Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


einer höhern Temperatur wird das Anziehen seiner kleinsten Theile geringer, es wird flüßig. Bey einer Temperatur über 80 Grad Reaum. wird die anziehende Kraft seiner kleinsten Theile noch geringer; diese folgen nunmehr der zurückstoßenden Kraft des Wärmestoffs, und das Wasser verwandelt sich in Dampf, in Gas, in eine luftförmige elastische Flüßigkeit.

Alle Körper in der Natur befinden sich in einem von diesen drey Zuständen, und gehen aus einem derselben in den andern über. Soll ein Körper in den Zustand eines Gas übergehen, so muß seine Elasticität größer werden, als die Elasticität der Atmosphäre. Wird der Druck der Atmosphäre weggenommen, so verwandeln sich viele Körper in Gas, welche vorher flüßig erschienen. So würden wir z. B. die Naphtha ohne den Druck der Atmosphäre nicht anders kennen, als unter der Gestalt einer elastischen Flüßigkeit (brennbarer Luft). Auf der Spitze des Buet und des Montblanc, wo das Barometer nur auf 20 Zoll steht, kan die Naphtha niemals anders, als in Gasgestalt, eristiren. Unter der Luftpumpe kan man die Naphtha, das Alkohol, das Wasser, ja sogar das Quecksilber in das Gas verwandeln.

Die verschiedenen Arten von Gas benennt man am besten nach ihrer Grundlage, d. h. nach demjenigen Stoffe, der mit dem Wärmestoffe verbunden jede besondere Art von Gas ausmacht. Diejenige elastische luftförmige Flüßigkeit, welche aus dem Wasser entsteht, wenn dasselbe in einer höhern Temperatur, als die des Siedpunkts, gehalten wird, heißt demzufolge Wassergas (Gas aqueux). Im gemeinen Leben nennt man dieses Wasserdämpfe. So hat man Alkoholgas, Naphthagas, Ammoniakgas u. s. w. Zwischen einem sogenannten Dampfe und einem Gas findet gar kein wesentlicher Unterschied statt.

Alle Arten von Gas, die wir kennen, lösen Wasser auf.

Ein Körper kan aus dem flüßigen Zustande in den elastischen übergehen 1) durch die Wirkung des Wärmestoffes. Dieser Uebergang heißt die Verdampfung. 2) durch eine hinlängliche Abnahme des äußern Drucks. So verdampft


einer hoͤhern Temperatur wird das Anziehen ſeiner kleinſten Theile geringer, es wird fluͤßig. Bey einer Temperatur uͤber 80 Grad Reaum. wird die anziehende Kraft ſeiner kleinſten Theile noch geringer; dieſe folgen nunmehr der zuruͤckſtoßenden Kraft des Waͤrmeſtoffs, und das Waſſer verwandelt ſich in Dampf, in Gas, in eine luftfoͤrmige elaſtiſche Fluͤßigkeit.

Alle Koͤrper in der Natur befinden ſich in einem von dieſen drey Zuſtaͤnden, und gehen aus einem derſelben in den andern uͤber. Soll ein Koͤrper in den Zuſtand eines Gas uͤbergehen, ſo muß ſeine Elaſticitaͤt groͤßer werden, als die Elaſticitaͤt der Atmoſphaͤre. Wird der Druck der Atmoſphaͤre weggenommen, ſo verwandeln ſich viele Koͤrper in Gas, welche vorher fluͤßig erſchienen. So wuͤrden wir z. B. die Naphtha ohne den Druck der Atmoſphaͤre nicht anders kennen, als unter der Geſtalt einer elaſtiſchen Fluͤßigkeit (brennbarer Luft). Auf der Spitze des Buet und des Montblanc, wo das Barometer nur auf 20 Zoll ſteht, kan die Naphtha niemals anders, als in Gasgeſtalt, eriſtiren. Unter der Luftpumpe kan man die Naphtha, das Alkohol, das Waſſer, ja ſogar das Queckſilber in das Gas verwandeln.

