤlte, die es ertraͤgt, nicht viel uͤber—32 Grad dieſer Scale gehen, und uͤberhaupt der hoͤchſt rectificirte Weinſtein fuͤr große Grade der Kaͤlte ein ſchicklicheres Maaß, als das Queckſilber, abgeben.
Das Queckſilber hat viertens den Vorzug der groͤßern Empfindlichkeit, vermoͤge welcher es die Veraͤnderungen der Waͤrme ſchneller, als andere Materien, annimmt. De Luͤc ſetzt es ſechsmal emfindlicher, als den Weingeiſt, und erklaͤrt hieraus einen Theil des Unterſchieds, der ſich zwiſchen Duͤcreſt's und ſeiner Tafel uͤber die correſpondirenden Grade des Weingeiſt- und Queckſilberthermometers zeiget. Herr Luz (Vollſt. Anweiſ. die Therm. zu verfertigen, Cap. 8. S. 159. u. f.) glaubt doch, aus ſeinen dort umſtaͤndlich erzaͤhlten Verſuchen ſchließen zu duͤrfen, daß Queckſilber und Weingeiſt in freyer Luft und in einem ſeine Waͤrme nach und nach verlierenden Waſſer beyde gleich empfindlich ſind, dahingegen bey ploͤtzlich abnehmender Waͤrme das Queckſilber doppelt, und bey ploͤtzlich zunehmender dreymal empſindlicher ſey, als der Weingeiſt. Beym allmaͤhligen Erkalten in freyer Luft that zwar das Queckſilber die erſten Schritte ſchneller, aber gegen das Ende holte es der Weingeiſt ein, und gelangte zum Gleichgewichte mit der aͤußern Luft faſt noch eher, als das Queckſilber.
Fuͤnftens kan man das Queckſilber bey gehoͤriger Reinigung als eine Materie von immer gleicher Beſchaffenheit anſehen, ſo daß alle Queckſilberthermometer eben denſelben Gang haben, dahingegen der Weingeiſt ſtets von anderer Guͤte und Beſchaffenheit gefunden wird; daher der Gang der Weingeiſtthermometer, wie auch die Verſuche lehren, immer verſchieden ausfaͤllt.
Duͤcreſt tadelt am Queckſilber, es draͤnge ſich bey heftiger Kaͤlte mehr zuſammen, als es ſich verhaͤltnißmaͤßig in der Hitze ausdehne. In der That iſt es von dem Tadel einer ſtarken Zuſammenziehung beym Gefrieren nicht frey, und taugt auch dabey nicht mehr zum Maaße der Waͤrme. Duͤ-
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