Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Dieses erklären nun die V. nach Franklins System. Auf die Frage, warum der negative Knopf mehr als einen Fleck bilde, antworten sie, dies rühre von der Größe der berührenden Oberfläche her; brauche man eine Spitze, so entstehe nur ein Punkt, dagegen sey bey der positiven Flasche gar kein Unterschied zwischen den Wirkungen der Kugel und der Spitze zu finden. Noch ein Versuch scheint für die Einheit der elektrischen Materie und für ihre entgegengesetzte Richtung beym Negativ-elektrisiren günstig zu seyn. Man hängt eine leidner Flasche an den Conductor der Maschine, und verbindet ihre äußere Belegung durch einen Drath mit der auf Leitern liegenden Lakscheibe. So kan die Flasche in etwas geladen werden, weil die Scheibe aus den Leitern etwas E annehmen oder an sie abgeben kan. Nimmt man nun nach dem Laden den Drath mit einem isolirenden Handgrif ab, und bepudert die Scheibe, so sieht man bey positiver Ladung Stralen, bey negativer nur einen einzigen runden Fleck. Dieser und die schwächere Ladung, die die Flasche in diesem Falle erhält, lassen sich dadurch sehr gut erklären, daß der Lakscheibe weit mehr elektrische Materie gegeben als genommen werden kan, weil die Theilchen wohl genöthigt werden können, sich aus einem Punkte über die widerstehende Fläche der Scheibe zu verbreiten, nicht aber umgekehrt, sich von allen Theilen der Scheibe her in einen Punkt zu versammeln. Die übrigen Versuche beweisen blos Thatsachen, deren Wahrheit ohnehin unbezweifelt und von allen Systemen unabhängig ist. Daß das Franklinische sie auch erklärt, ist noch kein Beweis für dessen Richtigkeit, da mehrere Systeme diesen Vorzug mit ihm gemein haben. Ein artiges Spielwerk mit diesen Figuren unter dem Namen des heiligen Scheins findet man von D. Ingenhouß (aus einem Briefe an den Grafen von Lamberg vom 20. Oct. 1781. im Gothaischen Magazin für das Neuste aus der Physik, 1. B. 3tes St. S. 76. u. f.) angegeben, wobe<*>
Dieſes erklaͤren nun die V. nach Franklins Syſtem. Auf die Frage, warum der negative Knopf mehr als einen Fleck bilde, antworten ſie, dies ruͤhre von der Groͤße der beruͤhrenden Oberflaͤche her; brauche man eine Spitze, ſo entſtehe nur ein Punkt, dagegen ſey bey der poſitiven Flaſche gar kein Unterſchied zwiſchen den Wirkungen der Kugel und der Spitze zu finden. Noch ein Verſuch ſcheint fuͤr die Einheit der elektriſchen Materie und fuͤr ihre entgegengeſetzte Richtung beym Negativ-elektriſiren guͤnſtig zu ſeyn. Man haͤngt eine leidner Flaſche an den Conductor der Maſchine, und verbindet ihre aͤußere Belegung durch einen Drath mit der auf Leitern liegenden Lakſcheibe. So kan die Flaſche in etwas geladen werden, weil die Scheibe aus den Leitern etwas E annehmen oder an ſie abgeben kan. Nimmt man nun nach dem Laden den Drath mit einem iſolirenden Handgrif ab, und bepudert die Scheibe, ſo ſieht man bey poſitiver Ladung Stralen, bey negativer nur einen einzigen runden Fleck. Dieſer und die ſchwaͤchere Ladung, die die Flaſche in dieſem Falle erhaͤlt, laſſen ſich dadurch ſehr gut erklaͤren, daß der Lakſcheibe weit mehr elektriſche Materie gegeben als genommen werden kan, weil die Theilchen wohl genoͤthigt werden koͤnnen, ſich aus einem Punkte uͤber die widerſtehende Flaͤche der Scheibe zu verbreiten, nicht aber umgekehrt, ſich von allen Theilen der Scheibe her in einen Punkt zu verſammeln. Die uͤbrigen Verſuche beweiſen blos Thatſachen, deren Wahrheit ohnehin unbezweifelt und von allen Syſtemen unabhaͤngig iſt. Daß das Frankliniſche ſie auch erklaͤrt, iſt noch kein Beweis fuͤr deſſen Richtigkeit, da mehrere Syſteme dieſen Vorzug mit ihm gemein haben. Ein artiges Spielwerk mit dieſen Figuren unter dem Namen des heiligen Scheins findet man von D. Ingenhouß (aus einem Briefe an den Grafen von Lamberg vom 20. Oct. 1781. im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik, 1. B. 3tes St. S. 76. u. f.) angegeben, wobe<*> <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0368" xml:id="P.5.356" n="356"/><lb/> geladnen Flaſche auf der Scheibe, als ob man ſchreiben wollte, herumfuͤhrte, in welchem Falle ein poſitiver Knopf Zuͤge mit ausfahrenden Stralen, ein negativer Reihen von perlenartigen Flecken bildete.