unterscheidet, die Masse dehnt sich aus, wird trüb und ein wenig wärmer, als die äußere Luft, auch entwickelt sich eine große Menge Luftsäure. Nach einiger Zeit lassen diese Wirkungen nach, es verliert sich der Schaum, den die Luftsäure bildete, und die gegohrne Masse wird wieder klar und hell. Sie hat nunmehr den zuckerartigen Geschmack und die Klebrigkeit verlohren, dagegen aber den weinartigen Geruch und Geschmack und eine geistige berauschende Kraft erhalten; auch hat sich aus ihr ein dickflüßiger Satz geschleden, dem man den Namen der Weinhefen (feces s. mater vini) giebt. Es muß nun dieses Getränk von den Hefen abgezogen, und in Fässern eingespündet vor allem Zugange der Luft verwahrt werden, weil es sonst zur sauren und faulen Gährung fortschreiten würde. Dennoch dauert selbst in dem eingespündeten Weine noch eine unmerkliche Gährung fort, wodurch die Stärke desselben mit dem Alter immer mehr erhöhet, und eine salzige Materie, der Weinstein (Tartarus), an die Wände der Fässer abgesetzt wird.
Unterbricht man die erste Gährung sehr frühzeitig, so erhält man schäumende (moussirende), zum weitern Gähren äußerst geneigte Weine, aus denen bey der ersten Berührung der Luft eine Menge Luftsäure ausbricht. Diese zersprengen in der Wärme die Flaschen, oder werfen die Stöpsel mit Gewalt aus. Manchen, z. B. dem Champagner Weine, giebt man diese Eigenschaften mit Vorsatz. Die übrige große Verschiedenheit der Weine beruht auf dem Verhältnisse ihres geistigen Theils gegen die Säure, wobey die extractartigen Theile des Saftes, der Kerne, Schalen rc. mancherley Arten von Nebengeschmack geben.
Das Geistige, welches bey der Gährung entsteht, hemmt die völlige Zersetzung des Zuckerstoffs. Hat also der Most einen großen Ueberfluß an diesem Stoffe und wenig Wässerichtes, so entstehen durch die Gährung süße Weine, welches man durch Einkochen des Traubensafts, wie beym Malagaweine, oder durchs Abwelken und Eintrocknen der Trauben, wie beym Tokayer und Sect (vino secco der Italiäner) befördert. Uebrigens ist das schönste
unterſcheidet, die Maſſe dehnt ſich aus, wird truͤb und ein wenig waͤrmer, als die aͤußere Luft, auch entwickelt ſich eine große Menge Luftſaͤure. Nach einiger Zeit laſſen dieſe Wirkungen nach, es verliert ſich der Schaum, den die Luftſaͤure bildete, und die gegohrne Maſſe wird wieder klar und hell. Sie hat nunmehr den zuckerartigen Geſchmack und die Klebrigkeit verlohren, dagegen aber den weinartigen Geruch und Geſchmack und eine geiſtige berauſchende Kraft erhalten; auch hat ſich aus ihr ein dickfluͤßiger Satz geſchleden, dem man den Namen der Weinhefen (feces ſ. mater vini) giebt. Es muß nun dieſes Getraͤnk von den Hefen abgezogen, und in Faͤſſern eingeſpuͤndet vor allem Zugange der Luft verwahrt werden, weil es ſonſt zur ſauren und faulen Gaͤhrung fortſchreiten wuͤrde. Dennoch dauert ſelbſt in dem eingeſpuͤndeten Weine noch eine unmerkliche Gaͤhrung fort, wodurch die Staͤrke deſſelben mit dem Alter immer mehr erhoͤhet, und eine ſalzige Materie, der Weinſtein (Tartarus), an die Waͤnde der Faͤſſer abgeſetzt wird.
