Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Die Dämpfe des Wassers bringen durch ihre Elasticität, wenn sie eingeschlossen sind, sehr gewaltsame Wirkungen hervor. Hiedurch entstehen die heftigen Explosionen des Wassers, wenn es plötzlich einer großen Hitze ausgesetzt, und an freyer Verbreitung seiner Dämpfe gehindert wird, z. B. wenn man es in ein sehr heisses Oel gießt, oder wenn man geschmolzene und glühende Metalle in ein Gefäß schüttet, worinn sich einige Tropfen Wasser befinden. Hingegen kan das Wasser bey chymischer Verbindung mit andern Körpern, z. B. mit dem Kalke und den fixen Laugensalzen, die stärkste und plötzlichste Glühhitze ohne Verplatzung aushalten. Dies beweist, daß es nicht eben allemal in großer Hitze verdampft. Sein Verdampfen ist eine Wirkung seiner Verbindung mit der Wärme, und fällt weg, wenn das Wasser Stoffe antrift, mit denen es noch näher, als mit dem Feuer oder Wärmestof, verwandt ist. Endlich kan auch das Wasser in der Glühhitze die Luftgestalt annehmen, wenn seine Dämpfe durch glühende Röhren hindurch geleitet werden. Man hat alle Ursache zu glauben, daß sich die Dämpfe nicht eher in ein permanent elastisches Fluidum verwandeln, als bis sie die glühende Stelle des Rohrs erreicht haben. Die Beschaffenheit der erhaltenen Luft hängt von der Materie des Rohrs ab. Durch irdene Röhren erhält man phlogistisirte, durch eiserne Röhren oder Flintenläufe brennbare Luft (s. Achards Versuche in Crells chem. Ann. I. 1785. B. I. S. 304. u. f. 387. u. f. 522. u. f.). D. Priestley verwandelte im I. 1785 reines Wasser in permanente Luft, indem er es in irdenen Retorten mit lebendigem Kalke verband, und einer starken Hitze aussetzte. Die erhaltene Luft war zum Theil fixe, und insgesammt von der Natur, daß ein Licht kaum in ihr brannte. Gebrauchte er gläserne Retorten, so erhielt er blos Dämpfe und keine Luft, aus Flintenläufen aber brennbare Luft. Lavoisier und Meusnier (Mem. de l'acad. des sc. de Paris, 1781.) entwickelten vermittelst eines eignen Apparats aus Wasser, welches auf glühenden Eisendrath getröpfelt ward, eine große
Die Daͤmpfe des Waſſers bringen durch ihre Elaſticitaͤt, wenn ſie eingeſchloſſen ſind, ſehr gewaltſame Wirkungen hervor. Hiedurch entſtehen die heftigen Exploſionen des Waſſers, wenn es ploͤtzlich einer großen Hitze ausgeſetzt, und an freyer Verbreitung ſeiner Daͤmpfe gehindert wird, z. B. wenn man es in ein ſehr heiſſes Oel gießt, oder wenn man geſchmolzene und gluͤhende Metalle in ein Gefaͤß ſchuͤttet, worinn ſich einige Tropfen Waſſer befinden. Hingegen kan das Waſſer bey chymiſcher Verbindung mit andern Koͤrpern, z. B. mit dem Kalke und den fixen Laugenſalzen, die ſtaͤrkſte und ploͤtzlichſte Gluͤhhitze ohne Verplatzung aushalten. Dies beweiſt, daß es nicht eben allemal in großer Hitze verdampft. Sein Verdampfen iſt eine Wirkung ſeiner Verbindung mit der Waͤrme, und faͤllt weg, wenn das Waſſer Stoffe antrift, mit denen es noch naͤher, als mit dem Feuer oder Waͤrmeſtof, verwandt iſt. Endlich kan auch das Waſſer in der Gluͤhhitze die Luftgeſtalt annehmen, wenn ſeine Daͤmpfe durch gluͤhende Roͤhren hindurch geleitet werden. Man hat alle Urſache zu glauben, daß ſich die Daͤmpfe nicht eher in ein permanent elaſtiſches Fluidum verwandeln, als bis ſie die gluͤhende Stelle des Rohrs erreicht haben. Die Beſchaffenheit der erhaltenen Luft haͤngt von der Materie des Rohrs ab. Durch