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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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von innen kömmt, und die äußere Berührung mit Wasser oder Glas an den Eigenschaften der Fläche nichts ändern kan?

Wenn man in einem verfinsterten Zimmer die Farben, welche durch ein Prisma von einander gesondert sind, eine nach der andern auf ein zweytes Prisma in ziemlicher Entfernung vom ersten, und alle unter demselben Neigungswinkel, fallen läßt, so kan man dieses zweyte Prisma gegen die einfallenden Stralen so stellen, daß die blauen alle zurückprallen, und die rothen meistens durchgehen. Würde nun die Reflexion vom Stoße an die Theile des Glases oder der Luft verursachet, so fragt Newton, warum bey einerley Neigung die blauen Stralen alle gerade auf Theilchen treffen, die sie stoßen und zurücksenden, da hingegen die rothen genug ofne Durchgänge finden?

Wenn die Stralen durch ihren Stoß an die Theile der Körper zurückgetrieben würden, so könnten dünne Scheiben oder Blasen nicht an einer und eben derselben Stelle Stralen von der einen Farbe zurückwerfen, und die von einer andern durchlassen, wie sie doch thun. Denn es wäre ein unbegreiflicher Zufall, daß an einer Stelle die blauen Stralen gerade auf die soliden Theilchen des Körpers stießen, die rothen aber Durchgänge fänden; da hingegen an einer andern Stelle, wo der Körper etwas dicker oder dünner wäre, die blauen Stralen gerade auf die Zwischenräumchen, und die rothen auf die festen Theile träfen.

Endlich setzt Newton hinzu, wären selbst die polirtesten Spiegelflächen nicht glatt und gleichförmig genug, um das Licht vermittelst des Stoßes ihrer Theile so regelmäßig und so lebhaft zu reflectiren, als sie wirklich thun. Schon das Mikroskop zeigt an den glänzendsten Spiegelflächen eine merkliche Rauhigkeit, und ein wenig Ueberlegung lehrt auch, daß Sand, Schmergel, Tripel und Zinnasche nichts weiter thun können, als die gröbsten Ungleichheiten wegnehmen. Hätten wir so feine und scharfe Augen, wie die kleinen mikroskopischen Thierchen, so würde uns die polirteste Spiegelfläche noch immer wie eine rauhe von Furchen durchschnittene und mit Klippen aller Art und Gestalt besetzte


von innen koͤmmt, und die aͤußere Beruͤhrung mit Waſſer oder Glas an den Eigenſchaften der Flaͤche nichts aͤndern kan?

Wenn man in einem verfinſterten Zimmer die Farben, welche durch ein Prisma von einander geſondert ſind, eine nach der andern auf ein zweytes Prisma in ziemlicher Entfernung vom erſten, und alle unter demſelben Neigungswinkel, fallen laͤßt, ſo kan man dieſes zweyte Prisma gegen die einfallenden Stralen ſo ſtellen, daß die blauen alle zuruͤckprallen, und die rothen meiſtens durchgehen. Wuͤrde nun die Reflexion vom Stoße an die Theile des Glaſes oder der Luft verurſachet, ſo fragt Newton, warum bey einerley Neigung die blauen Stralen alle gerade auf Theilchen treffen, die ſie ſtoßen und zuruͤckſenden, da hingegen die rothen genug ofne Durchgaͤnge finden?

Wenn die Stralen durch ihren Stoß an die Theile der Koͤrper zuruͤckgetrieben wuͤrden, ſo koͤnnten duͤnne Scheiben oder Blaſen nicht an einer und eben derſelben Stelle Stralen von der einen Farbe zuruͤckwerfen, und die von einer andern durchlaſſen, wie ſie doch thun. Denn es waͤre ein unbegreiflicher Zufall, daß an einer Stelle die blauen Stralen gerade auf die ſoliden Theilchen des Koͤrpers ſtießen, die rothen aber Durchgaͤnge faͤnden; da hingegen an einer andern Stelle, wo der Koͤrper etwas dicker oder duͤnner waͤre, die blauen Stralen gerade auf die Zwiſchenraͤumchen, und die rothen auf die feſten Theile traͤfen.

