Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Zusammenschlagen der Luft, ohne Hülfe einer knallenden Materie, zu erklären sey. Auch Hr. Hofr. Lichtenberg (Anm. zu Erxlebens Anfangsgr. der Naturl. §. 752.) bemerkt, es scheine fast, als ob man, um die Natur des Donners ganz zu erklären, außer dem Knalle, der den elektrischen Funken begleitet, und den Folgen des Echo's noch andere Gründe zu Hülfe nehmen müsse, welche noch nicht ganz zur Deutlichkeit gebracht seyen.

Umständlicher erklärt sich hierüber Hr. de Luc (Siebenter Brief an Hrn. de la Metherie über die Schwierigkeiten in der Meteorologie, in Grens Journ. der Phys. B. IV. S. 287. §. 23.). Er betrachtet die Ursachen, die man insgemein von dem Rollen des Donners angiebt, als ein Beyspiel, wie weit man sich durch die schwankenden Assimilationen des Gewitters mit unsern elektrischen Versuchen von der Wahrheit entfernt habe. Nach der Hypothese einer einfachen Entladung erkläre man den Donner aus dem Durchgange des elektrischen Funkens von einer Wolke zur andern; und daß der Schall anhaltend sey, obgleich die Erleuchtung nur einen Augenblick dauert, das suche man dadurch begreiflich zu machen, daß das Licht und die Ausstralung der elektrischen Flüßigkeit unendlich geschwind sey, in Vergleichung mit der Zeit, welche der Schall brauche, um eben dieselben Räume zu durchlaufen, und von den verschiedenen Stellen seiner Bahn bis zum Ohre zu gelangen. Diese Erklärung, sagt Hr. de Luc, würde allen Beyfall verdienen, wenn das Rollen des Donners immer schwächer und schwächer würde; allein, da es oft zunehme, und manchmal stoßweise mit schrecklichen Schlägen untermengt sey, so benehme dieses jener Hypothese alle Wahrscheinlichkeit.

Ueberdies habe man nicht einmal bemerkt, daß diese besondere Hypothese die allgemeine umstoße. Denn, wenn sich die elektrische Flüßigkeit von Wolke zu Wolke ins Gleichgewicht setzen könnte, so lasse sich unmöglich einsehen, wie es positive und negative Wolken geben könne, die so vermengt seyn und nur eine zusammenhängende Masse von Gewitter ausmachen sollten.


Zuſammenſchlagen der Luft, ohne Huͤlfe einer knallenden Materie, zu erklaͤren ſey. Auch Hr. Hofr. Lichtenberg (Anm. zu Erxlebens Anfangsgr. der Naturl. §. 752.) bemerkt, es ſcheine faſt, als ob man, um die Natur des Donners ganz zu erklaͤren, außer dem Knalle, der den elektriſchen Funken begleitet, und den Folgen des Echo's noch andere Gruͤnde zu Huͤlfe nehmen muͤſſe, welche noch nicht ganz zur Deutlichkeit gebracht ſeyen.

Umſtaͤndlicher erklaͤrt ſich hieruͤber Hr. de Luc (Siebenter Brief an Hrn. de la Metherie uͤber die Schwierigkeiten in der Meteorologie, in Grens Journ. der Phyſ. B. IV. S. 287. §. 23.). Er betrachtet die Urſachen, die man insgemein von dem Rollen des Donners angiebt, als ein Beyſpiel, wie weit man ſich durch die ſchwankenden Aſſimilationen des Gewitters mit unſern elektriſchen Verſuchen von der Wahrheit entfernt habe. Nach der Hypotheſe einer einfachen Entladung erklaͤre man den Donner aus dem Durchgange des elektriſchen Funkens von einer Wolke zur andern; und daß der Schall anhaltend ſey, obgleich die Erleuchtung nur einen Augenblick dauert, das ſuche man dadurch begreiflich zu machen, daß das Licht und die Ausſtralung der elektriſchen Fluͤßigkeit unendlich geſchwind ſey, in Vergleichung mit der Zeit, welche der Schall brauche, um eben dieſelben Raͤume zu durchlaufen, und von den verſchiedenen Stellen ſeiner Bahn bis zum Ohre zu gelangen. Dieſe Erklaͤrung, ſagt Hr. de Luc, wuͤrde allen Beyfall verdienen, wenn das Rollen des Donners immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher wuͤrde; allein, da es oft zunehme, und manchmal ſtoßweiſe mit ſchrecklichen Schlaͤgen untermengt ſey, ſo benehme dieſes jener Hypotheſe alle Wahrſcheinlichkeit.

