Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Die Sehne eines Kreises erscheint jedem Auge, das im Umfange des Kreises steht, unter einem gleich großen Sehewinkel, weil alle Winkel an der Peripherie, die diese Sehne uberspannen, einander gleich sind. Man nimmt dies für die Ursache der Gestalt an, welche die Alten ihren Amphitheatern gaben. Dennoch richtet sich unser Urtheil von der Größe der Dinge nicht nach dem Sehewinkel allein. Versteht man also unter scheinbarer Größe den Begrif, der sich auf unser Urtheil gründet, so ist dieselbe nicht mehr mit dem Sehewinkel einerley. In diesem Sinne ist scheinbare Größe etwas sehr unbestimmtes, das von willkührlicher Schätzung abhängt, da hingegen der Sehewinkel in jedem Falle bestimmt ist, s. Größe, scheinbare. Smith's vollst. Lehrbegrif der Optik, durch Kästner, S. 29. §. 97. S. 502. §. 63 u. f. Priestley Geschichte der Optik, durch Klügel, S. 484. und f. Kästner Anfangsgr. der angewandten Mathem. Gött. 1780. 8. Optik. §. 30 u. f. Sehungsbogen, Arcus visionis, Arc de vision. Unter dem Sehungsbogen eines Sterns versteht man die geringste Tiefe der Sonne unter dem Horizonte, bey welcher der Stern sichtbar ist. So lange die Sonne über dem Horizonte ist, verdunkelt ihr ungemein starkes Licht den Glanz der übrigen Gestirne. Nur den Mond und die Venus kan man unter vortheilhaften Umständen (d. i. wenn sie stark erleuchtet werden, der Sonne nicht zu nahe sind, und diese nicht allzuhoch steht) bey Tage sehen. Die übrigen Gestirne werden erst nach Sonnenuntergang sichtbar, und zwar desto eher, je beträchtlicher ihre scheinbare Größe und je stärker ihr Licht ist.
Die Sehne eines Kreiſes erſcheint jedem Auge, das im Umfange des Kreiſes ſteht, unter einem gleich großen Sehewinkel, weil alle Winkel an der Peripherie, die dieſe Sehne uberſpannen, einander gleich ſind. Man nimmt dies fuͤr die Urſache der Geſtalt an, welche die Alten ihren Amphitheatern gaben. Dennoch richtet ſich unſer Urtheil von der Groͤße der Dinge nicht nach dem Sehewinkel allein. Verſteht man alſo unter ſcheinbarer Groͤße den Begrif, der ſich auf unſer Urtheil gruͤndet, ſo iſt dieſelbe nicht mehr mit dem Sehewinkel einerley. In dieſem Sinne iſt ſcheinbare Groͤße etwas ſehr unbeſtimmtes, das von willkuͤhrlicher Schaͤtzung abhaͤngt, da hingegen der Sehewinkel in jedem Falle beſtimmt iſt, ſ. Groͤße, ſcheinbare. Smith's vollſt. Lehrbegrif der Optik, durch Kaͤſtner, S. 29. §. 97. S. 502. §. 63 u. f. Prieſtley Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 484. und f. Kaͤſtner Anfangsgr. der angewandten Mathem. Goͤtt. 1780. 8. Optik. §. 30 u. f. Sehungsbogen, Arcus viſionis, Arc de viſion. Unter dem Sehungsbogen eines Sterns verſteht man die geringſte Tiefe der Sonne unter dem Horizonte, bey welcher der Stern ſichtbar iſt. So lange die Sonne uͤber dem Horizonte iſt, verdunkelt ihr ungemein ſtarkes Licht den Glanz der uͤbrigen Geſtirne. Nur den Mond und die Venus kan man unter vortheilhaften Umſtaͤnden (d. i. wenn ſie ſtark erleuchtet werden, der Sonne nicht zu nahe ſind, und dieſe nicht allzuhoch ſteht) bey Tage ſehen. Die uͤbrigen Geſtirne werden erſt nach Sonnenuntergang ſichtbar, und zwar deſto eher, je betraͤchtlicher ihre ſcheinbare Groͤße und je ſtaͤrker ihr Licht iſt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0044" xml:id="P.4.34" n="34"/><lb/> ziemlich deutlich mitſehen, die nicht uͤber 45° von der Augenaxe ringsum abliegen. Daher wird der <hi rendition="#b">groͤſte Sehewinkel,</hi> den das Auge auf einmal mit Deutlichkeit ſaſſen kan, insgemein=90° und ſo angenommen, daß auf jeder Seite der Augenaxe eine Helfte davon liegt, <hi rendition="#b">ſ. Geſichtsfeld.