Endlich ſetzt Newton hinzu, waͤren ſelbſt die polirteſten Spiegelflaͤchen nicht glatt und gleichfoͤrmig genug, um das Licht vermittelſt des Stoßes ihrer Theile ſo regelmaͤßig und ſo lebhaft zu reflectiren, als ſie wirklich thun. Schon das Mikroſkop zeigt an den glaͤnzendſten Spiegelflaͤchen eine merkliche Rauhigkeit, und ein wenig Ueberlegung lehrt auch, daß Sand, Schmergel, Tripel und Zinnaſche nichts weiter thun koͤnnen, als die groͤbſten Ungleichheiten wegnehmen. Haͤtten wir ſo feine und ſcharfe Augen, wie die kleinen mikroſkopiſchen Thierchen, ſo wuͤrde uns die polirteſte Spiegelflaͤche noch immer wie eine rauhe von Furchen durchſchnittene und mit Klippen aller Art und Geſtalt beſetzte

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[910/0920] von innen koͤmmt, und die aͤußere Beruͤhrung mit Waſſer oder Glas an den Eigenſchaften der Flaͤche nichts aͤndern kan? Wenn man in einem verfinſterten Zimmer die Farben, welche durch ein Prisma von einander geſondert ſind, eine nach der andern auf ein zweytes Prisma in ziemlicher Entfernung vom erſten, und alle unter demſelben Neigungswinkel, fallen laͤßt, ſo kan man dieſes zweyte Prisma gegen die einfallenden Stralen ſo ſtellen, daß die blauen alle zuruͤckprallen, und die rothen meiſtens durchgehen. Wuͤrde nun die Reflexion vom Stoße an die Theile des Glaſes oder der Luft verurſachet, ſo fragt Newton, warum bey einerley Neigung die blauen Stralen alle gerade auf Theilchen treffen, die ſie ſtoßen und zuruͤckſenden, da hingegen die rothen genug ofne Durchgaͤnge finden? Wenn die Stralen durch ihren Stoß an die Theile der Koͤrper zuruͤckgetrieben wuͤrden, ſo koͤnnten duͤnne Scheiben oder Blaſen nicht an einer und eben derſelben Stelle Stralen von der einen Farbe zuruͤckwerfen, und die von einer andern durchlaſſen, wie ſie doch thun. Denn es waͤre ein unbegreiflicher Zufall, daß an einer Stelle die blauen Stralen gerade auf die ſoliden Theilchen des Koͤrpers ſtießen, die rothen aber Durchgaͤnge faͤnden; da hingegen an einer andern Stelle, wo der Koͤrper etwas dicker oder duͤnner waͤre, die blauen Stralen gerade auf die Zwiſchenraͤumchen, und die rothen auf die feſten Theile traͤfen. Endlich ſetzt Newton hinzu, waͤren ſelbſt die polirteſten Spiegelflaͤchen nicht glatt und gleichfoͤrmig genug, um das Licht vermittelſt des Stoßes ihrer Theile ſo regelmaͤßig und ſo lebhaft zu reflectiren, als ſie wirklich thun. Schon das Mikroſkop zeigt an den glaͤnzendſten Spiegelflaͤchen eine merkliche Rauhigkeit, und ein wenig Ueberlegung lehrt auch, daß Sand, Schmergel, Tripel und Zinnaſche nichts weiter thun koͤnnen, als die groͤbſten Ungleichheiten wegnehmen. Haͤtten wir ſo feine und ſcharfe Augen, wie die kleinen mikroſkopiſchen Thierchen, ſo wuͤrde uns die polirteſte Spiegelflaͤche noch immer wie eine rauhe von Furchen durchſchnittene und mit Klippen aller Art und Geſtalt beſetzte

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 910. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/920>, abgerufen am 22.11.2024.