Ueberdies habe man nicht einmal bemerkt, daß dieſe beſondere Hypotheſe die allgemeine umſtoße. Denn, wenn ſich die elektriſche Fluͤßigkeit von Wolke zu Wolke ins Gleichgewicht ſetzen koͤnnte, ſo laſſe ſich unmoͤglich einſehen, wie es poſitive und negative Wolken geben koͤnne, die ſo vermengt ſeyn und nur eine zuſammenhaͤngende Maſſe von Gewitter ausmachen ſollten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0243" xml:id="P.5.231" n="231"/><lb/>
Zu&#x017F;ammen&#x017F;chlagen der Luft, ohne Hu&#x0364;lfe einer knallenden Materie, zu erkla&#x0364;ren &#x017F;ey. Auch Hr. Hofr. <hi rendition="#b">Lichtenberg</hi> (Anm. zu <hi rendition="#b">Erxlebens</hi> Anfangsgr. der Naturl. §. 752.) bemerkt, es &#x017F;cheine fa&#x017F;t, als ob man, um die Natur des Donners <hi rendition="#b">ganz</hi> zu erkla&#x0364;ren, außer dem Knalle, der den elektri&#x017F;chen Funken begleitet, und den Folgen des Echo's noch andere Gru&#x0364;nde zu Hu&#x0364;lfe nehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, welche noch nicht ganz zur Deutlichkeit gebracht &#x017F;eyen.</p>
              <p>Um&#x017F;ta&#x0364;ndlicher erkla&#x0364;rt &#x017F;ich hieru&#x0364;ber Hr. <hi rendition="#b">de Luc</hi> (Siebenter Brief an Hrn. <hi rendition="#b">de la Metherie</hi> u&#x0364;ber die Schwierigkeiten in der Meteorologie, in <hi rendition="#b">Grens</hi> Journ. der Phy&#x017F;. B. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 287. §. 23.). Er betrachtet die Ur&#x017F;achen, die man insgemein von dem <hi rendition="#b">Rollen des Donners</hi> angiebt, als ein Bey&#x017F;piel, wie weit man &#x017F;ich durch die &#x017F;chwankenden A&#x017F;&#x017F;imilationen des Gewitters mit un&#x017F;ern elektri&#x017F;chen Ver&#x017F;uchen von der Wahrheit entfernt habe. Nach der Hypothe&#x017F;e einer einfachen Entladung erkla&#x0364;re man den Donner aus dem Durchgange des elektri&#x017F;chen Funkens von einer Wolke zur andern; und daß der Schall <hi rendition="#b">anhaltend</hi> &#x017F;ey, obgleich die Erleuchtung nur einen <hi rendition="#b">Augenblick</hi> dauert, das &#x017F;uche man dadurch begreiflich zu machen, daß das Licht und die Aus&#x017F;tralung der elektri&#x017F;chen Flu&#x0364;ßigkeit unendlich ge&#x017F;chwind &#x017F;ey, in Vergleichung mit der Zeit, welche der Schall brauche, um eben die&#x017F;elben Ra&#x0364;ume zu durchlaufen, und von den ver&#x017F;chiedenen Stellen &#x017F;einer Bahn bis zum Ohre zu gelangen. Die&#x017F;e Erkla&#x0364;rung, &#x017F;agt Hr. <hi rendition="#b">de Luc,</hi> wu&#x0364;rde allen Beyfall verdienen, wenn das Rollen des Donners immer &#x017F;chwa&#x0364;cher und &#x017F;chwa&#x0364;cher wu&#x0364;rde; allein, da es oft zunehme, und manchmal &#x017F;toßwei&#x017F;e mit &#x017F;chrecklichen Schla&#x0364;gen untermengt &#x017F;ey, &#x017F;o benehme die&#x017F;es jener Hypothe&#x017F;e alle Wahr&#x017F;cheinlichkeit.</p>
