Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Man lege auf die obere Fläche der Zunge eine Silbermünze (oder auch ein Silberblech), und bringe an die untere Fläche bis an die Spitze der Zunge einen Bleystreifen an. Bringt man nun beyde Metalle an der Spitze der Zunge in Berührung, so wird man in diesem Augenblicke einen merklichen Geschmack von Säure empfinden, da man vorher nichts, als den Druck der Metalle, fühlte. Eben diese Empfindung entsteht, doch schwächer, wenn man statt des Bleyes Zinn anwendet, noch schwächer, wenn man sich des Eisens oder Stahls bedienet. Bringt man die untere Fläche der Zunge an der Spitze derselben an Quecksilber, und dann die silberne Belegung mit dem Quecksilber in Berührung, so scheint der saure Geschmack noch stärker, als in den vorigen Fällen, zu seyn. Nimmt man statt des Bleyes Kupfer oder Gold, so ist keine Wirkung zu spüren. Gold, Kupfer, Kohle, anstatt des Silbers gebraucht, bringen eben diese Empfindungen mit Bley, Eisen, Zinn, Quecksilber hervor. Bey Gold und Kohle ist die Wirkung stärker, als bey Silber: doch bey Kupfer schwächer. Eisen mit Quecksilber zeigt den Geschmack deutlich, mit Zinn und Bley minder merklich. Zinn mit Quecksilber thut wenig, mit Bley noch weniger, Zinn mit Bley gar keine Wirkung. Die Belegungen können auch beyde auf der obern Fläche an der Spitze der Zunge statt finden. Die Stärke des Geschmacks ist geringer, wenn die eine Armatur zwar die Zunge berührt, die andere aber eher mit dieser, als mit der Zunge in Berührung kömmt. Werden beyde Belegungen nicht unmittelbar, sondern durch ein anderes Metall, verbunden, so entsteht eben der Geschmack der Säure; er bleibt aber aus, wenn man die Verbindung durch einen Nichtleiter macht. Sind beyde Belegungen von einerley Metall, so findet gar keine Wirkung statt. Diese Versuche sind zuerst von Volta angestellt, und hierauf sowohl in England, als in Deutschland, besonders von Hrn. Hofr. Lichtenberg (s. Grens Journal der Phys.
Man lege auf die obere Flaͤche der Zunge eine Silbermuͤnze (oder auch ein Silberblech), und bringe an die untere Flaͤche bis an die Spitze der Zunge einen Bleyſtreifen an. Bringt man nun beyde Metalle an der Spitze der Zunge in Beruͤhrung, ſo wird man in dieſem Augenblicke einen merklichen Geſchmack von Saͤure empfinden, da man vorher nichts, als den Druck der Metalle, fuͤhlte. Eben dieſe Empfindung entſteht, doch ſchwaͤcher, wenn man ſtatt des Bleyes Zinn anwendet, noch ſchwaͤcher, wenn man ſich des Eiſens oder Stahls bedienet. Bringt man die untere Flaͤche der Zunge an der Spitze derſelben an Queckſilber, und dann die ſilberne Belegung mit dem Queckſilber in Beruͤhrung, ſo ſcheint der ſaure Geſchmack noch ſtaͤrker, als in den vorigen Faͤllen, zu ſeyn. Nimmt man ſtatt des Bleyes Kupfer oder Gold, ſo iſt keine Wirkung zu ſpuͤren. Gold, Kupfer, Kohle, anſtatt des Silbers gebraucht, bringen eben dieſe Empfindungen mit Bley, Eiſen, Zinn, Queckſilber hervor. Bey Gold und Kohle iſt die Wirkung ſtaͤrker, als bey Silber: doch bey Kupfer ſchwaͤcher. Eiſen mit Queckſilber zeigt den Geſchmack deutlich, mit Zinn und Bley minder merklich. Zinn mit Queckſilber thut wenig, mit Bley noch weniger, Zinn mit Bley gar keine Wirkung. Die Belegungen koͤnnen auch beyde auf der obern Flaͤche an der Spitze der Zunge ſtatt finden. Die Staͤrke des Geſchmacks iſt geringer, wenn die eine Armatur zwar die Zunge beruͤhrt, die andere aber eher mit dieſer, als mit der Zunge in Beruͤhrung koͤmmt. Werden beyde Belegungen nicht unmittelbar, ſondern durch ein anderes Metall, verbunden, ſo entſteht eben der Geſchmack der Saͤure; er bleibt aber aus, wenn man die Verbindung durch einen Nichtleiter macht. Sind beyde Belegungen von einerley Metall, ſo findet gar keine Wirkung ſtatt. Dieſe Verſuche ſind zuerſt von Volta angeſtellt, und hierauf ſowohl in England, als in Deutſchland, beſonders von Hrn. Hofr. Lichtenberg (ſ. Grens Journal der Phyſ. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0295" xml:id="P.5.283" n="283"/><lb/> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Verſuche, die Empfindungen betreffend.