Die verſchiedenen Arten von Gas benennt man am beſten nach ihrer Grundlage, d. h. nach demjenigen Stoffe, der mit dem Waͤrmeſtoffe verbunden jede beſondere Art von Gas ausmacht. Diejenige elaſtiſche luftfoͤrmige Fluͤßigkeit, welche aus dem Waſſer entſteht, wenn daſſelbe in einer hoͤhern Temperatur, als die des Siedpunkts, gehalten wird, heißt demzufolge Waſſergas (Gas aqueux). Im gemeinen Leben nennt man dieſes Waſſerdaͤmpfe. So hat man Alkoholgas, Naphthagas, Ammoniakgas u. ſ. w. Zwiſchen einem ſogenannten Dampfe und einem Gas findet gar kein weſentlicher Unterſchied ſtatt.

Alle Arten von Gas, die wir kennen, loͤſen Waſſer auf.

Ein Koͤrper kan aus dem fluͤßigen Zuſtande in den elaſtiſchen uͤbergehen 1) durch die Wirkung des Waͤrmeſtoffes. Dieſer Uebergang heißt die Verdampfung. 2) durch eine hinlaͤngliche Abnahme des aͤußern Drucks. So verdampft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0107" xml:id="P.5.95" n="95"/><lb/>
einer ho&#x0364;hern Temperatur wird das Anziehen &#x017F;einer klein&#x017F;ten Theile geringer, es wird flu&#x0364;ßig. Bey einer Temperatur u&#x0364;ber 80 Grad Reaum. wird die anziehende Kraft &#x017F;einer klein&#x017F;ten Theile noch geringer; die&#x017F;e folgen nunmehr der zuru&#x0364;ck&#x017F;toßenden Kraft des Wa&#x0364;rme&#x017F;toffs, und das Wa&#x017F;&#x017F;er verwandelt &#x017F;ich in <hi rendition="#b">Dampf,</hi> in <hi rendition="#b">Gas,</hi> in eine luftfo&#x0364;rmige ela&#x017F;ti&#x017F;che Flu&#x0364;ßigkeit.</p>
              <p>Alle Ko&#x0364;rper in der Natur befinden &#x017F;ich in einem von die&#x017F;en drey Zu&#x017F;ta&#x0364;nden, und gehen aus einem der&#x017F;elben in den andern u&#x0364;ber. Soll ein Ko&#x0364;rper in den Zu&#x017F;tand eines Gas u&#x0364;bergehen, &#x017F;o muß &#x017F;eine Ela&#x017F;ticita&#x0364;t gro&#x0364;ßer werden, als die Ela&#x017F;ticita&#x0364;t der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re. Wird der Druck der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re weggenommen, &#x017F;o verwandeln &#x017F;ich viele Ko&#x0364;rper in Gas, welche vorher flu&#x0364;ßig er&#x017F;chienen. So wu&#x0364;rden wir z. B. die Naphtha ohne den Druck der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re nicht anders kennen, als unter der Ge&#x017F;talt einer ela&#x017F;ti&#x017F;chen Flu&#x0364;ßigkeit (brennbarer Luft). Auf der Spitze des <hi rendition="#b">Buet</hi> und des <hi rendition="#b">Montblanc,</hi> wo das Barometer nur auf 20 Zoll &#x017F;teht, kan die Naphtha niemals anders, als in Gasge&#x017F;talt, eri&#x017F;tiren. Unter der Luftpumpe kan man die Naphtha, das Alkohol, das Wa&#x017F;&#x017F;er, ja &#x017F;ogar das Queck&#x017F;ilber in das Gas verwandeln.</p>
