Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Das Gesetz der Gleichheit des Einfalls- und Zurückstralungswinkels ist sehr frühzeitig entdeckt, und schon von den Weltweisen der platonischen Schule überall erwähnt worden, wo sie vom Wege des Lichts und vom Bilde im Spiegel reden. Wer es zuerst bemerkt habe, ist nicht bekannt. Priestley glaubt, die Beobachtung der Sonnenstralen, wie sie von der Oberfläche des Wassers oder eines andern glatten Körpers zurückgeworfen werden, oder die Lage der Bilder, welche dergleichen Oberflächen dem Auge darstellen, habe zu dieser Entdeckung Anlaß gegeben. Denn sobald man hierauf Achtung gab, mußte man bemerken, daß, wenn der Stral fast senkrecht auffiel, er auch eben so wiederum zurückprallte; daß er aber schief zurückgieng, wenn er schief aufgefallen war. Machte man einige noch so rohe und unvollkommene Versuche, diese Winkel zu messen, so mußte man ihre Gleichheit finden und für erwiesen annehmen, auch bemerken, daß der einfallende und zurückgehende Stral beyde in eben derselben auf die zurückwerfende Fläche senkrechten Ebene sind. Das Gesetz der Zurückstralung kömmt ganz überein mit dem allgemeinen Gesetze, nach welchem Körper von unbeweglichen Hindernissen vermittelst der Elasticität reflectirt werden, s. den vorhergehenden Artikel Zurückwerfung. Es war daher sehr natürlich, die Zurückstralung als eine Wirkung des Stoßes anzusehen, welchen das auf undurchdringliche Hindernisse treffende Licht erleidet. Descartes, der die Reflexion überhaupt als wesentliche Folge der Bewegungskraft ansahe, erklärte aus diesem Grunde die Zurückstralung eben so, wie jede Zurückwerfung fester Körper, ohne auf Elasticität Rücksicht zu nehmen. Ein senkrecht anstoßender Lichtstral geht nach seiner Meinung in sich selbst zurück, weil sich das stoßende Lichttheilchen gerade rückwärts bewegen muß, da es vorwärts weiter zu gehen gehemmt wird, und doch vermöge seiner Bewegungskraft nicht ruhen kan; des schief anstoßenden Bewegung läßt sich nach zwo Richtungen zerlegen, so daß ein Theil auf die zurückwerfende Fläche senkrecht, der andere mit ihr parallel ist; nach jener Richtung wird der Lichttheil senkrecht reflectirt, nach Das Geſetz der Gleichheit des Einfalls- und Zuruͤckſtralungswinkels iſt ſehr fruͤhzeitig entdeckt, und ſchon von den Weltweiſen der platoniſchen Schule uͤberall erwaͤhnt worden, wo ſie vom Wege des Lichts und vom Bilde im Spiegel reden. Wer es zuerſt bemerkt habe, iſt nicht bekannt. Prieſtley glaubt, die Beobachtung der Sonnenſtralen, wie ſie von der Oberflaͤche des Waſſers oder eines andern glatten Koͤrpers zuruͤckgeworfen werden, oder die Lage der Bilder, welche dergleichen Oberflaͤchen dem Auge darſtellen, habe zu dieſer Entdeckung Anlaß gegeben. Denn ſobald man hierauf Achtung gab, mußte man bemerken, daß, wenn der Stral faſt ſenkrecht auffiel, er auch eben ſo wiederum zuruͤckprallte; daß er aber ſchief zuruͤckgieng, wenn er ſchief aufgefallen war. Machte man einige noch ſo rohe und unvollkommene Verſuche, dieſe Winkel zu meſſen, ſo mußte man ihre Gleichheit finden und fuͤr erwieſen annehmen, auch bemerken, daß der einfallende und zuruͤckgehende Stral beyde in eben derſelben auf die zuruͤckwerfende Flaͤche ſenkrechten Ebene ſind. Das Geſetz der Zuruͤckſtralung koͤmmt ganz uͤberein mit dem allgemeinen Geſetze, nach welchem Koͤrper von unbeweglichen Hinderniſſen vermittelſt der Elaſticitaͤt reflectirt werden, ſ. den vorhergehenden Artikel Zuruͤckwerfung. Es war daher ſehr natuͤrlich, die Zuruͤckſtralung als eine Wirkung des Stoßes anzuſehen, welchen das auf undurchdringliche Hinderniſſe treffende Licht erleidet. Descartes, der die Reflexion uͤberhaupt als weſentliche Folge der Bewegungskraft anſahe, erklaͤrte aus dieſem Grunde die Zuruͤckſtralung eben ſo, wie jede Zuruͤckwerfung feſter Koͤrper, ohne auf Elaſticitaͤt Ruͤckſicht zu nehmen. Ein ſenkrecht anſtoßender Lichtſtral geht nach ſeiner Meinung in ſich ſelbſt zuruͤck, weil ſich das ſtoßende Lichttheilchen gerade ruͤckwaͤrts bewegen muß, da es vorwaͤrts weiter zu gehen gehemmt wird, und doch vermoͤge ſeiner Bewegungskraft nicht ruhen kan; des ſchief anſtoßenden Bewegung laͤßt ſich nach zwo Richtungen zerlegen, ſo daß ein Theil auf die zuruͤckwerfende Flaͤche ſenkrecht, der andere mit ihr parallel iſt; nach jener Richtung wird der Lichttheil ſenkrecht reflectirt, nach <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0916" xml:id="P.4.906" n="906"/><lb/> </p> <p>Das Geſetz der Gleichheit des Einfalls- und Zuruͤckſtralungswinkels iſt ſehr fruͤhzeitig entdeckt, und ſchon von den Weltweiſen der platoniſchen Schule uͤberall erwaͤhnt worden, wo ſie vom Wege des Lichts und vom Bilde im Spiegel reden. 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Das Geſetz der Zuruͤckſtralung koͤmmt ganz uͤberein mit dem allgemeinen Geſetze, nach welchem Koͤrper von unbeweglichen Hinderniſſen vermittelſt der Elaſticitaͤt reflectirt werden, ſ. den vorhergehenden Artikel Zuruͤckwerfung. Es war daher ſehr natuͤrlich, die Zuruͤckſtralung als eine Wirkung des Stoßes anzuſehen, welchen das auf undurchdringliche Hinderniſſe treffende Licht erleidet. Descartes, der die Reflexion uͤberhaupt als weſentliche Folge der Bewegungskraft anſahe, erklaͤrte aus dieſem Grunde die Zuruͤckſtralung eben ſo, wie jede Zuruͤckwerfung feſter Koͤrper, ohne auf Elaſticitaͤt Ruͤckſicht zu nehmen. Ein ſenkrecht anſtoßender Lichtſtral geht nach ſeiner Meinung in ſich ſelbſt zuruͤck, weil ſich das ſtoßende Lichttheilchen gerade ruͤckwaͤrts bewegen muß, da es vorwaͤrts weiter zu gehen gehemmt wird, und doch vermoͤge ſeiner Bewegungskraft nicht ruhen kan; des ſchief anſtoßenden Bewegung laͤßt ſich nach zwo Richtungen zerlegen, ſo daß ein Theil auf die zuruͤckwerfende Flaͤche ſenkrecht, der andere mit ihr parallel iſt; nach jener Richtung wird der Lichttheil ſenkrecht reflectirt, nach
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