irdene Roͤhren erhaͤlt man phlogiſtiſirte, durch eiſerne Roͤhren oder Flintenlaͤufe brennbare Luft (ſ. Achards Verſuche in Crells chem. Ann. I. 1785. B. I. S. 304. u. f. 387. u. f. 522. u. f.). D. Prieſtley verwandelte im I. 1785 reines Waſſer in permanente Luft, indem er es in irdenen Retorten mit lebendigem Kalke verband, und einer ſtarken Hitze ausſetzte. Die erhaltene Luft war zum Theil fixe, und insgeſammt von der Natur, daß ein Licht kaum in ihr brannte. Gebrauchte er glaͤſerne Retorten, ſo erhielt er blos Daͤmpfe und keine Luft, aus Flintenlaͤufen aber brennbare Luft. Lavoiſier und Meusnier (Mém. de l'acad. des ſc. de Paris, 1781.) entwickelten vermittelſt eines eignen Apparats aus Waſſer, welches auf gluͤhenden Eiſendrath getroͤpfelt ward, eine große <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0638" xml:id="P.4.628" n="628"/><lb/> ziemlichen Grad der Fluͤßigkeit, deſſen Wirkungen nut durch aͤußern Druck zuruͤckgehalten werden.</p> <p>Die Daͤmpfe des Waſſers bringen durch ihre Elaſticitaͤt, wenn ſie eingeſchloſſen ſind, ſehr gewaltſame Wirkungen hervor. Hiedurch entſtehen die heftigen Exploſionen des Waſſers, wenn es ploͤtzlich einer großen Hitze ausgeſetzt, und an freyer Verbreitung ſeiner Daͤmpfe gehindert wird, z. B. wenn man es in ein ſehr heiſſes Oel gießt, oder wenn man geſchmolzene und gluͤhende Metalle in ein Gefaͤß ſchuͤttet, worinn ſich einige Tropfen Waſſer befinden. Hingegen kan das Waſſer bey chymiſcher Verbindung mit andern Koͤrpern, z. B. mit dem Kalke und den fixen Laugenſalzen, die ſtaͤrkſte und ploͤtzlichſte Gluͤhhitze ohne Verplatzung aushalten. Dies beweiſt, daß es nicht eben allemal in großer Hitze verdampft. Sein Verdampfen iſt eine Wirkung ſeiner Verbindung mit der Waͤrme, und faͤllt weg, wenn das Waſſer Stoffe antrift, mit denen es noch naͤher, als mit dem Feuer oder Waͤrmeſtof, verwandt iſt.</p> <p>Endlich kan auch das Waſſer in der Gluͤhhitze die Luftgeſtalt annehmen, wenn ſeine Daͤmpfe durch gluͤhende Roͤhren hindurch geleitet werden. Man hat alle Urſache zu glauben, daß ſich die Daͤmpfe nicht eher in ein permanent elaſtiſches Fluidum verwandeln, als bis ſie die gluͤhende Stelle des Rohrs erreicht haben. Die Beſchaffenheit der erhaltenen Luft haͤngt von der Materie des Rohrs ab. Durch irdene Roͤhren erhaͤlt man phlogiſtiſirte, durch eiſerne Roͤhren oder Flintenlaͤufe brennbare Luft (<hi rendition="#b">ſ. Achards</hi> Verſuche in <hi rendition="#b">Crells</hi> chem. Ann. I. 1785. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 304. u. f. 387. u. f. 522. u. f.). <hi rendition="#b">D. Prieſtley</hi> verwandelte im I. 1785 reines Waſſer in permanente Luft, indem er es in irdenen Retorten mit lebendigem Kalke verband, und einer ſtarken Hitze ausſetzte. Die erhaltene Luft war zum Theil fixe, und insgeſammt von der Natur, daß ein Licht kaum in ihr brannte. Gebrauchte er glaͤſerne Retorten, ſo erhielt er blos Daͤmpfe und keine Luft, aus Flintenlaͤufen aber brennbare Luft. <hi rendition="#b">Lavoiſier</hi> und <hi rendition="#b">Meusnier</hi> (<hi rendition="#aq">Mém. de l'acad. des ſc. de Paris, 1781.</hi>) entwickelten vermittelſt eines eignen Apparats aus Waſſer, welches auf gluͤhenden Eiſendrath getroͤpfelt ward, eine große<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [628/0638]
ziemlichen Grad der Fluͤßigkeit, deſſen Wirkungen nut durch aͤußern Druck zuruͤckgehalten werden.
