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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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der Feuchtigkeit bemerke, obgleich alsdann die Dünste in Menge aus der untern Luft hinweg und zur Gewitterwolke übergehen. Man fühle alsdann, sagt er, die Verminderung der Ziehkraft an der Schwüle der Luft, die die Feuchtigkeit des Körpers nicht mehr auflöse. Hieraus sehe man, daß sich die Ziehkraft der Luft im Wirkungskreise stark elektrisirter Körper vermindere (Es wird aber hiebey offenbar Mittheilung mit Vertheilung verwechselt. In elektrischen Wirkungskreisen findet nur die letztere statt, und diese wird sich niemals weit erstrecken).

Hieraus sucht nun auch Hr. Hube die merkwürdige Erscheinung zu erklären, welche Hrn. de Luc bewog, die bisherigen Theorien des Regens aufzugeben, s. den Zusatz des Art. Regen (oben S. 745.). Man findet nemlich auf hohen Bergen die Luft in einer geringern Entfernung von dicken Wolken sehr trocken, und dennoch lösen sich die Wolken darinn nicht auf, sondern ziehen sich im Gegentheil noch mehr zusammen, und ergießen sich in Regen. Wie wäre dieses möglich, fragt er, wenn nicht solche Wolken nahe um sich her durch ihre Elektricität die Ziehkraft der Luft schwächten, und also ihre scheinbare Trockenheit verminderten? Herr Hube hat bemerkt, daß des Nachts um einzelne Wolken am heitern Himmel ein schwaches weißlichtes Licht entstand, und bald darauf an den Stellen dieses Lichts die Sterne verschwanden. Daraus folgert er, daß selbst gemeine Regenwolken durch ihre Elektricität die Ziehkraft der umherliegenden Luft oft bis zur Niederschlagung der Dünste schwächen, und sich dadurch immer mehr vergrößern. Als Ursache hievon giebt er an, die ursprünglich positiv elektrisirte Atmosphäre sauge die negative elektrische Materie der Wolken begierig ein, und durch diese neue Verbindung werde ihre vorige Verbindung mit den Dünsten geschwächt. (Hierdurch dürfte das Hauptphänomen schwerlich erklärt seyn. Die Verminderung der Ziehkraft, die eine solche Menge herabfallenden Wassers erklären soll, müßte sich doch am Hygrometer zeigen; und so könnte dieses in der Nähe der Wolken nicht, wie es doch wirklich thut, Trockenheit der Luft angeben).


der Feuchtigkeit bemerke, obgleich alsdann die Duͤnſte in Menge aus der untern Luft hinweg und zur Gewitterwolke uͤbergehen. Man fuͤhle alsdann, ſagt er, die Verminderung der Ziehkraft an der Schwuͤle der Luft, die die Feuchtigkeit des Koͤrpers nicht mehr aufloͤſe. Hieraus ſehe man, daß ſich die Ziehkraft der Luft im Wirkungskreiſe ſtark elektriſirter Koͤrper vermindere (Es wird aber hiebey offenbar Mittheilung mit Vertheilung verwechſelt. In elektriſchen Wirkungskreiſen findet nur die letztere ſtatt, und dieſe wird ſich niemals weit erſtrecken).

