tripetalkraft geändert. Um diese Aenderung leicht zu berechnen, zerlegt man die letztere in zwey Theile, deren einer der Richtung der vorigen Bewegung gleichlaufend, der andere darauf senkrecht ist. Die Wirkung des ersten Theils (der Tangentialkraft) verbindet sich mit der vorigen Geschwindigkeit des Körpers, und bestimmt dadurch seine folgende Geschwindigkeit. Die Wirkung des zweyten Theils (der Normalkraft) bringt den Körper näher an den Mittelpunkt des Krümmungskreises, von dem er sich weiter entfernen würde, wenn die vorige Bewegung allein fortdauerte. Um nun das Resultat zu sinden, das aus dem Zusammenkommen dieser Annäherung und dieser Entfernung entsteht, stellt man sich vor, auch die letztere werde durch eine Kraft erzeugt, deren Größe man bestimmen, und die man alsdann mit der ihr gerade entgegengesetzten Normalkraft vergleichen kan, um die aus beyden resultirende Veränderung der Normallinie und Krümmung des Weges zu finden. Diese angenommene Kraft ist es, was man Schwungkraft nennt.
Man sieht hieraus, daß eigentlich die schon vorhandene Bewegung des Körpers eben sowohl, als die Centripetalkraft, in zwey Theile zerlegt wird, von denen aber der zweyte gegen den ersten ein Unendlichkleines ist. Der erste Theil wird keiner besondern Kraft zugeschrieben, sondern blos als Geschwindigkeit betrachtet, die sich durch Trägheit erhält; mit ihm verbindet sich die Wirkung der Tangentialkraft, welche gegen ihn ein Unendlichkleines ist, und sein Differential ausmacht: der zweyte Theil ist der Wirkung der Normalkraft entgegengesetzt, und mit ihr von einerley Ordnung; betrachtet man ihn also als die Wirkung einer Kraft, die ihn in dem Zeittheilchen d t erst erzeugt hätte, so kan diese Kraft unmittelbar mit der Normalkraft selbst verglichen werden.
Diese schöne mathematische Idee giebt darum nichts physisch Wirkliches an. Die ganze vorhandene Bewegung dauert durch Trägheit fort; mithin ist auch der unendlich kleine Theil von ihr, der in die Richtung der Normallinie fällt, in der That blos als Folge der Trägheit anzusehen.
tripetalkraft geaͤndert. Um dieſe Aenderung leicht zu berechnen, zerlegt man die letztere in zwey Theile, deren einer der Richtung der vorigen Bewegung gleichlaufend, der andere darauf ſenkrecht iſt. Die Wirkung des erſten Theils (der Tangentialkraft) verbindet ſich mit der vorigen Geſchwindigkeit des Koͤrpers, und beſtimmt dadurch ſeine folgende Geſchwindigkeit. Die Wirkung des zweyten Theils (der Normalkraft) bringt den Koͤrper naͤher an den Mittelpunkt des Kruͤmmungskreiſes, von dem er ſich weiter entfernen wuͤrde, wenn die vorige Bewegung allein fortdauerte. Um nun das Reſultat zu ſinden, das aus dem Zuſammenkommen dieſer Annaͤherung und dieſer Entfernung entſteht, ſtellt man ſich vor, auch die letztere werde durch eine Kraft erzeugt, deren Groͤße man beſtimmen, und die man alsdann mit der ihr gerade entgegengeſetzten Normalkraft vergleichen kan, um die aus beyden reſultirende Veraͤnderung der Normallinie und Kruͤmmung des Weges zu finden. Dieſe angenommene Kraft iſt es, was man Schwungkraft nennt.
Man ſieht hieraus, daß eigentlich die ſchon vorhandene Bewegung des Koͤrpers eben ſowohl, als die Centripetalkraft, in zwey Theile zerlegt wird, von denen aber der zweyte gegen den erſten ein Unendlichkleines iſt. Der erſte Theil wird keiner beſondern Kraft zugeſchrieben, ſondern blos als Geſchwindigkeit betrachtet, die ſich durch Traͤgheit erhaͤlt; mit ihm verbindet ſich die Wirkung der Tangentialkraft, welche gegen ihn ein Unendlichkleines iſt, und ſein Differential ausmacht: der zweyte Theil iſt der Wirkung der Normalkraft entgegengeſetzt, und mit ihr von einerley Ordnung; betrachtet man ihn alſo als die Wirkung einer Kraft, die ihn in dem Zeittheilchen d t erſt erzeugt haͤtte, ſo kan dieſe Kraft unmittelbar mit der Normalkraft ſelbſt verglichen werden.