Unterbricht man die erſte Gaͤhrung ſehr fruͤhzeitig, ſo erhaͤlt man ſchaͤumende (mouſſirende), zum weitern Gaͤhren aͤußerſt geneigte Weine, aus denen bey der erſten Beruͤhrung der Luft eine Menge Luftſaͤure ausbricht. Dieſe zerſprengen in der Waͤrme die Flaſchen, oder werfen die Stoͤpſel mit Gewalt aus. Manchen, z. B. dem Champagner Weine, giebt man dieſe Eigenſchaften mit Vorſatz. Die uͤbrige große Verſchiedenheit der Weine beruht auf dem Verhaͤltniſſe ihres geiſtigen Theils gegen die Saͤure, wobey die extractartigen Theile des Saftes, der Kerne, Schalen rc. mancherley Arten von Nebengeſchmack geben.
Das Geiſtige, welches bey der Gaͤhrung entſteht, hemmt die voͤllige Zerſetzung des Zuckerſtoffs. Hat alſo der Moſt einen großen Ueberfluß an dieſem Stoffe und wenig Waͤſſerichtes, ſo entſtehen durch die Gaͤhrung ſuͤße Weine, welches man durch Einkochen des Traubenſafts, wie beym Malagaweine, oder durchs Abwelken und Eintrocknen der Trauben, wie beym Tokayer und Sect (vino ſecco der Italiaͤner) befoͤrdert. Uebrigens iſt das ſchoͤnſte
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unterſcheidet, die Maſſe dehnt ſich aus, wird truͤb und ein wenig waͤrmer, als die aͤußere Luft, auch entwickelt ſich eine große Menge Luftſaͤure. Nach einiger Zeit laſſen dieſe Wirkungen nach, es verliert ſich der Schaum, den die Luftſaͤure bildete, und die gegohrne Maſſe wird wieder klar und hell. Sie hat nunmehr den zuckerartigen Geſchmack und die Klebrigkeit verlohren, dagegen aber den weinartigen Geruch und Geſchmack und eine geiſtige berauſchende Kraft erhalten; auch hat ſich aus ihr ein dickfluͤßiger Satz geſchleden, dem man den Namen der Weinhefen (feces ſ. mater vini) giebt. Es muß nun dieſes Getraͤnk von den Hefen abgezogen, und in Faͤſſern eingeſpuͤndet vor allem Zugange der Luft verwahrt werden, weil es ſonſt zur ſauren und faulen Gaͤhrung fortſchreiten wuͤrde. Dennoch dauert ſelbſt in dem eingeſpuͤndeten Weine noch eine unmerkliche Gaͤhrung fort, wodurch die Staͤrke deſſelben mit dem Alter immer mehr erhoͤhet, und eine ſalzige Materie, der Weinſtein (Tartarus), an die Waͤnde der Faͤſſer abgeſetzt wird.
Unterbricht man die erſte Gaͤhrung ſehr fruͤhzeitig, ſo erhaͤlt man ſchaͤumende (mouſſirende), zum weitern Gaͤhren aͤußerſt geneigte Weine, aus denen bey der erſten Beruͤhrung der Luft eine Menge Luftſaͤure ausbricht. Dieſe zerſprengen in der Waͤrme die Flaſchen, oder werfen die Stoͤpſel mit Gewalt aus. Manchen, z. B. dem Champagner Weine, giebt man dieſe Eigenſchaften mit Vorſatz. Die uͤbrige große Verſchiedenheit der Weine beruht auf dem Verhaͤltniſſe ihres geiſtigen Theils gegen die Saͤure, wobey die extractartigen Theile des Saftes, der Kerne, Schalen rc. mancherley Arten von Nebengeſchmack geben.
Das Geiſtige, welches bey der Gaͤhrung entſteht, hemmt die voͤllige Zerſetzung des Zuckerſtoffs. Hat alſo der Moſt einen großen Ueberfluß an dieſem Stoffe und wenig Waͤſſerichtes, ſo entſtehen durch die Gaͤhrung ſuͤße Weine, welches man durch Einkochen des Traubenſafts, wie beym Malagaweine, oder durchs Abwelken und Eintrocknen der Trauben, wie beym Tokayer und Sect (vino ſecco der Italiaͤner) befoͤrdert. Uebrigens iſt das ſchoͤnſte
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 673. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/683>, abgerufen am 22.11.2024.
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