Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Gegen Crawfords Erklärungen durch Capacität läst sich einwenden, daß Capacität nichts ist, wenn man nicht damit den Begrif eines thätigen Stofs verbindet, für dessen Wirksamkeit die Capacität vorhanden ist. Nimmt man nun den Wärmestof für einen solchen an, so läuft die ganze Idee von Capacität auf Grad der Verwandtschaft oder Anziehung gegen diesen Stof hinaus, wodurch eine größere oder geringere Menge desselben im Gleichgewichte gehalten und eben dadurch ihrer anderweiten Thätigkeit beraubt wird. Und nun erklärt sich aus dieser Quantität wirksamen oder unwirksamen Stofs, d. i. aus freyer oder gebundner Wärme, alles, ohne daß man gerade die Idee von Capacität nöthig hat. Diese Betrachtung, die Herr de Lüc einigemal gegen Crawford anführt, bewog die Herren Lavoisier und de la Place zu der Erfindung ihres Eisapparats, durch den man die ganzen Wärmemengen findet, welche die Stoffe bey verschiedenen Temperaturen enthalten, s. den Artikel: Wärmemesser. Eben dieser Gedanke zeigt auch, daß in vielen Fällen die Capacität allein nicht hinreicht, alles zu erklären, z. B. wenn viel Wärme plötzlich frey wird, wenn sie sich in einem Falle schneller, im andern langsamer entbindet, wenn sich die absoluten Mengen der Wärme anders, als die gefundenen Capacitäten, verhalten u. s. w. Man kömmt viel weiter, wenn man direct bey der Wärmemenge selbst, als dem Hauptbegriffe, stehen bleibt. Herr de Lüc, dessen Theorie der Wärme beym Worte Feuer (Th. II. S. 225. u. f.) vorgetragen ist, hat eben diese Meinung, wie man dort S. 226. und 230 sehen kan. Daß die Luftgestalt der Materie von ihrer innigen Verbindung mit dem Wärmestof, oder von ihrer Auflösung in demselben herkomme, beweisen die Versuche von Lavoisier (Opusc. phys. et chym. To. III. 1783. 8.) und Achard (in Crells chemischen Annalen 1785. 4. 5. 6. St.). Die letztern zeigen, daß bey Ablöschung glühender Stoffe in völlig luftleerem Wasser allemal Luft erzeugt wird, und daß Wasserdämpfe sowohl, als eine große Menge anderer Dämpfe, wenn man sie durch glühende Röhren gehen läßt, Gegen Crawfords Erklaͤrungen durch Capacitaͤt laͤſt ſich einwenden, daß Capacitaͤt nichts iſt, wenn man nicht damit den Begrif eines thaͤtigen Stofs verbindet, fuͤr deſſen Wirkſamkeit die Capacitaͤt vorhanden iſt. Nimmt man nun den Waͤrmeſtof fuͤr einen ſolchen an, ſo laͤuft die ganze Idee von Capacitaͤt auf Grad der Verwandtſchaft oder Anziehung gegen dieſen Stof hinaus, wodurch eine groͤßere oder geringere Menge deſſelben im Gleichgewichte gehalten und eben dadurch ihrer anderweiten Thaͤtigkeit beraubt wird. Und nun erklaͤrt ſich aus dieſer Quantitaͤt wirkſamen oder unwirkſamen Stofs, d. i. aus freyer oder gebundner Waͤrme, alles, ohne daß man gerade die Idee von Capacitaͤt noͤthig hat. Dieſe Betrachtung, die Herr de Luͤc einigemal gegen Crawford anfuͤhrt, bewog die Herren Lavoiſier und de la Place zu der Erfindung ihres Eisapparats, durch den man die ganzen Waͤrmemengen findet, welche die Stoffe bey verſchiedenen Temperaturen enthalten, ſ. den Artikel: Waͤrmemeſſer. Eben dieſer Gedanke zeigt auch, daß in vielen Faͤllen die Capacitaͤt allein nicht