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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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quandam in declinationibus varietatem, quae nec refractionibus nec parallaxibus tribui potest, sine dubio ad vacillationem aliquam poli terrestris referendam, cujus me verisimilem dare posse theoriam observationibus munitam spero
). Aber die damaligen Werkzeuge waren noch zu unvollkommen, um so feine Bewegungen mit entscheidender Gewißheit anzugeben.

Jacob Bradley suchte sich die kleine jährliche Bewegung der Fixsterne, die er durch seine Beobachtungen in den Jahren 1725--1728 entdeckte, anfänglich auch aus einem Wanken der Erdaxe zu erklären; er fand aber bald, daß die wahre Ursache eine andere sey, s. Abirrung des Lichts. Bey den äußerst feinen Beobachtungen nun, die er über diese Abirrung bis zum Jahre 1747 fortsetzte, ward er eine neue Verschiedenheit in der Größe gewahr, um welche das Vorrücken der Nachtgleichen die Abweichungen der Fixsterne änderte.

Im Jahre 1727, da der aufsteigende Knoten des Monds den Frühlingspunkt traf, schien das Vorrücken der am Kolur der Nachtgleichen stehenden Sterne etwas größer, als sonst, geworden zu seyn; im Jahre 1732, da der Mondsknoten bis zum Winterpunkte zurückgegangen war, hatte es seine gewöhnliche mittlere Größe; in den folgenden Jahren ward es geringer bis 1736, da der Mondsknoten zur Herbstnachtgleiche kam. In der folgenden Helfte des Umlaufs der Mondsknoten nahm es wieder zu, so daß es 1741 seine mittlere Größe erreichte, und 1745 am Ende von 18 Jahren wieder eben so groß, als 1727 war. Dabey hatten die Sterne, welche nahe am Kolur der Sonnenwenden standen, ihre Abweichung von 1727 bis 1736 um 18" weniger verändert, als es die mittlere Größe des Vorrückens erforderte; von 1736 bis 1745 hingegen veränderten sie dieselbe 18" mehr, so daß sie am Ende dieser 18 Jahre, in welchen die Mondsknoten einen völligen Umlauf gemacht hatten, alle wieder in den vorigen Punkten des Himmels standen, wenn dabey das Vorrücken der Nachtgleichen mit in Betrachtung gezogen ward.


quandam in declinationibus varietatem, quae nec refractionibus nec parallaxibus tribui poteſt, ſine dubio ad vacillationem aliquam poli terreſtris referendam, cujus me veriſimilem dare poſſe theoriam obſervationibus munitam ſpero
). Aber die damaligen Werkzeuge waren noch zu unvollkommen, um ſo feine Bewegungen mit entſcheidender Gewißheit anzugeben.

Jacob Bradley ſuchte ſich die kleine jaͤhrliche Bewegung der Fixſterne, die er durch ſeine Beobachtungen in den Jahren 1725—1728 entdeckte, anfaͤnglich auch aus einem Wanken der Erdaxe zu erklaͤren; er fand aber bald, daß die wahre Urſache eine andere ſey, ſ. Abirrung des Lichts. Bey den aͤußerſt feinen Beobachtungen nun, die er uͤber dieſe Abirrung bis zum Jahre 1747 fortſetzte, ward er eine neue Verſchiedenheit in der Groͤße gewahr, um welche das Vorruͤcken der Nachtgleichen die Abweichungen der Fixſterne aͤnderte.

Im Jahre 1727, da der aufſteigende Knoten des Monds den Fruͤhlingspunkt traf, ſchien das Vorruͤcken der am Kolur der Nachtgleichen ſtehenden Sterne etwas groͤßer, als ſonſt, geworden zu ſeyn; im Jahre 1732, da der Mondsknoten bis zum Winterpunkte zuruͤckgegangen war, hatte es ſeine gewoͤhnliche mittlere Groͤße; in den folgenden Jahren ward es geringer bis 1736, da der Mondsknoten zur Herbſtnachtgleiche kam. In der folgenden Helfte des Umlaufs der Mondsknoten nahm es wieder zu, ſo daß es 1741 ſeine mittlere Groͤße erreichte, und 1745 am Ende von 18 Jahren wieder eben ſo groß, als 1727 war. Dabey hatten die Sterne, welche nahe am Kolur der Sonnenwenden ſtanden, ihre Abweichung von 1727 bis 1736 um 18″ weniger veraͤndert, als es die mittlere Groͤße des Vorruͤckens erforderte; von 1736 bis 1745 hingegen veraͤnderten ſie dieſelbe 18″ mehr, ſo daß ſie am Ende dieſer 18 Jahre, in welchen die Mondsknoten einen voͤlligen Umlauf gemacht hatten, alle wieder in den vorigen Punkten des Himmels ſtanden, wenn dabey das Vorruͤcken der Nachtgleichen mit in Betrachtung gezogen ward.

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[623/0633] quandam in declinationibus varietatem, quae nec refractionibus nec parallaxibus tribui poteſt, ſine dubio ad vacillationem aliquam poli terreſtris referendam, cujus me veriſimilem dare poſſe theoriam obſervationibus munitam ſpero). Aber die damaligen Werkzeuge waren noch zu unvollkommen, um ſo feine Bewegungen mit entſcheidender Gewißheit anzugeben. Jacob Bradley ſuchte ſich die kleine jaͤhrliche Bewegung der Fixſterne, die er durch ſeine Beobachtungen in den Jahren 1725—1728 entdeckte, anfaͤnglich auch aus einem Wanken der Erdaxe zu erklaͤren; er fand aber bald, daß die wahre Urſache eine andere ſey, ſ. Abirrung des Lichts. Bey den aͤußerſt feinen Beobachtungen nun, die er uͤber dieſe Abirrung bis zum Jahre 1747 fortſetzte, ward er eine neue Verſchiedenheit in der Groͤße gewahr, um welche das Vorruͤcken der Nachtgleichen die Abweichungen der Fixſterne aͤnderte. Im Jahre 1727, da der aufſteigende Knoten des Monds den Fruͤhlingspunkt traf, ſchien das Vorruͤcken der am Kolur der Nachtgleichen ſtehenden Sterne etwas groͤßer, als ſonſt, geworden zu ſeyn; im Jahre 1732, da der Mondsknoten bis zum Winterpunkte zuruͤckgegangen war, hatte es ſeine gewoͤhnliche mittlere Groͤße; in den folgenden Jahren ward es geringer bis 1736, da der Mondsknoten zur Herbſtnachtgleiche kam. In der folgenden Helfte des Umlaufs der Mondsknoten nahm es wieder zu, ſo daß es 1741 ſeine mittlere Groͤße erreichte, und 1745 am Ende von 18 Jahren wieder eben ſo groß, als 1727 war. Dabey hatten die Sterne, welche nahe am Kolur der Sonnenwenden ſtanden, ihre Abweichung von 1727 bis 1736 um 18″ weniger veraͤndert, als es die mittlere Groͤße des Vorruͤckens erforderte; von 1736 bis 1745 hingegen veraͤnderten ſie dieſelbe 18″ mehr, ſo daß ſie am Ende dieſer 18 Jahre, in welchen die Mondsknoten einen voͤlligen Umlauf gemacht hatten, alle wieder in den vorigen Punkten des Himmels ſtanden, wenn dabey das Vorruͤcken der Nachtgleichen mit in Betrachtung gezogen ward.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/633>, abgerufen am 28.07.2024.