Die Daͤmpfe des Waſſers bringen durch ihre Elaſticitaͤt, wenn ſie eingeſchloſſen ſind, ſehr gewaltſame Wirkungen hervor. Hiedurch entſtehen die heftigen Exploſionen des Waſſers, wenn es ploͤtzlich einer großen Hitze ausgeſetzt, und an freyer Verbreitung ſeiner Daͤmpfe gehindert wird, z. B. wenn man es in ein ſehr heiſſes Oel gießt, oder wenn man geſchmolzene und gluͤhende Metalle in ein Gefaͤß ſchuͤttet, worinn ſich einige Tropfen Waſſer befinden. Hingegen kan das Waſſer bey chymiſcher Verbindung mit andern Koͤrpern, z. B. mit dem Kalke und den fixen Laugenſalzen, die ſtaͤrkſte und ploͤtzlichſte Gluͤhhitze ohne Verplatzung aushalten. Dies beweiſt, daß es nicht eben allemal in großer Hitze verdampft. Sein Verdampfen iſt eine Wirkung ſeiner Verbindung mit der Waͤrme, und faͤllt weg, wenn das Waſſer Stoffe antrift, mit denen es noch naͤher, als mit dem Feuer oder Waͤrmeſtof, verwandt iſt.
Endlich kan auch das Waſſer in der Gluͤhhitze die Luftgeſtalt annehmen, wenn ſeine Daͤmpfe durch gluͤhende Roͤhren hindurch geleitet werden. Man hat alle Urſache zu glauben, daß ſich die Daͤmpfe nicht eher in ein permanent elaſtiſches Fluidum verwandeln, als bis ſie die gluͤhende Stelle des Rohrs erreicht haben. Die Beſchaffenheit der erhaltenen Luft haͤngt von der Materie des Rohrs ab. Durch irdene Roͤhren erhaͤlt man phlogiſtiſirte, durch eiſerne Roͤhren oder Flintenlaͤufe brennbare Luft (ſ. Achards Verſuche in Crells chem. Ann. I. 1785. B. I. S. 304. u. f. 387. u. f. 522. u. f.). D. Prieſtley verwandelte im I. 1785 reines Waſſer in permanente Luft, indem er es in irdenen Retorten mit lebendigem Kalke verband, und einer ſtarken Hitze ausſetzte. Die erhaltene Luft war zum Theil fixe, und insgeſammt von der Natur, daß ein Licht kaum in ihr brannte. Gebrauchte er glaͤſerne Retorten, ſo erhielt er blos Daͤmpfe und keine Luft, aus Flintenlaͤufen aber brennbare Luft. Lavoiſier und Meusnier (Mém. de l'acad. des ſc. de Paris, 1781.) entwickelten vermittelſt eines eignen Apparats aus Waſſer, welches auf gluͤhenden Eiſendrath getroͤpfelt ward, eine große
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