</hi> </hi> </p> <p>Man lege auf die obere Flaͤche der Zunge eine Silbermuͤnze (oder auch ein Silberblech), und bringe an die untere Flaͤche bis an die Spitze der Zunge einen Bleyſtreifen an. Bringt man nun beyde Metalle an der Spitze der Zunge in Beruͤhrung, ſo wird man in dieſem Augenblicke einen merklichen Geſchmack von Saͤure empfinden, da man vorher nichts, als den Druck der Metalle, fuͤhlte. Eben dieſe Empfindung entſteht, doch ſchwaͤcher, wenn man ſtatt des Bleyes Zinn anwendet, noch ſchwaͤcher, wenn man ſich des Eiſens oder Stahls bedienet. Bringt man die untere Flaͤche der Zunge an der Spitze derſelben an Queckſilber, und dann die ſilberne Belegung mit dem Queckſilber in Beruͤhrung, ſo ſcheint der ſaure Geſchmack noch ſtaͤrker, als in den vorigen Faͤllen, zu ſeyn. Nimmt man ſtatt des Bleyes Kupfer oder Gold, ſo iſt keine Wirkung zu ſpuͤren.</p> <p>Gold, Kupfer, Kohle, anſtatt des Silbers gebraucht, bringen eben dieſe Empfindungen mit Bley, Eiſen, Zinn, Queckſilber hervor. Bey Gold und Kohle iſt die Wirkung ſtaͤrker, als bey Silber: doch bey Kupfer ſchwaͤcher. Eiſen mit Queckſilber zeigt den Geſchmack deutlich, mit Zinn und Bley minder merklich. Zinn mit Queckſilber thut wenig, mit Bley noch weniger, Zinn mit Bley gar keine Wirkung. Die Belegungen koͤnnen auch beyde auf der obern Flaͤche an der Spitze der Zunge ſtatt finden. Die Staͤrke des Geſchmacks iſt geringer, wenn die eine Armatur zwar die Zunge beruͤhrt, die andere aber eher mit dieſer, als mit der Zunge in Beruͤhrung koͤmmt.</p> <p>Werden beyde Belegungen nicht unmittelbar, ſondern durch ein anderes Metall, verbunden, ſo entſteht eben der Geſchmack der Saͤure; er bleibt aber aus, wenn man die Verbindung durch einen Nichtleiter macht. Sind beyde Belegungen von einerley Metall, ſo findet gar keine Wirkung ſtatt.</p> <p>Dieſe Verſuche ſind zuerſt von <hi rendition="#b">Volta</hi> angeſtellt, und hierauf ſowohl in England, als in Deutſchland, beſonders von Hrn. Hofr. <hi rendition="#b">Lichtenberg</hi> (ſ. <hi rendition="#b">Grens</hi> Journal der Phyſ.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [283/0295]
Verſuche, die Empfindungen betreffend.
Man lege auf die obere Flaͤche der Zunge eine Silbermuͤnze (oder auch ein Silberblech), und bringe an die untere Flaͤche bis an die Spitze der Zunge einen Bleyſtreifen an. Bringt man nun beyde Metalle an der Spitze der Zunge in Beruͤhrung, ſo wird man in dieſem Augenblicke einen merklichen Geſchmack von Saͤure empfinden, da man vorher nichts, als den Druck der Metalle, fuͤhlte. Eben dieſe Empfindung entſteht, doch ſchwaͤcher, wenn man ſtatt des Bleyes Zinn anwendet, noch ſchwaͤcher, wenn man ſich des Eiſens oder Stahls bedienet. Bringt man die untere Flaͤche der Zunge an der Spitze derſelben an Queckſilber, und dann die ſilberne Belegung mit dem Queckſilber in Beruͤhrung, ſo ſcheint der ſaure Geſchmack noch ſtaͤrker, als in den vorigen Faͤllen, zu ſeyn. Nimmt man ſtatt des Bleyes Kupfer oder Gold, ſo iſt keine Wirkung zu ſpuͤren.
Gold, Kupfer, Kohle, anſtatt des Silbers gebraucht, bringen eben dieſe Empfindungen mit Bley, Eiſen, Zinn, Queckſilber hervor. Bey Gold und Kohle iſt die Wirkung ſtaͤrker, als bey Silber: doch bey Kupfer ſchwaͤcher. Eiſen mit Queckſilber zeigt den Geſchmack deutlich, mit Zinn und Bley minder merklich. Zinn mit Queckſilber thut wenig, mit Bley noch weniger, Zinn mit Bley gar keine Wirkung. Die Belegungen koͤnnen auch beyde auf der obern Flaͤche an der Spitze der Zunge ſtatt finden. Die Staͤrke des Geſchmacks iſt geringer, wenn die eine Armatur zwar die Zunge beruͤhrt, die andere aber eher mit dieſer, als mit der Zunge in Beruͤhrung koͤmmt.
Werden beyde Belegungen nicht unmittelbar, ſondern durch ein anderes Metall, verbunden, ſo entſteht eben der Geſchmack der Saͤure; er bleibt aber aus, wenn man die Verbindung durch einen Nichtleiter macht. Sind beyde Belegungen von einerley Metall, ſo findet gar keine Wirkung ſtatt.
Dieſe Verſuche ſind zuerſt von Volta angeſtellt, und hierauf ſowohl in England, als in Deutſchland, beſonders von Hrn. Hofr. Lichtenberg (ſ. Grens Journal der Phyſ.
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