</p> <p>Dieſes erklaͤren nun die V. nach Franklins Syſtem. Auf die Frage, warum der negative Knopf mehr als einen Fleck bilde, antworten ſie, dies ruͤhre von der Groͤße der beruͤhrenden Oberflaͤche her; brauche man eine Spitze, ſo entſtehe nur ein Punkt, dagegen ſey bey der poſitiven Flaſche gar kein Unterſchied zwiſchen den Wirkungen der Kugel und der Spitze zu finden. Noch ein Verſuch ſcheint fuͤr die Einheit der elektriſchen Materie und fuͤr ihre entgegengeſetzte Richtung beym Negativ-elektriſiren guͤnſtig zu ſeyn. Man haͤngt eine leidner Flaſche an den Conductor der Maſchine, und verbindet ihre aͤußere Belegung durch einen Drath mit der auf Leitern liegenden Lakſcheibe. So kan die Flaſche in etwas geladen werden, weil die Scheibe aus den Leitern etwas <hi rendition="#aq">E</hi> annehmen oder an ſie abgeben kan. Nimmt man nun nach dem Laden den Drath mit einem iſolirenden Handgrif ab, und bepudert die Scheibe, ſo ſieht man bey poſitiver Ladung Stralen, bey negativer nur einen einzigen runden Fleck. Dieſer und die ſchwaͤchere Ladung, die die Flaſche in dieſem Falle erhaͤlt, laſſen ſich dadurch ſehr gut erklaͤren, daß der Lakſcheibe weit mehr elektriſche Materie <hi rendition="#b">gegeben</hi> als <hi rendition="#b">genommen</hi> werden kan, weil die Theilchen wohl genoͤthigt werden koͤnnen, ſich aus einem Punkte uͤber die widerſtehende Flaͤche der Scheibe zu verbreiten, nicht aber umgekehrt, ſich von allen Theilen der Scheibe her in einen Punkt zu verſammeln.</p> <p>Die uͤbrigen Verſuche beweiſen blos Thatſachen, deren Wahrheit ohnehin unbezweifelt und von allen Syſtemen unabhaͤngig iſt. Daß das Frankliniſche ſie auch erklaͤrt, iſt noch kein Beweis fuͤr deſſen Richtigkeit, da mehrere Syſteme dieſen Vorzug mit ihm gemein haben.</p> <p>Ein artiges Spielwerk mit dieſen Figuren unter dem Namen des heiligen Scheins findet man von D. <hi rendition="#b">Ingenhouß</hi> (aus einem Briefe an den Grafen <hi rendition="#b">von Lamberg</hi> vom 20. Oct. 1781. im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik, 1. B. 3tes St. S. 76. u. f.) angegeben, wobe<*><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [356/0368]
geladnen Flaſche auf der Scheibe, als ob man ſchreiben wollte, herumfuͤhrte, in welchem Falle ein poſitiver Knopf Zuͤge mit ausfahrenden Stralen, ein negativer Reihen von perlenartigen Flecken bildete.
Dieſes erklaͤren nun die V. nach Franklins Syſtem. Auf die Frage, warum der negative Knopf mehr als einen Fleck bilde, antworten ſie, dies ruͤhre von der Groͤße der beruͤhrenden Oberflaͤche her; brauche man eine Spitze, ſo entſtehe nur ein Punkt, dagegen ſey bey der poſitiven Flaſche gar kein Unterſchied zwiſchen den Wirkungen der Kugel und der Spitze zu finden. Noch ein Verſuch ſcheint fuͤr die Einheit der elektriſchen Materie und fuͤr ihre entgegengeſetzte Richtung beym Negativ-elektriſiren guͤnſtig zu ſeyn. Man haͤngt eine leidner Flaſche an den Conductor der Maſchine, und verbindet ihre aͤußere Belegung durch einen Drath mit der auf Leitern liegenden Lakſcheibe. So kan die Flaſche in etwas geladen werden, weil die Scheibe aus den Leitern etwas E annehmen oder an ſie abgeben kan. Nimmt man nun nach dem Laden den Drath mit einem iſolirenden Handgrif ab, und bepudert die Scheibe, ſo ſieht man bey poſitiver Ladung Stralen, bey negativer nur einen einzigen runden Fleck. Dieſer und die ſchwaͤchere Ladung, die die Flaſche in dieſem Falle erhaͤlt, laſſen ſich dadurch ſehr gut erklaͤren, daß der Lakſcheibe weit mehr elektriſche Materie gegeben als genommen werden kan, weil die Theilchen wohl genoͤthigt werden koͤnnen, ſich aus einem Punkte uͤber die widerſtehende Flaͤche der Scheibe zu verbreiten, nicht aber umgekehrt, ſich von allen Theilen der Scheibe her in einen Punkt zu verſammeln.
Die uͤbrigen Verſuche beweiſen blos Thatſachen, deren Wahrheit ohnehin unbezweifelt und von allen Syſtemen unabhaͤngig iſt. Daß das Frankliniſche ſie auch erklaͤrt, iſt noch kein Beweis fuͤr deſſen Richtigkeit, da mehrere Syſteme dieſen Vorzug mit ihm gemein haben.
Ein artiges Spielwerk mit dieſen Figuren unter dem Namen des heiligen Scheins findet man von D. Ingenhouß (aus einem Briefe an den Grafen von Lamberg vom 20. Oct. 1781. im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik, 1. B. 3tes St. S. 76. u. f.) angegeben, wobe<*>
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