              <p>Die ver&#x017F;chiedenen Arten von Gas benennt man am be&#x017F;ten nach ihrer <hi rendition="#b">Grundlage,</hi> d. h. nach demjenigen Stoffe, der mit dem Wa&#x0364;rme&#x017F;toffe verbunden jede be&#x017F;ondere Art von Gas ausmacht. Diejenige ela&#x017F;ti&#x017F;che luftfo&#x0364;rmige Flu&#x0364;ßigkeit, welche aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er ent&#x017F;teht, wenn da&#x017F;&#x017F;elbe in einer ho&#x0364;hern Temperatur, als die des Siedpunkts, gehalten wird, heißt demzufolge <hi rendition="#b">Wa&#x017F;&#x017F;ergas</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Gas aqueux</hi></hi>). Im gemeinen Leben nennt man die&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;erda&#x0364;mpfe. So hat man Alkoholgas, Naphthagas, Ammoniakgas u. &#x017F;. w. Zwi&#x017F;chen einem &#x017F;ogenannten Dampfe und einem Gas findet gar kein we&#x017F;entlicher Unter&#x017F;chied &#x017F;tatt.</p>
              <p>Alle Arten von Gas, die wir kennen, lo&#x0364;&#x017F;en Wa&#x017F;&#x017F;er auf.</p>
              <p>Ein Ko&#x0364;rper kan aus dem flu&#x0364;ßigen Zu&#x017F;tande in den ela&#x017F;ti&#x017F;chen u&#x0364;bergehen 1) durch die Wirkung des Wa&#x0364;rme&#x017F;toffes. Die&#x017F;er Uebergang heißt die <hi rendition="#b">Verdampfung.</hi> 2) durch eine hinla&#x0364;ngliche Abnahme des a&#x0364;ußern Drucks. So verdampft<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0107] einer hoͤhern Temperatur wird das Anziehen ſeiner kleinſten Theile geringer, es wird fluͤßig. Bey einer Temperatur uͤber 80 Grad Reaum. wird die anziehende Kraft ſeiner kleinſten Theile noch geringer; dieſe folgen nunmehr der zuruͤckſtoßenden Kraft des Waͤrmeſtoffs, und das Waſſer verwandelt ſich in Dampf, in Gas, in eine luftfoͤrmige elaſtiſche Fluͤßigkeit. Alle Koͤrper in der Natur befinden ſich in einem von dieſen drey Zuſtaͤnden, und gehen aus einem derſelben in den andern uͤber. Soll ein Koͤrper in den Zuſtand eines Gas uͤbergehen, ſo muß ſeine Elaſticitaͤt groͤßer werden, als die Elaſticitaͤt der Atmoſphaͤre. Wird der Druck der Atmoſphaͤre weggenommen, ſo verwandeln ſich viele Koͤrper in Gas, welche vorher fluͤßig erſchienen. So wuͤrden wir z. B. die Naphtha ohne den Druck der Atmoſphaͤre nicht anders kennen, als unter der Geſtalt einer elaſtiſchen Fluͤßigkeit (brennbarer Luft). Auf der Spitze des Buet und des Montblanc, wo das Barometer nur auf 20 Zoll ſteht, kan die Naphtha niemals anders, als in Gasgeſtalt, eriſtiren. Unter der Luftpumpe kan man die Naphtha, das Alkohol, das Waſſer, ja ſogar das Queckſilber in das Gas verwandeln. Die verſchiedenen Arten von Gas benennt man am beſten nach ihrer Grundlage, d. h. nach demjenigen Stoffe, der mit dem Waͤrmeſtoffe verbunden jede beſondere Art von Gas ausmacht. Diejenige elaſtiſche luftfoͤrmige Fluͤßigkeit, welche aus dem Waſſer entſteht, wenn daſſelbe in einer hoͤhern Temperatur, als die des Siedpunkts, gehalten wird, heißt demzufolge Waſſergas (Gas aqueux). Im gemeinen Leben nennt man dieſes Waſſerdaͤmpfe. So hat man Alkoholgas, Naphthagas, Ammoniakgas u. ſ. w. Zwiſchen einem ſogenannten Dampfe und einem Gas findet gar kein weſentlicher Unterſchied ſtatt. Alle Arten von Gas, die wir kennen, loͤſen Waſſer auf. Ein Koͤrper kan aus dem fluͤßigen Zuſtande in den elaſtiſchen uͤbergehen 1) durch die Wirkung des Waͤrmeſtoffes. Dieſer Uebergang heißt die Verdampfung. 2) durch eine hinlaͤngliche Abnahme des aͤußern Drucks. So verdampft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/107
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/107>, abgerufen am 17.05.2024.