Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Tropfen, die auf einer wagrechten Fläche liegen, werden durch ihr Gewicht und durch die Adhäsion an diese Fläche am untern Theile platt. Wassertropfen von 1 Lin. Durchmesser auf polirtem Eisen nahmen die Gestalt einer Halbkugel an, noch mehr zerflossen sie auf Elfenbein, Guajakholz und Buxbaum, am meisten auf Quecksilber und Glas. Auf dem wolligten Ueberzuge der Blätter hingegen bleiben die Tropfen fast völlig rund, wie man am Thaue sieht. Auch aus glühendem oder sehr heißem Eisen bleiben die Tropfen rund, und springen von einer Stelle zur andern, bis sie ganz verdampft sind. Kleine Quecksilbertropfen sind fast auf allen glatten Flächen sehr träg, und fallen nicht herab, wenn man gleich die Unterlage umkehrt. In dieser Stellung kan man auch sehr deutlich sehen, wie sie an der Fläche platt sind, und wie stark das Gewicht dieser kleinen Tropfen von der Kraft des Anhängens übertroffen wird. Die größten Quecksilbertropfen, welche Musschenbroek bilden konnte, waren von 2 1/2 Zoll Durchmesser; diese wurden aber durch ihr eignes Gewicht so platt gedrückt, daß ihre Höhe nie über 0, 15 Zoll betrug. Kleine Tropfen von (1/100) Zoll Durchmesser behielten beynahe völlig ihre Kugelgestalt, ob sie gleich am Buxbaum- Guajak-Granadillenholz u. dergl. so fest hiengen, daß sie auch beym völligen Umkehren nicht herabfielen. Tropfen wässerichter oder ölichter Liquoren, die von einem festen Körper herabhängen, sind am untern Theile rund. Solche Tropfen an Glasgefäßen können eine beträchtliche Größe und Länge erreichen, und die Gestalt eines Cylinders annehmen, der sich unten in eine Halbkugel endigt: nicht als ob die anziehende Kraft des Glases sich auf die ganze Länge des Tropfens erstreckte, sondern weil die Wassertheile einander selbst anziehen, also die untern von den obern, diese aber vom Glase, an dem sie anhängen, gehalten werden. Ist das Gewicht des Tropfens größer, als die Summe aller ziehenden Kräfte in einer gewissen Länge, so fängt sich daselbst an ein dünner Hals zu bilden, und
Tropfen, die auf einer wagrechten Flaͤche liegen, werden durch ihr Gewicht und durch die Adhaͤſion an dieſe Flaͤche am untern Theile platt. Waſſertropfen von 1 Lin. Durchmeſſer auf polirtem Eiſen nahmen die Geſtalt einer Halbkugel an, noch mehr zerfloſſen ſie auf Elfenbein, Guajakholz und Buxbaum, am meiſten auf Queckſilber und Glas. Auf dem wolligten Ueberzuge der Blaͤtter hingegen bleiben die Tropfen faſt voͤllig rund, wie man am Thaue ſieht. Auch auſ gluͤhendem oder ſehr heißem Eiſen bleiben die Tropfen rund, und ſpringen von einer Stelle zur andern, bis ſie ganz verdampft ſind. Kleine Queckſilbertropfen ſind faſt auf allen glatten Flaͤchen ſehr traͤg, und fallen nicht herab, wenn man gleich die Unterlage umkehrt. In dieſer Stellung kan man auch ſehr deutlich ſehen, wie ſie an der Flaͤche platt ſind, und wie ſtark das Gewicht dieſer kleinen Tropfen von der Kraft des Anhaͤngens uͤbertroffen wird. Die groͤßten Queckſilbertropfen, welche Muſſchenbroek bilden konnte, waren von 2 1/2 Zoll Durchmeſſer; dieſe wurden aber durch ihr eignes Gewicht ſo platt gedruͤckt, daß ihre Hoͤhe nie uͤber 0, 15 Zoll betrug. Kleine Tropfen von (1/100) Zoll Durchmeſſer behielten beynahe voͤllig ihre Kugelgeſtalt, ob ſie gleich am Buxbaum- Guajak-Granadillenholz u. dergl. ſo feſt hiengen, daß ſie auch beym voͤlligen Umkehren nicht herabfielen. Tropfen waͤſſerichter oder oͤlichter Liquoren, die von einem feſten Koͤrper herabhaͤngen, ſind am untern Theile rund. Solche Tropfen an Glasgefaͤßen koͤnnen eine betraͤchtliche Groͤße und Laͤnge erreichen, und die Geſtalt eines Cylinders annehmen, der ſich unten in eine Halbkugel endigt: nicht als ob die anziehende Kraft des Glaſes ſich auf die ganze Laͤnge des Tropfens erſtreckte, ſondern weil die Waſſertheile einander ſelbſt anziehen, alſo die untern von den obern, dieſe aber vom Glaſe, an dem ſie anhaͤngen, gehalten werden. Iſt das Gewicht des Tropfens groͤßer, als die Summe aller ziehenden Kraͤfte in einer gewiſſen Laͤnge, ſo faͤngt ſich daſelbſt an ein duͤnner Hals zu bilden, und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0408" xml:id="P.4.398" n="398"/><lb/> Die Durchmeſſer und Hoͤhen der Tropfen maß er durch ein eignes Werkzeug.