Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Der Gedanke einer Kugel von Luft, nicht eben atmosphärischer, sondern einer Sammlung und Summe der elastischen Flüßigkeiten, in die vermuthlich alle Körper der Welt können aufgelößt werden, ist schon von Newton (s. Birch's Hist. of the Royal Society. T. III. p. 280.) sehr bestimmt vorgetragen worden. Er glaubte, die ganze Welt könne sich aus einem flüchtigen Wesen niedergeschlagen haben, wie sich Wasser aus Dampf niederschlägt, und dieser Riederschlag könne nachher zu den mannigfaltigen Formen der jetzigen Körper zusammengeronnen seyn. Auch Herr Kant (Berliner Monatsschrift 1785. 1ster Th. S. 210. u. f.) gründet eine Theorie der Erde auf den Gedanken, daß alle Materie mit ihren Kräften, wie ein Dunst, durch den Raum verbreitet gewesen sey. Leichte Erklärungen lassen sich aus einem solchen Luftmagazin im Innern der Erde in großer Menge geben, z. B. von den großen Revolutionen der Vorzeit; von den Erdbeben, den trocknen Nebeln, die dieselben begleiten; von den Barometerveränderungen, und warum diese unter dem Aequator wegfallen, wenn man annimmt, hier sey die Rinde am dicksten, und die Communication mit dem innern Luftbehälter finde nur erst in einigem Abstande vom Aequator statt u. s. w. Herr de Luc (Geologische Briefe an Hrn. Hofr. Blumenbach; a. d. Frz. Handschrift übers. im Gothaischen Magazin für das Neuste rc. VIII. B. 4tes St. S. 1--41. IX. B. 1stes St. S. 1--123. 4tes St. S. 1--49.) hat seine Theorie der Erde mit einigen Abänderungen sehr umständlich ausgeführt, mit den übrigen Theilen seines physikalischen Systems verbunden, und hauptsächlich ihre Uebereinstimmung mit der mosaischen Erzählung ins Licht zu stellen gesucht. Erst durch den Beytritt des Lichts (den Mose so erhaben ausdrückt) begannen nach ihm die chemischen Operationen, die das große Ganze bildeten, da vorher die primitive Masse aus blos schweren Elementen ohne Zusammenhang und Affinitäten bestand. Dieses Licht (nicht Beleuchtung einer Sonne, sondern unmittelbares Werk der Allmacht)
Der Gedanke einer Kugel von Luft, nicht eben atmoſphaͤriſcher, ſondern einer Sammlung und Summe der elaſtiſchen Fluͤßigkeiten, in die vermuthlich alle Koͤrper der Welt koͤnnen aufgeloͤßt werden, iſt ſchon von Newton (ſ. Birch's Hiſt. of the Royal Society. T. III. p. 280.) ſehr beſtimmt vorgetragen worden. Er glaubte, die ganze Welt koͤnne ſich aus einem fluͤchtigen Weſen niedergeſchlagen haben, wie ſich Waſſer aus Dampf niederſchlaͤgt, und dieſer Riederſchlag koͤnne nachher zu den mannigfaltigen Formen der jetzigen Koͤrper zuſammengeronnen ſeyn. Auch Herr Kant (Berliner Monatsſchrift 1785. 1ſter Th. S. 210. u. f.) gruͤndet eine Theorie der Erde auf den Gedanken, daß alle Materie mit ihren Kraͤften, wie ein Dunſt, durch den Raum verbreitet geweſen ſey. Leichte Erklaͤrungen laſſen ſich aus einem ſolchen Luftmagazin im Innern der Erde in großer Menge geben, z. B. von den großen Revolutionen der Vorzeit; von den Erdbeben, den trocknen Nebeln, die dieſelben begleiten; von den Barometerveraͤnderungen, und warum dieſe unter dem Aequator wegfallen, wenn man annimmt, hier ſey die Rinde am dickſten, und die Communication mit dem innern Luftbehaͤlter finde nur erſt in einigem Abſtande vom Aequator ſtatt u. ſ. w. Herr de Luc (Geologiſche Briefe an Hrn. Hofr. Blumenbach; a. d. Frz. Handſchrift uͤberſ. im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neuſte rc. VIII. B. 4tes St. S. 1—41. IX. B. 1ſtes St. S. 1—123. 4tes St. S. 1—49.) hat ſeine Theorie der Erde mit einigen Abaͤnderungen ſehr umſtaͤndlich ausgefuͤhrt, mit den uͤbrigen Theilen ſeines phyſikaliſchen Syſtems verbunden, und hauptſaͤchlich ihre Uebereinſtimmung mit der moſaiſchen Erzaͤhlung ins Licht zu ſtellen geſucht. Erſt durch den Beytritt des Lichts (den Moſe ſo erhaben ausdruͤckt) begannen nach ihm die chemiſchen Operationen, die das große Ganze bildeten, da vorher die primitive Maſſe aus blos ſchweren Elementen ohne Zuſammenhang und Affinitaͤten beſtand. Dieſes Licht (nicht Beleuchtung einer Sonne, ſondern unmittelbares Werk der Allmacht) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0377" xml:id="P.5.365" n="365"/><lb/> zu ſtudiren, und darum habe er blos ſeiner Phantaſie nachhaͤngen wollen.</p> <p>Der Gedanke einer Kugel von Luft, nicht eben atmoſphaͤriſcher, ſondern einer Sammlung und Summe der elaſtiſchen Fluͤßigkeiten, in die vermuthlich alle Koͤrper der Welt koͤnnen aufgeloͤßt werden, iſt ſchon von <hi rendition="#b">Newton</hi> (ſ. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Birch's</hi> Hiſt. of the Royal Society. T. III. p. 280.)</hi> ſehr beſtimmt vorgetragen worden. Er glaubte, die ganze Welt koͤnne ſich aus einem fluͤchtigen Weſen niedergeſchlagen haben, wie ſich Waſſer aus Dampf niederſchlaͤgt, und dieſer Riederſchlag koͤnne nachher zu den mannigfaltigen Formen der jetzigen Koͤrper zuſammengeronnen ſeyn. Auch Herr <hi rendition="#b">Kant</hi> (Berliner Monatsſchrift 1785. 1ſter Th. S. 210. u. f.) gruͤndet eine Theorie der Erde auf den Gedanken, daß alle Materie mit ihren Kraͤften, wie ein Dunſt, durch den Raum verbreitet geweſen ſey. Leichte Erklaͤrungen laſſen ſich aus einem ſolchen Luftmagazin im Innern der Erde in großer Menge geben, z. B. von den großen Revolutionen der Vorzeit; von den Erdbeben, den trocknen Nebeln, die dieſelben begleiten; von den Barometerveraͤnderungen, und warum dieſe unter dem Aequator wegfallen, wenn man annimmt, hier ſey die Rinde am dickſten, und die Communication mit dem innern Luftbehaͤlter finde nur erſt in einigem Abſtande vom Aequator ſtatt u. ſ. w.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">de Luc</hi> (Geologiſche Briefe an Hrn. Hofr. Blumenbach; a. d. Frz. Handſchrift uͤberſ. im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neuſte rc. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> B. 4tes St. S. 1—41. <hi rendition="#aq">IX.</hi> B. 1ſtes St. S. 1—123. 4tes St. S. 1—49.) hat ſeine Theorie der Erde mit einigen Abaͤnderungen ſehr umſtaͤndlich ausgefuͤhrt, mit den uͤbrigen Theilen ſeines phyſikaliſchen Syſtems verbunden, und hauptſaͤchlich ihre Uebereinſtimmung mit der moſaiſchen Erzaͤhlung ins Licht zu ſtellen geſucht. Erſt durch den Beytritt des <hi rendition="#b">Lichts</hi> (den Moſe ſo erhaben ausdruͤckt) begannen nach ihm die chemiſchen Operationen, die das große Ganze bildeten, da vorher die primitive Maſſe aus blos ſchweren Elementen ohne Zuſammenhang und Affinitaͤten beſtand. Dieſes <hi rendition="#b">Licht</hi> (nicht Beleuchtung einer Sonne, ſondern unmittelbares Werk der Allmacht)<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [365/0377]
zu ſtudiren, und darum habe er blos ſeiner Phantaſie nachhaͤngen wollen.
Der Gedanke einer Kugel von Luft, nicht eben atmoſphaͤriſcher, ſondern einer Sammlung und Summe der elaſtiſchen Fluͤßigkeiten, in die vermuthlich alle Koͤrper der Welt koͤnnen aufgeloͤßt werden, iſt ſchon von Newton (ſ. Birch's Hiſt. of the Royal Society. T. III. p. 280.) ſehr beſtimmt vorgetragen worden. Er glaubte, die ganze Welt koͤnne ſich aus einem fluͤchtigen Weſen niedergeſchlagen haben, wie ſich Waſſer aus Dampf niederſchlaͤgt, und dieſer Riederſchlag koͤnne nachher zu den mannigfaltigen Formen der jetzigen Koͤrper zuſammengeronnen ſeyn. Auch Herr Kant (Berliner Monatsſchrift 1785. 1ſter Th. S. 210. u. f.) gruͤndet eine Theorie der Erde auf den Gedanken, daß alle Materie mit ihren Kraͤften, wie ein Dunſt, durch den Raum verbreitet geweſen ſey. Leichte Erklaͤrungen laſſen ſich aus einem ſolchen Luftmagazin im Innern der Erde in großer Menge geben, z. B. von den großen Revolutionen der Vorzeit; von den Erdbeben, den trocknen Nebeln, die dieſelben begleiten; von den Barometerveraͤnderungen, und warum dieſe unter dem Aequator wegfallen, wenn man annimmt, hier ſey die Rinde am dickſten, und die Communication mit dem innern Luftbehaͤlter finde nur erſt in einigem Abſtande vom Aequator ſtatt u. ſ. w.
Herr de Luc (Geologiſche Briefe an Hrn. Hofr. Blumenbach; a. d. Frz. Handſchrift uͤberſ. im Gothaiſchen Magazin fuͤr das Neuſte rc. VIII. B. 4tes St. S. 1—41. IX. B. 1ſtes St. S. 1—123. 4tes St. S. 1—49.) hat ſeine Theorie der Erde mit einigen Abaͤnderungen ſehr umſtaͤndlich ausgefuͤhrt, mit den uͤbrigen Theilen ſeines phyſikaliſchen Syſtems verbunden, und hauptſaͤchlich ihre Uebereinſtimmung mit der moſaiſchen Erzaͤhlung ins Licht zu ſtellen geſucht. Erſt durch den Beytritt des Lichts (den Moſe ſo erhaben ausdruͤckt) begannen nach ihm die chemiſchen Operationen, die das große Ganze bildeten, da vorher die primitive Maſſe aus blos ſchweren Elementen ohne Zuſammenhang und Affinitaͤten beſtand. Dieſes Licht (nicht Beleuchtung einer Sonne, ſondern unmittelbares Werk der Allmacht)
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