</hi></p> <p>Die Sehne eines Kreiſes erſcheint jedem Auge, das im Umfange des Kreiſes ſteht, unter einem gleich großen Sehewinkel, weil alle Winkel an der Peripherie, die dieſe Sehne uberſpannen, einander gleich ſind. Man nimmt dies fuͤr die Urſache der Geſtalt an, welche die Alten ihren Amphitheatern gaben.</p> <p>Dennoch richtet ſich unſer Urtheil von der Groͤße der Dinge nicht nach dem Sehewinkel allein. Verſteht man alſo unter ſcheinbarer Groͤße den Begrif, der ſich auf unſer Urtheil gruͤndet, ſo iſt dieſelbe nicht mehr mit dem Sehewinkel einerley. In dieſem Sinne iſt ſcheinbare Groͤße etwas ſehr unbeſtimmtes, das von willkuͤhrlicher Schaͤtzung abhaͤngt, da hingegen der Sehewinkel in jedem Falle beſtimmt iſt, <hi rendition="#b">ſ. Groͤße, ſcheinbare.</hi></p> </div> <div n="3"> <head>Smith's</head><lb/> <p>vollſt. Lehrbegrif der Optik, durch Kaͤſtner, S. 29. §. 97. S. 502. §. 63 u. f.</p> <p><hi rendition="#b">Prieſtley</hi> Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 484. und f.</p> <p><hi rendition="#b">Kaͤſtner</hi> Anfangsgr. der angewandten Mathem. Goͤtt. 1780. 8. Optik. §. 30 u. f.</p> </div> <div n="3"> <head>Sehungsbogen, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Arcus viſionis</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Arc de viſion</hi></foreign></name>.</head><lb/> <p>Unter dem Sehungsbogen eines Sterns verſteht man die geringſte Tiefe der Sonne unter dem Horizonte, bey welcher der Stern ſichtbar iſt. So lange die Sonne uͤber dem Horizonte iſt, verdunkelt ihr ungemein ſtarkes Licht den Glanz der uͤbrigen Geſtirne. Nur den Mond und die Venus kan man unter vortheilhaften Umſtaͤnden (d. i. wenn ſie ſtark erleuchtet werden, der Sonne nicht zu nahe ſind, und dieſe nicht allzuhoch ſteht) bey Tage ſehen. Die uͤbrigen Geſtirne werden erſt nach Sonnenuntergang ſichtbar, und zwar deſto eher, je betraͤchtlicher ihre ſcheinbare Groͤße und je ſtaͤrker ihr Licht iſt.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0044]
ziemlich deutlich mitſehen, die nicht uͤber 45° von der Augenaxe ringsum abliegen. Daher wird der groͤſte Sehewinkel, den das Auge auf einmal mit Deutlichkeit ſaſſen kan, insgemein=90° und ſo angenommen, daß auf jeder Seite der Augenaxe eine Helfte davon liegt, ſ. Geſichtsfeld.
Die Sehne eines Kreiſes erſcheint jedem Auge, das im Umfange des Kreiſes ſteht, unter einem gleich großen Sehewinkel, weil alle Winkel an der Peripherie, die dieſe Sehne uberſpannen, einander gleich ſind. Man nimmt dies fuͤr die Urſache der Geſtalt an, welche die Alten ihren Amphitheatern gaben.
Dennoch richtet ſich unſer Urtheil von der Groͤße der Dinge nicht nach dem Sehewinkel allein. Verſteht man alſo unter ſcheinbarer Groͤße den Begrif, der ſich auf unſer Urtheil gruͤndet, ſo iſt dieſelbe nicht mehr mit dem Sehewinkel einerley. In dieſem Sinne iſt ſcheinbare Groͤße etwas ſehr unbeſtimmtes, das von willkuͤhrlicher Schaͤtzung abhaͤngt, da hingegen der Sehewinkel in jedem Falle beſtimmt iſt, ſ. Groͤße, ſcheinbare.
Smith's
vollſt. Lehrbegrif der Optik, durch Kaͤſtner, S. 29. §. 97. S. 502. §. 63 u. f.
Prieſtley Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 484. und f.
Kaͤſtner Anfangsgr. der angewandten Mathem. Goͤtt. 1780. 8. Optik. §. 30 u. f.
Sehungsbogen, Arcus viſionis, Arc de viſion.
Unter dem Sehungsbogen eines Sterns verſteht man die geringſte Tiefe der Sonne unter dem Horizonte, bey welcher der Stern ſichtbar iſt. So lange die Sonne uͤber dem Horizonte iſt, verdunkelt ihr ungemein ſtarkes Licht den Glanz der uͤbrigen Geſtirne. Nur den Mond und die Venus kan man unter vortheilhaften Umſtaͤnden (d. i. wenn ſie ſtark erleuchtet werden, der Sonne nicht zu nahe ſind, und dieſe nicht allzuhoch ſteht) bey Tage ſehen. Die uͤbrigen Geſtirne werden erſt nach Sonnenuntergang ſichtbar, und zwar deſto eher, je betraͤchtlicher ihre ſcheinbare Groͤße und je ſtaͤrker ihr Licht iſt.
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