</p> <p>Tropfen, die auf einer wagrechten Flaͤche liegen, werden durch ihr Gewicht und durch die Adhaͤſion an dieſe Flaͤche am untern Theile platt. Waſſertropfen von 1 Lin. Durchmeſſer auf polirtem Eiſen nahmen die Geſtalt einer Halbkugel an, noch mehr zerfloſſen ſie auf Elfenbein, Guajakholz und Buxbaum, am meiſten auf Queckſilber und Glas. Auf dem wolligten Ueberzuge der Blaͤtter hingegen bleiben die Tropfen faſt voͤllig rund, wie man am Thaue ſieht. Auch auſ gluͤhendem oder ſehr heißem Eiſen bleiben die Tropfen rund, und ſpringen von einer Stelle zur andern, bis ſie ganz verdampft ſind.</p> <p>Kleine Queckſilbertropfen ſind faſt auf allen glatten Flaͤchen ſehr traͤg, und fallen nicht herab, wenn man gleich die Unterlage umkehrt. In dieſer Stellung kan man auch ſehr deutlich ſehen, wie ſie an der Flaͤche platt ſind, und wie ſtark das Gewicht dieſer kleinen Tropfen von der Kraft des Anhaͤngens uͤbertroffen wird. Die groͤßten Queckſilbertropfen, welche <hi rendition="#b">Muſſchenbroek</hi> bilden konnte, waren von 2 1/2 Zoll Durchmeſſer; dieſe wurden aber durch ihr eignes Gewicht ſo platt gedruͤckt, daß ihre Hoͤhe nie uͤber 0, 15 Zoll betrug. Kleine Tropfen von (1/100) Zoll Durchmeſſer behielten beynahe voͤllig ihre Kugelgeſtalt, ob ſie gleich am Buxbaum- Guajak-Granadillenholz u. dergl. ſo feſt hiengen, daß ſie auch beym voͤlligen Umkehren nicht herabfielen.</p> <p>Tropfen waͤſſerichter oder oͤlichter Liquoren, die von einem feſten Koͤrper herabhaͤngen, ſind am untern Theile rund. Solche Tropfen an Glasgefaͤßen koͤnnen eine betraͤchtliche Groͤße und Laͤnge erreichen, und die Geſtalt eines Cylinders annehmen, der ſich unten in eine Halbkugel endigt: nicht als ob die anziehende Kraft des Glaſes ſich auf die ganze Laͤnge des Tropfens erſtreckte, ſondern weil die Waſſertheile einander ſelbſt anziehen, alſo die untern von den obern, dieſe aber vom Glaſe, an dem ſie anhaͤngen, gehalten werden. Iſt das Gewicht des Tropfens groͤßer, als die Summe aller ziehenden Kraͤfte in einer gewiſſen Laͤnge, ſo faͤngt ſich daſelbſt an ein duͤnner Hals zu bilden, und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [398/0408]
Die Durchmeſſer und Hoͤhen der Tropfen maß er durch ein eignes Werkzeug.
Tropfen, die auf einer wagrechten Flaͤche liegen, werden durch ihr Gewicht und durch die Adhaͤſion an dieſe Flaͤche am untern Theile platt. Waſſertropfen von 1 Lin. Durchmeſſer auf polirtem Eiſen nahmen die Geſtalt einer Halbkugel an, noch mehr zerfloſſen ſie auf Elfenbein, Guajakholz und Buxbaum, am meiſten auf Queckſilber und Glas. Auf dem wolligten Ueberzuge der Blaͤtter hingegen bleiben die Tropfen faſt voͤllig rund, wie man am Thaue ſieht. Auch auſ gluͤhendem oder ſehr heißem Eiſen bleiben die Tropfen rund, und ſpringen von einer Stelle zur andern, bis ſie ganz verdampft ſind.
Kleine Queckſilbertropfen ſind faſt auf allen glatten Flaͤchen ſehr traͤg, und fallen nicht herab, wenn man gleich die Unterlage umkehrt. In dieſer Stellung kan man auch ſehr deutlich ſehen, wie ſie an der Flaͤche platt ſind, und wie ſtark das Gewicht dieſer kleinen Tropfen von der Kraft des Anhaͤngens uͤbertroffen wird. Die groͤßten Queckſilbertropfen, welche Muſſchenbroek bilden konnte, waren von 2 1/2 Zoll Durchmeſſer; dieſe wurden aber durch ihr eignes Gewicht ſo platt gedruͤckt, daß ihre Hoͤhe nie uͤber 0, 15 Zoll betrug. Kleine Tropfen von (1/100) Zoll Durchmeſſer behielten beynahe voͤllig ihre Kugelgeſtalt, ob ſie gleich am Buxbaum- Guajak-Granadillenholz u. dergl. ſo feſt hiengen, daß ſie auch beym voͤlligen Umkehren nicht herabfielen.
Tropfen waͤſſerichter oder oͤlichter Liquoren, die von einem feſten Koͤrper herabhaͤngen, ſind am untern Theile rund. Solche Tropfen an Glasgefaͤßen koͤnnen eine betraͤchtliche Groͤße und Laͤnge erreichen, und die Geſtalt eines Cylinders annehmen, der ſich unten in eine Halbkugel endigt: nicht als ob die anziehende Kraft des Glaſes ſich auf die ganze Laͤnge des Tropfens erſtreckte, ſondern weil die Waſſertheile einander ſelbſt anziehen, alſo die untern von den obern, dieſe aber vom Glaſe, an dem ſie anhaͤngen, gehalten werden. Iſt das Gewicht des Tropfens groͤßer, als die Summe aller ziehenden Kraͤfte in einer gewiſſen Laͤnge, ſo faͤngt ſich daſelbſt an ein duͤnner Hals zu bilden, und
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