              <p>Ueberdies habe man nicht einmal bemerkt, daß die&#x017F;e be&#x017F;ondere Hypothe&#x017F;e die allgemeine um&#x017F;toße. Denn, wenn &#x017F;ich die elektri&#x017F;che Flu&#x0364;ßigkeit von Wolke zu Wolke ins Gleichgewicht &#x017F;etzen ko&#x0364;nnte, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ich unmo&#x0364;glich ein&#x017F;ehen, wie es po&#x017F;itive und negative Wolken geben ko&#x0364;nne, die &#x017F;o vermengt &#x017F;eyn und nur eine zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngende Ma&#x017F;&#x017F;e von Gewitter ausmachen &#x017F;ollten.<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[231/0243] Zuſammenſchlagen der Luft, ohne Huͤlfe einer knallenden Materie, zu erklaͤren ſey. Auch Hr. Hofr. Lichtenberg (Anm. zu Erxlebens Anfangsgr. der Naturl. §. 752.) bemerkt, es ſcheine faſt, als ob man, um die Natur des Donners ganz zu erklaͤren, außer dem Knalle, der den elektriſchen Funken begleitet, und den Folgen des Echo's noch andere Gruͤnde zu Huͤlfe nehmen muͤſſe, welche noch nicht ganz zur Deutlichkeit gebracht ſeyen. Umſtaͤndlicher erklaͤrt ſich hieruͤber Hr. de Luc (Siebenter Brief an Hrn. de la Metherie uͤber die Schwierigkeiten in der Meteorologie, in Grens Journ. der Phyſ. B. IV. S. 287. §. 23.). Er betrachtet die Urſachen, die man insgemein von dem Rollen des Donners angiebt, als ein Beyſpiel, wie weit man ſich durch die ſchwankenden Aſſimilationen des Gewitters mit unſern elektriſchen Verſuchen von der Wahrheit entfernt habe. Nach der Hypotheſe einer einfachen Entladung erklaͤre man den Donner aus dem Durchgange des elektriſchen Funkens von einer Wolke zur andern; und daß der Schall anhaltend ſey, obgleich die Erleuchtung nur einen Augenblick dauert, das ſuche man dadurch begreiflich zu machen, daß das Licht und die Ausſtralung der elektriſchen Fluͤßigkeit unendlich geſchwind ſey, in Vergleichung mit der Zeit, welche der Schall brauche, um eben dieſelben Raͤume zu durchlaufen, und von den verſchiedenen Stellen ſeiner Bahn bis zum Ohre zu gelangen. Dieſe Erklaͤrung, ſagt Hr. de Luc, wuͤrde allen Beyfall verdienen, wenn das Rollen des Donners immer ſchwaͤcher und ſchwaͤcher wuͤrde; allein, da es oft zunehme, und manchmal ſtoßweiſe mit ſchrecklichen Schlaͤgen untermengt ſey, ſo benehme dieſes jener Hypotheſe alle Wahrſcheinlichkeit. Ueberdies habe man nicht einmal bemerkt, daß dieſe beſondere Hypotheſe die allgemeine umſtoße. Denn, wenn ſich die elektriſche Fluͤßigkeit von Wolke zu Wolke ins Gleichgewicht ſetzen koͤnnte, ſo laſſe ſich unmoͤglich einſehen, wie es poſitive und negative Wolken geben koͤnne, die ſo vermengt ſeyn und nur eine zuſammenhaͤngende Maſſe von Gewitter ausmachen ſollten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/243
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/243>, abgerufen am 21.11.2024.