Dieſe ſchoͤne mathematiſche Idee giebt darum nichts phyſiſch Wirkliches an. Die ganze vorhandene Bewegung dauert durch Traͤgheit fort; mithin iſt auch der unendlich kleine Theil von ihr, der in die Richtung der Normallinie faͤllt, in der That blos als Folge der Traͤgheit anzuſehen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><hirendition="#b"><pbfacs="#f0206"xml:id="P.5.194"n="194"/><lb/>
tripetalkraft</hi> geaͤndert. Um dieſe Aenderung leicht zu berechnen, zerlegt man die letztere in zwey Theile, deren einer der Richtung der vorigen Bewegung gleichlaufend, der andere darauf ſenkrecht iſt. Die Wirkung des erſten Theils (der Tangentialkraft) verbindet ſich mit der vorigen Geſchwindigkeit des Koͤrpers, und beſtimmt dadurch ſeine folgende Geſchwindigkeit. Die Wirkung des zweyten Theils (der Normalkraft) bringt den Koͤrper naͤher an den Mittelpunkt des Kruͤmmungskreiſes, von dem er ſich weiter entfernen wuͤrde, wenn die vorige Bewegung allein fortdauerte. Um nun das Reſultat zu ſinden, das aus dem Zuſammenkommen dieſer Annaͤherung und dieſer Entfernung entſteht, ſtellt man ſich vor, auch die letztere werde durch eine <hirendition="#b">Kraft</hi> erzeugt, deren Groͤße man beſtimmen, und die man alsdann mit der ihr gerade entgegengeſetzten Normalkraft vergleichen kan, um die aus beyden reſultirende Veraͤnderung der Normallinie und Kruͤmmung des Weges zu finden. Dieſe angenommene Kraft iſt es, was man <hirendition="#b">Schwungkraft</hi> nennt.</p><p>Man ſieht hieraus, daß eigentlich die ſchon vorhandene Bewegung des Koͤrpers eben ſowohl, als die Centripetalkraft, in zwey Theile zerlegt wird, von denen aber der zweyte gegen den erſten ein Unendlichkleines iſt. Der erſte Theil wird keiner beſondern Kraft zugeſchrieben, ſondern blos als <hirendition="#b">Geſchwindigkeit</hi> betrachtet, die ſich durch Traͤgheit erhaͤlt; mit ihm verbindet ſich die Wirkung der Tangentialkraft, welche gegen ihn ein Unendlichkleines iſt, und ſein Differential ausmacht: der zweyte Theil iſt der Wirkung der Normalkraft entgegengeſetzt, und mit ihr von einerley Ordnung; betrachtet man ihn alſo als die Wirkung einer Kraft, die ihn in dem Zeittheilchen <hirendition="#aq">d t</hi> erſt erzeugt haͤtte, ſo kan dieſe Kraft unmittelbar mit der Normalkraft ſelbſt verglichen werden.</p><p>Dieſe ſchoͤne mathematiſche Idee giebt darum nichts phyſiſch Wirkliches an. Die ganze vorhandene Bewegung dauert durch Traͤgheit fort; mithin iſt auch der unendlich kleine Theil von ihr, der in die Richtung der Normallinie faͤllt, in der That blos als Folge der Traͤgheit anzuſehen.<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[194/0206]
tripetalkraft geaͤndert. Um dieſe Aenderung leicht zu berechnen, zerlegt man die letztere in zwey Theile, deren einer der Richtung der vorigen Bewegung gleichlaufend, der andere darauf ſenkrecht iſt. Die Wirkung des erſten Theils (der Tangentialkraft) verbindet ſich mit der vorigen Geſchwindigkeit des Koͤrpers, und beſtimmt dadurch ſeine folgende Geſchwindigkeit. Die Wirkung des zweyten Theils (der Normalkraft) bringt den Koͤrper naͤher an den Mittelpunkt des Kruͤmmungskreiſes, von dem er ſich weiter entfernen wuͤrde, wenn die vorige Bewegung allein fortdauerte. Um nun das Reſultat zu ſinden, das aus dem Zuſammenkommen dieſer Annaͤherung und dieſer Entfernung entſteht, ſtellt man ſich vor, auch die letztere werde durch eine Kraft erzeugt, deren Groͤße man beſtimmen, und die man alsdann mit der ihr gerade entgegengeſetzten Normalkraft vergleichen kan, um die aus beyden reſultirende Veraͤnderung der Normallinie und Kruͤmmung des Weges zu finden. Dieſe angenommene Kraft iſt es, was man Schwungkraft nennt.
Man ſieht hieraus, daß eigentlich die ſchon vorhandene Bewegung des Koͤrpers eben ſowohl, als die Centripetalkraft, in zwey Theile zerlegt wird, von denen aber der zweyte gegen den erſten ein Unendlichkleines iſt. Der erſte Theil wird keiner beſondern Kraft zugeſchrieben, ſondern blos als Geſchwindigkeit betrachtet, die ſich durch Traͤgheit erhaͤlt; mit ihm verbindet ſich die Wirkung der Tangentialkraft, welche gegen ihn ein Unendlichkleines iſt, und ſein Differential ausmacht: der zweyte Theil iſt der Wirkung der Normalkraft entgegengeſetzt, und mit ihr von einerley Ordnung; betrachtet man ihn alſo als die Wirkung einer Kraft, die ihn in dem Zeittheilchen d t erſt erzeugt haͤtte, ſo kan dieſe Kraft unmittelbar mit der Normalkraft ſelbſt verglichen werden.
Dieſe ſchoͤne mathematiſche Idee giebt darum nichts phyſiſch Wirkliches an. Die ganze vorhandene Bewegung dauert durch Traͤgheit fort; mithin iſt auch der unendlich kleine Theil von ihr, der in die Richtung der Normallinie faͤllt, in der That blos als Folge der Traͤgheit anzuſehen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/206>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.