Hieraus ſucht nun auch Hr. Hube die merkwuͤrdige Erſcheinung zu erklaͤren, welche Hrn. de Luc bewog, die bisherigen Theorien des Regens aufzugeben, ſ. den Zuſatz des Art. Regen (oben S. 745.). Man findet nemlich auf hohen Bergen die Luft in einer geringern Entfernung von dicken Wolken ſehr trocken, und dennoch loͤſen ſich die Wolken darinn nicht auf, ſondern ziehen ſich im Gegentheil noch mehr zuſammen, und ergießen ſich in Regen. Wie waͤre dieſes moͤglich, fragt er, wenn nicht ſolche Wolken nahe um ſich her durch ihre Elektricitaͤt die Ziehkraft der Luft ſchwaͤchten, und alſo ihre ſcheinbare Trockenheit verminderten? Herr Hube hat bemerkt, daß des Nachts um einzelne Wolken am heitern Himmel ein ſchwaches weißlichtes Licht entſtand, und bald darauf an den Stellen dieſes Lichts die Sterne verſchwanden. Daraus folgert er, daß ſelbſt gemeine Regenwolken durch ihre Elektricitaͤt die Ziehkraft der umherliegenden Luft oft bis zur Niederſchlagung der Duͤnſte ſchwaͤchen, und ſich dadurch immer mehr vergroͤßern. Als Urſache hievon giebt er an, die urſpruͤnglich poſitiv elektriſirte Atmoſphaͤre ſauge die negative elektriſche Materie der Wolken begierig ein, und durch dieſe neue Verbindung werde ihre vorige Verbindung mit den Duͤnſten geſchwaͤcht. (Hierdurch duͤrfte das Hauptphaͤnomen ſchwerlich erklaͤrt ſeyn. Die Verminderung der Ziehkraft, die eine ſolche Menge herabfallenden Waſſers erklaͤren ſoll, muͤßte ſich doch am Hygrometer zeigen; und ſo koͤnnte dieſes in der Naͤhe der Wolken nicht, wie es doch wirklich thut, Trockenheit der Luft angeben).

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[1027/1039] der Feuchtigkeit bemerke, obgleich alsdann die Duͤnſte in Menge aus der untern Luft hinweg und zur Gewitterwolke uͤbergehen. Man fuͤhle alsdann, ſagt er, die Verminderung der Ziehkraft an der Schwuͤle der Luft, die die Feuchtigkeit des Koͤrpers nicht mehr aufloͤſe. Hieraus ſehe man, daß ſich die Ziehkraft der Luft im Wirkungskreiſe ſtark elektriſirter Koͤrper vermindere (Es wird aber hiebey offenbar Mittheilung mit Vertheilung verwechſelt. In elektriſchen Wirkungskreiſen findet nur die letztere ſtatt, und dieſe wird ſich niemals weit erſtrecken). Hieraus ſucht nun auch Hr. Hube die merkwuͤrdige Erſcheinung zu erklaͤren, welche Hrn. de Luc bewog, die bisherigen Theorien des Regens aufzugeben, ſ. den Zuſatz des Art. Regen (oben S. 745.). Man findet nemlich auf hohen Bergen die Luft in einer geringern Entfernung von dicken Wolken ſehr trocken, und dennoch loͤſen ſich die Wolken darinn nicht auf, ſondern ziehen ſich im Gegentheil noch mehr zuſammen, und ergießen ſich in Regen. Wie waͤre dieſes moͤglich, fragt er, wenn nicht ſolche Wolken nahe um ſich her durch ihre Elektricitaͤt die Ziehkraft der Luft ſchwaͤchten, und alſo ihre ſcheinbare Trockenheit verminderten? Herr Hube hat bemerkt, daß des Nachts um einzelne Wolken am heitern Himmel ein ſchwaches weißlichtes Licht entſtand, und bald darauf an den Stellen dieſes Lichts die Sterne verſchwanden. Daraus folgert er, daß ſelbſt gemeine Regenwolken durch ihre Elektricitaͤt die Ziehkraft der umherliegenden Luft oft bis zur Niederſchlagung der Duͤnſte ſchwaͤchen, und ſich dadurch immer mehr vergroͤßern. Als Urſache hievon giebt er an, die urſpruͤnglich poſitiv elektriſirte Atmoſphaͤre ſauge die negative elektriſche Materie der Wolken begierig ein, und durch dieſe neue Verbindung werde ihre vorige Verbindung mit den Duͤnſten geſchwaͤcht. (Hierdurch duͤrfte das Hauptphaͤnomen ſchwerlich erklaͤrt ſeyn. Die Verminderung der Ziehkraft, die eine ſolche Menge herabfallenden Waſſers erklaͤren ſoll, muͤßte ſich doch am Hygrometer zeigen; und ſo koͤnnte dieſes in der Naͤhe der Wolken nicht, wie es doch wirklich thut, Trockenheit der Luft angeben).

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1027. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1039>, abgerufen am 22.11.2024.