Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Ist der umgedrehte Körper eine Kugel, so heißt der auf der Axe lothrecht stehende größte Kreis der Aequator der Umdrehung. Alle Punkte der Kugel beschreiben Kreise, welche mit diesem Aequator gleichlaufend sind, und daher Parallelkreise genannt werden; nur die in der Axe selbst befindlichen Punkte, also auch die Pole, ruhen. Bey Körpern von anderer Gestalt sind diese Parallelkreise auch vorhanden, wie CD, GH Fig. 59., nur daß sich nicht allemal einer darunter findet, den man schicklich den Aequator nennen könnte; man müßte denn denjenigen wählen, der von beyden Polen gleich weit absteht. Im freyen Raume, wo alle Hindernisse der Bewegung wegfallen, bewirkt der directe Stoß gegen eine durchaus gleichartige Kugel blos eine fortgehende Bewegung ohne Rotation; der eccentrische Stoß aber bringt zugleich Umdrehung um eine Axe hervor, s. Stoß. Beyde Bewegungen dauren im freyen Raume durch die Trägheit fort, wenn sie einmal entstanden sind, ohne daß eine in die andere weitern Einfluß hat. Centralkräfte, welche die fortgehende Bewegung ändern, wirken in diesem Falle nicht auf die Umdrehung. Wo aber Reiben und andere Hindernisse der freyen Bewegung statt finden, da kan schon der directe Stoß zugleich Umdrehung bewirken; auch hat hier die Umdrehung in den Fortgang selbst Einfluß. Umdrehung um eine Axe bemerkt man an der Erdkugel, am Monde, der Sonne, dem Jupiter und Mars, der Venus, und vermuthet daher dergleichen auch bey den übrigen Körpern unsers Sonnensystems, wo sie sich nicht durch unmittelbare Beobachtung zeigt. Alle Umdrehungen im Sonnensystem gehen nach einerley Seite oder Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, nach welcher auch die fortgehenden Bewegungen erfolgen; daher man sie sehr wahrscheinlich von einem gemeinschaftlichen Ursprunge, nemlich von einem eccentrischen Stoße auf die Massen der Weltkörper herleitet. Da die Centralkräfte und Perturbationen in den Umdrehungen nichts stören, so erfolgen diese letztern mit gleichförmiger Geschwindigkeit, wovon die 24stündige Umdrehung der Erde ein Beyspiel giebt. Iſt der umgedrehte Koͤrper eine Kugel, ſo heißt der auf der Axe lothrecht ſtehende groͤßte Kreis der Aequator der Umdrehung. Alle Punkte der Kugel beſchreiben Kreiſe, welche mit dieſem Aequator gleichlaufend ſind, und daher Parallelkreiſe genannt werden; nur die in der Axe ſelbſt befindlichen Punkte, alſo auch die Pole, ruhen. Bey Koͤrpern von anderer Geſtalt ſind dieſe Parallelkreiſe auch vorhanden, wie CD, GH Fig. 59., nur daß ſich nicht allemal einer darunter findet, den man ſchicklich den Aequator nennen koͤnnte; man muͤßte denn denjenigen waͤhlen, der von beyden Polen gleich weit abſteht. Im freyen Raume, wo alle Hinderniſſe der Bewegung wegfallen, bewirkt der directe Stoß gegen eine durchaus gleichartige Kugel blos eine fortgehende Bewegung ohne Rotation; der eccentriſche Stoß aber bringt zugleich Umdrehung um eine Axe hervor, ſ. Stoß. Beyde Bewegungen dauren im freyen Raume durch die Traͤgheit fort, wenn ſie einmal entſtanden ſind, ohne daß eine in die andere weitern Einfluß hat. Centralkraͤfte, welche die fortgehende Bewegung aͤndern, wirken in dieſem Falle nicht auf die Umdrehung. Wo aber Reiben und andere Hinderniſſe der freyen Bewegung ſtatt finden, da kan ſchon der directe Stoß zugleich Umdrehung bewirken; auch hat hier die Umdrehung in den Fortgang ſelbſt Einfluß. Umdrehung