hinreicht, alles zu erklaͤren, z. B. wenn viel Waͤrme ploͤtzlich frey wird, wenn ſie ſich in einem Falle ſchneller, im andern langſamer entbindet, wenn ſich die abſoluten Mengen der Waͤrme anders, als die gefundenen Capacitaͤten, verhalten u. ſ. w. Man koͤmmt viel weiter, wenn man direct bey der Waͤrmemenge ſelbſt, als dem Hauptbegriffe, ſtehen bleibt. Herr de Luͤc, deſſen Theorie der Waͤrme beym Worte Feuer (Th. II. S. 225. u. f.) vorgetragen iſt, hat eben dieſe Meinung, wie man dort S. 226. und 230 ſehen kan. Daß die Luftgeſtalt der Materie von ihrer innigen Verbindung mit dem Waͤrmeſtof, oder von ihrer Aufloͤſung in demſelben herkomme, beweiſen die Verſuche von Lavoiſier (Opuſc. phyſ. et chym. To. III. 1783. 8.) und Achard (in Crells chemiſchen Annalen 1785. 4. 5. 6. St.). Die letztern zeigen, daß bey Abloͤſchung gluͤhender Stoffe in voͤllig luftleerem Waſſer allemal Luft erzeugt wird, und daß Waſſerdaͤmpfe ſowohl, als eine große Menge anderer Daͤmpfe, wenn man ſie durch gluͤhende Roͤhren gehen laͤßt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0576" xml:id="P.4.566" n="566"/><lb/> </p> <p>Gegen Crawfords Erklaͤrungen durch Capacitaͤt laͤſt ſich einwenden, daß Capacitaͤt nichts iſt, wenn man nicht damit den Begrif eines thaͤtigen Stofs verbindet, fuͤr deſſen Wirkſamkeit die Capacitaͤt vorhanden iſt. Nimmt man nun den Waͤrmeſtof fuͤr einen ſolchen an, ſo laͤuft die ganze Idee von Capacitaͤt auf Grad der Verwandtſchaft oder Anziehung gegen dieſen Stof hinaus, wodurch eine groͤßere oder geringere Menge deſſelben im Gleichgewichte gehalten und eben dadurch ihrer anderweiten Thaͤtigkeit beraubt wird. Und nun erklaͤrt ſich aus dieſer Quantitaͤt wirkſamen oder unwirkſamen Stofs, d. i. aus freyer oder gebundner Waͤrme, alles, ohne daß man gerade die Idee von Capacitaͤt noͤthig hat. Dieſe Betrachtung, die Herr <hi rendition="#b">de Luͤc</hi> einigemal gegen <hi rendition="#b">Crawford</hi> anfuͤhrt, bewog die Herren <hi rendition="#b">Lavoiſier</hi> und <hi rendition="#b">de la Place</hi> zu der Erfindung ihres Eisapparats, durch den man die ganzen Waͤrmemengen findet, welche die Stoffe bey verſchiedenen Temperaturen enthalten, ſ. den Artikel: <hi rendition="#b">Waͤrmemeſſer.</hi> Eben dieſer Gedanke zeigt auch, daß in vielen Faͤllen die Capacitaͤt allein nicht hinreicht, alles zu erklaͤren, z. B. wenn viel Waͤrme ploͤtzlich frey wird, wenn ſie ſich in einem Falle ſchneller, im andern langſamer entbindet, wenn ſich die abſoluten Mengen der Waͤrme anders, als die gefundenen Capacitaͤten, verhalten u. ſ. w. 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Daß die Luftgeſtalt der Materie von ihrer innigen Verbindung mit dem Waͤrmeſtof, oder von ihrer Aufloͤſung in demſelben herkomme, beweiſen die Verſuche von Lavoiſier (Opuſc. phyſ. et chym. To. III. 1783. 8.) und Achard (in Crells chemiſchen Annalen 1785. 4. 5. 6. St.). Die letztern zeigen, daß bey Abloͤſchung gluͤhender Stoffe in voͤllig luftleerem Waſſer allemal Luft erzeugt wird, und daß Waſſerdaͤmpfe ſowohl, als eine große Menge anderer Daͤmpfe, wenn man ſie durch gluͤhende Roͤhren gehen laͤßt,
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