um eine Axe bemerkt man an der Erdkugel, am Monde, der Sonne, dem Jupiter und Mars, der Venus, und vermuthet daher dergleichen auch bey den uͤbrigen Koͤrpern unſers Sonnenſyſtems, wo ſie ſich nicht durch unmittelbare Beobachtung zeigt. Alle Umdrehungen im Sonnenſyſtem gehen nach einerley Seite oder Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, nach welcher auch die fortgehenden Bewegungen erfolgen; daher man ſie ſehr wahrſcheinlich von einem gemeinſchaftlichen Urſprunge, nemlich von einem eccentriſchen Stoße auf die Maſſen der Weltkoͤrper herleitet. Da die Centralkraͤfte und Perturbationen in den Umdrehungen nichts ſtoͤren, ſo erfolgen dieſe letztern mit gleichfoͤrmiger Geſchwindigkeit, wovon die 24ſtuͤndige Umdrehung der Erde ein Beyſpiel giebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0418" xml:id="P.4.408" n="408"/><lb/> </p> <p>Iſt der umgedrehte Koͤrper eine Kugel, ſo heißt der auf der Axe lothrecht ſtehende groͤßte Kreis der <hi rendition="#b">Aequator der Umdrehung.</hi> Alle Punkte der Kugel beſchreiben Kreiſe, welche mit dieſem Aequator gleichlaufend ſind, und daher <hi rendition="#b">Parallelkreiſe</hi> genannt werden; nur die in der Axe ſelbſt befindlichen Punkte, alſo auch die Pole, ruhen. 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Iſt der umgedrehte Koͤrper eine Kugel, ſo heißt der auf der Axe lothrecht ſtehende groͤßte Kreis der Aequator der Umdrehung. Alle Punkte der Kugel beſchreiben Kreiſe, welche mit dieſem Aequator gleichlaufend ſind, und daher Parallelkreiſe genannt werden; nur die in der Axe ſelbſt befindlichen Punkte, alſo auch die Pole, ruhen. Bey Koͤrpern von anderer Geſtalt ſind dieſe Parallelkreiſe auch vorhanden, wie CD, GH Fig. 59., nur daß ſich nicht allemal einer darunter findet, den man ſchicklich den Aequator nennen koͤnnte; man muͤßte denn denjenigen waͤhlen, der von beyden Polen gleich weit abſteht.
Im freyen Raume, wo alle Hinderniſſe der Bewegung wegfallen, bewirkt der directe Stoß gegen eine durchaus gleichartige Kugel blos eine fortgehende Bewegung ohne Rotation; der eccentriſche Stoß aber bringt zugleich Umdrehung um eine Axe hervor, ſ. Stoß. Beyde Bewegungen dauren im freyen Raume durch die Traͤgheit fort, wenn ſie einmal entſtanden ſind, ohne daß eine in die andere weitern Einfluß hat. Centralkraͤfte, welche die fortgehende Bewegung aͤndern, wirken in dieſem Falle nicht auf die Umdrehung. Wo aber Reiben und andere Hinderniſſe der freyen Bewegung ſtatt finden, da kan ſchon der directe Stoß zugleich Umdrehung bewirken; auch hat hier die Umdrehung in den Fortgang ſelbſt Einfluß.
Umdrehung um eine Axe bemerkt man an der Erdkugel, am Monde, der Sonne, dem Jupiter und Mars, der Venus, und vermuthet daher dergleichen auch bey den uͤbrigen Koͤrpern unſers Sonnenſyſtems, wo ſie ſich nicht durch unmittelbare Beobachtung zeigt. Alle Umdrehungen im Sonnenſyſtem gehen nach einerley Seite oder Richtung, nemlich nach der Ordnung der Zeichen, nach welcher auch die fortgehenden Bewegungen erfolgen; daher man ſie ſehr wahrſcheinlich von einem gemeinſchaftlichen Urſprunge, nemlich von einem eccentriſchen Stoße auf die Maſſen der Weltkoͤrper herleitet. Da die Centralkraͤfte und Perturbationen in den Umdrehungen nichts ſtoͤren, ſo erfolgen dieſe letztern mit gleichfoͤrmiger Geſchwindigkeit, wovon die 24ſtuͤndige Umdrehung der Erde ein Beyſpiel giebt.
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